LVwG-300682/20/KL/TK

Linz, 15.07.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde des M. B., vertreten durch Rechtsanwälte W. O. N. G., X 8, S. , gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 4. März 2015, SV-21/14, wegen Übertretungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 11. Juni 2015

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG  wird der Beschwerde teilweise stattgegeben und werden die verhängten Geldstrafen auf jeweils 365 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit die Ersatzfreiheitsstrafen auf jeweils 48 Stunden herabgesetzt. Im Übrigen wird das Straferkenntnis bestätigt.

 

 

II.      Gemäß § 38 VwGVG iVm § 64 VStG ermäßigt sich der Kostenbeitrag zum Verwaltungsstrafverfahren vor der belangten Behörde auf 146 Euro. Für das Beschwerdeverfahren ist gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 4. März 2015, SV-21/14, wurden über den Beschwerdeführer wegen Verwaltungsübertretungen nach § 33 Abs. 1 iVm § 111 Abs. 1 und 2 ASVG in vier Fällen Geldstrafen von jeweils 730 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 96 Stunden verhängt. Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

„Sie haben es als Gewerbeinhaber, der Firma M. B. in S., X Straße 1, "verwaltungsstrafrechtlich zu vertreten, dass

1. durch oa. Firma Hr. M. A., geb. am x, zumindest am 2.5.2014, im Lokal oa. Firma („P. M.") in S., X Straße 1, von oa. Finna mit Hilfstätigkeiten (Falten von Pizzakartons) beschäftigt wurde, ohne dass dieser Dienstnehmer vor Arbeitsantritt von oa. Firma als verantwortlicher Dienstgeberin beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet wurde. Der Monatslohn von Hrn. M. A. lag - bei Annahme einer kollektivvertraglichen Entlohnung - über der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 (2) ASVG. Hr. M. A. arbeitete gemäß den Anweisungen und auf Rechnung oa. Firma. Er war somit Dienstnehmer. Da die Dienstgeber jeden von ihnen beschäftigten vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden haben, stellt dies eine Übertretung der Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) dar.

2. durch oa. Firma Fr. A. D., geb. am x, zumindest am 2.5.2014, im Lokal oa. Firma („P. M.") in S., X Straße 1, von oa. "Firma mit Hilfstätigkeiten (Gemüse schneiden und waschen, Salate vorbereiten) beschäftigt wurde, ohne dass diese Dienstnehmerin vor Arbeitsantritt von oa. Firma als verantwortlicher Dienstgeberin beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet wurde. Der Monatslohn von Fr. A. D. lag - bei Annahme einer kollektivvertraglichen Entlohnung - über der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 (2) ASVG. Fr. A. D. arbeitete gemäß den Anweisungen und auf Rechnung oa. Firma. Sie war somit Dienstnehmerin. Da die Dienstgeber jeden von ihnen beschäftigten vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden haben, stellt dies eine Übertretung der Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) dar.

3. durch oa. Firma Fr. G. E., geb. am x, zumindest am 2.5.2014, im Lokal oa. Firma („P. M.") in S., X Straße 1, von oa. Firma mit Hilfstätigkeiten (Salate vorbereiten, Geschirr abwaschen) beschäftigt wurde, ohne dass diese Dienstnehmerin vor Arbeitsantritt von oa. Firma als verantwortlicher Dienstgeberin beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet wurde. Der Monatslohn von Fr. G. E. lag -bei Annahme einer kollektivvertraglichen Entlohnung - über der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 (2) ASVG. Fr. G. E. arbeitete gemäß den Anweisungen und auf Rechnung oa. Firma. Sie war somit Dienstnehmerin. Da die Dienstgeber jeden von ihnen beschäftigten vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden haben, stellt dies eine Übertretung der Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) dar“.

4. durch oa. Firma Fr. A. J., geb. am x, zumindest am 2.5.2014, im Lokal oa. Firma („P. M.") in S., X Straße 1, von oa. Firma als Küchenhilfe beschäftigt wurde, ohne dass diese Dienstnehmerin vor Arbeitsantritt von oa. Firma als verantwortlicher Dienstgeberin beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet wurde. Der Monatslohn von Fr. A. J. lag - bei Annahme einer kollektivvertragliche Entlohnung - über der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 (2) ASVG. Fr. A. J. arbeitete gemäß den Anweisungen und auf Rechnung oa. Firma. Sie war somit Dienstnehmerin. Da die Dienstgeber jeden von ihnen beschäftigten vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden haben, stellt dies eine Übertretung der Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) dar.“

