LVwG-250056/2/Sch
Linz, 13.07.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Schön über die Beschwerde der Frau S K, aus D, vom 21. Juni 2015 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 2. Juni 2015, GZ: Bi11-5-2015, betreffend Abweisung des Ansuchens der Obgenannten um Genehmigung des sprengelfremden Schulbesuches des Kindes J K, geb. 2005, in der Neuen Mittelschule (NMS) T,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Zu I.:
1. Mit Bescheid vom 2. Juni 2015, GZ: Bi11-5-2015, hat die Bezirkshauptmannschaft Schärding den Antrag der Frau S K, aus D, vom 23. Februar 2015 auf sprengelfremden Schulbesuch ihrer Tochter J K in der Neuen Mittelschule T gemäß § 47 Abs.5 Z2 Oö. Pflichtschulorganisationsgesetz 1992 (Oö. POG 1992), LGBl. Nr. 35/1992 idgF., abgewiesen.
Die Entscheidung durch die Behörde war gemäß § 47 Abs. 1 Oö. POG 1992 geboten, da es zu keiner Einigung zwischen den beteiligten Gemeinden R und T gekommen war.
Die Marktgemeinde T als Schulerhalterin der sprengelfremden Schule erteilte zwar die Zustimmung, nicht jedoch die sprengelzuständige Marktgemeinde R.
2. Die Beschwerdeführerin hat dagegen eine an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich adressierte Beschwerde erhoben. Von der belangten Behörde wurde der bezughabende Verfahrensakt vorgelegt.
Damit ist die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich zur Entscheidung durch den Einzelrichter im Sinne des § 2 VwGVG gegeben.
Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs.4 VwGVG abgesehen werden.
3. Im zugrundeliegenden Antrag der Beschwerdeführerin vom 23. Februar 2015, der im Kontext mit dem ersten Antrag – an die Marktgemeinde T – vom 13. November 2014 zu verstehen ist, verweist diese darauf, dass ihre Tochter J K bisher den Kindergarten und die Volksschule in D besucht habe. Der Großteil ihrer jetzigen MitschülerInnen und Freunde würden ebenfalls in die Neue Mittelschule T kommen, weshalb auch ihre Tochter in diese Schule gehen möchte.
Der Schwerpunkt „Bewegte Schule T“ komme der Tochter ebenfalls sehr entgegen und sei ein weiterer Grund für den gewünschten sprengelfremden Schulbesuch.
Die belangte Behörde setzt sich im angefochtenen Bescheid mit beiden Argumentationslinien der Beschwerdeführerin auseinander.
In der Beschwerdeschrift finden sich keine Hinweise mehr auf die im Antrag angeführten Kindergarten- bzw. Volksschulfreundschaften als Grund für den beantragten Schulbesuch. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich war daher im Sinne des § 9 Abs.1 Z3 VwGVG nicht mehr gehalten, neuerlich auf diesen Teil der Ansuchensbegründung einzugehen. Abgesehen davon hat sich die belangte Behörde damit nachvollziehbar – offenkundig schon mit Blick auf vorangegangene Entscheidungen des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich – ausreichend und zutreffend auseinandergesetzt.
Für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich war Prüfungsumfang im gegenständlichen Verfahren die Frage, ob der Umstand, dass die Neue Mittelschule T als Pilotschule für die Bewegte Schule Österreich in der Sekundarstufe I für die schulpflichtige J K Vorteile im Sinne des § 47 Abs.5 Z2 Oö. POG 1992 bringt.
Zufolge dieser Bestimmung kann die Bewilligung des sprengelfremden Schulbesuches versagt werden, wenn die mit dem sprengelfremden Schulbesuch für den Schulpflichtigen verbundenen Vorteile die bei der Schulsprengelfestsetzung zu berücksichtigenden Interessen nicht überwiegen.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Bestimmung des § 47 Abs.5 Z2 Oö. POG 1992 um eine Ermessensentscheidung. Die Ermessensübung ist allerdings nur bei Nichtüberwiegen der Vorteile für den Schulpflichtigen eingeräumt. Ergibt hingegen diese Interessensabwägung, dass die Vorteile für den Schüler die bei der Sprengelfestsetzung zu berücksichtigenden Interessen überwiegen, darf die Bewilligung nicht versagt werden (VwGH 26.04.1993, 92/10/0362).
Die Beschwerdeführerin hat ihrem Rechtsmittel schriftliche Ausführungen der „Koordination Netzwerk Bewegte Schule Österreich“, verfasst von Herrn S K, BEd, MSc, aus D, beigelegt.
