LVwG-150358/2/MK/EG
Linz, 23.03.2015
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Markus Kitzberger über die Beschwerde der P, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J P, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde L am See vom 4.7.2014 GZ. 131/9-006/2010-V,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Am 27.12.2006 hat die P (in der Folge: Bf) die Liegenschaft G, durch Schenkung von der Stumme Brüder Stiftung übernommen.
Mit Schreiben vom 08.04.2010 beantragte die Bf die Änderung des Verwendungszwecks der baubewilligten Gebäude Garage und Holzlager (Futterlager und Katzenhaus), Haupthaus, Nebengebäude im Ausmaß von 16x9 m (Laufstall Jungpferde und Remise) in ein Tierheim. Der Betrieb des Tierheimes wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 03.04.2007 tierschutzrechtlich bewilligt.
Der Bürgermeister der Gemeinde L am See teilte mit Datum vom 14.06.2013 der Bf mit, dass festgestellt worden sei, dass auf dem Gst.Nr. x, KG. T, von der Bf ohne eine rechtskräftige Baubewilligung zu besitzen, zwei Gebäude errichtet worden seien. Für diese Gebäude habe die Pfotenhilfe ein Bauansuchen vom 04.10.2008 um nachträgliche Genehmigung der zwei Gebäude bei der Baubehörde eingereicht. Bei den beiden Gebäuden handle es sich um den „Pferdestall neben Wohnhaus“ und „Pferde-/Eselstall sowie Heu- und Strohlager“. Aufgrund fehlender Übereinstimmung mit dem Flächenwidmungsplan sei das baurechtliche Genehmigungsverfahren noch nicht abgeschlossen.
Im Zuge des Ermittlungsverfahrens habe sich ergeben, dass
- die Bauten mit bestehenden Baugenehmigungen teilweise entgegen den baurechtlichen Genehmigungen anders genützt würden (Änderung des Verwendungszwecks),
- für die Lagerhalle, Kleintiergehege, Reptilienhaus, Hundelaufstall, Entengehege und Gebäude beim Hundeauslauf sowie ein Bauwerk in der Nähe des Gastanks kein baurechtlicher Konsens bestehen würde, weshalb ein Abbruchverfahren eingeleitet worden sei, und
- für Remise, Notgehege samt Futterlager und Güllegrube Bauverfahren anhängig seien, wo derzeit ein Widerspruch mit dem Flächenwidmungsplan bestehe.
Im Zuge des Parteiengehörs brachte die Bf dazu im Schreiben vom 28.06.2013 im Wesentlichen vor, dass die gegenständlichen Gebäude nicht von der Bf errichtet worden seien und betreibe die Bf – wie alle Vorgänger – eine Landwirtschaft. Die Gebäude seien von Landwirten für landwirtschaftliche Zwecke errichtet und als solche verwendet worden. Sie würden heute teilweise als Stallungen, als Futterlager (Heu und Stroh) und als Unterstand für landwirtschaftliche Geräte und Maschinen verwendet und seien für den Betrieb einer Landwirtschaft unerlässlich, was widmungsgemäß erfolge. Eine Verletzung des Flächenwidmungsplans oder anderer Vorschriften liege nicht vor und sei der landwirtschaftliche Betrieb ohne Unterbrechung bis heute geführt worden. Diese bestehe in einer Grünlandwirtschaft, dh Produktion von Gras und Heu, Viehzucht und werde die Lohnfütterung/Einstellung von Tieren für Dritte, geführt. Der ggst. Landwirtschaftsbetrieb sei auch vom Finanzamt als Landwirtschaft veranlagt.
Am 25.07.2013 teilte die Gemeinde Lochen am See der Bf mit, dass aus dem vorgelegten Betriebskonzept lediglich eine pauschale Beschreibung einer Nutzung als Tierheim ersichtlich sei. Es gäbe keine detaillierten Nutzungspläne und keine konkreten Belagszahlen. Die Bf wurde beauftragt zur Fortführung des Verfahrens für die baurechtlich genehmigten Bauten Detailpläne, aus welchen die geplante Verwendung im Detail hervorgehe bzw. welche Tiere in welcher maximalen Anzahl jeweils wo gehalten werden, samt Belagszahlen aufgeteilt nach den einzelnen Tierarten sowie Angaben welche Auslaufflächen für welche Tiere vorgesehen seien, vorzulegen.
Mit Schreiben vom 17.09.2013 teilte die Bf in der Folge mit, dass der Antrag aus dem Jahr 2010 aufgrund von betrieblichen Änderungen in dieser Form nicht mehr nötig sei. Die Pfotenhilfe werde als landwirtschaftlicher Betrieb geführt und der Tierheimbetrieb sei auf einen Minimum (Erdgeschoß eines einzigen Gebäudes) eingeschränkt. Die rechtliche Darstellung diesbezüglich sei in Vorbereitung. Der Erhalt des Tierheimbetriebes in einem Gebäudeteil ergebe sich ausschließlich aufgrund des Bedarfes des Landes Oberösterreich, vor allem des Bezirks Braunau und der Gemeinde L am See. Es gehe dabei um Fundtiere und behördlich für verfallen erklärte (beschlagnahmte) bzw. behördlich in Verwahrung genommene Tiere. Die ursprünglichen Pläne der ehemaligen Geschäftsführung seien aufgrund der fehlenden Bewilligung der Verwendungszweckänderung und der hauptsächlich landwirtschaftlichen Nutzung nicht umgesetzt worden.
