LVwG-950041/6/MB/BBa
Linz, 27.07.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Markus Brandstetter über die Beschwerde des Herrn F. J. J., vertreten durch J.:M. Rechtsanwälte GesbR, Xstraße 5, T., gegen den Verweisungsbeschluss der Disziplinarkommission für Gemeindebeamte bei der Bezirkshauptmannschaft X vom 27. April 2015, Zl. Gem30-1444-2011/Kw,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
1. Mit Schreiben vom 27 April 2015, Zl. Gem30-1444-2011/Kw, wurde Herr F. J. J., X 40, R., vertreten durch J.:M. Rechtsanwälte GesbR, Xstraße 5, T. (im Folgenden: Bf) zur mündlichen Verhandlung am Donnerstag, 21. Mai 2015, 09:30 Uhr, in der Bezirkshauptmannschaft X geladen sowie der Verweisungsbeschluss der Disziplinarkommission für Gemeindebeamte bei der Bezirkshauptmannschaft X vom 16. März 2015 übermittelt.
Der gefasste Verweisungsbeschluss lautet wie folgt:
„Die bereits mit Einleitungsschreiben vom 26. September 2011 angeführten Anschuldigungspunkte aus dem Prüfbericht der IKD Gem-512.204/4-2010-Wit vom 09.05.2011 (publiziert auch im Internet unter xxx) und aus dem Prüfbericht (zum Rechnungsabschluss 2010) der BH X Gem60-17-2011-Mu vom 16.08.2011 liegen mit nachstehend konkret ausgeführten Ausnahmen weiterhin vollinhaltlich vor und wird diesbezüglich auf diese beiden Berichte, die nochmals als Beilage angeschlossen werden, in ihrer Gesamtheit verwiesen:
Konkret ausgenommene Anschuldigungspunkte:
ü „Zinsabsicherung, Devisenoption und Zinsfloor", It. Prüfbericht IKD Seite 19,
ü Angelegenheit betreffend Abfertigung für L. T., It. Prüfbericht IKD Seiten 25, 32f.
Der genannte konkret angeführte Anschuldigungspunkt betreffend „Zinsabsicherung, Devisenoption und Zinsfloor" wurde bereits von der Disziplinarkommission für Gemeindebeamte bei der BH X in ihrer Sitzung am 14.12.2010 behandelt. Damals wurde einstimmig beschlossen, dass die Durchführung eines Disziplinarverfahrens gegen Amtsleiter F. J. wegen des in der Disziplinaranzeige des Amtes der Oö. Landesregierung, Direktion Inneres und Kommunales vom 6. September 2010 dargelegten Sachverhaltes nicht erforderlich ist. Dies wurde u.a. Herrn AL aD F. J. gemäß § 149 Oö. GBG 2001 mit Schreiben vom 14.12.2001 auch schriftlich mitgeteilt.
Der Anschuldigungspunkt betreffend „Abfertigung L. T." wurde im Rahmen des bereits rechtskräftig abgeschlossenen Gerichtsverfahrens gegen die Angeklagten J. T., M. E., W. B. und E. H. durch den Zeugen W. W. (Verfasser des gegenständlichen IKD-Prüfberichts) entkräftet. Im Rahmen seiner Zeugenaussage räumte er ein, dass man die rechtlichen Aspekte bezüglich Teilung der Abfertigung nach Regeln des AVRAG nicht berücksichtigte bzw. der Prüfer hinsichtlich der Beendigung des Dienstverhältnisses bei der Gemeinde von einer unrichtigen Voraussetzung ausgegangen war, weshalb eine Übernahme des Arbeitsverhältnisses stattfand und damit die Bestimmung des AVRAG einen Anspruch des Vereins auf Teilung der Abfertigungszahlung begründeten (siehe gekürzte Urteilsausfertigung zu 21 Hv 57/13k-47 vom 04.03:2014).
Somit werden Herrn AL aD F. J. J. folgende Anschuldiqungspunkte / Dienstpflichtverletzungen zur Last gelegt:
1. Sie haben es als Amtsleiter der Gemeinde R. im Rahmen Ihrer Kontrollpflicht im Zeitraum von zumindest 5. Oktober 2008 (im Hinblick auf das oben gesagte auch gegebenenfalls Jänner 2007) bis Mai 2011 unterlassen, Ihre Ihnen unterstellten Mitarbeiter/innen, insbesondere den in der Gemeinde R. beschäftigten Buchhalter, zur ordnungsgemäßen Führung der Buchhaltung nach den haushaltsrechtlichen Grundsätzen anzuhalten.
Sie haben dadurch schuldhaft Ihre Dienstpflichten gemäß § 37 Abs. 1 und 2 Oö. GBG, nämlich
■ darauf zu achten, dass Ihre Mitarbeiter/innen ihre dienstlichen Aufgaben gesetzmäßig und in zweckmäßiger, wirtschaftlicher und sparsamer Weise erfüllen,
■ Ihren Mitarbeitern/innen erforderlichenfalls Weisungen zu erteilen,
■ Ihre Mitarbeiter/innen anzuleiten und aufgetretene Fehler und Missstände abzustellen,
■ für ein geordnetes Zusammenwirken der einzelnen Ihnen unterstehenden Organisationseinheiten zum Zweck der Sicherstellung einer gesetzmäßigen Vollziehung sowie einer zweckmäßigen, wirtschaftlichen und sparsamen Geschäftsgebarung zu sorgen,
verletzt.
2. Sie haben es als Amtsleiter der Gemeinde R. unterlassen, sicherzustellen, dass
■ erforderliche aufsichtsbehördliche Genehmigungen bzw. genehmigte Finanzierungspläne eingeholt werden sowie
■ Zahlungen nur auf Grund gesetzlicher Bestimmungen (Zustimmung der zuständigen Organe, Vorliegen entsprechender Belege, ...) erfolgten
und dadurch Ihre Dienstpflichten gemäß
a. § 37 Abs. 2 Oö. GBG, für eine gesetzmäßige Vollziehung sowie eine zweckmäßige, wirtschaftliche und sparsame Geschäftsgebarung zu sorgen, und
b. § 36 Abs. 3 Oö. GBG, die Befolgung einer Weisung abzulehnen, wenn die Weisung von einem unzuständigen Organ erteilt worden ist,
verletzt.
