LVwG-600490/3/EW

Linz, 14.07.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Elisabeth Wiesbauer über die Beschwerde des Herrn W N, gegen das Straferkenntnis des Landespolizeidirektors von Oberösterreich, vom 9.8.2014,                              GZ: VStV/914300276069/2014, wegen einer Übertretung der StVO

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.         Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von € 10 zu leisten.

 

 

III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Mit Straferkenntnis des Landespolizeidirektors von Oberösterreich vom 9.8.2014, GZ: VStV/914300276069/2014, wurde der Beschwerdeführer (in Folge: Bf) belangt, weil er am 1.5.2014 um 14:23 Uhr mit dem PKW mit dem amtlichen Kennzeichen x in Linz, Waldeggstraße 18, Richtung stadtauswärts, und somit im Ortsgebiet, die durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h um 12 km/h überschritten habe. 

 

Der Bf habe daher eine Übertretung des § 52 lit a Z 10a StVO 1960 begangen, weshalb gegen ihn gem. § 99 Abs. 3 lit a leg cit – aufgrund einer Schätzung seiner Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse von € 1.200 – eine Geldstrafe in der Höhe von € 50, ersatzweise eine Freiheitsstrafe von einem Tag, verhängt wurde.

 

 

II. Gegen diesen Bescheid erhob der Bf innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde.

 

In seiner Beschwerde führte der Bf Folgendes aus:

 

„1.        Die anlässlich der Strafverfügung vom 16.6.2014 eingebrachten Einwände bleiben vollinhaltlich aufrecht

 

2.         Es wird in Ergänzung zu diesen festgestellt, dass die entscheidende Behörde im Rahmen ihres Verfahrens auf diese Einwände in keiner Weise inhaltlich eingegangen ist, weshalb ein klarer Verfahrensmangel vorliegt.

 

Vielmehr wurde eine Stellungnahme des ‚meldungslegenden Polizisten‘ angefordert und diese alleine als Entscheidungsgrundlage angesehen. Die, anlässlich der Vorladung getätigten, mündlichen Erklärungen zu den eingebrachten Angaben wurden bei der Absprache völlig ignoriert.

 

3.         ‚Gültigkeit der 30 km/h Zone‘: diese solle laut Verordnung im gesamten Baustellenbereich Gültigkeit haben und erstrecke sich grundsätzlich über die gesamte Fahrbahn bzw. über beide Fahrtrichtungen. Dies legt die Verordnung aber nicht dezidiert fest, also ist davon auszugehen, dass lediglich jener Bereich abzusichern sei, der von der Baustelle berührt wird, also stadteinwärts und nicht stadtauswärts. Es ist eigentlich Rechts-Grundprinzip, dass alles, was durch eine Rechtsgrundlage nicht verboten, bzw. dezidiert ausgewiesen ist, erlaubt sein muss.

 

4.         Die Gültigkeit der Verordnung wird nicht zur Gänze angezweifelt, sondern lediglich in der von der Behörde ausgelegten Form. So ist der Schutz-Bereich der Verordnung mit ‚Waldeggstr. 15 -17‘ ausgewiesen. Die vermeintliche Übertretung erfolgte – nach Aussage der Behörde – bei ‚Waldeggstraße 18‘ also stadtauswärts einerseits und außerhalb der von der Verordnung erfassten Bereich andererseits. Dass die Maßnahme an einem gesetzlichen Feiertag! wegen des 1.Mai im Bereich der Waldeggstraße 18! ‚wegen der diversen Maikundgebungen im ‚Innenstadtbereich‘ ‚zielführend gewesen sei, darf bezweifelt werden.(Maikundgebung Landstraße – Hauptplatz, Urfahr-Markt).

 

5.         Der Sinn einer Verordnung sollte sein, dass Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung, die Verhältnismäßigkeit und die Bestimmtheit der Verordnung gegeben sind. Demnach wurde bereits wurde bereits beim Einspruch geltend gemacht, dass der Schutzfaktor durch die Verordnung wohl den Baustellenbereich – stadteinwärts, Waldeggstr. 15-17 – bestimmt. Dieser Schutz kann wohl aber nicht für einen arbeitsfreien Tag – 1.Mai 2014 – Geltung finden und auch nicht für eine Fahrbahn-stadtauswärts. Das würde nämlich dem Sinn der Verordnung eigentlich zuwider laufen.