Zu den im Schreiben der Gemeinde Lochen als baubewilligt angeführten Bauten wurde weiters ausgeführt:
a) Nebengebäude, baubewilligt 1968: Das Gebäude werde als Werkstatt genutzt und seien keine Tiere untergebracht. Es diene als Lager diverser Werkzeuge und Gerätschaften für den landwirtschaftlichen Betrieb.
b) Haus G 11: Das Gebäude sei das Bauernhaus und seien keine Tiere untergebracht. Im Gebäude befänden sich diverse Privaträume.
c) Nebengebäude, baubewilligt 1974: Das Gebäude werde im Erdgeschoß (162 m2) als Tierheim genutzt. Hier seien Katzen und Hunde sowie eine Wasch- und Futterküche und Futtermittellager untergebracht. Maximale Tieranzahl bei Hunden 15 und bei Katzen 40 mit je 54 m². Wasch- und Futterküche sowie Futtermittellager würden im Ausmaß von 54 m² genutzt.
d) Holzstall (Pferdeboxen): Das Gebäude sei ein Stallgebäude und werde rein landwirtschaftlich genutzt als Schweine-, Enten-, Hühner-, Puten- und Equidenstall. Hier sei auch das Obst-, Gemüse- und Getreidelager samt Kühlraum und Futterküche untergebracht.
Zusammenfassend hat die Gemeinde L am See in einem Aktenvermerk vom 09.10.2013 festgehalten, dass der Antrag für den Betrieb eines Tierheimes vom 08.04.2010 für die Gebäude Nebengebäude (Baubescheid 1968), Wohnhaus (Baubescheid 1971) und Holzstall (Pferdeboxen, Baubescheid 1977) zurückgezogen worden sei. Lediglich das Nebengebäude (Baubescheid 1974) werde als Tierheim betrieben. Es sei zu prüfen, ob das „verkleinerte“ Tierheim der Tierheimbewilligung der BH Braunau bzw. ob es laut Detailbeschreibung vom 17.09.2013 den raumordnungsrechtlichen Bestimmungen widerspreche, d.h., ob auch für einen Tierheimbetrieb in diesem Umfang eine Sonderausweisung im Flächenwidmungsplan erforderlich sei. Sollte dies der Fall sein, sei der vorliegende Antrag auf Tierheimbetrieb abzuweisen. Die im Schreiben vom 17.09.2013 bekanntgegebenen Nutzungsänderungen der Garage in Werkstatt, obergeschossige Wohnräume in Büroflächen und Holzstall (Pferdeboxen) auf Schweine-, Enten-, Hühner, Puten und Equidenstall sowie Obst-, Gemüse- und Getreidelager samt Kühlraum und Futterküche seien anzeigepflichtig.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde L am See vom 09.04.2014, GZ: 131/9-006/2010-V/An, wurde der Bf die Verwendung der baulichen Anlage „Nebengebäude G“ auf Gst.Nr. x, KG. T, Gemeinde L untersagt.
In der Begründung wird im Wesentlichen angeführt, dass das Gst.Nr. x, KG. T, im Flächenwidmungsplan als Grünland ausgewiesen sei und der Betrieb eines Tierheimes eine Sonderausweisung gemäß § 30 Abs.8 Oö. ROG 1994 erfordere, welche jedoch nicht vorliege. Der Betrieb eines Tierheimes im unspezifischen Grünland sei daher widmungswidrig. Das Objekt mit der Bezeichnung „G“ werde im Erdgeschoss als Tierheim verwendet. Baugenehmigt sei jedoch ein Remisenraum und ein Laufstall für Jungpferde. Es sei daher vorerst zu prüfen gewesen, ob entsprechende Maßnahmen nach der Oö. Bauordnung 1994 zu setzen wären, bzw. ob ein Bescheid nach § 50 Oö. BauO 1994 zu erlassen wäre.
Genehmigte Bauten seien ein Stall in Holzbauweise (Pferdestall), ein Nebengebäude „Neubau einer Garage und Holzlager), welche als Pferdestall genehmigt wurde, einen Wohnhausumbau und ein Nebengebäude (G). Für diese Gebäude sei mit Antrag vom 08.04.2010 um Änderung des Verwendungszwecks zur Nutzung der landwirtschaftlichen Gebäude als Tierheim angesucht worden, welcher 2013 abgeändert worden sei und nur mehr das Nebengebäude mit der Objektbezeichnung „G“ im Erdgeschoss im Ausmaß von 162 m2 als Tierheim genutzt werde. Im Obergeschoss befänden sich Büroflächen. Die im ursprünglichen Antrag genannten Gebäude seien laut Schreiben vom 17.9.2013 landwirtschaftlich genutzt. Für diejenigen Gebäude, welche anders als baubewilligt in Verwendung stünden und nicht als Tierheim genützt würden, habe die Baubehörde entsprechend dem § 50 Abs.3 Oö. BauO 1994 vorzugehen. Hinsichtlich der Verwendung eines Liegenschaftsteiles als Tierheim sei nicht nach § 50 Abs.3 Oö. BauO 1994, sondern mit Untersagungsbescheid gemäß § 50 Abs.2 und 4 Oö. BauO 1994 vorzugehen gewesen. Aufgrund der eindeutigen Widmungswidrigkeit der Verwendung sei eine unbedingte Untersagung auszusprechen gewesen, da in einem solchen Fall dem Eigentümer der baulichen Anlagen die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes naturgemäß nicht möglich sei.
Gegen diesen Bescheid erhob die Bf Berufung mit der Begründung, das sich aus dem Gesetz nicht klar ergebe, dass ein Tierheim eine Sonderausweisung im Grünland nach § 30 Oö. ROG 1994 benötige, weil sich das „Tierheim“ in der Bestimmung des § 30 Abs.3 leg.cit. nicht finde. Diese Frage sei im anhängigen Verfahren zu klären, zumal am 14.04.2014 der Antrag, das Gst. EZ x des Grundbuches T in der Gemeinde Lochen am See im Grünland als Tierheim oder in einer sonstigen tauglichen Form auszuweisen gestellt worden sei. Aus diesem Grund werde die Verfahrensaussetzung beantragt.
Der Gemeinderat der Gemeinde Lochen am See hat mit Bescheid vom 0407.2014, GZ: 131/9-006/2010-V, die Berufung der Bf als unbegründet abgewiesen und den erstinstanzlichen Bescheid des Bürgermeisters vollinhaltlich bestätigt.