Als Merkmale dieser Bewegten Schule wird dort aufgeführt:
„kind-, lehrer/innen- und lerngerechte Rhythmisierung des Unterrichts
bewegtes und bewegendes sowie selbsttätiges Lernen mit Methodenvielfalt
Qualität und Quantität des Pflichtgegenstandes „Bewegung und Sport“ sind gewährleistet. Bewegte Schule ist kein Ersatz für den BSP-Unterricht!
bewegte und bewegende Pausen
Gestaltung des Lebensraumes Schule für zeitgemäße Unterrichtsformen
Gestaltung des Lebensraums Schule für eine gelingende ganztägige Schule, die zur Bewegung anregt
Öffnung der Schule nach außen (Eltern, Gemeinde, Vereine, Umfeld)
Partizipation aller am Schulleben Beteiligten
Bewusstseinsbildung für die Anliegen der Lehrer/innen (Lehrer/innengesundheit) und des Gesamtsystems“
In der Folge werden diese Aktivitäten und Merkmale noch weiter erläutert.
4. Wie schon oben angeführt, muss der sprengelfremde Schulbesuch mit Vorteilen für den Schulpflichtigen verbunden sein. Diese Vorteile müssen individuell für den konkreten Schüler vorliegen. Es kommt also auf den Einzelfall an, ob und welche Gründe für den vorgesehenen sprengelfremden Schulbesuch – diese können sehr unterschiedlich sein – für eben jenen bestimmten Schüler gegeben sind.
Das Konzept der Bewegten Schule entspricht den allgemein bekannten Erwägungen, dass Schulkinder immer wieder im Verlauf des Schulalltages auch mit körperlichen Aktivitäten beschäftigt werden müssen, damit ein entsprechender Ausgleich und eben auch die Aufnahmefähigkeit für den Lernstoff erhalten bleibt. Im Kern geht es bei diesem Konzept darum, auch wenn es in der erwähnten schriftlichen Darstellung der „Koordination Netzwerk Bewegte Schule Österreich“ sehr weitwendig und darüber hinausgehend ausgebreitet wird. Zum Teil sind diese Ausführungen zudem relativ allgemeine – und wohl auch hilfreiche – Aussagen über die notwendigen Beiträge aller Beteiligten für einen gelungenen Schulalltag.
So gesehen könnte dieses Konzept auch als Leitbild für den Schulbetrieb und das Zusammenwirken von Lehrpersonal, Schuladministration, Schülern und Eltern gelten.
Allerdings ist damit kein rechtlich relevanter Vorteil gerade für die Schülerin J K zu erblicken, der die Interessen, die bei der Festsetzung des Pflichtschulsprengels von der Behörde zu beachten waren, überwiegen würde.
Zur Sprengelfestsetzung ist zu bemerken, dass gemäß § 39 Abs.1 Oö. POG 1992 für jede öffentliche Pflichtschule ein Schulsprengel zu bestehen hat. Der Gesetzgeber verpflichtet also die Behörde zur Einrichtung von Pflichtschulsprengeln.
In Bezug auf die Sprengel für Neue Mittelschulen gibt § 42 Abs.2 Oö. POG 1992 vor, dass der Pflichtsprengel das Gebiet umfasst, in dem jene nach den die Schulpflicht regelnden Vorschriften für den Besuch einer öffentlichen Neuen Mittelschule in Betracht kommenden Kinder wohnen, denen der Besuch dieser Schule hinsichtlich des Schulweges zugemutet werden kann.
Hat die Behörde nach diesen Vorgaben einen Schulsprengel festgesetzt, so ist der Besuch der Sprengelschule der Regelfall. Damit soll letztlich auch bewirkt werden, dass der Bestand der jeweiligen Pflichtschule gesichert ist, um den zumutbaren Schulweg für die Schüler auf Dauer zu erhalten. Der Umstand, dass die Anzahl der Pflichtschüler in den letzten Jahren eher zurückgeht, sollte allgemein bekannt sein. So sind nach den veröffentlichten Zahlen im Bundesland Oberösterreich seit dem Jahr 2009 72 Volks-, Sonder-, Haupt- und Neue Mittelschulen geschlossen worden. Im Jahr 2015 trifft dies für 4 Volksschulen zu.
In Anbetracht all dieser Erwägungen kann der belangten Behörde nicht entgegen getreten werden, wenn sie die Bewilligung des sprengelfremden Schulbesuches im vorliegenden Fall versagt hat.
Zu II.:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
S c h ö n