LVwG-650292/31/Bi

Linz, 31.07.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Bissenberger über die Beschwerde des Herrn S P, vertreten durch Herrn RA Dr. J P, vom 22. Dezember 2014 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Braunau/Inn vom 24. November 2014,
VerkR21-119-2014/BR, wegen Entziehung der Lenkberechtigung wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung, zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.

Gemäß § 28 VwGVG wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als dem Beschwerdeführer gemäß § 24 Abs.1 Z2 FSG die Lenkberechtigung für die Klassen AM und B befristet auf 1 Jahr – Nachuntersuchung mit psychiatrisch-fachärztlicher Stellungnahme – unter folgender Auflage Code 104*/01.06 erteilt wird:

Kontrolluntersuchungen mit Vorlage von CDT-, MCV-, Gamma-GT-, SGOT- und SGPT-Laborwerten alle 2 Monate an die belangte Behörde.

 

 

II.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungs­gerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid wurde dem Beschwerdeführer (in Folge: Bf) in Bestätigung des Mandatsbescheides der belangten Behörde vom             22. Oktober 2014, VerkR21-119-2014/BR, gemäß §§ 2 Abs.3 Z7, 3 Abs.1 Z3, 8 Abs.1, 2 und 3, 24 Abs.1 Z1, 25 Abs.1 und 2 FSG sowie § 3 Abs.1 Z1 FSG-GV die Lenkberechtigung – Führerschein ausgestellt von der BH Braunau/Inn am 9.6.2004 zu VerkR20-1360-2004/BR, für die Klassen AM und B – mangels gesundheitlicher Eignung für die Dauer der behördlich festgestellten Nicht­eignung entzogen. Die unverzügliche Ablieferung des über die entzogene Lenkberechtigung ausgestellten Führerscheins und eines allenfalls vorhandenen Mopedausweises, sofern keine vorläufige Abnahme erfolgt ist, bei der Behörde bzw der zuständigen Polizeiinspektion wurde gemäß § 29 Abs.3 FSG angeordnet. Weiters wurde gemäß § 13 Abs.2 VwGVG die aufschiebende Wirkung einer allenfalls gegen diesen Bescheid einzubringenden Beschwerde im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug ausgeschlossen.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte laut Rückschein am 27. November 2014.

2. Dagegen hat der Bf fristgerecht Beschwerde gemäß § 7 VwGVG iVm Art. 130 Abs.1 Z1 B-VG eingebracht, die von der belangten Behörde ohne Beschwerde­vorentscheidung dem Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wurde, das darüber gemäß Art.131 B-VG zu entscheiden hat. Die Durchführung einer (nicht beantragten) öffentlichen mündlichen Verhandlung erübrigte sich gemäß § 24 VwGVG.

3. Der Bf macht unter Verweis auf den Vorstellungsschriftsatz vom 6. November 2014 im Wesentlichen geltend, das vorangegangene Alkoholdelikt aus dem Jahr 2000 liege nun schon 14 Jahre zurück und er sei „Ersttäter“ iSd § 26 Abs. 2 Z1 FSG. Der Vorfall sei nicht zu beschönigen und tue ihm leid. Er habe die Folgen in empfindlicher Form zu tragen. Betreffend der „Spürgrenze“ des Alkohols habe es ein Missverständnis gegeben; er habe die Frage offenbar falsch verstanden – tatsächlich spüre er die Wirkung des Alkohols bereits bei der 2. Halben Bier. Er habe durch die Vorlage der Leberfunktionsparameter vom 7.8. und 16.10.2014 unter Beweis gestellt, dass er „drink & drive“ zu trennen vermöge und weder eine Alkoholabhängigkeit noch gehäufter Missbrauch vorliege. Insbesondere die CDT-Werte bewegten sich im unteren Referenzbereich. Er legt den Befundbericht vom 15. Dezember 2014 vor – GOT, GPT, GGT und CDT sind normwertig. Er habe damit seine Alkoholkarenz nachgewiesen über den Zeitraum von einem halben Jahr, seit Juni 2014 bestehe kein Alkoholmissbrauch mehr – der nie vorgelegen habe – und er zeige, dass er in der Lage sei, völlig auf Alkohol zu verzichten.