 

Da somit eine Gefährdung von Verkehrsteilnehmern nicht erfolgte, die Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet nicht überschritten wurde, stelle ich den Antrag auf EINSTELLUNG des Verfahrens.“

 

 

III. a) Die belangte Behörde hat die Beschwerde unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsstrafaktes mit Vorlageschreiben vom 28.8.2014, eingelangt am 3.9.2014, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art 130 Abs 1 Z 1 iVm 131 Abs 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

b) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte mangels gesonderten Antrages und der Tatsache, dass im angefochtenen Bescheid eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, unterbleiben (§ 44 Abs. 3 Z 3 VwGVG).

 

 

 

c.1) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

 

Der Bf lenkte am 1.5.2014 um 14:23 Uhr den PKW mit dem amtlichen Kennzeichen x in Linz, Waldeggstraße 18, Richtung stadtauswärts, und somit im Ortsgebiet, mit einer Geschwindigkeit von 42 km/h. Die Geschwindigkeitsfeststellung erfolgte durch das mobile Radargerät MUVR 6F 102, welches – wie sich aus dem Eichschein ergibt – am 23.2.2011 geeicht wurde; diese Eichung verlor am 31.12.2014 ihre Gültigkeit.

 

Der Bf ist Nationalratsabgeordneter und verfügt daher zumindest gemäß §§ 2f Bundesbezügegesetz, BGBl I 1997/64 idF BGBl I 2001/119, iVm der Kundmachung des Präsidenten des Rechnungshofes im „Amtsblatt zur Wiener Zeitung“ vom 4. Dezember 2014 über ein monatliches Brutto-Einkommen von 8.583,30 Euro.

 

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

a) Die maßgeblichen Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), BGBl 1960/159 in der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung lauten:

 

§ 52 lit a Z 10a:

„Die Vorschriftszeichen sind

a) Verbots- oder Beschränkungszeichen,

[...]

10a.“GESCHWINDIGKEITSBESCHRÄNKUNG(ERLAUBTE HÖCHSTGESCHWINDIGKEIT)“

 

http://www.ris.bka.gv.at/~/Dokumente/Bundesnormen/NOR40128461/image029.png

 

Dieses Zeichen zeigt an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist. Ob und in welcher Entfernung es vor schienengleichen Eisenbahnübergängen anzubringen ist, ergibt sich aus den eisenbahnrechtlichen Vorschriften.“

 

§ 99 Abs. 3 lit a:

„Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs. 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist“.

 

Auszug aus Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz (im übertragenen Wirkungsbereich) vom 26.2.2014, GZ 2097/2014, gemäß § 43 StVO 1960:

 

„Auf der Waldeggstraße 15/17 ist jeweils in entsprechender Entfernung vor der Baustellenabschrankung bis nach der Baustellenabschrankung das Überschreiten einer erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h verboten; das Ende der Geschwindigkeitsbeschränkung ist deutlich sichtbar anzuzeigen.

(§ 52 lit a Z 10 a und § 52 lit a Z 10 b/Z 11 StVO 1960).“

 

b) Entgegen der Ansicht des Bf normiert die gegenständliche Verordnung nicht nur die Geschwindigkeitsbeschränkung in Höhe Waldeggstraße 15/17 sondern legt ausdrücklich fest, dass „jeweils in entsprechender Entfernung vor der Baustellenabschrankung bis nach der Baustellenabschrankung das Überschreiten einer erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h verboten“ ist. Aus den im Verwaltungsakt enthaltenen Lichtbildern und dem Lageplan ist ersichtlich, dass die Verkehrszeichen „Geschwindigkeitsbeschränkung 30 km/h“ kurz vor dem Beginn der aufgrund der Baustelle notwendigen Spurenverschwenkung positioniert sind. Der Verordnung wurde damit entsprochen. Dass der Bf die Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h in Höhe Waldeggstraße 18 – also in dem Bereich der Geschwindigkeitsbeschränkung von 30 km/h – überschritten hat, wurde vom Bf nicht bestritten.

