LVwG-600865/7/SCH/HK
Linz, 24.07.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Schön über die Beschwerde der Frau C G-J, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. F B, vom 22. April 2015 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 23. März 2015, GZ. VerkR96-40148-2014/U, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, des Kraftfahrgesetzes 1967 und des Führerscheingesetzes nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 1. Juli 2015
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit folgender Maßgabe bestätigt:
Die verhängten Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen werden wie folgt herabgesetzt:
Bezüglich Faktum 2. auf 220 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage), bezüglich Faktum 4. auf 1.200 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 11 Tage) und bezüglich Faktum 5. auf 30 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden).
Des Weiteren wird die hinsichtlich Faktum 5. anzuwendende Strafbestimmung wie folgt richtig gestellt:
§ 37 Abs.2a FSG iVm § 37 Abs1 FSG.
II. Der Kostenbeitrag zum behördlichen Verwaltungsstrafverfahren wird gemäß § 64 Abs. 2 VStG mit 187 Euro festgesetzt (10% der – nunmehr – festgesetzten Geldstrafen, mindestens jedoch 10 Euro pro Delikt).
Gemäß § 52 Abs.2 VwGVG hat die Beschwerdeführerin einen Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren in der Höhe von insgesamt 60 Euro (20% der bezüglich Fakten 1. und 4. des Straferkenntnisses verhängten Geldstrafen, mindestens jedoch 10 Euro pro Delikt) zu leisten.
Insoweit der Beschwerde teilweise Folge gegeben wurde, also bezüglich Fakten 2., 4. und 5., entfällt gemäß § 52 Abs.8 VwGVG die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Beschwerdeverfahren.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. 1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land (im Folgenden: belangte Behörde) hat Frau C G-J (der nunmehrigen Beschwerdeführerin) im angefochtenen Straferkenntnis vom 23. März 2015, GZ: VerkR96-40148-2014/U, die Begehung von folgenden Verwaltungsübertretungen gemäß 1.) § 4 Abs. 1 lit.c. iVm § 99 Abs.2 lit a StVO, 2.) § 4 Abs. 5 iVm § 99 Abs. 3 lit. b StVO, 3.) § 5 Abs. 1 iVm § 99 Abs. 1b StVO 1960, 4.) § 102 Abs. 5 lit.b iVm § 134 Abs.1 KFG und 5.) § 14 Abs.1 Z1 iVm § 37 Abs.1 FSG vorgeworfen und über sie Geldstrafen und Ersatzfreiheitsstrafen gemäß 1.) § 99 Abs. 2 lit.a StVO in Höhe von 250 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 5 Tagen, 2.) § 99 Abs. 3 lit.b StVO in Höhe von 350 Euro, Ersatzfreiheitstrafe im Ausmaß von 6 Tagen, 3.) § 99 Abs. 1b StVO in Höhe von 1.400 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 12 Tagen, 4.) § 134 Abs. 1 KFG in Höhe von 30 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 12 Stunden und 5.) § 37 Abs. 1 FSG in Höhe von 40 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Stunden, verhängt. Weiters wurde sie von der belangten Behörde gemäß § 64 VStG zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 220 Euro verpflichtet.
Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zugrunde (auszugsweise Wiedergabe):
„Sie haben am 21.09.2014 um ca. 01.45 Uhr im Gemeindegebiet von St. Florian auf der L564 auf Höhe Strkm. 7,4 das Kraftfahrzeug PKW Audi A6, pol. Kennzeichen x gelenkt, wobei Sie
Geldstrafe von falls diese uneinbringlich Freiheitsstrafe gemäß
Euro ist, Ersatzfreiheitsstrafe von von
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - (VStG) zu zahlen:
220,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe, mindestens jedoch 10,00 Euro (ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100 Euro);
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 2.290 Euro.“
2. Die belangte Behörde hat die dagegen rechtzeitig erhobene Beschwerde samt Verfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Damit hat dieses durch den zuständigen Einzelrichter gemäß § 2 VwGVG zu entscheiden.
Am 1. Juli 2015 wurde eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung abgeführt, an der die Beschwerdeführerin, ihr Rechtsvertreter, 2 Vertreter der belangten Behörde und eine Zeugin teilgenommen haben.