Im Wesentlichen wird begründend ausgeführt, dass der in der Berufung aufgestellten Behauptung, dass aus dem Gesetz nicht klar hervorgehe, dass für ein Tierheim eine Sonderausweisung im Flächenwidmungsplan notwendig sei, nicht gefolgt werden könne. Nach Ansicht der Berufungsbehörde treffe § 30 Abs.2 Oö. ROG 1994 mit der Formulierung: „Flächen des Grünlandes, die nicht für die Land- und Forstwirtschaft bestimmt sind und nicht zum Ödland gehören, sind im Flächenwidmungsplan gesondert zu widmen“ eine klare Aussage. Diese Aussage habe die Erstbehörde mit der zitierten Rechtsauskunft lediglich untermauert. Dass es sich bei der P um ein Tierheim und damit um keinen herkömmlichen landwirtschaftlichen Betrieb handle, ergebe sich aus der Tatsache, dass die BH Braunau am Inn mit Bescheid vom 03.04.2007, GZ: Pol01-31-17-2006, die Bewilligung erteilt habe, um auf der Liegenschaft Gutferding 11 ein Tierheim zu betreiben. Im Gutachten des Amtes der Oö. Landesregierung, Abt. Land- und Forstwirtschaft vom 17.01.2014 und in der ergangenen Ergänzung vom 14.04.2014, GZ: Agrar-165075/14-Ag/Hö, sei festgestellt worden, dass es sich eindeutig um keinen landwirtschaftlichen Betrieb handle. Das ergänzende Gutachten vom 14.04.2014 treffe folgende Aussage:
„[…] Der oben genannten Wertschöpfung stehen bei der Beurteilung, ob daraus ein neugegründeter landwirtschaftlicher Betrieb ableitbar ist, Aufwendungen gegenüber.
Diese wären im Wesentlichen
· Futtermittel (Heu, Stroh, Getreide, ...)
· Investitionskosten und Kosten für Abnützung von Maschinen und Geräten
· Betriebsmittel (Kraftstoffe, Schmiermittel, Strom, ...)
· Pachtzins, Versicherung, Steuern, Abgaben
· Gebäude- und Anlagekosten (Errichtungs- und Erhaltungskosten, ...)
· Lohn-/Gehaltskosten, Kosten eines Lohnansatzes für 2 Personen.“
Die Aufwendungen für den Betrieb der Tierhaltung würden bei weitem allfällige Einnahmen aus dem Verkauf landwirtschaftlicher Urprodukte übersteigen. Dies käme auch dadurch zum Ausdruck, dass der jährliche Betrieb der Tierhaltung in Lochen mit hohen finanziellen Aufwendungen von verwandten Organisationen wie etwa Verein P, Stiftung V P, unterstützt werde. Aus agrarfachlicher Sicht lasse sich die vorliegende Bewirtschaftung der Liegenschaft Gutferding keinem neu gegründeten landwirtschaftlichen Betrieb zugeordnet werden.
Die Berufung widerspreche sich insoweit, als angeführt sei, dass sich im Gesetz die Bestimmung „Tierheim“ nicht finde, jedoch beantragt worden sei im Flächenwidmungsplan die Grünland Sondernutzung „Tierheim“ auszuweisen. Die Untersagung der Verwendung baulicher Anlagen nach § 50 Abs.2 und 4 Oö. BauO 1994 stelle ein baupolizeiliches Verfahren dar und sei somit nicht als Vorfrage im Sinne des § 38 AVG zu werten. Vorfragen im Sinne des Gesetzes seien im Rahmen eines baurechtlichen Bewilligungsverfahrens und nicht eines baupolizeilichen Verfahrens zu klären. Der Gemeinderat habe in seiner Sitzung am 26.06.2014 beschlossen die EZ x, KG T, in welcher das ggst. Gst.Nr. x liege, nicht mit einer Grünland Sonderausweisung „Tierheim“ zu versehen.
Mit Schriftsatz vom 05.08.2014 erhob die Bf gegen diesen Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Lochen am See vom 04.07.2014, GZ 131/9-006/2010‑V, fristgerecht Beschwerde an das LVwG. Begründend führt die Bf im Wesentlichen Folgendes aus:
Vorweg werde festgehalten, dass beim LVwG bereits unter den GZ: LVwG-150074 und 150104 eine Beschwerde vom 14.11.2013 betreffend zwei Verfahren zur Untersagung der Verwendung von zwei baulichen Anlagen auf dem Grst. EZ 1, Grundbuch Nr. x Tg, anhängig sei. Diese Beschwerde sei aufgrund des Vorliegens eines civil rights iSd Art 6 EMRK die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Beschwerde beantragt, weswegen angeregt werden, diese Verfahren zu verbinden, gemeinsam zu verhandeln und zu entscheiden.
Im zitierten Verfahren sei bemängelt, dass die Baubehörden die Verfahren betreffend Nutzungsuntersagung dieser Gebäude nicht ausgesetzt hätten, obwohl sich schon aus dem erstinstanzlichen Bescheid vom 22.07.2013 ergebe, dass bereits im Jahr 2008 um Erteilung der Baubewilligungen angesucht worden sei und dieses Verfahren (nach 6 Jahren) vor der bescheidmäßigen Erledigung stehe. Auch im gegenständlichen Verfahren würden die Gemeindebehörden darauf verweisen, dass bereits mit Antrag vom 08.04.2010 um Änderung des Verwendungszwecks zur Nutzung des Gebäudes G als Tierheim angesucht worden sei, und dieses Verfahren bei der Baubehörde erster Instanz anhängig sei.
Dass für das Objekt G ein baurechtlicher Konsens vorliege, sei unbestritten. Die Baubehörde führe aber zum konkreten Inhalt der Baubewilligung und zu allfälligen Auflagen und Bedingungen nichts aus und treffe dazu keine konkreten Feststellungen, weswegen die Beischaffung des Baubewilligungsaktes aus dem Jahr 1974 beantragt werde, um feststellen zu können, ob und inwieweit dieser 40 Jahre alte baurechtliche Konsens die nunmehrige Verwendung des Objektes G decke oder dieser entgegenstehe.