Weiters habe die Behörde die rechtliche Möglichkeit der Verhängung eines gelinderen Mittels in Form der Einschränkung seiner Lenkberechtigung nach § 24 Abs. 1 Z2 FSG statt der Entziehung nicht geprüft, denn sonst wäre sie zum Ergebnis gelangt, dass eine Einschränkung sachgerecht wäre.

Da er gesundheitlich zum Lenken von Kraftfahrzeugen geeignet sei, beantrage er die Aufhebung des Bescheides und Verfahrenseinstellung, in eventu Abänderung des Bescheides in Form der Einschränkung durch Auflagen und Befristung auf 1 Jahr.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde sowie Einholung einer weiteren verkehrspsychologischen Stellungnahme, einer psychiatrischen FA-Stellung­nahme und von Leberlaborwerten, Einholung eines neuerlichen amtsärztlichen Gutachtens gemäß § 8 FSG und Wahrung des Parteiengehörs.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Dem Bf wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 15. Juli 2014, VerkR21-119-2014/BR, die Lenkberechtigung für die Klassen AM und B wegen Verweigerung der Atemalkoholuntersuchung am 22. Februar 2014 für die Dauer von acht Monaten, gerechnet ab der vorläufigen Abnahme des Führerscheins am 22. Februar 2014, dh bis 22. Oktober 2014, entzogen, wobei ihm die Absolvierung einer Nachschulung, die Beibringung eines amtsärztlichen Gut­achtens  sowie einer verkehrspsychologischen Stellungnahme auferlegt wurde.

Die Nachschulung absolvierte er laut FSR am 5. April 2014; die verkehrs­psychologische Stellungnahme vom 1. Oktober 2014 lautete auf „derzeit nicht geeignet“, wobei angeführt wurde, dass sich bei strikter und dauerhafter Alkoholkarenz nicht nur die Eignungsvoraussetzungen im Persönlichkeitsbereich verbessern würden, sondern eine Regeneration der eingeschränkten kraftfahr­spezifischen Leistungsfunktionen zu erwarten wäre. Eine neuerliche VPU würde aber nur bei nachweislicher Alkoholkarenz und frühestens nach Ablauf von sechs Monaten angeraten, da ansonsten keine entscheidenden, psychometrisch messbaren Verbesserungen zu erwarten seien.

Die Leberfunktionswerte für GGT, GOT, GPT und CDT vom 7. August 2014 lagen in der Norm.

Das amtsärztliche Gutachten DDris B vom 21. Oktober 2014 lautete auf „nicht geeignet“ zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 sowie AM, wobei darauf hingewiesen wurde, dass es sich um das 4. Alkoholdelikt mit Verkehrsunfall und Personenschaden handle. Die VPU sei sowohl kf-spezifisch als auch infolge mangelnder Bereitschaft zur Verkehrsanpassung negativ. Die Blutwerte zeigten Alkoholkarenz an, weitere Blutproben wären hilfreich, neuerliche VPU in 6 Monaten.