3. Sie haben als Amtsleiter der Gemeinde R. Ihren Mitarbeitern/innen, insbesondere dem Buchhalter der Gemeinde R. gesetzwidrige Weisungen erteilt, Buchungen vorzunehmen, die den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Buchführung widersprechen (siehe dazu auch Ausführungen zu den Punkten 1 und 2). Sie haben dadurch schuldhaft ihre Dienstpflichten gemäß § 37 Abs. 2 Oö. GBG, nämlich für eine gesetzmäßige Vollziehung sowie eine zweckmäßige, wirtschaftliche und sparsame Geschäftsgebarung zu sorgen, verletzt.
4. Sie haben es als Amtsleiter der Gemeinde R. verabsäumt, einen aktuellen Geschäftsverteilungsplan und damit eine nachvollziehbare Aufgabenverteilung samt Vertretungsregelung im Urlaubs- bzw. Krankheitsfall festzulegen und damit Ihre Dienstpflicht gemäß § 37 Abs. 2 Oö. GBG, für ein geordnetes Zusammenwirken der einzelnen Ihnen unterstehenden Organisationseinheiten zum Zweck der Sicherstellung einer gesetzmäßigen Vollziehung sowie einer zweckmäßigen, wirtschaftlichen und sparsamen Geschäftsgebarung zu sorgen, verletzt.
5. Sie haben es unterlassen, Ihre Befangenheit anzuzeigen, obwohl ein Unternehmen, in dem Sie als Geschäftsführer tätig waren, Aufträge von der Gemeinde R. ausführte und zu deren Gunsten nicht ordnungsgemäße Auszahlungen von der Gemeinde getätigt wurden. Sie haben dadurch Ihre Dienstpflicht gemäß § 35 Abs. 3 Oö. GBG, sich der Ausübung Ihres Amtes zu enthalten und Ihre Vertretung zu veranlassen, wenn wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, Ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu setzen, verletzt. [...]“
Begründend führt die Disziplinarkommission für Gemeindebeamte – jeweils unter näherer Bezugnahme auf die entsprechenden Prüfberichte – zusammengefasst aus, dass die Gebarung der Gemeinde R. von einer Prüfungsgruppe der IKD in der Zeit vom 21. Oktober 2010 bis 10. März 2011 überprüft (Bericht vom Mai 2011, Gem-512.204/4-2010-Wit) wurde und dabei u.a. festgestellt wurde, dass die Buchhaltung nicht ordnungsgemäß geführt wurde und es zu bewussten Beeinträchtigungen der finanziellen Gebarung der Gemeinde gekommen sei. Ebenso zeige der Prüfbericht der BH X Gem60-17-2011-MU vom 16.08.2011 zum Rechnungsabschluss 2010 näher angeführte, haushaltrechtliche Missstände auf. Bei der bereits erwähnten Prüfung durch eine Prüfungsgruppe der IKD sei zudem festgestellt worden, dass erforderliche aufsichtsbehördliche Genehmigungen nicht eingeholt wurden, Finanzierungspläne entweder nicht vorlagen oder nicht genehmigt waren, Zustimmungen von zuständigen Organen der Gemeinden nicht vorlagen und Zahlungen nicht nur auf Grund gesetzlicher Bestimmungen (Zustimmung der zuständigen Organe, Vorliegen entsprechender Belege, ...) erfolgten. Weiters habe besagte Prüfung ergeben, dass der Bf entsprechende Weisungen tätigte, die die zuvor genannten Punkte (mit-) verursachten. Der Bericht der Prüfungsgruppe der IKD habe auch den fehlenden Geschäftsverteilungsplan bzw. die fehlende nachvollziehbare Aufgabenverteilung sowie Verstöße des Bf gegen § 35 Abs. 3 Oö. GBG aufgezeigt.
Abschließend werden im Verweisungsbeschluss folgende Verfügungen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung getroffen:
„1. Das persönliche Erscheinen von Herrn AL aD J. wird angeordnet.
2. Als Zeugen sind Bgm. a.D. J. T., E. H., W. B. und M. M. (Gemeindeprüfer der BH X) zu laden“
2. Gegen diesen Verweisungsbeschluss der Disziplinarkommission für Gemeindebeamte (im Folgenden: belangte Behörde) erhob der Bf mit Schriftsatz vom 5. Mai 2015, eingebracht direkt beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich sowie auch bei der belangten Behörde, durch seinen ausgewiesenen Vertreter das Rechtsmittel der Beschwerde. Der Bf beantragt darin die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung sowie die Aufhebung des angefochtenen Verweisungsbeschlusses und die Zurückverweisung der Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Verweisungsbeschlusses an die belangte Behörde.
Begründend wird im Wesentlichen vorgebracht, dass es sich beim Verweisungsbeschluss um einen Bescheid handle, gegen den – entgegen dem Wortlaut des § 153 Abs. 2 letzter Satz Oö. GBG 2001, wonach kein Rechtsmittel zulässig ist – eine Bescheidbeschwerde iSd Art. 130 B-VG zulässig sei. Der Verweisungsbeschluss ist laut Bf aus folgenden Überlegungen mit Rechtswidrigkeit behaftet:
· Basis für den gegenständlichen Verweisungsbeschluss sei unter anderem der Prüfbericht der Bezirkshauptmannschaft X vom 16.08.2011, dessen Verfasser Bezirkshauptmann Ing. Mag. W. K. war. Die in besagtem Prüfungsbericht festgehaltenen Sachverhalte haben in der Folge Eingang in den angefochtenen Verweisungsbeschluss gefunden und werden sohin Gegenstand der disziplinarrechtlichen Verhandlung sein. Aufgabe der Disziplinarkommission sei es gewesen, aufgrund des abgeführten Ermittlungsverfahrens zu prüfen, ob die an die Disziplinarkommission herangetragenen Ergebnisse der vorgelagerten Prüfung – sohin auch der vom Bezirkshauptmann Ing. Mag. W. K. verfasste Prüfbericht – eine tragfähige Basis für eine Verhandlung vor der Disziplinarkommission waren. Die Tatsache, dass der Bezirkshauptmann Ing. Mag. W. K. nicht nur Verfasser des dem Verweisungsbeschluss zugrunde gelegten Prüfberichtes war, sondern auch als Vorsitzender der Disziplinarkommission an dieser Entscheidungsfindung teilgenommen hat, stelle einen gravierenden Verstoß gegen die Unabhängigkeit und Unbefangenheit der Disziplinarkommission dar. Der Vorsitzenden der Disziplinarkommission, Herrn Bezirkshauptmann Ing. Mag. W. K., wäre verpflichtet gewesen, sich seines Amtes zu enthalten und aufgrund der vorliegenden Befangenheitsgründe von der Teilnahme an der Beschlussfassung über den Verweisungsbeschluss ausgeschlossen. Der angefochtene Verweisungsbeschluss sei daher aufgrund der Teilnahme des befangenen Vorsitzenden der Disziplinarkommission an der Beschlussfassung mit Rechtswidrigkeit wegen Teilnahme eines ausgeschlossenen Disziplinarmitgliedes behaftet.