Inhaltlich rechtswidrig seien die Gemeindebescheide vom 09.4.2014 und 04.07.2014 aber schon deshalb, weil darin „die Verwendung“ der baulichen Anlage „Nebengebäude G, L am See“, untersagt werde, was einerseits mit der Baubewilligung aus dem Jahr 1974 und andererseits mit der Gesetzeslage nicht in Einklang zu bringen sei. Die Gemeindebehörden hätten festzustellen gehabt, wie die konkrete Nutzung des Objektes im Erd- und Obergeschoß tatsächlich aussehe und auf dieser Basis erörtern müssen, ob und in welcher Form bzw. in welchem Ausmaß dies mit dem 40 Jahre alten baurechtlichen Konsens im Einklang stehe oder nicht, und so konkret formulieren müssen, dass exakt diese gegebene Nutzung des Objektes untersagt werde, und nicht dessen Nutzung an sich, also gänzlich. Dies ergebe sich schon aus § 50 Abs.2 Oö. Bauordnung, wonach bauliche Anlagen, für welche die Baubewilligung erteilt worden sei, nur konsensgemäß benützt werden dürften. Eine gänzliche Nutzungsuntersagung sei somit rechtswidrig. Diese Art der Untersagung stelle eine vom Gesetz nicht vorgesehene Enteignung dar, welche überdies nicht im öffentlichen Interesse liege und daher eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unverletzlichkeit des Eigentums nach Art. 5 StGG und Art. 1 des 1. ZP zur EMRK darstelle, ebenso eine solche nach Abs. 17 Abs.1 GRC. Ein solches Verbot sei unsachlich und gleichheitswidrig iSd Art. 7 Abs.1 B‑VG und Art. 20 GRC.
Wenn die belangte Behörde in der Berufung vom 29.04.2014 insoweit einen Widerspruch sehe, dass die Bf am 14.04.2014 einen Antrag auf Sonderausweisung des Tierheimes auf der EZ x des Grundbuches x T in der Gemeinde Lochen am See gestellt habe, andererseits die Notwendigkeit einer derartigen Sonderausweisung im Grünland aufgrund des Gesetzes aber nicht gesichert sei, sei zu sagen, dass die Bf natürlich alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfe, um das bereits im Jahr 2007 von der BH Braunau am Inn bewilligte Tierheim zu retten und nicht Gefahr zu laufen, das Tierheim schließen zu müssen. Dies bedeute im Sinne der weiteren Ausführungen auch eine massive Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses am Tierschutz, was sich mit Deutlichkeit aus dem Schreiben der BH Braunau am Inn vom 14.02.2014 als Tierschutzbehörde ergebe, welches dem Antrag an die Gemeinde Lochen am See auf Sonderausweisung des Grundstückes vom 14.04.2014 beigelegt worden sei und worauf die Gemeindeinstanzen in den vorliegenden Entscheidungen mit keinem Wort eingegangen seien. Der Antrag vom 14.04.2014 entspreche der Empfehlung im agrarfachlichen Gutachten des DI A vom 17.01.2014.
Im Berufungsbescheid habe die belangte Behörde ohne Begründung oder Erklärung ausgeführt, dass der Gemeinderat in der Sitzung vom 26.06.2014 beschlossen habe die Liegenschaft nicht mit der Grünland-Sonderausweisung „Tierheim“ zu versehen, was den derzeit rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Gemeinde Lochen am See betreffend das ca. 5 ha große Grundstück EZ x der DG T gesetzwidrig mache.
Der Bescheid des Gemeinderates vom 04.07.2014 verletze die Bf in ihren Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung iSd Art. 144 Abs.1 B-VG, sofern man mit der Gemeinde davon ausgehe, dass das Oö. ROG 1994 die Sonderausweisung eines Tierheimes im Grünland im Flächenwidmungsplan verlange.
Dem Antrag auf Sonderausweisung sei die Bestätigung der BH Braunau am Inn als Tierschutzbehörde vom 14.02.2014 beigelegen, aus welcher sich ergebe, dass der von der Bf im Jahr 2007 erteilte Tierheimbewilligung im Sinne des Gesetzes Gebrauch mache und mit der Behörde umfassend und konstruktiv zusammenarbeite und es eine ständige Kooperation zwischen der BH als Tierschutzbehörde und der Bf gebe. Dadurch werde dem öffentlichen Interesse am Tierschutz Rechnung getragen, indem gesetzlich gebotene Maßnahmen durch die Behörde mit Hilfe der Bf rasch umgesetzt werden könnten, wobei die von der BH in den Jahren 2012 und 2013 übergebenen Tiere aufgelistet seien und es Bestätigung finde, dass die Bf fast rund um die Uhr für die Behörde erreichbar sei.
Vor der Gemeinderatssitzung seien die Mitglieder des Gemeinderates zu einer Besichtigung der Liegenschaft eingeladen worden, um die Art und Weise der Haltung und Pflege kennen zu lernen, welcher allerdings niemand Folge geleistet habe. Dem Gemeinderatsbescheid sei nicht zu entnehmen, wie die Abstimmung der Gemeinderatssitzung ausgegangen sei und warum nach Ansicht der Behörde die gesetzlichen Voraussetzungen für eine geheime Abstimmung vorgelegen seien. Auch sei nicht erklärt, ob der Abstimmung ein Amtsvortrag des Gemeindeamtes zugrunde gelegen sei, welcher bei der Sitzung verlesen und diskutiert worden und überhaupt der Antrag der Bf vom 14.4.2014 samt Bestätigung der BH Braunau vollinhaltlich den Gemeinderatsmitgliedern durch Verlesung zur Kenntnis gebracht worden sei. Um das gesetzeskonforme Zustandekommen des Gemeinderatsbeschlusses vom 26.06.2014 überprüfen zu können, werde die Beischaffung dieses Protokolls beantragt, damit dieses in der mündlichen Verhandlung verlesen werden könne. Dies gelte auch für die Frage des rechtmäßigen Zustandekommens des Berufungsbescheides vom 04.07.2014 (Amtsvortrag, Berufung gänzlich zur Kenntnis gebracht, Abstimmung, Enthaltung des Bürgermeisters als befangen iSd § 7 Abs.1 Z4 AVG, welcher aber den Berufungsbescheid unterfertigt habe).
