LVwG-050050/9/Bi

Linz, 16.07.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin         Mag. Karin Bissenberger über die Beschwerde des Herrn R E W, vom 8. April 2015 gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 30. März 2015, BZ-Pol-12027-2014 Hue, mit dem der Verfall zweier Kaiserschnurrbarttamarine und einer Boa Constrictor festgestellt wurde, aufgrund des Ergebnisses der am 9. und 14. Juli 2015 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, in der der Antrag auf die Übergabe der beiden Kaiserschnurrbarttamarine eingeschränkt wurde,   

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.

Gemäß § 28 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und der angefochtene Bescheid im Anfechtungsumfang wegen Unzulässigkeit aufgehoben.

Dem Antrag des Beschwerdeführers auf Ausfolgung der beiden Kaiser­schnurrbart­tamarine wird gemäß §§ 37 iVm 30 Abs. 8 TSchG Folge gegeben unter der Auflage der Einhaltung der 2. Tierhaltungsverordnung Anlage 1      Punkt 7.7.3., auch während seiner Abwesenheit.

 

 

II.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid wurde gemäß § 37 Tierschutzgesetz (TSchG) festgestellt, dass zwei Schnurrbarttamarine, zwei Weißbüscheläffchen, eine Gelbwangenschildkröte, eine Boa Constrictor und 70 bis 100 Guppys, die Herrn R W während seiner mehrmonatigen Abwesenheit an der Adresse A.straße x, W., im Sinne des Wohlbefindens der Tiere abgenommen worden seien, verfallen seien.

 

2. Hinsichtlich der beiden Kaiserschnurrbarttamarine und der Boa Constrictor hat der Beschwerdeführer (in Folge: Bf) fristgerecht Beschwerde gemäß § 7 VwGVG iVm Art. 130 Abs. 1 Z1 B-VG eingebracht, die von der belangten Behörde ohne Beschwerdevorentscheidung dem Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wurde, das darüber gemäß Art. 131 B-VG zu entscheiden hat. Am 9. und am 14. Juli 2015 wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Bf, der Vertreterin der belangten Behörde S H, der Amtstierärztin des Magistrats Wels Mag. P W sowie der vom Bf als Betreuungsperson für die Tamarine während seiner Abwesenheit vorgestellten G. M.-R. (GM) durchgeführt. Die Tierschutzombuds­frau Dr. C S war entschuldigt. Der Bf hat in der Verhandlung am 14. Juli 2015 auf die Ausfolgung der Boa Constrictor ausdrücklich verzichtet. Auf die mündliche Verkündung des Erkenntnisses wurde verzichtet.

 

3. Der Bf – Präsident des Vereins S.-R., Unternehmer betr. Natur­schwimmteichbau, größte Wasserpflanzengärtnerei Österreichs, Gerichtssach­verständiger für Schwimmteiche – macht im Wesentlichen geltend, sein im Nebenhaus wohnender Freund R. habe im letzten Jahr seine Äffchen nicht gut geschützt und Fenster zum Außengehege geöffnet, ohne das Heizgerät höher zu stellen, sodass es zu kalt für die Äffchen gewesen sei. Er habe auch im Aquarium die Erwärmung nicht auf 25 Grad gehoben und die Fische nicht gut gefüttert, weshalb viele gestorben seien. In den letzten Jahren habe er aber gut für die Tiere gesorgt. Er sei am 10. November 2014 nach Lateinamerika gereist. Er bitte freundlich darum, seine Kaiserschnurrbart­tamarine und die Boa wieder übernehmen zu dürfen. Er sei Experte für exotische Tiere. Die Amtstierärztin könne auch den Affenraum besichtigen, der nun wieder positiv sei. Die Weißbüscheläffchen würde er gerne dem Zoo Wels schenken.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, bei der beide Parteien gehört, ein veterinärmedizi­nisches Gutachten der Amtstierärztin Mag. P W eingeholt und die vom Bf vorgestellte Betreuungsperson der beiden Kaiserschnurrbarttamarine während seiner Abwesenheit befragt wurde.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Am 28. November 2014 fand an der Adresse des Bf, der sich seit 10. November 2014 in Costa Rica befand und die Obsorge über seine Tiere seinem Mieter Herrn R A überlassen hatte, eine Hausdurchsuchung statt, bei der die oben genannten Tiere vorgefunden wurden und von der Polizei um amtstierärztliche Unterstützung gebeten wurde.