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass keine Beschäftigung im Sinn des ASVG vorliege, da M. A. ein guter Bekannter sei und nur unentgeltlich geholfen habe. A. D. habe kurzfristig aushilfsweise ausgeholfen und wurde davon ausgegangen, dass alle notwendigen Meldungen bei Behörden vorliegen. Mit G. E. habe der Beschwerdeführer eine Beziehung gehabt, Arbeitseinkommen habe sie keines erzielt. A. J. sei erst kurz vor der Kontrolle ins Lokal gekommen und habe eine spätere berufliche Tätigkeit ins Auge gefasst. Sie hat nur zugesehen und einige Handgriffe erledigt. Der Beschuldigte ist unbescholten und seien die Strafen in Bezug auf die Unbescholtenheit überzogen. Es könne mit Ermahnung vorgegangen werden.

 

3. Der Magistrat der Stadt Steyr hat die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt und ausgeführt, dass eine strafrechtliche Vormerkung wegen Übertretung des Wasserrechtsgesetzes vorliegt.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 11. Juni 2015, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden. Der Rechtsvertreter des Beschuldigten hat an der Verhandlung teilgenommen, der Beschuldigte ist nicht erschienen. Die belangte Behörde hat sich entschuldigt. Weiters hat die Amtspartei teilgenommen. Es wurden die Zeugen FOI M. H. und A. J. einvernommen. Der geladene Zeuge M. A. ist trotz ausgewiesener Ladung nicht erschienen. Die weiteren Zeuginnen A. D. und G. E. konnten mangels ladungsfähiger Adresse nicht geladen und einvernommen werden.

 

4.1. Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

Bei einer Kontrolle der Finanzpolizei am 2. Mai 2014 im Lokal Pizzeria „M.“ in S., welches vom Beschwerdeführer betrieben wird, wurden im Lokal der Beschwerdeführer und vier weitere Personen angetroffen, nämlich zunächst im vorderen Bereich der Pizzeria der Beschwerdeführer sowie M. A. und A. J., wobei Herr M. A. gerade Pizzakartons faltete und A. J. bei Tätigkeiten als Küchenhilfe angetroffen wurde. A. J. gab an, dass sie einen Schnuppertag hat. Sie wollte sich vorstellen und hat, weil es so hektisch im Betrieb war, Tätigkeiten ausgeführt. Sie hat dabei eine rote Schürze, wie auch die übrigen Arbeitnehmer, getragen. Sie hat zuvor gerade ihre Arbeit verloren und wieder eine Arbeit gesucht. Es handelte sich beim 2. Mai 2014 um einen Zwickeltag zwischen Feiertag und Wochenende. Sie wollte in der Pizzeria eine Beschäftigung finden und hat dann ihr Arbeitsverhältnis am darauffolgenden Montag begonnen und im Service in der Pizzeria gearbeitet. Sie begann am 2. Mai 2014 um 11.00 Uhr. Dies gibt sie auch im von ihr ausgefüllten Personenblatt an. M. A. füllte ebenfalls ein Personenblatt aus und unterfertigte es. Er führt als Beginn der Tätigkeit den 2. Mai 2014 um 11.00 Uhr an und als Tätigkeit das Vorbereiten von Kartons. Über die Bezahlung wurde nicht gesprochen. Er wurde auch tatsächlich beim Falten von Kartons angetroffen. Beide Personen waren nicht zur Sozialversicherung gemeldet. Über weitere Nachschau wurde dann vom Finanzamt bei der Kontrolle ein weiterer anschließender kleiner Raum, welcher als Abwaschbereich diente, vorgefunden und wurden in diesem Bereich zwei weitere Personen angetroffen, die nicht der deutschen Sprache mächtig waren. Es wurde polizeiliche Verstärkung angefordert und wurden dann unter Beisein eines Dolmetschers Niederschriften aufgenommen und Personenblätter ausgefüllt. Dabei gab A. D. an, seit 23. April 2014 in der Pizzeria zu arbeiten und eine Entlohnung von 30 Euro täglich zu erhalten. Dies wurde von ihr auch unterzeichnet. Sie wurde bei Hilfstätigkeiten angetroffen. Nach ihren Angaben bei der Einvernahme arbeitet sie täglich von 11.00 bis 23.00 Uhr, wobei von 14.00 bis 17.00 Uhr Mittagspause ist. Ihre Tätigkeit ist die Vorbereitung von Salaten, Geschirr abwaschen und sonstige Hilfstätigkeiten. Pro Tag erhält sie 30 Euro, wobei alle paar Tage das Geld bar auf die Hand ausbezahlt wird. Der Chef notiert sich dies auf dem Kalender. Nach ihren Angaben ist sie als Au-pair-Mädchen beim AMS gemeldet. Eine sonstige Meldung zur Sozialversicherung besteht nicht. Weiters wurde in diesem Nebenbereich G. E. angetroffen, welche ebenfalls im Personenblatt ausfüllt, seit 12. März 2014 in der Pizzeria zu arbeiten und täglich 30 Euro zu verdienen. Sie wurde ebenfalls bei Tätigkeiten angetroffen und hatte eine rote Schürze um. Es besteht keine arbeitsrechtliche Bewilligung und war sie auch nicht zur Sozialversicherung gemeldet. Auch sie arbeitet täglich von 11.00 bis 14.00 Uhr und 17.00 bis 23.00 Uhr und hat einen Tag in der Woche frei. Alle paar Tage erhält sie das Geld bar auf die Hand. Ihre Tätigkeit ist das Vorbereiten von Salaten, Geschirr abwaschen und sonstige Hilfstätigkeiten. Eine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung und eine Anmeldung zur Sozialversicherung gibt es nicht. Als familiäre oder soziale Bindung in Österreich gibt sie ihre Taufpatin an. Eine Beziehung zum Beschwerdeführer führt sie nicht an.