Gegen den Mandatsbescheid (Entziehung wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung) vom 22. Oktober 2014 wurde Vorstellung eingebracht und auf die Blutwerte vom 16. Oktober 2014 hingewiesen – auch hier lagen GGT und CDT nicht nur im Referenzbereich, sondern sogar bei 0,5 bzw 0,6. Der Amtsarzt der belangten Behörde sprach sich am 11. November 2014 gegen den Antrag des Bf auf Einschränkung der Lenkberechtigung durch die Auflage, für ein Jahr alle drei Monate GGT- und CDT-Werte vorzulegen, aus mit der Begründung, die Behauptung des Bf, er könne Fahren und Trinken trennen, könne nicht mit aktuellen Blutwerten erbracht werden, man könne diese Behauptung mit der sehr auffälligen Vorgeschichte widerlegen. Sehr negativ sei, dass der Bf die Spürgrenze für Alkohol erst bei fünf Bieren angegeben habe; gravierender sei aber die Aussage, die kf-spezifische Leistungsfähigkeit sei beim erst 44jährigen Bf nicht ausreichend gegeben, die visuelle Auffassungsfähigkeit, die visuelle Orientierung, die Sensomotorik und die abstrakt logische Intelligenz wiesen Defizite auf, das sei beim geringen Alter des Bf einigermaßen signifikant und werde insgesamt als eignungsausschließend beurteilt. Das amtsärztliche Gutachten könne nur negativ abgeschlossen werden. Vorgeschlagen werde die Vorlage alkoholspezifischer Blutwerte etwa alle 2 Monate, bei dokumentierter halbjährlicher Alkoholkarenz könne dann die Zustimmung für eine neuerliche VPU erteilt werden.

 

Befragt zur Behauptung des Bf, er habe die Frage nach der Spürgrenze so verstanden, ab welchem Bierkonsum ein „Rausch“ vorliege, bestätigte der Verkehrspsychologe, es werde wörtlich nach der Trinkmenge gefragt, bei welcher der Untersuchte die erste Wirkung von Alkohol verspüre, und nicht, wann er betrunken sei. Die genannten 5 Halben Bier seien bei 60 kg Körpergewicht extrem hoch. Ohne Alkoholgewöhnung würde man bereits bei den ersten Schlucken Bier eine eintretende Alkoholwirkung verspüren. Die auf die Frage nach seinen Konsumgewohnheiten vom Bf gegebene Antwort, bei Anlässen sechs Biere und sechs bis acht Bargetränke zu konsumieren, bestätige eine erhöhte Giftfestigkeit ohnehin zweifelsfrei, selbst wenn es bei der Spürgrenze ein Missverständnis gegeben habe.

 

Dem Bf wurde seitens des Landesverwaltungsgerichtes , weil seine alkohol­spezifischen Blutwerte seit 7. August 2014 im Referenzbereich angesiedelt sind -  er hat mit der Beschwerde normwertige Befunde für GOT, GGT, GPT und CDT vom 15. Dezember 2014 vorgelegt – mit Schreiben vom 8. Jänner 2015 eine Zuweisung zur neuerlichen VPU erteilt. 

Die verkehrspsychologische Stellungnahme vom 18. Februar 2015 lautet erneut auf „derzeit nicht geeignet“ zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen AM und B, wobei ein längerfristiger strikter Verzicht auf Alkohol und eine Inanspruch­nahme psychologischer Beratungsmaßnahmen (Alkoholberatung, verkehrs­psycho­logische Einzelgespräche) empfohlen wurden. Zusammenfassend bestehen im kraftfahrspezifischen Leistungsbereich Einschränkungen der reaktiven Belastbarkeit und der Sensomotorik; insbesondere das deutlich unterdurchschnittliche formale logische Denkvermögen wird im Zusammenhang mit dem angeführten Umgang mit Alkohol als außerordentlich problematisch beurteilt. Die deutlichen Unterschiede zwischen dem formal-logischen Denkvermögen wie auch dem erfahrungsbedingten verbalen Erfahrungswissen verstärken den Verdacht auf eine negative Auswirkung eines längerfristigen Alkoholkonsums. Eine entsprechende selbstkritische Auseinandersetzung mit dem deutlich erhöhten Risiko eines Rückfalls lasse sich nicht erkennen. Insgesamt sei die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung nicht gegeben.