· Die Anschuldigungspunkte (insb. die Punkte 2. bis 5.) des Verweisungsbeschlusses sind laut Bf so allgemein und unbegründet, dass eine konkrete Zuordnung zu einem disziplinarrechtlichen Sachverhalt (insb. hinsichtlich der zeitlichen Einordnung des disziplinarrechtlichen Vergehens) und eine sachgerechte Verteidigung des Bf hinsichtlich der konkreten Vorwürfe unmöglich sei. Gerade die zeitliche Einordnung der dem Bf zur Last gelegten Delikte sei jedoch im Hinblick auf die anzuwendenden Verjährungsbestimmungen von wesentlicher Bedeutung, da für Sachverhalte, die sich vor 2008 ereignet haben, die Verjährung eingetreten sei. Sachverhalte, die sich aus der Rechnungsabschlussprüfung der Gemeinde R. für das Finanzjahr 2009 ergeben, seien vom in Rechtskraft erwachsenen Einstellungsbeschluss der Disziplinarkommission vom 14.12.2010 umfasst und sohin ebenfalls einer weiteren disziplinarrechtlichen Verfolgung entzogen. Eine sachgerechte Verteidigungsmöglichkeit sei insb. ausgeschlossen, wenn wie beispielsweise unter Punkt 2. des Verweisungsbeschlusses ganz allgemein und ohne Bezugnahme auf irgendeinen relevanten Zeitpunkt vorgeworfen wird, dass der Bf es unterlassen hätte, sicherzustellen, dass erforderliche aufsichtsbehördliche Genehmigungen bzw. Finanzierungspläne eingeholt werden. Eine Darstellung, welche aufsichtsbehördlichen Genehmigungen zu welchen zu genehmigenden Projekten bzw. Verfahren einzuholen gewesen wäre, wäre laut Bf zumutbar.
3. Mit Schreiben vom 26. Mai 2015, LVwG-950041/2/MB, abgesendet am 28. Mai 2015, wurde die Beschwerde an die belangte Behörde gemäß § 6 Abs. 1 AVG weitergeleitet.
Mit Schreiben vom 9. Juni 2015, beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich eingelangt am 10. Juni 2015, wurde die Beschwerde unter Anschluss des Verwaltungsakts von der belangten Behörde zur Entscheidungsfindung vorgelegt.
Im Vorlageschreiben hat die belangte Behörde zur Frage der Zulässigkeit des Rechtsmittels festgehalten, dass § 153 Abs. 2 Oö. GBG in der angeführten Fassung ausdrücklich anordnet, dass gegen den Verweisungsbeschluss kein Rechtsmittel zulässig ist und es sich ihrer Ansicht nach bei einem Verweisungsbeschluss um keinen Bescheid handle. Zur Sache selbst äußerte sich die belangte Behörde dazu wie folgt:
„1. Zur behaupteten Befangenheit des Vorsitzenden der Disziplinarkommission:
Entgegen der Behauptung in der Beschwerde hat Ing. Mag. W. K. den zitierten Prüfbericht vom 16.08.2011 (Rechnungsabschluss für das Finanzjahr 2010) nicht selbst verfasst, sondern in seiner Eigenschaft als Bezirkshauptmann, Leiter der Bezirkshauptmannschaft X bzw. für die Gemeindeprüfung zuständiger Abteilungsleiter in der Bezirkshauptmannschaft X abschließend genehmigt. Erstellt wurde der Prüfbericht vom zuständigen Gemeindeprüfer der Bezirkshauptmannschaft X, M. M., der eindeutig als Bearbeiter auf genanntem Schreiben Gem60-17-2011-Mu vom 16.08.2011 angegeben ist.
Wie sich aus den Akten eindeutig ergibt, ist die wesentliche Grundlage dieses Disziplinarverfahrens der Prüfungsbericht der Direktion Inneres und Kommunales über die Einschau in die Gebarung der Gemeinde R. Gem-512.204/4-2010-Wit vom Mai 2011,
der auch den Ausschlag für die Einleitung des gegenständlichen Disziplinarverfahrens gegeben hat und an der kein Mitarbeiter der BH X beteiligt war. Dies zeigt sich u.a. eindeutig in den Akten (zB Schreiben des Bezirkshauptmanns vom 30.06.2011 an den damaligen Vorsitzenden der Disziplinarkommission, HR Dr. H. W. er, der mit Sommer 2011 in Pension gegangen ist, und mit dem das Schreiben vom 28.04.2011 von LR A. an die Staatsanwaltschaft Linz an die Disziplinarkommission zur Beurteilung weitergeleitet worden ist).
Nachdem sodann mit 16.08.2011 auch der Prüfbericht der BH X zum Rechnungsabschluss für das Finanzjahr 2010 fertig geworden ist und auch dieser u.a. relevante Vorwürfe für gegenständliches Disziplinarverfahren bestärkte, wurde auch er als ein weiteres Beweismittel - neben dem verfahrenswesentlichen IKD-Prüfbericht - für das gegenständliche Disziplinarverfahren herangezogen. Die - wie der Name schon sagt - Rechnungsabschlussprüfung 2010 hatte jedoch nicht das grundsätzliche Ziel, die Gesamtgebarung der Gemeinde R. zu prüfen, wie das eben von der Direktion Inneres und Kommunales 2011 erfolgte, sondern den der BH X als Gemeindeaufsicht vorgelegten Rechnungsabschluss für das Finanzjahr 2010. Genauso hätten die dabei vorgenommenen Prüfungen als Teil des Ermittlungsverfahrens im gegenständlichen Disziplinarverfahren vorgenommen werden können.
Nachdem es sich weiters sowohl bei der Gemeindeprüfung wie auch bei der Vorsitzführung in der Disziplinarkommission (siehe § 142 Abs. 2 Z 1 Oö. GBG idF gemäß Übergangsbestimmung zum Oö. Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz [§ 168 Oö. GBG]) um zwei vom Gesetzgeber vorgesehene Funktionen eines Bezirkshauptmannes handelt, ist nicht nachzuvollziehen, weshalb aus dieser Tatsache - insbesondere unter Berücksichtigung der Vorbemerkungen unter diesem Punkt - eine Befangenheit im Sinne des § 7 AVG von Ing. Mag. W. K. als Vorsitzender der Disziplinarkommission in gegenständlicher Disziplinarangelegenheit resultieren würde.
Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass eine weitere Tätigkeit des Bezirkshauptmannes in gegenständlicher Disziplinarkommission gemäß § 154 Abs. 1 Oö. GBG idF gemäß Übergangsbestimmung zum Oö. Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz [§ 168 Oö. GBG] nicht mehr erfolgen wird, nachdem dieser mit Antrag vom 06.05.2015 ohne Anführung von Gründen (nicht wegen Befangenheit) als Mitglied der Disziplinarkommission abgelehnt wurde und die Oö. Landesregierung mit Beschluss vom 1. Juni 2015 mittlerweile Frau MMag. Ch. P. als neue Stellvertreterin des Vorsitzenden bestellt hat.
2. Zur behaupteten mangelnden Bestimmtheit nach § 153 Oö. GBG:
Der Verweisungsbeschluss ist sowohl im Hinblick auf die Tatzeiträume als auch auf das inkriminierte Verhalten sowie auch auf die dadurch verwirklichten Tatbestände bzw. insbesondere auf die damit verletzten und vorgeworfenen Dienstpflichten sehr detailliert und definitiv als ausreichend bestimmt zu erachten. Allenfalls erforderliche/erforderlich werdende weitere Ermittlungen werden Teil der ausgeschriebenen mündlichen Verhandlung sein, wie das grundsätzlich für eine mündliche Verhandlung vorgesehen ist.
Der vorgebrachte Einwand, dem Disziplinarbeschuldigten sei mangels Konkretisierung der zur Last gelegten Sachverhalte eine Aufarbeitung des zugrunde gelegten Sachverhalts bzw. eine nähere Vorbereitung zur Verhandlung nicht möglich, geht ins Leere. Alle vorgeworfenen Handlungen bzw. Unterlassungen sind einerseits im Verweisungsbeschluss detailliert angeführt und auf den Seiten 4-13 den einzelnen vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen eindeutig zugeordnet. Andererseits sind diese in den beiden Prüfberichten, die dem Verweisungsbeschluss nochmals vollinhaltlich beigegeben wurden, im Detail beschrieben.
Die auf Seite 11 der Beschwerde als Beispiel angeführten Unterlassungen, die nach Ansicht des Disziplinarbeschuldigten nahezu alles offen ließen und die eine Verteidigung völlig unmöglich machen würden, sind im Verweisungsbeschluss ab Seite 9 ganz unten „zu 2" in Verbindung mit den beiden Prüfberichten, auf die sogar mit konkreter Seitenzahl verwiesen wurde, im Detail angeführt.
Im Übrigen betreffen die beiden gegenständlichen Prüfberichte - anders als in der Beschwerde ausgeführt - nicht den Zeitraum 2000 bis 2009, sondern ist jedenfalls das gesamte Jahr 2010 und Teile des Jahres 2011 berücksichtigt, wie ausdrücklich u.a. im Verweisungsbeschluss (bis Mai 2011) ausgeführt.
Hinsichtlich der ebenfalls ins Spiel gebrachten Verjährung ist auf die detaillierten Ausführungen samt Hinweise auf die dazu ergangene Judikatur - u.a. zur Verjährung bei fortgesetzten Delikten - im Ladungsschreiben vom 27.04.2015 zu verweisen.“
II.
1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den vorgelegten Akt. Der zu Grunde zu legende Sachverhalt ergibt sich unstrittig aus den in Punkt I. wiedergegebenen Schriftsätzen.
2. Aus der Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt ergibt sich über Pkt. II.1. hinaus folgender Sachverhalt:
Der Prüfbericht (zum Rechnungsabschluss 2010) der BH X Gem60-17-2011-Mu, vom 16.08.2011, wurde von Ing. Mag. W. K. abschließend in seiner Funktion als Bezirkshauptmann genehmigt/gefertigt. Erstellt wurde der Prüfbericht vom zuständigen Gemeindeprüfer der Bezirkshauptmannschaft X, M. M., der als Bearbeiter auf besagtem Prüfbericht angeführt wird.
Bei der am 16. März 2015 abgehaltenen Sitzung der Disziplinarkommission für Gemeindebedienstete, in der über die Verweisung zur mündlichen Verhandlung bzw. Einstellung des ggst. Disziplinarverfahrens beraten wurde, war Ing. Mag. W. K. als Vorsitzender, ORR Mag. K. P. als Disziplinaranwalt, Bgm. E. L. als Mitglied aus dem Stand der Bürgermeister, AL R. V. als Mitglied aus dem Stand der Gemeindebeamten, AL H. H. als Mitglied aus dem Stand der Gemeindebeamten, GR K. W. als entsandter Vertreter der Gemeinde R. sowie T. P. als Schriftführer anwesend. Das Abstimmungsergebnis war einstimmig.
3. Gem. § 24 Abs. 4 VwGVG konnte von der Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Zum einen ergibt sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt unstrittig aus dem Akt und erkennt das Landesverwaltungsgericht zum anderen nicht, dass eine mündliche Erörterung zur ohnehin schon vorliegenden, Klärung des Sachverhalts beitragen könnte.
4. Die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung ergibt sich aus Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich entscheidet gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.
III.
1. Gem. Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gem. Art. 131 Abs. 1 B-VG erkennen – soweit sich aus Art. 131 Abs. 2 und 3 B-VG nichts anderes ergibt – über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Verwaltungsgerichte der Länder.
In § 168 des Landesgesetzes über das Dienstrecht der Bediensteten der oö. Gemeinden mit Ausnahme der Städte mit eigenem Statut) und Gemeindeverbände, LGBl. Nr. 48/2001 idF LGBl. Nr. 121/2014 (in der Folge: Oö. GBG 2001) wird normiert, dass bei der Disziplinarkommission gemäß § 142 leg cit. in der Fassung vor dem Inkrafttreten des Oö. Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetzes anhängige Verfahren von dieser abzuschließen sind und die entsprechenden Bestimmungen des 2. und 3. Abschnitts des 4. Hauptstücks in der Fassung vor dem Inkrafttreten des Oö. Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetzes auf diese Verfahren weiterhin anzuwenden sind.