Weitere Arbeitnehmer wurden zum Kontrollzeitpunkt nicht im Lokal angetroffen. Das Lokal war zum Kontrollzeitpunkt geöffnet und es war Mittagszeit. D. ist s. Staatsangehörige, E. b.-h. Staatsangehörige, beide Personen haben keine Aufenthaltsberechtigung.

Nachforschungen der Finanzpolizei ergaben, dass für den Betrieb weitere Arbeitnehmer gemeldet waren, allerdings im Verhältnis zur Größe des Lokales und Betriebes eine viel zu geringe Zahl.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ist aus den Aussagen der einvernommenen Zeugen sowie den im Akt aufliegenden Unterlagen und Fotos erwiesen. Es bestehen keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit der einvernommenen Zeugen. Auch ist aus den Fotos ersichtlich und wurde von der Zeugin bestätigt, dass sie hier bei Tätigkeiten angetroffen wurde und dies auch aus den Fotos ersichtlich ist. Weiters ist auch aus den Fotos ersichtlich, dass auch die beiden Arbeitnehmerinnen im Nebenbereich Tätigkeiten ausübten. Es konnte daher von einer weiteren Zeugeneinvernahme Abstand genommen werden.

 

5. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

5.1. Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG, BGBl.Nr. 189/1955 i.d.g.F., haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

Gemäß § 33 Abs. 2 ASVG gilt Abs. 1 für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit. a Versicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

 

Gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG sind in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer aufgrund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

Gemäß § 4 Abs. 2 1. Satz ASVG ist Dienstnehmer im Sinn dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtige Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

1.   Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2.   Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

3.   Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

4.   gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

Gemäß § 111 Abs. 2 ASVG ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 3.180 Euro bis 5.000 Euro, bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafen bis zu zwei Wochen, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

Gemäß § 539 a ASVG ist für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (z.B. Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend. Ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom 4.9.2013, Zl. 2013/08/0156) ist der Arbeitsantritt im Sinn des § 33 Abs. 1 ASVG schon mit dem Zeitpunkt anzunehmen, zu dem der Dienstnehmer vereinbarungsgemäß am Arbeitsort erscheint und dem Dienstgeber seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt. Darauf, ob sogleich mit der konkreten Tätigkeit begonnen wird oder zunächst etwa administrative Angelegenheiten erledigt werden, kommt es nicht an.

 