 

Zur verkehrspsychologischen Stellungnahme führte Amtsarzt DDr. B am 4. März 2015 aus, beim Vergleich beider Stellungnahmen würden vor allem die Mängel in der Persönlichkeit derart große Differenzen aufweisen, dass an eine Eignung (derzeit) nicht zu denken sei. Insbesondere werde in der 2. VPU-Stellungnahme ausgeführt, dass sich auch nach Teilnahme an einem Einstellungs- und Verhaltenstraining für alkoholauffällige Kraftfahrer keine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Alkohol­missbrauch und dem erhöhten Risiko von Kontrollminderungen zeige. Zwischen den Fahrten zeigten sich durchaus Phasen verringerten Alkoholkonsums, Trinkpausen, jedoch sei von einem längerfristigen Missbrauch auszugehen. Auch die Ergebnisse der standardisierten Persönlichkeitsverfahren verstärkten diese Beurteilung. Aus amtsärztlicher Sicht müssten daher vorerst andere gesundheitsbezogene Maßnahmen zur positiven Veränderung der Persönlichkeit zur Anwendung kommen. Mit einer Auflage gemäß „Code 104“ in einem befristet erteilten Führerschein würde man dabei sicher nicht sehr viel verändern können.

 

Der Bf  verwies in seiner Stellungnahme vom 24. März 2015 darauf, dass die verkehrspsychologische Stellungnahme vom 12.2.2015 nicht zum Ergebnis komme, dass eine Nichteignung (auch) nicht wegen Nichtvorliegens der kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen vorliege, sondern aus dem Persönlich­keitsbefund eine selbstkritische Auseinandersetzung mit dem Rückfallrisiko nicht erkennbar und daher die nötige Bereitschaft zur Verkehrsanpassung nicht gegeben sei. Zur kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit seien Leistungs­schwächen, aber keine Nichteignung festgestellt worden, bei Beurteilung seiner Bereitschaft zur Verkehrsanpassung werde die deutlich unterdurchschnittliche emotionale Lernfähigkeit als begründender Umstand herangezogen. Im Übrigen enthalte die Stellungnahme beim Verantwortungsbewusstsein, der psychischen Stabilität, bei der Tendenz zur aggressiven Interaktion im Straßenverkehr und bei der Frage, ob der Bezug zum Autofahren kritisch von der Norm abweiche, nichts Negatives, bei der Selbstkontrolle werde ihm durchschnittliche emotionale Stabilität und bei der Risikobereitschaft im Durchschnitt liegende Abenteuerlust attestiert. Eine mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung werde auf die laut Verkehrspsychologen nicht erkennbare selbstkritische Auseinandersetzung mit dem deutlich erhöhten Risiko eines Rückfalls begründet. Die Frage, ob er „drink & drive“ trennen könne, werde ohne Bezugnahme auf seine aktuell vorgelegten Leberfunktionsparameter nicht beantwortet werden können – die CDT-Werte vom 7.8. und 16.10.2014 lägen bei 0,5 und 0,6%, der vom 12.2.2015 bei 0,6% und seien damit ausgezeichnet, ebenso die Werte für GOT, GPT und GGT.

Somit habe er unter Beweis gestellt, dass er zumindest seit Juni 2014, dh über ein halbes Jahr, Alkohol nur in sehr geringen Mengen zu sich nehme, kein Alkoholmissbrauch – geschweige denn eine Alkoholabhängigkeit – bestehe und er in der Lage sei, vor der aktiven Teilnahme am Straßenverkehr keinen Alkohol zu konsumieren. Die Amtsarzt-Stellungnahme nehme darauf keinen Bezug, er habe aus dem Vorfall vom 22.2.2014 gelernt und konsumiere nicht mehr übermäßig Alkohol.

Unter Hinweis auf VwGH-Rechtsprechung sei entscheidend für die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung, dass er – sei es  aus Überzeugung von der schädlichen Wirkung von Alkohol auf die Gesundheit, sei es aufgrund von Furcht vor der Bestrafung und LB-Verlust –  Alkoholkonsum meide oder zumindest so weit einschränke, dass er beim Lenken dadurch nicht beeinträchtigt sei. Dass eine neuerliche Begehung eines Alkoholdeliktes nicht mit Sicherheit auszuschließen sei, rechtfertige nicht den Schluss, ein solches sei konkret zu befürchten, zumal ein solcher Ausschluss bei zahlreichen Besitzern einer Lenkberechtigung nicht möglich sein werde.