Im Sonderausweisungsantrag sei dargelegt worden, dass Flächenwidmungspläne zu ändern seien, wenn es das Gemeinwohl erfordere, was gegenständlich klar der Fall sei. Nach BGBl. I Nr. 111/2013 bekenne sich die Republik Österreich zum Tierschutz. Aus diesem verfassungsgesetzlichen Gebot leite sich die Verpflichtung der Gemeinde zur Flächenwidmungsplanänderung ab. Der Gemeinderat habe trotz der in § 36 Abs.1 Oö. ROG 1994 vorgesehen Verpflichtung das gegenständliche Grundstück nicht als Tierheim im Grünland gesondert ausgewiesen, weswegen der betreffende Flächenwidmungsplan in Bezug auf dieses Grundstück gesetzes- bzw. verfassungswidrig sei. Eine Frage der Rechtmäßigkeit der antragsgegenständlichen Widmung stelle sich nur dann nicht, wenn man nach Interpretation der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen des Oö. ROG 1994 zum Ergebnis komme, dass eine Sonderausweisung eines Tierheimes im Grünland nicht notwendig sei, weil es sich bei dem auf dieser Liegenschaft betriebenen Tierheim um einen landwirtschaftlichen Betrieb handle und das Gesetz eine Verpflichtung zur gesonderten Ausweisung dieses Tierheimes im Flächenwidmungsplan gar nicht vorsehe. Die belangte Behörde stütze sich auf § 30 Abs.2 Oö. ROG 1994, wonach Flächen des Grünlandes, die nicht für die Land- und Forstwirtschaft bestimmt seien und nicht zum Ödland gehörten, im Flächenwidmungsplan gesondert zu widmen seien. Dabei übersehe die Gemeinde allerdings, dass Abs.3 leg.cit. Arten der Verwendung des Grünlandes beschreibe, welche demnach nicht Land- und Forstwirtschaft seien und welche u.a. – je nach Erfordernis – als Sport- bzw. Erholungsflächen, Dauerkleingärten, Erwerbsgärtnereien, Friedhöfe sowie Grünzüge oder Trenngrün auszuweisen seien. Dass ein Tierheim gesondert auszuweisen sei, ergebe sich aus § 30 Abs.2 Oö. ROG 1994 nicht. Dem Gesetzgeber könne nicht unterstellt werden über einen Zeitraum von mehr als vier Jahrzehnten die verpflichtende Sonderausweisung eines Tierheimes im Grünland nicht in das Gesetz aufgenommen zu haben, wenn hiefür die Notwendigkeit nicht bestanden habe. Die Bestimmungen des § 18 Abs.1 und 2 Oö. ROG in seiner Stammfassung LGBl.Nr. 18/1972 habe den derzeit in Kraft stehenden Bestimmungen des § 30 Abs.1 und 2 entsprochen, lediglich das letzte Wort des Abs.2 laute jetzt nicht mehr „auszuweisen“ sondern „zu widmen“. In der Stammfassung seien nach § 18 Abs.3 je nach Erfordernis im Grünland folgende Widmungen auszuweisen:
„1. Größere Erholungsflächen, das sind Flächen, die für Einrichtungen und Anlagen der allgemeinen Erholung und des Sports bestimmt sind, wie Parkanlagen, Spiel- und Liegewiesen, Sport- und Spielflächen, Freibäder, Campingplätze, Wintersportanlagen einschließlich der Skipisten sowie Fremdenverkehrsbetriebe;
2. Dauerkleingärten;
3. Erwerbsgärtnereien;
4. Friedhöfe.“
An dieser gesetzlichen Formulierung habe sich bis heute nichts Wesentliches geändert. Im Grünland dürften nur Bauten und Anlagen errichtet werden, die nötig seien, um dieses bestimmungsgemäß zu nutzen. Über Abs.5 erster Satz hinaus dürften nach Abs.6 leg.cit. im Grünland bestehende land- und forstwirtschaftliche Gebäude […] die die Umgebung nicht wesentlich stören, unter der Voraussetzung verwendet werden, dass die Gebäude erhaltungswürdig seien, zum öffentlichen Straßennetz aufgeschlossen seien, das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes durch bauliche Maßnahmen im Wesentlichen erhalten bleibe und das Orts- und Landschaftsbild nicht beeinträchtigt werde und Zu- und Umbauten bei Kleingebäuden zur Schaffung von zeitgemäßem Wohnraum für den Eigenbedarf des Eigentümers vorgenommen werde.
Dass es sich beim gegenständlichen Objekt „G“ um ein landwirtschaftliches Gebäude handle, ergebe sich aus jener Passage auf Seite 2 des Bescheides des Bürgermeisters vom 09.04.2014, wonach eine Baugenehmigung für einen Remisenraum und einen Laufstall für Jungpferde vorliege. Beweis dafür seien die Bauakte der Gemeinde Lochen betreffend dieses Objekt aus dem Jahr 1974, welche beigeschafft werden mögen.
Sei die Verwendung eines derartigen Gebäudes sogar für Klein- und Mittelbetriebe zulässig, die die Umgebung nicht wesentlich stören, so gelte dies jedenfalls auch für ein Tierheim, welche abgeschieden, kilometerweit vom Ortszentrum Lochen entfernt gelegen sei , wobei sich Nebengebäude ebenfalls nur in erheblicher Entfernung befänden und das Areal schwer einsehbar sei. Beweis dafür gebe die Durchführung eines Ortsaugenscheines.
