LVwG-600868/8/KLE
Linz, 02.07.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Lederer über die Beschwerde des D L, vertreten durch H Rechtsanwälte GmbH, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 13.3.2015, VerkR96-29928-2013-pac/p-Akt SE, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern stattgegeben, als Spruchpunkt 1. des Straferkenntnisses aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt wird. Hinsichtlich der Spruchpunkte 2. bis 6. wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens (Spruchpunkte 2.-6. des Straferkenntnisses) in der Höhe von 50 Euro (je 10 Euro) zu leisten. Der Kostenbeitrag für das behördliche Verwaltungsstrafverfahren wird mit 50 Euro festgesetzt.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat nachstehendes Straferkenntnis vom 13.3.2015, VerkR96-29928-2013-pac/p-Akt SE erlassen:
„Sie haben folgende Verwaltungsübertretung(en) begangen:
Taten (einschließlich Ort, Datum und Zeit der Begehung)
Sie haben sich als Lenker, obwohl es Ihnen zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt, dass das von Ihnen verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass die für die verkehrs-und betriebssichere Verwendung des PKW maßgebenden Teile nicht den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entsprachen, obwohl Kraftfahrzeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein müssen, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen. Es wurden folgende Übertretungen festgestellt:
1. die Betriebsbremse war defekt.
2. links vorne fehlte ein Radbolzen.
3. die Fahrersitzlehne war abgerissen
4. die Windschutzscheibe war im unteren Bereich mehrfach zersprungen
5. die rechte vordere Scheinwerferhalterung war defekt
6. die Hupe war defekt
Tatort: Gemeinde Pasching, Landesstraße Freiland, Pasching / Kürnberg Landesstraße, Nr. 1390, "Flughafenkreisverkehr"
Tatzeit: 18.07.2013, 08:44 Uhr
Fahrzeug:
Kennzeichen x, PKW, Marke VW, Type Passat, Farbe schwarz-weiß
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt: § 102 Abs. 1 KFG i.V.m. § 4 Abs. 2 KFG.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von falls diese uneinbringlich ist, gemäß
Ersatzfreiheitsstrafe von
40,00 Euro 24 Stunden § 134 Abs. 1 KFG
40,00 Euro 24 Stunden § 134 Abs. 1 KFG
40,00 Euro 24 Stunden § 134 Abs. 1 KFG
40,00 Euro 24 Stunden § 134 Abs. 1 KFG
40,00 Euro 24 Stunden § 134 Abs. 1 KFG
40,00 Euro 24 Stunden § 134 Abs. 1 KFG
Allfällige weitere Aussprüche (zB über die Anrechnung der Vorhaft, über den Verfall oder über privatrechtliche Ansprüche):-
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:
60,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe, mindestens jedoch 10,00 Euro (ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100,00 Euro); 0,00 Euro als Ersatz der Barauslagen für -
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 300,00 Euro. […].“
Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitig durch den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers eingebrachte Beschwerde, mit der Folgendes beantragt wird:
„Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich möge
- das angefochtene Straferkenntnis der BH Linz-Land vom 13.03.2015 zu VerkR96-29928-2013-pac/p-Akt SE, zugestellt am 31.03.2015, aufheben und das Verwaltungsstrafverfahren einstellen,
in eventu
- das oben angeführte Verwaltungsstrafverfahren aufheben und bloß eine Ermahnung erteilen,
in eventu
- die verhängte Geldstrafe deutlich mildern, jedenfalls
- eine mündliche Verhandlung anberaumen und durchführen.“
Begründend wird ausgeführt:
„Das gegenständliche Straferkenntnis wird vollumfänglich bekämpft, da es an mehrfacher inhaltlicher Rechtswidrigkeit leidet wie folgt:
a) Mangelnde Erkennbarkeit der Mängel:
Der Zeuge J R hat am 18.07.2013 unter Wahrheitspflicht ausgesagt wie folgt:
„Zum besagten Tatzeitpunkt am 18.07.2013 kam Herr D L zu mir in meine Werkstätte um seinen PKW von der Versicherung begutachten zu lassen. Bei dieser Gelegenheit bat ich ihn, den PKW mit dem Kennzeichen x in die Werkstätte des Lagerhauses Hörsching mitzunehmen, um bei diesem PKW das Pickerl machen zu lassen. Ich hatte vorher den PKW nicht begutachtet, um festzustellen, welche Mängel er aufwies. Herrn D L trifft keine Schuld. Die Mängel waren für ihn nicht erkennbar."