Da das gegenständliche Verfahren bereits vor dem 1. Jänner 2014, dh vor dem Tag des Inkrafttretens des Oö. Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetzes, LGBl. Nr. 90/2013, bei der Disziplinarkommission anhängig war (s nur den diesbezüglichen Einleitungsbeschluss der Disziplinarkommission vom 26. September 2011, Gem30-1444-2011/Kw), hatte diese noch die Bestimmungen des OÖ. GBG 2001 idF vor LGBl. Nr 90/2013 anzuwenden.
§ 153 Oö. GBG 2001 idF LGBl.Nr. 48/2001 lautete wie folgt (Hervorh. nicht im Original, Anm.):
„§ 153
Verweisung zur mündlichen Verhandlung
(1) Nach Abschluss der Disziplinaruntersuchung hat der Untersuchungsführer das Ergebnis der Disziplinaruntersuchung dem Disziplinaranwalt zu übermitteln, der sie mit seinen Anträgen der Disziplinarkommission vorlegt. Die Disziplinarkommission beschließt ohne mündliche Verhandlung, ob die Sache zur mündlichen Verhandlung zu verweisen oder ob das Verfahren einzustellen ist.
(2) Verweist die Disziplinarkommission gemäß Abs. 1 die Sache zur mündlichen Verhandlung, müssen im Verweisungsbeschluss die Anschuldigungspunkte bestimmt angeführt und die Verfügungen bezeichnet werden, die zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung zu treffen sind. Gegen den Verweisungsbeschluss ist kein Rechtsmittel zulässig.
(3) Binnen einer Woche nach Zustellung des Verweisungsbeschlusses können der Beschuldigte und der Disziplinaranwalt weitere Anträge stellen, über die die Disziplinarkommission entscheidet.“
Der nunmehr in Geltung stehende § 153 Oö. GBG 2001 idF LGBl. Nr. 90/2013 lautet wie folgt (Hervorh. nicht im Original, Anm.):
„§ 153
Verweisung zur mündlichen Verhandlung
(1) Nach Abschluss der Disziplinaruntersuchung hat der (die) Untersuchungsführer(in) das Ergebnis der Disziplinaruntersuchung der Disziplinarkommission vorzulegen. (Anm.: LGBl.Nr. 90/2013)
(2) Verweist die Disziplinarkommission gemäß Abs. 1 die Sache zur mündlichen Verhandlung, müssen im Verweisungsbeschluss die Anschuldigungspunkte bestimmt angeführt und die Verfügungen bezeichnet werden, die zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung zu treffen sind. Gegen den Verweisungsbeschluss ist kein Rechtsmittel zulässig.
(3) Binnen einer Woche nach Zustellung des Verweisungsbeschlusses können die Parteien weitere Anträge stellen, über die die Disziplinarkommission entscheidet. (Anm.: LGBl.Nr. 90/2013)“
Vor diesem Hintergrund ist eingangs zu prüfen, ob es sich beim gegenständlichen Verweisungsbeschluss der Disziplinarkommission für Gemeindebeamte um einen gemäß den verfassungsgesetzlichen Vorgaben beim Verwaltungsgericht Oberösterreich bekämpfbaren Beschwerdegegenstand handelt:
2.1. Die Einleitung des Disziplinarverfahrens ist für den Beschuldigten mit diversen, zT ex lege eintretenden, rechtlichen Konsequenzen verbunden (vgl. zB die fehlende Beförderungsmöglichkeit während einem laufenden Disziplinarverfahren gemäß § 23 Oö. GBG 2001; s weiters §§ 31 Abs. 5, 144 Abs 2 leg. cit. uvm.). Nach Abschluss der Disziplinaruntersuchung hat die Disziplinarkommission ohne mündliche Verhandlung zu beschließen, ob die Sache zur mündlichen Verhandlung zu verweisen oder aber das Verfahren einzustellen ist. Wird das Disziplinarverfahren mit Bescheid eingestellt, werden die an die Einleitung dieses Verfahrens geknüpften Rechtsfolgen wieder aufgehoben (vgl. § 150 Abs. 4 Oö. GBG). Daraus folgt, dass bei Beschluss der Verweisung der Sache zur mündlichen Verhandlung anstelle einer Einstellung, diese Rechtsfolgen prolongiert werden. Darüber hinaus wirkt die Fassung eines Verweisungsbeschlusses Zuständigkeitsbegründend: Mit dem Verweisungsbeschluss wird der Gegenstand des Disziplinarverfahrens, also Inhalt und Umfang der Anschuldigung(en) festgelegt. Der Verweisungsbeschluss stellt die Grundlage und die Abgrenzung für die mündliche Verhandlung und iVm § 156 Oö. GBG 2001 auch für das Disziplinarerkenntnis dar. Die Disziplinarkommission darf bei Fällung ihrer (entweder auf Frei- oder Schuldspruch lautenden) Entscheidung nur auf das Rücksicht nehmen, was in der mündlichen Verhandlung vorgekommen ist (§ 156 Abs 1 Oö. GBG 2001). Insofern begrenzt der Verweisungsbeschluss die sachliche Zuständigkeit der Disziplinarkommission bei Fällung ihres Disziplinarerkenntnisses (idS bereits VwGH 01.07.1998, 97/07/0365, zur einer insofern vergleichbaren disziplinarrechtlichen Regelung im Oö StGdBG, LGBl. Nr. 3/1956 idF LGBl. Nr. 28/1969).
Unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Bescheidbegriffs (vgl. dazu bspw. Raschauer, allgemeines Verwaltungsrecht2 [2003] Rz 849 ff, Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht5 [2014] Rz 417 ff) und der zu vergleichbaren disziplinarrechtlichen Bestimmungen ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. zB VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0007, zur Rechtslage im BDG 1979 vor der Dienstrechts-Novelle 2011, BGBl. I Nr. 140/2011; VwGH 25.02.2004, 2000/09/0064 mwN) ist der gegenständliche Verweisungsbeschluss sohin als Bescheid iSd Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG zu qualifizieren.
