LVwG-650421/2/MS
Linz, 06.07.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Dr. Monika Süß über die Beschwerde von Frau I D, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 28. Mai 2015 GZ. 12/729651, mit dem die zweite Perfektionsfahrt angeordnet wurde,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Die Beschwerdeführerin wird verpflichtet, binnen 2 Wochen ab Zustellung dieses Erkenntnisses ihren Führerschein zur Eintragung der Probezeitverlängerung bei ihrer Führerscheinbehörde abzuliefern.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 28. Mai 2015, GZ: 12/729651, wurde Frau I D, vorgeschrieben, die 2. Perfektionsfahrt binnen 4 Wochen ab Übernahme des Bescheides zu absolvieren. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass sich die Probezeit um ein weiteres Jahr verlängert und die Beschwerdeführerin aufgefordert, ihren Führerschein binnen 2 Wochen ab Übernahme des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn wegen der Eintragung der Probezeitverlängerung vorzulegen.
Begründend verweist die belangte Behörde auf die anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen.
Gegen diesen Bescheid, der der Beschwerdeführerin am 10. Juni 2015 mittels Hinterlegung zugestellt wurde, hat diese mit Eingabe vom 16. Juni 2015 (Datum der Postaufgabe und Datum des Eingangs bei der belangten Behörde nicht bekannt), welche durch die belangte Behörde an das Oö. Landesverwaltungs-gericht weiter geleitet wurde und hier am 1. Juli 2015 einlangte, woraus die Rechtzeitigkeit der Beschwerde ersehen werden konnte, Beschwerde erhoben.
Begründend wird ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe im Jänner 2014 die Führerscheinprüfung erfolgreich abgelegt. Sie sei im Juli 2014 nach Deutschland (Bochum) verzogen, um dort ihre Ausbildung fortzusetzen. Die erste Perfektionsfahrt habe sie Anfang November nachgeholt. Das Fahrsicherheitstraining und das verkehrspsychologische Gruppengespräch sei dann in den Osterferien absolviert worden. Aufgrund der Entfernung und ihrer schulischen Ausbildung habe sie nur die Möglichkeit die Perfektionsfahrt in den Ferien zu erledigen und habe sie beabsichtigt, die 2. Perfektionsfahrt in den Sommerferien (Juli 2015) zu erledigen.
Abschließend wird beantragt, auf die Verlängerung der Probezeit zu verzichten.
Diese Beschwerde wurde von der belangten Behörde unter Anschluss des Verfahrensaktes an das OÖ. Landesverwaltungsgericht übermittelt. Von der Möglichkeit der Beschwerdevorentscheidung wurde kein Gebrauch gemacht.
Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch die nach der Geschäftsver-teilung zuständige Einzelrichterin.
II. Beweis wurde erhoben durch die Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verfahrensakt. Aus diesem ließ sich der relevante Sachverhalt, der der Entscheidung des Oö. Landesverwaltungsgerichtes zugrunde gelegt wird, eindeutig ableiten.
Von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 VwGVG abgesehen werden, da diese trotz Hinweis in der Rechtsmittelbelehrung des bekämpften Bescheides einerseits nicht beantragt wurde und andererseits der relevante Sachverhalt bereits aufgrund der Aktenlage feststand und von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war.
Folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt liegt vor:
Am 28. Jänner 2014 hat die Beschwerdeführerin die Lenkberechtigung der Klasse B erworben. Die erste Perfektionsfahrt fand am 7. November 2014 statt, das Fahrsicherheitstraining sowie das verkehrspsychologische Gruppengespräch am 31. März 2015. Die zweite Perfektionsfahrt erfolgte bisher nicht.
Im Juli 2014 verzog die Beschwerdeführerin zu Verwandten nach Bochum, Deutschland, um dort ihre Ausbildung fortzusetzen.
Mit Bescheid der belangten Behörde am 28. Mai 2015, GZ: 12/729651, wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, binnen 4 Wochen nach Übernahme des Bescheides die zweite Perfektionsfahrt zu absolvieren. Gleichzeitig wurde die Probezeit um ein Jahr verlängert.
Die Beschwerdeführerin ist seit 1. März 2013 mit Hauptwohnsitz bei folgender Adresse gemeldet: F.
III. Gemäß § 4 Abs.1 Führerscheingesetz unterliegen Lenkberechtigungen der Klassen A, B, C und D oder der Unterklasse C1, die Personen erteilt werden, die vorher keine in- oder ausländische Lenkberechtigung für eine dieser Klasse besessen haben, einer Probezeit von zwei Jahren.