Laut Befund der Amtstierärztin Mag. P W vom 1. Dezember 2014 und   22. Jänner 2015 wurden 70 bis 100 Guppys vorgefunden, die sich in einem Aquarium mit schlechter Wasserqualität – sehr trüb und ohne Sauerstoffzufuhr – befanden; ein Wasserwechsel hatte offenbar nicht stattgefunden. Die Fische wurden nach Schwanenstadt überstellt.

Die Boa Constrictor lag im Badezimmer, das von niemandem betreten werden konnte, in einem Handtuch eingewickelt neben dem Heizkörper. Die Luftfeuchtig­keit von 60 bis 90 % war nicht gegeben, der Bodengrund war ungeeignet, keine lokale Lichtquelle vorhanden, keine Versteckmöglichkeit außer dem Handtuch. Das Temperatursoll von tagsüber 26 bis 32 Grad, lokal 35 Grad und nachts 20 bis 24 Grad konnte so nicht erreicht werden; eine Futteraufnahme hatte nicht stattgefunden. Der beigezogene Reptilienexperte befand die Schlange zwar für in Ordnung, hielt aber ein Unterbleiben der Fütterung bis zum voraussichtlichen Rückkehrtermin des Bf Ende März für bedenklich, sodass die Schlange vorübergehend bei ihm untergebracht wurde.   

Die Gelbwangenschildkröte wurde in einem Wasserbecken in einer Abstell­kammer gefunden und dem Tierpark Wels übergeben.

Die zwei Schnurrbarttamarine befanden sich in einem für sie vorgesehenen und adaptierten Raum, der den gesetzlichen Maßen entsprochen habe. Eine lokale Wärme­quelle fehlte und ein Fenster war offen. Die Mindesttemperatur von        15 Grad wurde knapp erreicht, ein Tier hatte sich verkühlt. Der Mieter bestätigte, eine Wärmequelle sei vorhanden gewesen, aber nach einem Defekt habe der Bf  neue Lampen vor seiner Abreise nicht mehr installiert. Die Tiere wurden dem Tierpark Wels übergeben.

Die zwei Weißbüscheläffchen befanden sich in einem nicht ausreichend hohen Zimmer (2 statt 2,5 m). Ein Äffchen hatte Veränderungen im Gesicht, die zu behandeln waren. Die Tiere wurden im Tierpark Wels untergebracht.

Der Mieter habe berichtet, er und seine Gattin beabsichtigten auszuziehen, sobald sie eine neue Wohnung gefunden hätten; dann wäre keine Betreuung mehr gegeben gewesen. Sie hätten für die Versorgung der Tiere auch kein Geld bekommen, sondern der Bf habe das als Verpflichtung aus dem Mietverhältnis gesehen. Der Mieter berichtete von früheren Vorfällen, bei denen Äffchen aus der Voliere, die an das Zimmer grenzt, in den Garten entweichen konnten, wobei der Bf den Zugang ins Gehege versperrt und die Äffchen ihrem Schicksal überlassen hätte. Dabei seien 10 Äffchen gestorben – Reste eines Affen seien im Gestrüpp zu sehen gewesen und von der Polizei fotografisch festgehalten worden.

 

Die Verlässlichkeit des Bf zur Tierhaltung sei nicht gegeben, da die beauftragten Personen in der Lage sein sollten, Missstände abzustellen und von der Behörde geforderte Maßnahmen umzusetzen, dh die nötigen finanziellen Mittel seien vom Halter zu stellen. Eine Verbesserung der Lage der Tiere sei nicht möglich gewesen, was auf die Dauer zu Stress und Leiden der Tiere geführt hätte. Ohne Abhilfe wäre den Tieren Schmerzen, Leiden und Schäden zugefügt worden. Der Bf habe bis 22. Jänner 2015 nichts unternommen, um die Haltung zu verbessern. Außerdem sei ein Schreiben des Bf gefunden worden, wonach er nicht mehr nach Österreich zurückkehren werde.