Er habe vorgeschlagen, etwa alle 2 Monate alkoholspezifische Blutwerte vorzulegen, um eine halbjährliche Alkoholkarenz zu dokumentieren, und er habe das mit ausgezeichneten Ergebnissen gemacht, was der Amtsarzt in seiner Beurteilung vom 4.3.2015 nicht außer Ansatz hätte lassen dürfen. Im Übrigen liege auch dem Erkenntnis des LVwG vom 19.2.2015, LVwG-650200, ein vergleichbarer Sachverhalt zugrunde, bei dem statt eines Entzuges der Lenkberechtigung eine Einschränkung  durch Befristung und Auflagen erfolgt sei.

Nach der Rechtsprechung sei für die Erteilung einer Lenkberechtigung eine positive verkehrspsychologische Stellungnahme nicht notwendig, entscheidend sei vielmehr das amtsärztliche Gutachten, dem er durch Vorlage ausgezeichneter Laborbefunde über einen ausreichenden Zeitraum Folge geleistet und bewiesen habe, dass er „drink & drive“ trennen könne, weswegen die gesetzlichen Voraus­setzungen für eine eingeschränkte Wiedererteilung seiner Lenkberechtigung vorlägen.

 

Nach Vorlage des Verfahrensaktes an die Amtsärztin Dr. E W, Amt der OÖ. Landesregierung, Direktion Soziales und Gesundheit, Abt. Gesundheit, äußerte diese aufgrund der in beiden VPU zutage getretenen deutlichen Einschränkungen der kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen und der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung den Verdacht auf eine bestehende Alkoholabhängigkeit und verlangte eine psychologische FA-Stellungnahme sowie die kontinuierliche Beibringung von Laborwerten auf MCV, CDT, Gamma-GT, SGOT und SGPT im Abstand von 6 Wochen. Sie vertrat die Ansicht, erst nach ausreichend nachgewiesener Alkoholabstinenz kontinuierlich über einen Mindestzeitraum von 6 Monaten könne eine weitere Zuweisung zu einer VPU erfolgen.

 

Dr. F H, FA für Psychiatrie und Neurologie, hält in seiner Stellungnahme vom 20. Mai 2015 als Diagnose „Zustand nach Alkoholabhängigkeit F10.2 nach ICD 10; DD:Zustand nach schädlichem Gebrauch von Alkohol F10.1 nach ICD-10“ fest, wobei auffallend die 4 Alkoholdelikte im Straßenverkehr, einmal mit Unfallfolge, die Toleranzentwicklung, wahrscheinlich Kontrollverlust über den Alkoholkonsum, Vernachlässigen von Interessen aufgrund des Alkoholkonsums, die früher erhöhten MCV-Werte und die beiden negativen verkehrspsycho­logischen Stellungnahmen seien. Eine Alkoholabhängigkeit sei wahrscheinlich, könne aber nicht mit Sicherheit belegt werden, da von den geforderten drei Abhängigkeits­kriterien nur zwei bestätigt würden. Der Bf trinke nach eigenen Angaben seit Dezember 2014 absolut keinen Alkohol mehr und der aktuelle Laborbefund sei dementsprechend. Man könne also von einem Zustand nach Alkoholabhängigkeit bzw Zustand nach schädlichem Gebrauch von Alkohol sprechen. Unter bestimmten Bedingungen sei eine neuerliche Alkoholfahrt sehr unwahrscheinlich und der Bf geeignet, Kraftfahrzeuge der Gruppe 1 zu lenken, darunter eine befürwortende verkehrspsychologische Stellungnahme, absolute Alkoholkarenz belegt durch entsprechende alkoholrelevante Laborbefunde alle zwei Monate, Befristung auf 1 Jahr mit anschließender fachpsychiatrischer Stellungnahme.