3. In dem parallel abgeführten Beschwerdeverfahren im Hinblick auf die Entziehung der Lenkberechtigung der Beschwerdeführerin ist seitens des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich mit Erkenntnis vom 16. Juli 2015, LVwG-650388/6/Sch/CG, entschieden worden.
Hierin setzt sich das Verwaltungsgericht ausführlich mit der Frage des behaupteten Nachtrunks mit dem Ergebnis auseinander, dass von einem solchen nicht auszugehen ist. Um unnötige Wiederholungen hiezu zu vermeiden, wird auf dieses Erkenntnis und dessen Begründung verwiesen.
Somit kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Beschwerdeführerin ein Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand, rückgerechnet ergab sich ein Wert von mindestens 1,01 ‰, gelenkt hat. Somit liegt eine Übertretung des § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1b StVO 1960 vor.
Im Hinblick auf die übrigen Fakten des angefochtenen Straferkenntnisses ist zu bemerken, dass die Beschwerdeführerin ohne Zweifel ihren Verpflichtungen nach der Verursachung eines Verkehrsunfalles mit Sachschaden – es war zu einem Wildunfall gekommen – nicht erfüllt hat. Wenn hier behauptet wird, sie wäre aufgrund einer vorangegangenen Mitteilung über eine Verletzung ihres Gatten sehr aufgeregt oder gar in einem Schockzustand gewesen, so kann dies keinesfalls zu einer Exkulpierung führen. Von jedem auch nur halbwegs besonnenen Fahrzeuglenker muss erwartet werden, dass er negative Mitteilungen aus seinem privaten Umfeld soweit beherrschen kann, dass er die Straßenverkehrsregeln einhält. Dazu gehören auch die Pflichten nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden. Auch wenn der Beschwerdeführerin – geht man von ihren Schilderungen überhaupt als glaubwürdig aus – eine gewisse Aufgeregtheit zugebilligt werden kann, ist diese von einem Notstand im rechtlichen Sinne weit entfernt. Überdies war die Beschwerdeführerin offenkundig noch in der Lage, nach dem Verkehrsunfall, nachdem sie sich an Ort und Stelle nach allfälligen Folgen umgesehen hatte, die Fahrt von St. Florian bis Linz fortzusetzen und den Vorgang der Pflegerin ihrer Mutter zu schildern. Ein solches Verhalten kann doch nicht ernsthaft mit einer Notstandssituation in Verbindung gebracht werden.
Unbestritten ist auch, dass die Beschwerdeführerin weder den Zulassungsschein noch den Führerschein bei der Fahrt mitgeführt hatte, laut eigenen Angaben bei der Beschwerdeverhandlung hatte sie diese Dokumente in einer Tasche zu Hause vergessen gehabt. Dass die Frage der Dokumente im Verfahren noch ganz anders dargestellt wurde, nämlich dass sie sich im Auto befunden hätten, mag hier dahingestellt bleiben. Die Glaubwürdigkeit der Beschwerdeführerin hat ohnedies durch ihre Angaben zur angeblichen Lenkereigenschaft einer dritten Person, die sich als völlig haltlos herausstellten, sehr gelitten.
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist aufgrund der behördlichen Aktenlage, des Ergebnisses der Beschwerdeverhandlung und der Angaben der Beschwerdeführerin selbst, soweit sie nachvollziehbar waren, hinreichend erwiesen, sodass weitere Beweisaufnahmen unterbleiben konnten.
4. Zur Strafbemessung:
Zu den von der Behörde festgesetzten Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen hinsichtlich der Übertretungen nach § 4 Abs.1 lit.c. StVO 1960 und § 102 Abs.5 lit.b KFG 1967 ist zu bemerken, dass hier keinesfalls eine unangebrachte Strafbemessung erfolgt ist. Durch das Entfernen von der Unfallstelle hat die Beschwerdeführerin eindeutig gegen die Bestimmung des § 4 Abs.1 lit.c. StVO 1960 verstoßen, die dazu dient, die Umstände eines Verkehrsunfalles möglichst rasch und umfassend aufklären zu können. Die hier festgesetzte Geldstrafe in der Höhe von 250 Euro kann bei einem Strafrahmen von bis zu 2.180 Euro auch aus diesem Grund nicht als überhöht angesehen werden.