Gemäß § 4 Abs. 3 vorletzter und letzter Satz FSG ist die Verlängerung oder der Neubeginn der Probezeit von der Wohnsitzbehörde dem zentralen Führerscheinregister zu melden und in den Führerschein einzutragen. Der Besitzer des Probeführerscheines hat diesen bei der Behörde abzuliefern, die Behörde hat die Herstellung eines neuen Führerscheines gemäß § 13 Abs. 6 in die Wege zu leiten.
Gemäß § 4a Abs. 4 FSG sind im Rahmen der zweiten Ausbildungsphase
1. Perfektionsfahrten auf Straßen mit öffentlichem Verkehr und
2. ein Fahrsicherheitstraining, das
a) ein verkehrspsychologisches Gruppengespräch und
b) bei den Klassen A1, A2 oder A zusätzlich ein Gefahrenwahrnehmungstraining beinhaltet,
gemäß den Bestimmungen des § 4b zu absolvieren.
Gemäß § 4b Abs. 1 FSG hat die zweite Ausbildungsphase für einen Besitzer der Lenkberechtigung für die Klasse B folgende Inhalte in der genannten Reihenfolge zu umfassen:
1. eine Perfektionsfahrt im Zeitraum von zwei bis vier Monaten nach dem Erwerb der Lenkberechtigung;
2. ein Fahrsicherheitstraining und ein verkehrspsychologisches Gruppenge-spräch, das beides an einem Tag abzuhalten ist, im Zeitraum von drei bis neun Monaten nach dem Erwerb der Lenkberechtigung sowie
3. eine weitere Perfektionsfahrt im Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten nach dem Erwerb der Lenkberechtigung.
Gemäß § 4 b Abs. 1 letzter Satz FSG hat zwischen der Perfektionsfahrt gemäß Z 1 und der Perfektionsfahrt gemäß Z 3 ein Zeitraum von mindestens drei Monaten zu liegen.
Gemäß § 4c Abs. 2 FSG ist der Führerscheinbesitzer zwölf Monate (14 Monate im Fall der Klassen A1, A2 oder A) nach Erteilung der Lenkberechtigung darüber zu verständigen, wenn eine oder mehrere der in § 4b genannten Stufen unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3 nicht innerhalb von zwölf Monaten (14 Monaten im Fall der Klassen A1, A2 oder A) nach Erteilung der Lenkberechtigung absolviert werden. In diesem Schreiben ist auf die Verlängerung der Probezeit hinzuweisen, wenn die Absolvierung der fehlenden Stufe(n) nicht innerhalb von vier Monaten nachgewiesen wird, sowie auf die Entziehung der Lenkberechtigung, wenn die Absolvierung der fehlenden Stufe(n) nicht innerhalb einer weiteren Frist von vier Monaten nachgewiesen wird. Werden die fehlenden Stufe(n) nicht innerhalb von vier Monaten nach Ablauf der im ersten Satz genannten Fristen absolviert, hat die Behörde dem Betreffenden ausschließlich die Absolvierung dieser Stufe(n) anzuordnen. Mit der Anordnung der Absolvierung der fehlenden Stufe(n) verlängert sich die Probezeit unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des § 4 Abs. 3 zweiter bis vierter Satz. Kommt der Besitzer der Lenkberechtigung der Anordnung der Absolvierung der fehlenden Stufe(n) nicht innerhalb von weiteren vier Monaten nach, ist gemäß § 24 Abs. 3 achter Satz vorzugehen. Die Behörde kann auf Antrag für eine angemessene Zeit von der Entziehung der Lenkberechtigung absehen, wenn die betreffende Person besonders berücksichtigungswürdige Gründe nachweist aus denen hervorgeht, dass sie innerhalb der festgesetzten Frist den oder die fehlenden Teil(e) nicht absolvieren konnte. Hat der Betreffende in der Zwischenzeit seinen Hauptwohnsitz verlegt, hat die Behörde gegebenenfalls das Verfahren an die nunmehr zuständige Behörde abzutreten.
IV. § 4b Abs. 1 FSG regelt sowohl Inhalt als auch Zeitplan für die zweite Ausbildungsphase.
Die Beschwerdeführerin hat die Lenkberechtigung der Klasse B am 28. Jänner 2014 erworben. Dies bedeutet, dass unter Anwendung der Bestimmung des § 4b Abs. 1 FSG die erste Perfektionsfahrt fristgerecht im Zeitraum vom 28. März 2014 bis 28. Mai 2014, das Fahrsicherheitstraining und das verkehrspsychologische Gruppengespräch fristgerecht zwischen 28. April 2014 bis 28. Oktober 2014 und die zweite Perfektionsfahrt von 28. Juli 2014 bis 28. Jänner 2015 hätte stattfinden müssen.