2.2. Mit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 erfolgte ein Systemwechsel dahingehend, dass der (administrative) Instanzenzug grundsätzlich mit 1. Jänner 2014 abgeschafft wurde. Anstelle der Berufung ist die Bescheidbeschwerde an das jeweils zuständige Verwaltungsgericht außerhalb der Gemeindeselbstverwaltung als unmittelbar von der Verfassung vorgesehenes (Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG) einziges (aufsteigendes) Rechtsmittel gegen Bescheide getreten (vgl. Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht5 [2014] Rz 1025). Insofern ist im Hinblick auf die bereits von verfassungswegen vorgesehene Rechtsschutzmöglichkeit gegen Bescheide auch im gegenständlichen Fall von der Zulässigkeit einer gegen den als Bescheid zu qualifizierenden Verweisungsbeschluss gerichteten Beschwerde an das zuständige Verwaltungsgericht auszugehen. Eine diesbezügliche Rechtswegegarantie ist als unbestrittenes Minimum der verfassungsrechtlichen Bindung des Gesetzgebers anzunehmen und in verfassungskonformer Interpretation – dahingehend, dass lediglich eine Berufungsmöglichkeit einfachgesetzlich ausgeschlossen werden soll (zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit, eines derartigen, die Berufung ausschließenden Rechtsmittelausschlusses vgl. VfGH 20.11.2007, B2024/06 mwN) – auch dem § 153 Abs 2 Oö. GBG zu entnehmen.
2.3. An dieser (unter Punkt 2.1 bzw. 2.2 dargelegten) Rechtsauffassung vermag der Wortlaut des § 153 Abs 2 Oö. GBG 2001 nichts zu ändern: Mit dieser Regelung, die seit Inkrafttreten des Oö. GBG 2001 und somit auch nach Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz unverändert besteht, sollte offenbar klargestellt werden, dass eine vor 1. Jänner 2014 grundsätzlich mögliche Berufung einfachgesetzlich ausgeschlossen wird. Aus den diesbezüglichen Materialien (AB Beilage 993/2013, XXVII. GP, 4 f) zur Novellierung des Oö. GBG 2001 durch das Oö. Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetzes, LGBl. Nr. 90/2013, kann diesbezüglich nichts Gegenteiliges geschlossen werden: Wenn diesbezüglich lediglich in den allgemeinen Erläuterungen wie folgt ausgeführt wird (Hervorh. nicht im Original, Anm.): „Sofern in einem Landesgesetz angeordnet ist, dass ein "Rechtsmittel" oder ein "gesondertes Rechtsmittel" unzulässig ist, wird mit dieser Formulierung mitunter gar kein Rechtsmittelausschluss normiert; vielmehr wird damit zum Ausdruck gebracht, dass es sich bei dieser Behördenentscheidung nicht um einen anfechtbaren Bescheid, sondern um eine Verfahrensanordnung handelt, gegen die gemäß § 63 Abs. 2 AVG eine abgesonderte Berufung nicht zulässig ist. Schließlich können Verfahrensanordnungen erst in der Berufung gegen den die Angelegenheit erledigenden Bescheid angefochten werden. Hier ist im Zuge der Anpassung an die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 klarzustellen, dass die betreffende Entscheidung der Behörde kein Bescheid, sondern eben eine - nicht gesondert bekämpfbare - Verfahrensanordnung darstellt.“, so ist einerseits festzuhalten, dass weder explizit auf die Regelung im OÖ. GBG 2001 Bezug genommen, sondern vielmehr nur eine allgemeine, nicht zwingend für alle durch LGBl. Nr. 90/2013 novellierten Gesetzesbestimmungen gültige Aussage getroffen wurde, noch dass dadurch tatsächlich eine „Klarstellung“ in Hinblick auf § 153 Abs 2 Oö. GBG 2001, dessen Wortlaut auch nach dieser Novelle unverändert geblieben ist, erfolgt ist. Folglich lassen es die Materialien offen, ob durch die Formulierung „Gegen den Verweisungsbeschluss ist kein Rechtsmittel zulässig.“ in § 153 Abs 2 GBG 2001 ein Rechtsmittelausschluss normiert wurde oder vielmehr zum Ausdruck gebracht werden sollte, dass es sich um eine Verfahrensanordnung handelt (arg: „mitunter“). Folglich kann aus den Materialien kein Mehrwert im Hinblick auf die Frage der Bescheidqualität des Verweisungsbeschlusses bzw. der Zulässigkeit einer dagegen gerichteten Beschwerde an die Verwaltungsgerichte gewonnen werden.
3.1. Soweit der Bf den angefochtenen Bescheid nun deswegen für rechtswidrig hält, weil Ing. Mag. W. K. als Vorsitzender der Disziplinarkommission an der Beschlussfassung über den Verweisungsbeschluss teilgenommen, zugleich aber bereits als Verfasser eines dem Verweisungsbeschluss zugrunde gelegten Prüfberichts fungiert hat, und deswegen befangen gewesen sei und sich der Ausübung seines Amtes als Vorsitzender der Disziplinarkommission zu enthalten gehabt hätte, zeigt der Bf keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf: Ein Befangenheitsgrund gemäß § 7 Abs. 1 AVG ist daraus nicht zu ersehen. Weder ist dadurch eine Befangenheit nach Z 1, 2 oder 4 leg cit. indiziert, noch ist darüber hinaus eine solche gemäß des Auffangtatbestandes des § 7 Abs. 1 Z. 3 leg cit. (sonstige wichtige Gründe, die geeignet sind, die volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen) aus folgenden Überlegungen zu erkennen:
Maßgeblich für die Befangenheit iSd § 7 Abs 1 Z 3 AVG ist, ob ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller konkreten Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Organwalters zu zweifeln, sodass eine parteiliche Ausübung seines Amtes als wahrscheinlich angesehen werden muss. Nur eindeutige Hinweise, dass ein Entscheidungsträger seine vorgefasste Meinung nicht nach Maßgabe der Verfahrensergebnisse zu ändern bereit ist, können seine Unbefangenheit in Zweifel ziehen (idS bspw. kürzlich VwGH 24.03.2015, 2012/03/0076; VwGH 27.08.2013, 2010/06/0205; VwGH 25.06.2009, 2007/07/0050; s auch Hengstschläger/Leeb, AVG2 [2014] § 7 Rz 14 f mwN). So ist eine Befangenheit des Vorsitzenden der Disziplinarkommission nicht schon allein deshalb zu bejahen, weil der Prüfbericht (zum Rechnungsabschluss 2010) der BH X Gem60-17-2011-Mu, vom 16.08.2011, welcher vom zuständigen Gemeindeprüfer der Bezirkshauptmannschaft X, M. M., erstellt wurde, von Ing. Mag. W. K. abschließend in seiner Funktion als Bezirkshauptmann genehmigt wurde: Zum einen kann – abgesehen vom im konkreten Fall nicht einschlägigen § 7 Abs 1 Z 4 AVG – aus einer rechtmäßig ausgeübten amtlichen Tätigkeit (im konkreten Fall Gemeindeprüfung bzw. Vorsitzführung in Disziplinarkommission [s § 142 Abs 2 Z 1 Oö. GBG 2001 idF vor LGBl. Nr. 90/2013; vgl. zur für das Verfahren vor der Disziplinarkommission maßgeblichen Rechtslage bereits die Ausführungen unter Punkt III. 1.] beide Male Bezirkshauptmann) allein keine Befangenheit abgeleitet werden (idS VwGH 26.02.2010, 2009/02/0297 mwN). Zum anderen liegen im gegenständlichen Fall auch keine eindeutigen Hinweise vor, dass Ing. Mag. W. K. durch die Genehmigung des – neben dem Prüfbericht der IKD vom 09.05.2011, Gem-512.204/4-2010-Wit – dem Verweisungsbeschluss zugrunde gelegten Prüfberichts der BH X vom 16.08.2011 (Rechnungsabschluss 2010), Gem60-17-2011, oder durch andere Umstände daran gehindert gewesen wäre, seine Funktion als Vorsitzender der Disziplinarkommission objektiv und frei von Emotionen wahrzunehmen.