Die Behörde behaupte nicht, dass die Voraussetzungen des § 30 Abs.6 Oö. ROG für die Nutzung des Objektes „G“ als Teil des Tierheims nicht vorlägen. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung werde beantragt, um zu ermöglichen, entsprechende Feststellungen zur Beurteilung der Frage treffen zu können, ob es sich dabei um einen landwirtschaftlichen Betrieb handle und das gegenständliche Objekt notwendig sei, um das Grundstück bestimmungsgemäß zu nutzen, bzw. dass die Voraussetzungen des § 30 Abs.6 Oö. ROG für die Verwendung als Tierheim vorlägen. Dies allenfalls unter Heranziehung eines agrar- und/oder baufachlichen Amtssachverständigen.
Die Erteilung der Bewilligung der BH Braunau am Inn vom 03.04.2007 liege nicht darin, dass es sich um einen herkömmlichen landwirtschaftlichen Betrieb handle, sondern an der Genehmigungspflicht nach dem Oö. Tierschutzgesetz. Es müsse der Tierschutzbehörde möglich sein entsprechende Bedingungen und Auflagen für den Betrieb eines Tierheimes zum Schutz des Lebens und der Gesundheit der untergebrachten Tiere vorschreiben und überprüfen können. Dass es sich beim gegenständlichen Objekt nicht um ein solches handle, welches dem Betrieb der Landwirtschaft diene, leite die belangte Behörde aus dem Gutachten des agrartechnischen Amtssachverständigen vom 17.01. idF vom 14.04.2014, GZ: Agrar-165075/14-2014-Ag/Hö, ab. Dieses Gutachten sei im derzeit anhängigen Baubewilligungsverfahren erstattet worden, welches die Anträge auf Erteilung der Baubewilligung für zwei Objekte auf dem Gst.Nr. x, KG T, nämlich dem „Pferdestall neben dem Wohnhaus G“ sowie den „Pferde-/ Eselstall sowie Heu- und Strohlager“ auf diesem Grundstück aus dem Jahr 2008 betreffe.
Die Behörde sei darin im Recht die gesamte 5,1 ha große Liegenschaft samt aufgezeigten Pachtflächen von insgesamt 9,5 ha auf ihren landwirtschaftlichen Charakter hin zu beurteilen. Im anhängigen Baubewilligungsverfahren seien das ergänzte Betriebskonzept, der AMA-Mehrfachantrag sowie der Pachtvertrag über zusätzliche Pachtflächen in M vorgelegt worden. Weiters sei der Antrag auf Ergänzung des agrarfachlichen Gutachtens des DI A auf Basis dieser neuen Beurteilungsgrundlagen gestellt worden, welches bislang noch nicht vorliege. Die Pachtflächen würden für die Bereitstellung des Futters und der Einstreu für die Vielzahl der auf dem Grundstück lebenden Tiere. Ein landwirtschaftlicher Betrieb liege dann vor, wenn landwirtschaftliche Nutzflächen sowie ein Hofverband in einer räumlichen, funktionellen und selbständigen Wirtschaftseinheit gegeben seien mit dem Ziel, einen Betriebserfolg als Einkommensbeitrag zu erzielen. Das Vorliegen eines landwirtschaftlichen Betriebes ergebe sich aus dem ergänzten Betriebskonzept des DI F W, St. Valentin, vom 10.4.2014.
Beim gegenständlichen Tierheim handle es sich um einen Betrieb vergleichbar mit einem Klein- und Mittelbetrieb, der die Umgebung nicht wesentlich störe, wobei das Gebäude erhaltungswürdig sei und eine Verbindung zum öffentlichen Straßennetz aufweise. Es würden keine Maßnahmen vorgenommen, welche das äußere Erscheinungsbild verändern bzw. das Orts- und Landschaftsbild beeinträchtigen würden, weshalb die Verwendung dieses Objektes als Teil des Tierheimes nach § 30 Abs.6 Oö. ROG 1994 zulässig sei. Beweis dafür gebe ein bautechnisches Amtssachverständigengutachten.
Aus den genannten Gründen entspreche der Berufungsbescheid vom 04.07.2014 nicht dem Gesetz.
II. Das Landesverwaltungsgericht Oö. hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt. Auf dessen Grundlage konnten (trotz Komplexität der Sach- und Rechtslagelage) weitere Ermittlungsschritte – insbesondere die Durchführung einer mündlichen Verhandlung – unterbleiben, da keine weitere Klärung des in diesem Verfahren gegenständlichen Sachverhaltes zu erwarten war. Es waren diesbezüglich ausschließlich Rechtsfragen zu beurteilen.
Der Sachverhalt steht, was seine entscheidungsrelevanten Aspekte anbelangt, fest.
III. Für die Beurteilung der hier relevanten Rechtsfragen sind insbesondere nachstehende Bestimmungen zu berücksichtigen:
III.1. In der Sache:
Gemäß § 30 Abs.1 Oö. Raumordnungsgesetz 1994 (Oö. ROG 1994) sind alle nicht als Bauland oder Verkehrsfläche gewidmeten Flächen als Grünland zu widmen.
Abs.2 dieser Bestimmung legt fest, dass Flächen des Grünlandes, die nicht für die Land- und Forstwirtschaft bestimmt sind und nicht zum Ödland gehören, im Flächenwidmungsplan gesondert zu widmen sind.
Nach Abs.3 sind im Grünland – je nach Erfordernis – insbesondere folgende Widmungen auszuweisen;
1. größere Erholungsflächen für Erholungs- oder Sportanlagen wie Parkanlagen, Spiel- und Liegewiesen, Sport- und Spielflächen, Freibäder, Campingplätze Tennishallen, Golfplätze, Reitsportanlagen, Wintersportanlagen einschließlich der Schipisten sowie Gaststätten und Schutzhütten;
2. Dauerkleingärten;
3. Erwerbsgärtnereien;
4. Friedhöfe;
5. Grünflächen, sofern die Ausweisung aus Gründen einer gesonderten Flächenwidmung erforderlich ist, wie Grünzüge oder Trenngrün.