§ 4c Abs. 2 FSG beinhaltet eine Regelung für den Fall, dass die erforderlichen Stufen nicht rechtzeitig absolviert werden und legt fest, dass im Fall einer viermonatigen Überschreitung die Behörde die Absolvierung mittels Bescheid anzuordnen hat, wodurch sich gleichzeitig die Probezeit um ein Jahr verlängert.
Nach dem dritten Satz des Abs. 2 hat die Behörde dem Betreffenden, wenn die fehlende(n) Stufe(n) „nicht innerhalb von vier Monaten“ nach Ablauf der im ersten Satz genannten Fristen absolviert werden, ausschließlich die Absolvierung dieser Stufe anzuordnen. Der dritte Satz des Abs. 2 knüpft also – nur – an die im ersten Satz genannten Fristen an. Dabei handelt es sich um die gesetzlich festgelegte Frist von zwölf Monaten für die Absolvierung der ausstehenden Stufen der zweiten Ausbildungsphase, vorliegend um die Absolvierung der zweiten Perfektionsfahrt nach § 4b Abs. 1 Ziffer 3 FSG. Die vom Gesetzgeber gewählte Formulierung spricht dafür, dass die Behörde bereits dann ermächtigt ist, die Absolvierung der ausstehenden Stufe(n) mit Bescheid anzuordnen, wenn seit der Erteilung der Lenkberechtigung 16 Monate (die ursprüngliche Frist von zwölf Monaten und die Nachfrist von 4 Monaten) verstrichen sind, ohne dass der Betreffende die fehlende(n) Stufe(n) absolviert hat. Nach dem dritten Satz des Abs. 2 kommt es nämlich auf eine ordnungsgemäße Verständigung im Sinn des ersten Satzes dieser Bestimmung nicht an.
Die objektive Verpflichtung zur Absolvierung der fehlenden Stufe(n) ergibt sich aus dem FSG selbst.
Da der Erwerb der Lenkberechtigung durch die Beschwerdeführerin am 28. Jänner 2014 erfolgte lief die Jahresfrist, die für die Absolvierung der zweiten Ausbildungsphase zur Verfügung steht mit 28. Jänner 2015 ab und endete daher auch die vorgesehene viermonatige Nachfrist mit 28. Mai 2015, sodass die Voraussetzungen für behördliche Anordnungen der noch nicht absolvierten zweiten Perfektionsfahrt vorlagen, sodass die bescheidmäßige Anordnung der Absolvierung der zweiten Perfektionsfahrt zu Recht erfolgte.
Auffällig ist jedenfalls, dass auch die ersten zwei Stufen wesentlich außerhalb des gesetzlich zur Verfügung stehenden Zeitraumes erfolgt sind. Die erste Perfektionsfahrt wurde mehr als 5 Monate verspätet und das Fahrsicherheitstraining knapp mehr als 5 Monate verspätet absolviert.
Der von der Beschwerdeführerin vorgebrachte Umstand, dass sich diese zur Ausbildung in Bochum befindet und daher nur in den Ferien die einzelnen Stufen absolvieren kann, führt nicht zum Ziel, da ein Abgleich mit der in Schulen in Nordrhein-Westfalen (NRW) und somit auch in Bochum zur Verfügung gestandenen Ferienzeit und den gesetzlich normierten Fristen für die Absolvierung der drei erforderlichen Stufen gezeigt hat, dass die fristgerechte Absolvierung in diversen Ferien bei entsprechender Terminvereinbarung mit der gewählten Fahrschule durch die Beschwerdeführerin durchaus möglich gewesen wäre, sodass der Umstand, dass die drei erforderlichen Stufen weder in der Frist von zwölf noch in der Frist von sechzehn Monaten absolviert wurden, in der Sphäre der Beschwerdeführerin gelegen ist.
Die Verlängerung der Probezeit ist eine zwingende Folge der behördlichen Anordnung der Absolvierung der noch fehlenden Stufe der zweiten Ausbildungsphase. Ein Absehen von der Verlängerung der Probezeit ist, da der Bescheid rechtmäßig ist, nicht möglich.
Mit der bescheidmäßigen Vorschreibung der Absolvierung der Mehrphasenausbildung ist gemäß § 4c Abs. 2 FSG zwingend die Verlängerung der Probezeit um ein Jahr verbunden. Von dieser kann – da der angefochtene Bescheid rechtmäßig war – nicht abgesehen werden. Gemäß § 4 Abs.3 FSG ist die Verlängerung der Probezeit in den Führerschein einzutragen, weshalb der Beschwerdeführerin aufzutragen war, ihren Führerschein bei der Behörde abzuliefern.
V. Daher war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Dr. Monika Süß