 

Laut Aktenvermerk der Bearbeiterin der belangten Behörde vom 9. Februar 2015 habe sein Sohn mitgeteilt, der Bf werde voraussichtlich Ende März 2015 zurückkehren. Auf seine Nachfrage, wann der Bf die Tiere zurückbekomme, sei er informiert worden, dass binnen zwei Monaten nach Abnahme die Voraus­setzungen für eine ordnungsgemäße Tierhaltung geschaffen werden müssten. Es habe keinen weiteren Kontakt gegeben.

 

Am 31. März 2015 teilte der Bf der belangten Behörde persönlich mit, er wolle die Kaiserschnurrbarttamarine gerne zurückhaben. Er sei nach seiner Rückkehr in der Lage, sich persönlich um seine Tiere zu kümmern, und er sei überzeugt, dass die Tierhaltung in seiner Wohnung den optimalen Bedingungen entsprochen habe. Bisher hätten sich in seiner Abwesenheit die Nachbarn immer zu seiner Zufriedenheit um die Tiere gekümmert. Er wurde informiert, dass, wenn der Halter der Tiere innerhalb von zwei Monaten nach Abnahme, dh hier ab 28. November 2014, die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Haltung der Tiere aller Voraussicht nach schaffe, die Tiere zurückzustellen seien; andernfalls seien sie gemäß § 37 Abs.3 TSchG als verfallen anzusehen, diesbezüglich ergehe ein Bescheid. 

 

Im Rahmen der Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht legte der Bf dar, sein damaliger Nachbar sei inzwischen ausgezogen und es tue ihm leid, dass die in den Jahren vorher einwandfrei gewesene Versorgung im letzten Winter nicht funktioniert habe. Die Anforderungen an die Haltung von Reptilien, insbesondere das Erfordernis eines Terrariums, wurden in der Verhandlung mit dem Bf und der Amtstierärztin ausführlich erörtert und die Ausfolgung der Boa Constrictor von einem entsprechenden Umbau abhängig gemacht, worauf der Bf seinen Antrag auf Ausfolgung der Boa Constrictor zurückzog.

 

Da die Amtstierärztin bei der Abnahme der Tiere im November 2014 die vorhandenen baulichen Einrichtungen für die Unterbringung der beiden Kaiserschnurrbarttamarine für einwandfrei befunden hatte, war diesbezüglich bis auf den Einbau der Wärmelampe, den der Bf sofort bestätigte, nichts zu ändern.

  

Die vom Bf als Betreuungsperson für die Wintermonate vorgestellte Frau M-R bestätigte, mit den beiden Äffchen, die sie bereits kennt, umgehen und sie ordnungsgemäß füttern und versorgen zu können. Sie bestätigte auch, ab Ende Juli 2015 als Mieterin im Nachbarhaus, A, zu wohnen und unter der Telefonnummer 0x – für ohne jeden Zweifel zu erwartende Kontrollen – erreichbar zu sein. Sie sagte zu, in der Zeit der Abwesenheit des Bf von November 2015 bis März 2016 für die beiden Äffchen als verlässliche Betreuungsperson zu fungieren, was in der Verhandlung ausführlich erörtert wurde. Der Bf sagte zu, Frau M–R in der verbleibenden Zeit bis zu seiner Abreise mit den artspezifischen Bedürfnissen der Tiere entsprechend vertraut zu machen und ihr die tech­nischen Gegebenheiten, insbesondere Heizung und Wärmelampe, nahezubringen.

 

Die Amtstierärztin hat die Ausfolgung der Kaiserschnurr­barttamarine an den Bf von der Unterbringung der Tiere her befürwortet, zumal die Anforderungen der 2. Tierhaltungsverordnung, wie in der ursprünglichen Zulassung, zweifellos erfüllt sind.

Die von der Tierschutzombudsfrau verlangte Ausbildung zur Tierpflegerin wurde zwar begrüßt, wobei aber auch erörtert wurde, dass selbst der Bf nicht über eine derartige Ausbildung, wohl aber über entsprechende langjährige Erfahrung verfügt und ihm die im Hinblick auf die hinsichtlich Unterbringung, Ernährung und Betreuung der Tiere einwandfreie organisatorische Vorbereitung seiner mehrmonatigen Abwesenheit zugemutet werden kann. 