Auch ist festzuhalten, dass das Abstimmungsergebnis der Disziplinarkommission einstimmig ausgefallen ist und keine Anhaltspunkte auf ein Einwirken des Vorsitzenden auf die anderen stimmberechtigten Mitglieder der Disziplinarkommission ersichtlich ist. Insofern hätte selbst eine allfällige Befangenheit des Vorsitzenden, der zudem seine Stimme zuletzt abgibt, im gegenständlichen Fall zu keinem anderen Ergebnis als zur Annahme des gegenständlichen Verweisungsbeschlusses geführt, da die aus sechs Mitgliedern bestehende Disziplinarkommission gemäß § 143 Abs 5 GBG 2001 bei Anwesenheit von mindestens vier Mitgliedern beschlussfähig ist und ihre Beschlüsse mit Stimmenmehrheit fasst. Überdies würde eine allfällige Befangenheit des Vorsitzenden der Disziplinarkommission durch die Entscheidung in der Sache durch das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich saniert.
Auf die offenbar vom Bf angedeutete „Anscheinsbefangenheit“, die im Rahmen der Garantien eines Tribunals iSd Art 6 EMRK jedenfalls anzunehmen ist, wenn einem Organwalter auch nur der äußere Anschein der Unparteilichkeit mangelt, ist aus zweierlei Gründen nicht näher einzugehen:
Die Rsp des Verwaltungsgerichtshofs, wonach im Lichte des Art 6 EMRK bereits der äußere Anschein einer Befangenheit“ als zur Aufhebung des Bescheides führender Verstoß anzusehen ist, ist seit Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit I. Instanz nur mehr für die (Verwaltungs-)Gerichte von unmittelbarer Bedeutung, da die Behörden selbst noch nicht den Anforderungen an ein Tribunal entsprechen müssen (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG2 [2014] Rz 14 mwN).
Wenn der Beschwerdeführer auf Art 6 Abs. 1 EMRK und das darin verankerte Recht auf ein faires Verfahren vor einem unabhängigen und unparteiischen Gericht vorbringt, so ist ihm diesbezüglich weiters im Hinblick auf die Frage der Rechtsmäßigkeit des Verweisungsbeschluss zu entgegnen, dass der Verwaltungsgerichtshof zwar bereits (vgl. zB VwGH 09.09.2014, Ro 2014/09/0049) dargelegt hat, dass mit einer Entscheidung über die disziplinarrechtliche Schuld und Strafe in der Regel eine Entscheidung über eine zivilrechtliche Streitigkeit im Sinn des Art. 6 Abs. 1 EMRK getroffen wird (vgl. auch VwGH 14.10.2011, 2008/09/0125, mwN).
Bei der Entscheidung über einen Verweisungsbeschluss im Disziplinarverfahren nach § 153 Oö. GBG 2001 wird im Unterschied zu einem Disziplinarerkenntnis jedoch noch nicht über die Schuld und Strafe entschieden. Es handelt sich - wie bereits ausgeführt - vielmehr um einen vorbereitenden verfahrensrechtlichen Bescheid, der eine Umgrenzung des Verfahrensgegenstandes und erst eine Voraussetzung für die Entscheidung in der Sache selbst aber keine abschließende Entscheidung darüber darstellt. Der Beschuldigte hat auch nach Erlassung eines Verweisungsbeschlusses die Möglichkeit, alle zu seiner Verteidigung sprechenden Umstände geltend zu machen (vgl. zur diesbezüglich vergleichbaren Entscheidung über einen Einleitungsbeschluss im Disziplinarverfahren der Beamten nach § 123 BDG 1979 VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0007; vgl auch die Rsp des Verfassungsgerichtshofs [VfSlg 18.281/2007, 18.428/2008, 13.09.2013, B 349/2013], der die die Anwendbarkeit des Art. 6 EMRK auf mit Verweisungsbeschlüssen vergleichbare Einleitungsbeschlüsse im Disziplinarverfahren mit dem Hinweis auf deren Charakter als "verfahrensrechtliche Bescheide" generell verneint).
Dass in den vorliegenden Fällen durch die Erlassung des angefochtenen Verweisungsbeschlusses bestimmte Rechtswirkungen für den Beschwerdeführer eingetreten wären (wie das Ruhen der Mitgliedschaft zu Kommissionen oder sonstige dienstliche Auswirkungen) und dass diese als Eingriff in bestehende "civil rights" qualifiziert werden könnten, wird nicht geltend gemacht und ist nicht ersichtlich. Folglich ist zur Prüfung der Frage der Rechtmäßigkeit der Beschlussfassung des gegenständlichen Verweisungsbeschlusses Art. 6 Abs. 1 EMRK nicht heranzuziehen.
Auch sei an dieser Stelle lediglich der Vollständigkeit halber darauf hingewiesen, dass der Verwaltungsgerichtshof bereits klargestellt hat, dass bei Erlassung eines Einleitungsbeschlusses gegen einen österreichischen Beamten ohne Auslandsbezug kein unionsrechtlicher Sachverhalt besteht und die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) daher nicht zur Anwendung kommt (vgl. VwGH 09.09.2014, Ra 2014/09/0017). Gleiches hat auch für die Erlassung eines Verweisungsbeschlusses zu gelten und insofern findet auch die GRC auf den gegenständlichen Fall keine Anwendung.