Auch das Nichtmitführen des Führerscheines wurde von der belangten Behörde zutreffend mit einer Geldstrafe in der Höhe von 30 Euro geahndet. Der Zweck dieser Bestimmung liegt wiederum darin, dass möglichst umgehend – unbeschadet einer allfälligen genaueren späteren Ermittlung – vorerst geklärt werden kann, ob jemand im Besitze einer Lenkberechtigung ist oder nicht, wofür bekanntermaßen das Dokument „Führerschein“ den Nachweis bildet.
Insoweit die Geldstrafen vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich herabgesetzt wurden, ist Nachstehendes auszuführen:
Im Hinblick auf das Alkoholdelikt gilt der Strafrahmen des § 99 Abs.1b StVO 1960, der von 800 Euro bis 3.700 Euro reicht. Hierunter fällt eine Alkoholbeeinträchtigung im Wert ab 0,8 ‰ bis unter 1,2 ‰.
Der bei der Beschwerdeführerin errechnete Wert von 1,01 ‰ Blutalkoholgehalt erfordert noch nicht, zumal nicht an der Obergrenze liegend, gleich die Überschreitung der gesetzlichen Mindeststrafe um über 70 %.
Der Beschwerdeführerin muss allerdings eine einschlägige Vormerkung, nämlich eine Übertretung des § 5 Abs.2 StVO 1960, als erschwerend angerechnet werden. Diese Tatsache musste bei der Strafbemessung Eingang finden und verhinderte aus spezialpräventiven Erwägungen jedenfalls eine weitere Strafreduzierung. Die Beschwerdeführerin sollte bestrebt sein, künftighin ihren Alkoholkonsum von der Teilnahme am Straßenverkehr strikt zu trennen, ansonsten könnte einer Strafbehörde wohl nicht mehr entgegengetreten werden, wenn sie eine empfindlich höhere Strafe verhängen würde.
Bezüglich der verspäteten Meldung des Verkehrsunfalles mit Sachschaden ist zu bemerken, dass hier der Strafrahmen gemäß § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 bis 726 Euro reicht. Die Verhängung einer Geldstrafe nahezu der Hälfte der Höchststrafe, vorliegend 350 Euro, bedarf einer besonderen Begründung, warum dies aus general- oder spezialpräventiven Gründen erforderlich wäre. Auch wenn der Beschwerdeführerin hier wiederum eine einschlägige Vormerkung – seinerzeitige Verwaltungsstrafe allerdings bloß 50 Euro – vorgehalten werden muss, erscheint es dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich dennoch nicht erforderlich, mit einer Geldstrafe in der von der Behörde festgesetzten Höhe vorzugehen. Schließlich soll im Sinne der Beschwerdeführerin auch nicht gänzlich unbeachtet bleiben, dass sie den Verkehrsunfall ja letztlich doch gemeldet hat, wenngleich nicht bedenkend, welche unangenehmen Folgen für sie damit verbunden waren. Nicht ganz von der Hand zu weisen ist allerdings auch die Vermutung, dass sie sich zur Meldung des Verkehrsunfalles deshalb doch noch entschlossen hatte, da sie die vordere Kennzeichentafel ihres Fahrzeuges nach dem Verkehrsunfall nicht mehr auffinden konnte und möglicherweise sich die Vermutung aufdrängte, man würde sie anhand derer dann ausforschen können.
Abschließend ist bezüglich Nichtmitführen des Führerscheines darauf zu verweisen, dass gemäß § 37 Abs.2a FSG hier eine Mindeststrafe von 20 Euro vorgesehen ist, also nicht die von der belangten Behörde angewendete Bestimmung des § 37 Abs.1 FSG bezüglich der Mindeststrafe von 36 Euro einschlägig wäre. Ausgehend davon erscheint eine Strafhöhe im selben Ausmaß wie für das Nichtmitführen des Zulassungsscheines angebracht.
Zu den persönlichen Verhältnissen bei der Beschwerdeführerin ist zu bemerken, dass den Ausführungen im angefochtenen Straferkenntnis, wo davon ausgegangen wurde, dass die Beschwerdeführerin zur Bezahlung der verhängten Geldstrafen zumutbar in der Lage sein wird, im Beschwerdeverfahren nicht entgegengetreten worden ist, sodass auch das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich davon ausgeht.
II. Die Kostenentscheidung ist in den zitierten gesetzlichen Bestimmungen begründet.
III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
H i n w e i s
Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Gustav Schön