Gemäß Abs.5 dürfen im Grünland nur Bauten und Anlagen errichtet werden, die nötig sind, um dieses bestimmungsgemäß zu nutzen (Abs.2 bis 4). […]
Abs.6 dieser Bestimmung legt fest, dass über Abs.5 erster Satz hinaus bestehende land- und forstwirtschaftliche Gebäude und Gebäudeteile für Wohn-, Verwaltungs-, Schulungs-, Seminar- und Lagerzwecke sowie für Klein- und Mittelbetriebe, die die Umgebung nicht wesentlich stören, unter folgenden Voraussetzungen verwendet werden dürfen:
1. die land- und forstwirtschaftlichen Gebäude müssen erhaltungswürdig sein;
2. die Gebäude müssen durch eine der Verwendung entsprechende geeignete öffentliche Verkehrsfläche oder eine Verbindung zum öffentlichen Straßennetz aufgeschlossen sein;
3. bauliche Maßnahmen dürfen nur vorgenommen werden, wenn dadurch das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes im Wesentlichen erhalten bleibt und das Orts- und Landschaftsbild nicht beeinträchtigt wird;
[...]
Nach § 24 Abs.1 Oö. Bauordnung 1994 (Oö. BauO 1994) bedürfen folgende Bauvorhaben einer Bewilligung der Baubehörde (Baubewilligung), soweit die §§ 25 und 26 nichts anderes bestimmen:
[…]
3. die Änderung des Verwendungszwecks von Gebäuden (Gebäudeteilen) und sonstigen Bauwerken gemäß Z2, wenn dadurch zusätzliche schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten sind;
[…]
III.2. Verfahren vor dem Verwaltungsgericht:
Gemäß § 24 Abs.4 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I. 33/2013, kann das Verwaltungsgericht, sofern durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrages von der Durchführung einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art.6 Abs.1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.
Nach § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid […] auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z3) […] zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs.1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
IV. Der Landesverwaltungsgericht Oö. hat erwogen:
IV.1. Vor dem Hintergrund der anhängigen Bewilligungsverfahren ist von primärer Bedeutung im gegenständlichen Anlassfall – wie dies auch an der argumentativ-systematischen Gliederung der Beschwerde zu sehen ist – die Beurteilung der Frage, ob der Betrieb eines Tierheims eines Sonderwidmung nach § 30 Abs.3 Oö. ROG 1994 bedarf oder nicht. Dazu ist grundsätzlich Folgendes festzuhalten:
Der Gesetzgeber geht vom Erfordernis einer Sonderwidmung dann aus, wenn (hier unstrittig) Flächen des Grünlandes nicht für die Land- und Forstwirtschaft bestimmt sind und nicht zum Ödland gehören.
Unter Land- und Forstwirtschaft iSd gesetzlichen Definition bzw. unter land- und forstwirtschaftlicher Nutzung [arg.: „… nicht für die Land- und Forstwirtschaft bestimmt …“] ist nach stRsp des VwGH nicht jede land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit im technischen Sinn zu verstehen, sondern ist damit vielmehr eine planvolle, grundsätzlich auf die Erzielung von Einnahmen gerichtete nachhaltige Tätigkeit gemeint, die zumindest die Annahmen eine nebenberuflichen landwirtschaftlichen Betriebes rechtfertigt (vgl. VwGH vom 13.12.2011, 2008/05/0193).
Es ist also vorab zu prüfen, ob überhaupt ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb vorliegt. Allein die im Vorbringen der Bf angeführte (zweifelsfrei materiell der landwirtschaftlichen Urproduktion zuzurechnende) Tätigkeit der Gewinnung von Futter und Einstreumaterial für den Eigenbedarf reicht per se dafür jedenfalls nicht aus. Das Vorliegen einer land- und forstwirtschaftlichen Nutzung ist streng an Hand des erforderlichen Betriebskonzeptes zu prüfen (vgl. zuletzt VwGH vom 21.03.2014, 2012/06/0213).
An die hiefür maßgeblichen Kriterien ist ein strenger Maßstab anzulegen, weil verhindert werde soll, dass die Bestimmungen über die Flächenwidmung dadurch umgangen werden, dass jemand lediglich einem Hobby und nicht einer zumindest nebenberuflichen landwirtschaftlichen Tätigkeit nachgeht und auf diese Weise die für die Landwirtschaft vorgesehenen Flächen zersiedelt (vgl. VwGH vom 19.01.2010, 2009/95/0079). Um an dieser Stelle allfällige Missverständnissen vorzubeugen sei klargestellt, dass das erkennende Gericht die Agenden des Tierschutzes nicht als Hobby iSd höchstgerichtlichen Diktion versteht, sondern dieser Begriff lediglich der (Negativ-)Definition eines Betriebes dient. Im Ergebnis konsequent holt der Gesetzgeber daher „atypische“ Grünlandnutzungen auch wieder aus dieser Begriffsdualität, indem er eben auszuweisende Sonderwidmungen der klassischen Grünlandwidmung gleichstellt.
Ohne noch auf fachlich detaillierte Beweisergebnisse im Ermittlungsverfahren einzugehen, ist in diesem Zusammenhang aber auch klar festzuhalten, dass sich die Haltung von Tieren im Rahmen eines Tierheims grundlegend von jener im Zuge der landwirtschaftlichen Urproduktion unterscheidet. Stehen bei letzterer die Gewinnung von tierischen Produkten oder die Agenden der Zucht im Vordergrund, so stellt auf der anderen Seite das Wohlergehen der Tiere den zentralen Aspekt dar. Der fundamentale Unterscheid wird auch durch die von der BH Braunau am Inn vorgelegten Aufstellung der im gegenständliche Tierheim „untergebrachten“ (also schon rein begrifflich nicht „gehaltenen“) Tiere bzw. Tierarten in den Jahre 2012 und 2013 verdeutlicht, da (abgesehen von den ebenfalls versorgten Hasen) Hunde, Katzen, Schildkröten, Meerschweinchen und Sittiche keine landwirtschaftlichen Nutztiere darstellen.