 

Auch die Behauptung des Bf, dass die Geschwindigkeitsbeschränkung nur stadteinwärts zulässig sei, kann der Verordnung nicht entnommen werden. Diese differenziert nicht zwischen der Fahrspur stadteinwärts und jener stadtauswärts. Dies wäre auch nicht zielführend, da im Baustellenbereich und im Bereich der Spurverschwenkung aufgrund der erschwerten Passierbarkeit in diesem Bereich in jede Fahrtrichtung die Reduzierung der Geschwindigkeit notwendig ist. Insbesondere aufgrund der Spurverschwenkung ist es daher auch erforderlich, die Geschwindigkeitsbeschränkung nicht nur während der aktiven Bautätigkeit sondern während des gesamten Zeitraumes der Einrichtung der Baustelle – also auch an Feiertagen – festzusetzen.

 

c.1) Dem mobilen und im Tatzeitpunkt geeichten Geschwindigkeitsmessgerät zufolge hat der Bf das Tatfahrzeug mit einer Geschwindigkeit von 47 km/h gelenkt, wobei nach Abzug der Messtoleranz zu seinen Gunsten von einer gefahrenen Geschwindigkeit von 42 km/h auszugehen ist. Anhaltspunkte dafür, dass die Geschwindigkeitsmessung aufgrund technischer Mängel nicht korrekt wäre, finden sich nicht und wurden vom Bf auch nicht geltend gemacht.

 

Der objektive Tatbestand des § 52 lit a Z 10a StVO 1960 ist daher erfüllt.

 

c.2) Umstände, welche das Verschulden des Bf ausschließen würden, sind im Verfahren nicht hervorgekommen, weshalb gemäß § 38 VwGVG iVm § 5 Abs 1 VStG von fahrlässigem Verhalten auszugehen und somit auch die subjektive Tatseite zu bejahen ist.

 

d.1) Gemäß § 38 VwGVG iVm § 19 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

d.2) Die von der belangten Behörde verhängte Strafe von 50 Euro ist tat- und schuldangemessen. Ein Strafausmaß in der Höhe von 50 Euro – das entspricht lediglich ca 6,9 % des vorgesehenen Strafrahmens – scheint vor dem Hintergrund als dem Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, angemessen, als die zulässige Höchstgeschwindigkeit lediglich 30 km/h betrug und der Bf diese um 40 % überschritten hat, woraus eine massive Gefährdung der Schutzinteressen der verletzten Norm (§ 52 lit a Z 10a StVO 1960), welche die Erhöhung der Verkehrssicherheit bezweckt, abzuleiten ist.

 

Strafmildernd ist die lange Verfahrensdauer zu werten. Diesem Milderungsgrund steht jedoch entgegen, dass die belangte Behörde bei der Bemessung der Strafhöhe von einem Nettoeinkommen von € 1.200 ausgegangen ist. Aufgrund seiner Tätigkeit als Abgeordneter zum Nationalrat erhält der Bf jedoch jedenfalls gemäß §§ 2f Bezügegesetz iVm der Kundmachung des Präsidenten des Rechnungshofes im „Amtsblatt zur Wiener Zeitung“ vom 4. Dezember 2014 ein Bezug von brutto € 8.583,27. Aufgrund des deutlich höher gelegenen Einkommens als dies die belangte Behörde angenommen hat, sieht das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich aus general- und spezialpräventiven Gründen von einer Reduzierung der Höhe des Strafbetrages von € 50 ab.

 

Hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Geschwindigkeitsübertretung sowie der daraus resultierenden Strafe ist daher die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

 

e) Gem. § 52 Abs. 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens zu leisten hat. Dieser Beitrag ist Abs 2 leg cit zufolge für das Beschwerdeverfahren mit 20 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit 10 Euro zu bemessen. Im vorliegenden Fall war daher ein Betrag in der Höhe von 10 Euro vorzuschreiben.

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei:

 

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche, dh über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde bzw. der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Elisabeth Wiesbauer