Beim Zeugen J R handelt es sich um einen sachverständigen Zeugen, da dieser selbst die Reparaturwerkstätte R-Motorsport J R betreibt.
Der belangten Behörde ist insoweit nicht zu folgen, als nur den vom Zeugen wahrgenommenen Tatsachen und nicht daraus von ihnen gezogenen Schlüssen maßgebliches Gewicht zukomme.
Beim Zeugen T R handelt es sich um einen sachverständigen Zeugen; beim Amtssachverständigen Ing. W I hingegen um einen Dienstnehmer der belangen Behörde, welche wiederum ihre Strafquoten zu erfüllen hat.
Den Ausführungen des Sachverständigen Zeugen T R zur mangelnden Erkennbarkeit der Mängel kommt daher mehr Gewicht zu als den Aussagen des Dienstnehmers der belangten Behörde, des Amtssachverständigen Ing. W I, der in seiner Stellungnahme vom 22.04.2014 zu einer Erkennbarkeit der festgestellten Mängel gelangt.
Ein weiteres Indiz für die mangelnde Erkennbarkeit der Mängel ist, dass der Beschwerdeführer selbst den Beruf des Landmaschinentechnikers ausübt und ihm als „sachverständigen Beschuldigtem" diese Mängel auch nicht erkennbar waren.
Aus all diesen Gründe hätte daher in Anwendung des Grundsatzes „in dubio pro reo" von der Nichterkennbarkeit der Mängel ausgegangen werden müssen.
b) Schuldausschließungsgrund:
Setzt jemand eine Verwaltungsübertretung, um sich oder jemanden anderen aus einer schweren unmittelbaren Gefahr für Leib, Leben oder das Vermögen zu retten und gab es kein anderes Mittel, so liegt entschuldigender Notstand gemäß § 6 VStG vor, der die Schuld ausschließt.
Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass der objektive Tatbestand der vorgeworfenen Übertretungen infolge Erkennbarkeit der Mängel erfüllt wäre, so trifft den Beschwerdeführer kein Verschulden. Der Beschwerdeführer hat nicht sorgfaltswidrig gehandelt, da ein einsichtiger und besonnener Mensch aus dem Verkehrskreis des Beschwerdeführers an seiner Stelle sich nicht anders verhalten hätte. Die Fima R-Motorsport T R ist ständiger Geschäftspartner des Dienstgebers des Beschwerdeführers. Bei einer Weigerung des Beschwerdeführers, das gegenständliche Kraftfahrzeug in die lediglich 5,9 Kilometer entfernte Reparaturwerkstätte seines Dienstgebers zu überstellen, hätte mit Sicherheit eine Beschwerde des Inhabers der Firma R-Motorsport T R beim Dienstgeber des Beschwerdeführers zur Folge gehabt und hätte dieser riskiert, seinen Arbeitsplatz zu verlieren. Derartiges kann jedoch dem Beschwerdeführer - insbesondere unter Berücksichtigung der gegenwertigen schwierigen Arbeitsmarktlage - keinesfalls zugemutet werden, zumal dieser seine wirtschaftliche Existenzgrundlage hiedurch aufs Spiel gesetzt hätte. Der Beschwerdeführer ist daher durch entschuldigenden Notstand im Sinne des § 6 VStG entschuldigt.“
Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Beschwerdeschrift unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsstrafaktes dem Landesverwaltungsgericht vorgelegt.
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung. An der Verhandlung nahmen der Beschwerdeführer, sein Rechtsvertreter, der verkehrstechnische Amtssachverständige Ing. W I und der Zeuge Rev. Insp. H-J B teil.
Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentlicher Sachverhalt:
Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine technische Verkehrskontrolle am 18.7.2013 durch den verkehrstechnischen Amtssachverständigen TOAR Ing. W I, Amt der Oö. Landesregierung, Abteilung Verkehr zugrunde.
In der „Teiluntersuchung gemäß § 58 KFG 1967“ wurde am 18.7.2013 folgendes festgehalten:
„3.2. Scheiben schwerer Mangel erkennbar
Bemerkung: WSS im unteren Bereich mehrfach gesprungen
4.1.1. Fern-/Abblendlicht - Zustand und Funktion schwerer Mangel erkennbar
Bemerkung: Scheinwerfer rechts los, Halterung gebrochen
5.2.1. Räder (Felgen) Gefahr in Verzug! erkennbar
Bemerkung links vorne 1 Radbolzen fehlt
6.2.1. Führerhaus/Karosserie – Allgemeiner Zustand schwerer Mangel erkennbar
Bemerkung: Handschuhfach rechts lose (elektrische Leitungen liegen blank)
6.2.5. Sitze Gefahr in Verzug! erkennbar
Bemerkung: Fahrersitzlehne abgerissen
7.7. Schallzeichen schwerer Mangel erkennbar
Bemerkung: Hupe ausgefallen“
Die vor Ort durch Ing. I angefertigten Lichtbilder zeigen die Windschutzscheibe, den rechten Scheinwerfer, den Fahrersitz, das Handschuhfach und das Fahrzeug in Frontansicht.
Im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung konkretisierte Ing. I die vorliegenden Mängel:
1. Windschutzscheibe im unteren Bereich mehrfach gesprungen
Auf der Lichtbildbeilage ist klar und deutlich ersichtlich, dass die Windschutzscheibe im unteren Bereich des Lenkers mehrfach stark zersprungen ist. Dies stellt einerseits eine leichte Sichtbehinderung aber auch eine verminderte Festigkeit der Windschutzscheibe dar, weshalb nach Mängelkatalog dieser Mangel als schwerer Mangel eingestuft werden musste. Da der Lenker diesen Mangel zwangsläufig auch gesehen haben musste, wurde dieser auch als erkennbar eingestuft.
2. Scheinwerfer rechts lose, Halterung gebrochen
Die Befestigung war gebrochen, sodass der Scheinwerfer ganz leicht aus und ein bewegt werden konnte. Er war nicht fixiert, infolgedessen stellte er auch eine gewisse Blendwirkung dar, daher wurde auch dieser als schwerer Mangel und als erkennbar eingestuft.
3. fehlender Radbolzen
Dies ist auch augenscheinlich ein Mangel, welcher vom Lenker vor Fahrtantritt leicht erkennbar war und stellt weiters auch einen schweren Mangel dar. Es war keine Radkappe vorhanden.
4. Fahrersitzlehne abgerissen
Hier wurde die Fahrersitzlehne beanstandet, welche abgerissen war. Ing. I wollte eine Probefahrt durchführen, wobei festgestellt wurde, beim Hineinsetzen auf den Lenkersitz, dass die Rückenlehne ganz stark nach hinten klappte, dh es waren Teile der Rückenlehne abgerissen. Das Fahrzeug war mit diesem Mangel nicht fahrbar und stellte dieser Mangel sogar Gefahr in Verzug dar.
Der Beschwerdeführer gab dazu befragt an, dass er sich beim Fahren nicht angelehnt habe.
5. Hupe ausgefallen
Die Hupe war ausgefallen. Dies hätte auch der Lenker bei Fahrtantritt bei einer kurzen Kontrolle feststellen können.
6. Handschuhfach
Beim Handschuhfach auf der rechten Seite im Bereich des Beifahrers war die Halterung gebrochen, es war herausgerissen. Die elektrischen Leitungen wurden blankgelegt. Der Sitzplatz war in dieser Form für einen Beifahrer nicht benützbar, weshalb dieser Mangel als schwerer Mangel eingestuft wurde.