In Verbindung mit den in der Vollziehung des Oö. ROG 1994 entwickelten und in der Judikatur verankerten Faktoren die Qualifikation einer Tätigkeit als eine der Land- und Forstwirtschaft, wie etwa Betriebsgröße, Ertragsaussichten iS von Einkommenskalkulation, etc., kann der Betrieb eines Tierheims einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb nicht begründen, zumal Tätigkeiten wie die Tiervermittlung oder die Abhaltung von Seminaren auch nicht dem landwirtschaftlichen Nebengewerbe zugerechnet werden können.
Letztendlich aber stellt die Bf in ihrem vorgelegten Betriebskonzept die begriffliche Inkongruenz selbst klar, wenn unter Hinweis auf die noch nicht erfolgte Sonderwidmung in eben diesem Konzept die Unterscheidung in „Tierheim“ und „landwirtschaftlichen Betrieb“ für erforderlich erachtet wird.
Diese Unterscheidung ist nach Ansicht des erkennenden Gerichts auch völlig korrekt und hat zur Folge, dass die agrartechnische Beurteilung des landwirtschaftlichen („Rest-“)Betriebes seine verfahrensgegenständliche Bedeutung völlig verliert, da anzunehmen ist, dass auch im Rahmen eines (unstrittigen) land- und forstwirtschaftlichen (Voll-)Betriebes die Führung eines Tierheims davon getrennt zu betrachten und somit einer Sonderwidmung zuzuführen ist. Sollte (hypothetisch) jemand beabsichtigen, auf dem (bislang auch agrarisch genutzten) Geländeteil eines landwirtschaftlichen Anwesens einen Spielplatz zu errichten, stünde das Erfordernis der Ausweisung wohl allgemein außer Frage. Die Grundsatzthematik ist – nur weil die Nutzungsform „Tierheim“ in der der zudem bloß taxativen Aufzählung des § 30 Abs.3 Oö. ROG 1994 nicht aufscheint – im gegenständlichen Fall nicht anders zu beurteilen.
An dieser Stelle zusammenfassend ist also festzuhalten, dass der Betrieb eines Tierheims keine Tätigkeit im Rahmen der Land- und Forstwirtschaft darstellt und daher einer Sonderwidmung bedarf.
IV.2. Zum zweiten zentralen Punkt der Beschwerde, es handle sich bei einem Tierheim um einem unter die Bestimmung des § 30 Abs.6 Oö. ROG 1994 fallenden Betrieb, ist auszuführen, dass selbst bei Zutreffen dieser Annahme für die Bf nicht gewonnen werden kann, da es sich bei dieser Bestimmung um eine Erweiterung der Abs.5 der zitierten Norm handelt, also um eine Regelung der zulässigen Bebauung und Nutzung von Gebäuden im Grünland, und daraus nicht geschlossen werden kann, dass Maßnahmen nach Abs.6 (generell) keiner Sonderwidmung bedürften.
IV.3. Die in der Beschwerde enthaltene Anregung der Aussetzung der ebenfalls anhängigen Verfahren auf Untersagung der geänderten Gebäudenutzung im Zusammenhang mit dem Betrieb des Tierheims ist auf Grund deren zwischenzeitlicher Erledigung obsolet. Eben dies gilt für die beantragte Beischaffung des seinerzeitigen Baubewilligungsaktes aus dem Jahr 1974 zum Zweck der Feststellung der konsentierten Verwendung bzw. Nutzung.
Administrativrechtliche Voraussetzungen stellen im Übrigen keine Vorfragen für verwaltungspolizeiliche Anordnungen dar.
IV.4. Dass die von der belangten Behörde ausgesprochene Untersagung der Gebäudenutzung als Tierheim auf Grund der nicht rechtsverbindlich geklärten Frage des Erfordernisses einer Sonderwidmung rechtswidrig wäre, ist mit der verwaltungspolizeilichen Handlungsverpflichtung ebensowenig in Einklang zu bringen, wie dies bei (hypothetischer) Annahme einer Vorfrage im Zusammenhang mit den Handlungsalternativen des § 38 AVG (der eine eigenständige Beurteilung durch die verfahrensleitende Behörde explizit vorsieht) der Fall wäre.
IV.5. Der unbestrittenen Tatsache, dass die Agenden des Tierschutzes ein öffentliches Anliegen darstellen, kommt in der Interessensabwägung des § 30 Abs.3 Oö. ROG 1994 insoweit keine entscheidende Bedeutung zu, als dadurch ein Interessenspräjudiz geschaffen würde.
Ein solches ist vor dem Hintergrund des Kummulationsprinzips in der österreichischen Rechtsordnung auch in der von der Bezirksverwaltungsbehörde erteilten tierschutzrechtlichen Bewilligung nicht zu sehen.
IV.6. Die Gesetzeswidrigkeit des Flächenwidmungsplans infolge der Versagung einer Sonderwidmung ist schon deshalb nicht anzunehmen, weil – auch wenn die Voraussetzungen für einen entsprechenden Widmungsakt vorliegen – kein Anspruch auf Umwidmung besteht, wenn (wie hier) das Gesetz eine andere Widmung des Grundstücks erlaubt (VfGHSlg 10710/1985).
V. Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass der Betrieb eines Tierheims auf Gst.Nr. 3373, KG. Tannberg, Gemeinde Lochen am See, infolge des Nichtvorliegens der dafür notwendigen Sonderwidmung unzulässig ist. Der entsprechende Bewilligungsantrag war daher abzuweisen.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Markus Kitzberger
Beachte:
Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.
VfGH vom 11. Juni 2015, Zl.: E 799/2015-7
Beachte:
Vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben.
VwGH vom 26.09.2017, Zl.: Ra 2015/05/0065-6