 

Das Landesverwaltungsgericht hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

Gemäß § 1 TSchG ist Ziel dieses Bundesgesetzes der Schutz des Lebens und des Wohlbefindens der Tiere aus der besonderen Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf.

Gemäß § 4 Z1 TSchG ist unter dem Begriff „Halter“ jene Person zu verstehen, die ständig oder vorübergehend für ein Tier verantwortlich ist oder ein Tier in ihrer Obhut hat.

Gemäß § 37 Abs. 1 Z2 TSchG sind die Organe der Behörde verpflichtet, ein Tier, das in einem Zustand vorgefunden wird, der erwarten lässt, dass das Tier ohne unverzügliche Abhilfe Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst erleiden wird, dem Halter abzunehmen, wenn dieser nicht willens oder in der Lage ist, Abhilfe zu schaffen. Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung gilt für abgenommene Tiere § 30 TSchG. Sind innerhalb von zwei Monaten nach Abnahme im Sinne des Abs. 2 die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Haltung des Tieres aller Voraussicht nach geschaffen, so ist es zurückzustellen. Andernfalls ist das Tier als verfallen anzusehen.

 

Der Bf befand sich im Zeitraum von zwei Monaten nach der Abnahme der Tiere am 28. November 2014, dh bis 28. Jänner 2015 nicht in Österreich. Vorübergehender Halter der Tiere war nach der Definition des § 4 Z1 TSchG der bei der Hausdurchsuchung in Erscheinung getretene R A; dieser hatte offensichtlich den Auftrag des Bf, sich um die Tiere zu kümmern, und Zugang zum Haus. Die Abnahme der Tiere erfolgte – aus der Sicht des Landesverwaltungsgerichtes völlig zu Recht und auch vom Bf in keiner Weise angezweifelt – auf der Grundlage des § 37 Abs. 1 Z2 TSchG. An einer Schaffung der Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Haltung der Tiere im Sinne eines ordnungsgemäßen Zustandes des Geheges und einer aller Voraussicht nach entsprechenden Versorgung und Ernährung der Tiere hatte der vorübergehende Halter kein Interesse gezeigt, weshalb im Sinne des § 37 Abs. 2 TSchG nach Ablauf der gesetzlich bestimmten Frist von zwei Monaten ab Abnahme der Tiere diese mit 28. Jänner 2015 als verfallen anzusehen waren. Damit ist der Verfall ex lege eingetreten und war eine im Gesetz nicht vorgesehene „Feststellung des Verfalls“ unzulässig.

 

§ 37 verweist auf § 30 TSchG. Gemäß Abs. 1 dieser Bestimmung hat die Behörde – soweit eine Übergabe an den Halter nicht in Betracht kommt – Vorsorge zu treffen, dass zurückgelassene sowie von der Behörde abgenommene Tiere an Personen, Institutionen und Vereinigungen übergeben werden, die eine Tierhaltung im Sinne dieses Bundesgesetzes gewährleisten können. Diese Personen, Vereinigungen oder Institutionen (im Folgenden: Verwahrer) haben die Pflichten eines Halters. Gemäß Abs. 3 erfolgt, solange sich Tiere im Sinne des Abs. 1 in der Obhut der Behörde befinden, die Unterbringung dieser Tiere auf Kosten und Gefahr des Tierhalters. Gemäß Abs.8 bedarf die Ausfolgung von Tieren im Sinne des Abs. 1  an Personen, die ein Eigentumsrecht an diesen Tieren geltend machen, der Zustimmung der Behörde.

 

Der Bf ist nach mehrmonatiger Abwesenheit erstmals am 31. März 2015 persönlich bei der belangten Behörde in Erscheinung getreten. Er hat im Beschwerdevorbringen geltend gemacht, er würde gerne seine beiden Kaiser­schnurrbarttamarine und die Boa Constrictor wieder übernehmen. Damit ist sein Beschwerdevorbringen als Antrag des Eigentümers im Sinne des § 30 Abs. 8 TSchG umzudeuten, ihm seine Tiere auszufolgen.