Hinsichtlich der im Straferkenntnis angeführten defekten Bremsanlage gab Ing. I an, dass die Betriebsbremse offensichtlich nicht defekt war, da sonst ein Mangel auf der Teiluntersuchung eingetragen worden wäre. Der als Zeuge einvernommene Rev.Insp. B konnte sich nicht erklären, warum eine defekte Betriebsbremse angezeigt worden ist.
Das Vorliegen der Mängel an sich (gesprungene Windschutzscheibe, gebrochene Scheinwerferhalterung, fehlender Radbolzen, abgerissene Fahrerlehne und ausgefallene Hupe) wird seitens des Beschwerdeführers nicht bestritten.
Hinsichtlich der Erkennbarkeit der Mängel wird seitens des Beschwerdeführers auf die Aussage des im verwaltungsbehördlichen Verfahrens einvernommenen Zeugen J R verwiesen, der angab, den PKW selber nicht hinsichtlich Mängel begutachtet zu haben. Den Beschwerdeführer treffe aus seiner Sicht keine Schuld, da die Mängel für ihn nicht erkennbar gewesen wären.
Für das Landesverwaltungsgericht ist aufgrund der schlüssigen und nachvollziehbaren Angaben des Amtssachverständigen und den im Akt erliegenden Lichtbildern zweifelsfrei erwiesen, dass die im Straferkenntnis vorgeworfenen Mängel zu Spruchpunkten 2. bis 6. für den Beschwerdeführer als Lenker erkennbar waren. Durch einen Rundgang um das Fahrzeug hätte er die gebrochene Scheinwerferhalterung und den fehlenden Radbolzen sehen müssen. Durch das Platznehmen am Fahrersitz hätte ihm der abgerissene Fahrerlehne und die auf der Fahrerseite gesprungene Windschutzscheibe auffallen müssen. Der Ausfall der Hupe wäre durch einen Huptest festzustellen gewesen.
Als Ergebnis ist festzuhalten, dass die Mängel erkennbar waren.
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:
Nach § 4 Abs. 2 KFG müssen Kraftfahrzeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen. Sie müssen so gebaut und ausgerüstet sein, daß der Lenker, beförderte Personen und andere Straßenbenützer bei Verkehrsunfällen möglichst geschützt sind. […]
Gemäß § 102 Abs. 1 KFG darf der Kraftfahrzeuglenker ein Kraftfahrzeug erst in Betrieb nehmen, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, davon überzeugt hat, dass das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug und ein mit diesem zu ziehender Anhänger sowie deren Beladung den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entsprechen; die Überprüfung der Wirksamkeit der Vorrichtungen zum Abgeben von akustischen Warnzeichen darf jedoch nur erfolgen, sofern nicht ein Verbot gemäß § 43 Abs. 2 lit. a StVO 1960 besteht. Berufskraftfahrer haben bei Lastkraftwagen, Sattelzugfahrzeugen, Omnibussen oder Anhängern unverzüglich den Zulassungsbesitzer nachweisbar zu verständigen, wenn das Fahrzeug diesen Vorschriften nicht entspricht.
Die Überprüfungspflicht umfasst vor jeder einzelnen Fahrt insbesondere die Kontrolle bei Übernahme eines fremden Fahrzeuges den festen Sitz der Radmuttern (OGH 10.12.1963, 11 Os 155/63, ZVR 1964/233) und der Hupe (VwGH 18.4.1975, 1554/74, ZVR 1965/142).
Das gleiche gilt für den Zustand der Windschutzscheibe, den Zustand des Fahrersitzes und der Scheinwerferhalterung.
Die Überprüfungspflicht trifft allein den Lenker, eine Kontrolle durch den Halter enthebt ihn nicht hievon (OGH 3.2.1976, 10 Os 164/75, ZVR 1977/66). Im gegenständlichen Fall hat der Lenker des Fahrzeuges dieses selbst nicht überprüft.
Diese Verpflichtung schließt die Verpflichtung ein, die Inbetriebnahme und das Lenken des KfZ zu unterlassen, wenn das „Überzeugen“ zu dem Ergebnis geführt hat, dass das Kfz den in Betracht kommenden Vorschriften nicht entspricht (VwGH 9.4.1980, 1426/78).