5.2. Im Grunde des festgestellten und erwiesenen Sachverhaltes wurden eindeutig die Bestimmungen des ASVG verletzt. Sämtliche genannte Arbeitnehmer wurden bei Tätigkeiten in der Pizzeria zum Kontrollzeitpunkt angetroffen. Ein besonderes zu berücksichtigendes persönliches Naheverhältnis zum Beschuldigten wurde von keiner der Personen angegeben. Insbesondere wurde von der auch niederschriftlich einvernommenen Beschäftigten E. keine Beziehung zum Beschuldigten angeführt. Hinsichtlich des Einwandes der Beschäftigten J., dass es sich um einen Schnuppertag gehandelt hätte, ist aber auf die oben angeführte Judikatur hinzuweisen, wonach sie nach Vereinbarung mit dem Beschuldigten am 2. Mai 2014 vereinbarungsgemäß erschienen ist. Auch hat sie nicht nur dagestanden und zugesehen, sondern auch konkret Tätigkeiten ausgeübt. Auch hat diese Vereinbarung zu diesem Termin  dazu gedient, dass ein Beschäftigungsverhältnis abgeschlossen wird. Die Zeugin J. führt selbst aus, am darauffolgenden Montag zur vereinbarten Zeit die Arbeit angetreten zu haben. Die Arbeitnehmerinnen D. und E. geben selbst an, zu bestimmten vereinbarten Zeiten gegen Entgelt schon für einen längeren Zeitraum für nähere ausgeführte Hilfstätigkeiten in der Pizzeria herangezogen worden zu sein. Dieser Einvernahme wohnte auch der vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einvernommene Meldungsleger bei und bestätigte diese Aussagen. Auch A. führte zum Kontrollzeitpunkt Tätigkeiten aus und füllte das Personenblatt im Anschluss aus, worin er seine Tätigkeit auch angibt. Dass er seine Tätigkeit erst kurz vor dem Kontrollzeitpunkt begonnen hat, spielt hiefür keine Rolle. Auch ist nicht relevant, ob ein Entgelt vereinbart wurde. Im Hinblick auf die zitierte Bestimmung des § 539 a ASVG ist vom wahren wirtschaftlichen Gehalt auszugehen. Da die Gesamtumstände im Betrieb, nämlich Gastgewerbebetrieb, Mittagszeit, Hektik im Küchenbetrieb vorherrschten, ist vom Bedarf einer Arbeitskraft auszugehen und daher die Ausübung der Tätigkeit als Beschäftigung anzusehen. Es ist daher in jedem Fall von einem Beschäftigungsverhältnis auszugehen. Eine Meldung zur Sozialversicherung war bei keiner der vier Personen gegeben. Es ist daher der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung jeweils erfüllt. Als Betreiber des Lokals war der Beschuldigte auch als Dienstgeber nach § 35 Abs. 1 ASVG anzusehen und hat die Tat verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten.

 

5.3. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinne der zitierten Bestimmungen ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Beschwerdeführer kein Entlastungsnachweis erbracht wird.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Beschwerdeführer initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die „Glaubhaftmachung“ nicht aus.

Der Beschwerdeführer hat zu seinem Verschulden nichts vorgebracht und kein Vorbringen und keine Beweismittel zur Entlastung beigebracht. Es war daher im Sinne der zitierten Bestimmung von Fahrlässigkeit und daher schuldhaftem Verhalten auszugehen.

 

5.4. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG idF. BGBl. I Nr. 33/2013, in Geltung ab
1. Juli 2013, sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde hat hinsichtlich der Strafbemessung ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer der Milderungsgrund der Unbescholtenheit nicht zu Gute kommt, da eine strafrechtliche Vormerkung nach dem Wasserrechtsgesetz vorliegt. Es liegen jedoch keine einschlägigen rechtskräftigen Vorstrafen nach dem ASVG vor. Mildernde Umstände sowie erschwerende Umstände wurden nicht bekannt. Zu den persönlichen Verhältnissen wurde mangels Angaben durch den Beschwerdeführer eine Schätzung vorgenommen, nämlich ein monatliches Nettoeinkommen von 2.500 Euro und keine Sorgepflichten. Diese Ausführungen wurden vom Beschwerdeführer nicht bestritten und es wurden auch keine weiteren Umstände vorgebracht. Diese konnten daher der Entscheidung zugrunde gelegt werden. Da aber die erstmalige Tatbegehung nach dem ASVG vorliegt, konnte gemäß § 111 Abs. 2 letzter Satz ASVG der verminderte Strafsatz von 365 Euro je Übertretung angewendet werden. Die Verhängung einer Geldstrafe war aber erforderlich, um den Beschuldigten zu einem gesetzeskonformen Verhalten anzuleiten und vor einer weiteren Tatbegehung abzuhalten. Sie war auch im Hinblick auf die persönlichen Verhältnisse angemessen. Entsprechend der herabgesetzten Geldstrafe je Arbeitnehmer musste auch die Ersatzfreiheitsstrafe jeweils gemäß § 16 VStG herabgesetzt werden.

Ein Einstellungsgrund gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG lag hingegen nicht vor, weil die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung nicht gering sind. Es war daher auch nicht mit Ermahnung vorzugehen.

 

6. Gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG ist in jedem Straferkenntnis auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat. Dieser Betrag ist für das Verfahren erster Instanz mit 10 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit 10 Euro zu bemessen. Es war daher der Kostenbeitrag zum Verfahren vor der belangten Behörde mit 146 Euro festzusetzen. Weil aber die Beschwerde zumindest teilweise Erfolg hatte, entfällt ein Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG.

 

7. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

H i n w e i s

 

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Ilse Klempt