 

Der Bf absolvierte am 3. Juli 2015 eine neuerliche verkehrspsychologische Untersuchung, gemäß der er nun „derzeit bedingt geeignet zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen AM und B“ ist. Die kraftfahrspezifischen Leistungs­funktionen wurden als ausreichend befunden, wobei sich im Vergleich zu Voruntersuchungen teilweise Verbesserungen zeigten, die auf eine Regeneration durch die Alkoholkarenz hinweisen könnten. Eignungseinschränkend sei die Befundlage zur Persönlichkeit. Er zeige sich nun reflektiert und problembewusst; man könne aufgrund der seit Dezember 2014 bestehenden Alkoholkarenz von einer zumindest beginnenden Stabilität ausgehen, auch wenn ein Rückfall in sein früheres Konsumverhalten nicht ausgeschlossen werden könne. Verantwortungs­bewusstsein und Selbstkontrolle seien vermindert, psychische Stabilität und das Spannungsbedürfnis/Abenteuerlust normgemäß ausgeprägt. Unter Würdigung der geltend gemachten Alkoholkarenz und künftiger regelmäßiger Therapie­gespräche könne die nötige Bereitschaft zur Verkehrsanpassung in noch ausreichendem Maß abgeleitet werden.

 

In ihrem Gutachten gemäß § 8 FSG vom 24. Juli 2015 kommt die Amtsärztin     Dr. W zum Ergebnis, dass der Bf nunmehr befristet geeignet zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen AM und B sei mit Nachuntersuchung in einem Jahr mit psychiatrischer FA-Stellungnahme sowie Kontrolluntersuchungen auf CDT, MCV, Gamma-GT, SGOT, SGPT alle zwei Monate (Vorlage an die Behörde), „Nachweis der Inanspruchnahme psychologischer und psychotherapeutischer Gespräche á 50 Minuten 2x wöchentlich, erstmals bereits vor Wiedererteilung der Lenk­berechtigung, fachpsychiatrische Kontrollen unter Vorlage alkoholrelevanter Laborwerte alle 3 Monate“ – vorausgesetzt noch zu erbringender sich im Normbereich befindlicher Leberfunktionsparameter und nachweisliche Bestätigung des Beginns der psychotherapeutischen Gespräche. Sie begründet dies damit, laut psychiatrischer Stellungnahme Dris H vom 20. Mai 2015 besteht beim Bf ein Zustand nach Alkoholabhängigkeit, abstinent seit ca Dezember 2014 nach 4 Alkoholdelikten im Straßenverkehr, weshalb er nur unter den genannten Bedingungen geeignet ist, ein Kraftfahrzeug zu lenken mit dem Nachweis absoluter Alkoholkarenz durch entsprechende Laborbefunde sowie der psychotherapeutischen Gespräche zur Stabilisierung und Beleuchtung der Hintergründe, um eine Rückfallgefährdung möglichst hintanhalten zu können.

 

Im Rahmen des Parteiengehörs hat sich der Bf mit Schriftsatz vom 30. Juli 2015 ausdrücklich mit der Erteilung einer Lenkberechtigung unter der genannten Einschränkung einverstanden erklärt.

 

Das Landesverwaltungsgericht hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4)  nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit Z1 die Lenkberechtigung zu entziehen oder Z2 die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diesfalls ist gemäß § 13 Abs.5 ein neuer Führerschein auszustellen. … Bei besonders berücksichtigungswürdigen Gründen kann von der Entziehung der Klasse AM hinsichtlich der Berechtigung zum Lenken von Motorfahrrädern abgesehen werden. Dies ist auch dann möglich, wenn der Betreffende die Lenkberechtigung für die Klasse AM nur im Wege des § 2 Abs. 3 Z 7 besitzt.

Gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken.