Nach der sich darstellenden Aktenlage hat der Beschwerdeführer die im Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen Spruchpunkte 2. - 6. begangen.
Nach § 6 VStG ist eine Tat nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt oder, obgleich sie dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung entspricht, vom Gesetz geboten oder erlaubt ist.
Der VwGH beschränkt den Notstand auf die Rechtsgüter Leben, die Freiheit oder das Vermögen; für diese muss eine unmittelbar drohende Gefahr bestehen (zB VwGH 31.10.1990, 90/02/0118). An einem unmittelbar drohenden Nachteil für das Rechtsgut Vermögen fehlt es im Regelfall bei der Weisung eines Vorgesetzten zur Deliktsbegehung in Hinblick auf eine mögliche Kündigung (VwGH 30.3.1993, 92/04/0241 zum entschuldigenden Notstand). Wirtschaftliche Nachteile können – allenfalls – nur bei unmittelbarer Bedrohung der Lebensmöglichkeiten Notstand begründen (stRsp, zB VwGH 3.3.1994, 93/18/0090).
Die Rechtsprechung des VwGH lässt eine Entschuldigung kraft Notstands nur in Ausnahmefällen zu. Die Weisung eines Vorgesetzten bildet keinen Entschuldigungsgrund (zB VwGH 29.6.2011, 2007/02/0334), und zwar auch dann nicht, wenn der Täter eine Kündigung befürchtet (VwGH 25.11.2004, 2003/03/0297; VwSlg 12.985 A/89).
Im gegenständlichen Fall handelt es sich nicht einmal um eine Weisung seines Vorgesetzten, das Fahrzeug zu lenken, sondern um die Bitte eines ständigen Geschäftspartners des Dienstgebers des Beschwerdeführers. Selbst wenn sich der Geschäftspartner bei Weigerung des Beschwerdeführers beim Dienstgeber beschwert hätte, ist es eine reine Mutmaßung, dass der Dienstgeber sofort die Kündigung aussprechen würde. Wie bereits ausgeführt ist eine befürchtete Kündigung, ohnedies kein Entschuldigungsgrund.
Das Verfahren hat keine Umstände hervorgebracht, welche den Beschwerdeführer entlasten und somit sein Verschulden ausschließen hätten können, sodass gemäß § 5 Abs. 1 VStG zumindest von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist. Es ist damit auch die subjektive Tatseite der vorgeworfenen Übertretung als erfüllt zu bewerten.
Nach § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Nach der anzuwendenden Verwaltungsstrafbestimmung des § 134 Abs. 1 KFG begeht, wer unter anderem diesem Bundesgesetz zuwiderhandelt, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5.000 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen, zu bestrafen.
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist daher der Ansicht, dass die von der Behörde verhängten Geldstrafen tat- und schuldangemessen und in der festgesetzten Höhe erforderlich sind, um den Beschwerdeführer wirksam von weiteren einschlägigen Tatbegehungen abzuhalten. Die Geldstrafen entsprechen dem Unrechtsgehalt der begangenen Übertretungen, liegen an der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens und betragen lediglich 0,8 % der möglichen Höchststrafe (5.000 Euro - § 134 Abs. 1 KFG). Die Strafen wurden durch die Behörde aufgrund der Dauer des behördlichen Verfahrens bereits herabgesetzt. Eine weitere Herabsetzung der Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafe konnte deshalb nicht in Erwägung gezogen werden. Die ohnehin niedrig verhängten Strafen entsprechen den Kriterien des § 19 VStG, halten generalpräventiven Überlegungen stand und sollen den Beschwerdeführer in Zukunft zur genauesten Beachtung seiner gesetzlichen Verpflichtungen bewegen.
Das Straferkenntnis war im Spruchpunkt 1. „die Betriebsbremse war defekt“ zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, da im Zuge der Amtshandlung kein Defekt der Betriebsbremse festgestellt wurde und der Beschwerdeführer diese Tat daher nicht begangen hat.
II. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.
III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
H i n w e i s
Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Karin Lederer