 

Diesbezüglich fand ein Ermittlungsverfahren statt zur Klärung, ob auch die belangte Behörde diesem Antrag zustimmt. Die Vertreterin der belangten Behörde hat in der Verhandlung vom 9. Juli 2015 den Einwänden der Amtstierärztin zugestimmt und die Ausfolgung der Äffchen von der Eignung der Betreuungsperson abhängig gemacht; sie war bei der (wegen des reitunfallbedingten Fehlens des Bf am 9. Juli) kurzfristig anberaumten Verhandlung am 14. Juli 2015 entschuldigt.

 

Gemäß § 1 Abs. 3 der 2. Tierhaltungsverordnung ist es grundlegendes Ziel,  Tieren in Menschenobhut ein Maximum an artspezifischen Verhaltensweisen nicht nur zu ermöglichen, sondern ein Maximum an artspezifischen Verhaltensweisen auch gezielt zu fördern.

Gemäß § 2 Abs. 1 ist bei der Haltung der in der Verordnung genannten Tiere eine Überforderung der artspezifisch unterschiedlich vorhandenen Fähigkeiten der Anpassung verboten. Hiebei ist 1. den artspezifischen und individuellen Fähigkeiten der Anpassung an äußere Bedingungen und 2. dem jeweiligen artspezifischen Sozialgefüge Rechnung zu tragen. Gemäß Abs. 2 ist jede Veränderung der Haltungsbedingungen eines Tieres in Menschenobhut zu vermeiden, wenn die Gefahr besteht, dass dem Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden oder es in schwere Angst versetzt wird.

Gemäß Anlage 1 („Mindestanforderungen an die Haltung von Säugetieren“)  Punkt 7.7.3. („Springtamarine und Krallenaffen“) Abs. 2 müssen die Temperaturen im Innengehege mindestens 15°C betragen. Zusätzlich müssen punktuell höher temperierte Wärmeplätze mit Strahlungswärme angeboten werden. Für eine Tageslichtlänge von zwölf Stunden, mit einem dem natürlichen Sonnenlicht entsprechenden Lichtspektrum, muss gesorgt werden. Gemäß Abs. 5 ist den Tieren ein vielseitiges Angebot an Obst und Gemüse anzubieten. Das Futter muss reich an tierischem Eiweiß, Vitaminen und Mineralien sein. Während der Wintermonate sind den Tieren bei ausschließlicher Innenhaltung Zusätze von Vitamin D3 zu geben. Für eine Familie sind mehrere Futternäpfe im Gehege zu verteilen. Als Beschäftigungsfutter sind Obst, Holzstückchen mit Honig, lebende Insekten, Gummi Arabicum oder Ähnliches anzubieten.

 

Aus der Sicht des Landesverwaltungsgerichtes bestehen grundsätzlich keine Einwände gegen die Ausfolgung der Kaiserschnurrbarttamarine an den Bf, Vorsorge war lediglich für die Zeit seiner alljährlichen Abwesenheit in den Wintermonaten zu treffen. Die von ihm vorgestellte Betreuungsperson dürfte nach ihrem persönlichen Eindruck in der Verhandlung mit den Tieren vor dem Vorfall im November 2014 bereits mehrmals positiven Kontakt gehabt haben und mit ihren Bedürfnissen vertraut sein, wobei sie auch keine Zweifel an ihrem ernsthaften Bestreben ließ, die Tiere verlässlich bestens zu versorgen, zumal sie auch bis Ende Juli 2015 im Nachbarhaus einziehen und dort erreichbar sein wird. In der Zeit bis zur Abreise des Bf besteht zweifellos die ausreichende Möglichkeit einer entsprechenden „Einschulung“, wobei diese vom Bf auch verlässlich zugesagt wurde. 

 

Somit besteht keinerlei Anhaltspunkt, an den vom Bf und Frau M-R dargelegten besten Absichten zu zweifeln, sodass unter tierschutzrechtlichen Aspekten ein gewisser Vertrauensvorschuss gerechtfertigt ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. 

 

 

 

 

Zu II.:

 

Die ordentliche Revision ist zulässig, da im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil eine entsprechende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer ordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesver­waltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Mag. Bissenberger