3.2. Mit dem Verweisungsbeschluss wird – wie bereits ausgeführt – der Gegenstand des Disziplinarverfahrens, also Inhalt und Umfang der Anschuldigung(en) festgelegt. Da der Verweisungsbeschluss – wie auch der Einleitungsbeschluss – noch im Verdachtsbereich erfolgt, ist auch hier der Sachverhalt nur insoweit zu erheben, als auf Grund dessen im Verweisungsbeschluss als unabdingbarer Inhalt die Anschuldigungspunkte bestimmt anzuführen/formulieren sind, die die Grundlage für die mündliche Verhandlung darstellen (vgl. so ausdrücklich § 153 Abs 2 Satz 1 Oö. GBG 2001). Eine darüber hinausgehende Behandlung des Sachverhaltes im Rahmen der einzelnen Anschuldigungspunkte erübrigt sich laut Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs im Rahmen des Verhandlungsbeschlusses, weil damit der Beurteilung im folgenden Disziplinarverfahren vorgegriffen würde und es nicht Aufgabe des Verhandlungsbeschlusses, sondern des nachfolgenden Disziplinarverfahrens ist, die Rechtsfrage bzw Schuldfrage zu klären. Aus dem Begriff der „Anschuldigungspunkte“ in § 153 Abs 2 Oö. GBG 2001 folgt aber auch, dass von der Disziplinarkommission klar anzugeben ist, welche Dienstpflichten der Beschuldigte im Einzelnen durch welches Verhalten verletzt haben soll, also welchen gesetzlichen Bestimmungen der angeführte Sachverhalt voraussichtlich zu unterstellen sein wird (Vgl. dazu VwGH 21.06.2000, 99/09/0012 zur vergleichbaren Regelung eines Verhandlungsbeschlusses gem. § 87 Oö. StGdBG 1956 bzw. VwGH 20.04.1995, 93/09/0359 zum Verhandlungsbeschlusses nach § 124 BDG 1979). Eine endgültige Qualifizierung und Beurteilung der disziplinarrechtlichen Vorwerfbarkeit hat erst im nachfolgenden Disziplinarverfahren zu erfolgen (vgl. VwGH 29.08.1996, 94/09/0230, 0244).
4. Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass angesichts der bereits unter Punkt III. 2.1 dargelegten Bedeutung des Verweisungsbeschlusses für den Gegenstand und die Entscheidungsgrundlagen des Disziplinarerkenntnisses (Gegenstand und Grundlage eines Disziplinarerkenntnisses nur die Anschuldigungspunkte sein können, die im Verweisungsbeschluss dem Bediensteten bereits als Dienstpflichtverletzung zur Last gelegt wurden) der bestimmten Darstellung der Tatsachen, in denen eine Dienstpflichtverletzung erblickt wird, rechtserhebliche Bedeutung zukommt: Der vorgeworfene Sachverhalt muss der Eigenart der Dienstpflichtverletzung entsprechend substantiiert dargestellt sein, also schlüssig all die Einzelumstände darstellen, die Voraussetzung für den Tatbestand der Dienstpflichtverletzung und für die Strafbemessung sind. Danach gehört zum notwendigen Inhalt eines Verweisungsbeschlusses die spruchmäßige Darstellung der Tatsachen, in denen eine Dienstpflichtverletzung gesehen wird und so hinreichend substantiiert sein, sodass dem Bediensteten eine sachgerechte Verteidigung ermöglicht und die - an den Inhalt und Umfang der Anschuldigung gebundene - Disziplinarkommission in der Lage ist, den in bestimmter Hinsicht erhobenen Vorwürfen nachzugehen, ohne genötigt zu sein, aus einem allgemeinen Sachverhalt das herauszufiltern, was als konkrete Verletzung der Dienstpflichten in Betracht kommt (vgl. zu einer diesbezüglich vergleichbaren Regelung im BDG 1979 bspw. VwGH 01.07.1998, 97/09/0365; 17.02.2015 Ra 2014/09/0007 mwN).
Im gegenständlichen Verweisungsbeschluss der Disziplinarkommission vom 16. März 2015 werden die Anschuldigungspunkte einzeln, unter jeweiliger Bezugnahme auf den Prüfbericht der IKD, Gem-512.2014/4-2010-Wit, vom 9. Mai 2011 und dem Prüfbericht (zum Rechnungsabschluss 2010) der BH X, Gem60-17-2011-Mu, vom 16.08.2011, und Angabe der jeweils maßgeblichen gesetzlichen Verpflichtungen aufgelistet. Die Tatsachen, in denen eine Dienstpflichtverletzung gesehen wird, werden im Verweisungsbeschluss zu jedem Anschuldigungspunkt Punkt für Punkt aufgelistet und unter Hinweis auf die genauen Seiten im jeweiligen Prüfungsbericht noch weiter konkretisiert und können somit auch zeitlich entsprechend eingeordnet werden. Im Hinblick auf die Ausführungen des Bf zu Punkt 2. der Vorwürfe ist zu erkennen, dass der Verweisungsbeschluss auf den Seiten 9 ff dazu Näheres ausführt. Auf Seite 10 des Verweisungsbeschlusses werden die dem Vorwurf des Punktes 2. zu Grunde gelegten Vorwürfe konkretisiert indem präzise auf die jeweilige Seite des Prüfberichtes der IKD verwiesen und konkret der jeweilige Verfehlungskomplex umrissen wird. Bspw wird eine konkrete Überweisung (2.040 Euro) im Juni 2010, welche ohne Befassung des Gemeinderates zur Auszahlung gelangt ist dargelegt. In gleichlaufender Präzision werden zu Pkt 2. 15 weitere Fakten angeführt. Selbiges gilt für die Punkte 1, 3, 4 und 5. Der Bf ist folglich in der Lage, den ihm vorgeworfenen Sachverhalt ggf unter Heranziehung der jeweils explizit seitenmäßig angeführten Passagen der Prüfberichte, nachzuvollziehen und sich entsprechen auf die mündliche Verhandlung vorzubereiten und zu verteidigen. Dem Vorbringen des Bf, wonach die Anschuldigungspunkte im gegenständlichen Verweisungsbeschluss das Bestimmtheitsgebot nach § 153 Oö. GBG 2001 verletzen würden, war daher nicht zu folgen.
5. Daher war spruchgemäß zu erkennen.
IV.
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, zumal Gegenstand der Beschwerde die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung einer Berufung war. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Markus Brandstetter