 

Dem Bf war mit – in Rechtskraft erwachsenem – Bescheid der belangten Behörde vom 15. Juli 2014, VerkR21-119-2014/BR, die Lenkberechtigung wegen Verkehrsunzuverlässigkeit – Verweigerung der Atemluftalkoholuntersuchung – für den Zeitraum von 22. Februar bis 22. Oktober 2014 entzogen und ihm ua die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme sowie eines amtsärztlichen Gutachtens zu seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen AM und B aufgetragen worden.

 

Die psychiatrische FA-Stellungnahme Dris H vom 20. Mai 2015 geht von der Diagnose „Zustand nach Alkoholabhängigkeit F10.2, Zustand nach schädlichem Gebrauch von Alkohol F10.1“ aus, wobei unter den angeführten Bedingungen eine neuerliche Alkoholfahrt als sehr unwahrscheinlich anzusehen ist:

·         befürwortende verkehrspsychologische Stellungnahme,

·         absolute Alkoholkarenz, belegt durch entsprechende alkoholrelevante Laborbefunde alle 2 Monate,

·         psychologische und psychotherapeutische Gespräche samt Bestätigungen darüber, Beginn noch vor Wiedererteilung der Lenkberechtigung,

·         fachpsychiatrischen Kontrollen unter Vorlage aktueller alkoholrelevanter Laborwerte 1x in 3 Monaten

·         entsprechende Bestätigungen

·         Befristung auf 1 Jahr, anschließend neuerliche fachpsychiatrische Stellungnahme.

 

Die verkehrspsychologische Stellungnahme vom 6. Juli 2015 lautet auf „derzeit bedingt geeignet“ zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen AM und B.

 

Laborbefunde vom 7.8.2014, 15.12.2014, 12.2.2015, 31.3.2015 und 11.5.2015 auf GOT, GPT, GGT und CDT waren einwandfrei.

Der Laborbefund vom 23. Juli 2015 auf CDT, MCV, GGT, GOT, GPT und Cholinesterase ist ebenfalls einwandfrei.

 

Das amtsärztliche Gutachten Dris W vom 24. Juli 2015, Ges-311667/6-2015-Wim/Du, lautet auf „befristet geeignet“ zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen AM und B mit Nach­unter­suchung in einem Jahr mit psychiatrischer FA-Stellungnahme unter der Auflage von Kontrolluntersuchungen auf CDT, MCV, GGT, SGOT, SGPT alle zwei Monate. 

 

Die zeitliche Befristung der Lenkberechtigung und die Auflage der amtsärztlichen Nachuntersuchung ergeben sich aufgrund der Vorschreibung ärztlicher Kontroll­untersuchungen zwingend aus der Bestimmung des § 2 Abs.1 FSG-GV. Die von der Amtsärztin vorgesehene Befristung ist gemäß § 8 Abs.3a FSG vom Zeitpunkt der Ausfertigung des amtsärztlichen Gutachtens zu berechnen, also ab 24. Juli 2015.

Die „Auflage“ des Nachweises der Inanspruchnahme psychologischer und psychotherapeutischer Gespräche à 50 Minuten zweimal wöchentlich, erstmals vor Wiedererteilung der Lenkberechtigung, fachpsychiatrische Kontrolle unter Vorlage alkoholrelevanter Laborwerte alle 3 Monate ist keine Auflage im Sinne des § 24 Abs.1 Z2 FSG – so sinnvoll sie vom Aspekt der gesundheitlichen Eignung des Bf und vom Aspekt der Verkehrssicherheit auch sein mag. Allerdings ist aus der Sicht des Bf zu bedenken, dass solche Gespräche aus der Sicht des Facharztes Grundlage für die bei der Nachuntersuchung in einem Jahr vorzulegende psychiatrische FA-Stellungnahme sein können.

 

Auf dieser Grundlage war spruchgemäß zu entscheiden.   

 

 

 

Zu II.:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungs­gerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Mag. Bissenberger