LVwG-600914/2/Bi

Linz, 25.06.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Bissenberger über die Beschwerde des Herrn R. P., S. Straße 8a, P., vertreten durch Herrn H. P., R. 30, H., vom 15. Mai 2015 gegen die mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 21. April 2015, VerkR96-23453-2014, wegen Übertretungen der StVO 1960 verhängten Strafen zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.

Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde abgewiesen und die mit dem in Beschwerde gezogenen Straferkenntnis verhängten Strafen bestätigt.

 

II.

Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer Beträge von 1) und 2) je 10 Euro als Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren zu leisten.

 

III.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Abs.4 VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs.6 Z1 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4   B-VG unzulässig.

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurden über den Beschuldigten wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 24 Abs.1 lit.a iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 und 2) §§ 8 Abs.4 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 Geldstrafen von 1) 40 Euro und 2) 50 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheits­strafen von 1) 18 Stunden und 2) 23 Stunden verhängt sowie ihm gemäß § 64 Abs.1 VStG Verfahrenskostenbeiträge von 1) und 2) je 10 Euro auferlegt. Zugrundegelegt wurde laut Schuldspruch, er habe am 7. November 2014 um 15.02 Uhr den Lkw x in Linz, G. 34,

1) im Bereich des Verbotszeichens „Halten und Parken verboten“ abgestellt und

2) den Gehsteig durch Abstellen eines Fahrzeuges benutzt, obwohl die Benützung von Gehsteigen, Gehwegen und Schutzinseln mit Fahrzeugen aller Art verboten sei und die Ausnahmebestimmungen nach § 8 Abs.4 Z1 bis 3 StVO nicht vorgelegen seien.

 

2. Gegen die Verhängung einer Strafe und deren Höhe sowie die Höhe des Verfahrenskostenbeitrages hat der Beschwerdeführer (in Folge: Bf) fristgerecht Beschwerde gemäß § 7 VwGVG iVm Art.130 Abs.1 Z1 B-VG eingebracht, die   von der belangten Behörde ohne Beschwerdevorentscheidung dem Landes­verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wurde, das darüber gemäß Art.131 B-VG zu entscheiden hat. Die Durchführung einer (nicht beantragten) öffentlichen mündlichen Verhandlung erübrigte sich gemäß § 44 Abs.3 Z2 und 3 VwGVG.

 

3. Der Bf macht im Wesentlichen geltend, der angefochtene Bescheid verletze ihn in subjektiven Rechten aus der Überlegung, dass die Behörde jedenfalls eine Ermahnung nach § 45 Abs.1 auszusprechen gehabt hätte, da die Intensität der Taten geringfügig gewesen sei. Der Schutzzweck der StVO sei im Allgemeinen, den fließenden Verkehr in geordneten Bahnen zu lenken und hiebei die Sicherheit und Flüssigkeit des Verkehrs aufrecht zu erhalten. Durch das kurzfristige Anhalten des Fahrzeuges seien weder Personen behindert oder gefährdet noch die Sicherheit und Flüssigkeit des Verkehrs beeinträchtigt worden. Hinsichtlich des Verschuldens habe er sich in einem entschuldbaren Notstand befunden, sodass gemäß § 45 Abs.1 Z4 VStG eine Ermahnung gerechtfertigt sei. Außerdem entspreche die verhängte Geldstrafe von 110 Euro nicht den gesetzlichen Bestimmungen und der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens dürfe höchstens 10% der verhängten Strafe betragen; im Straferkenntnis seien aber insgesamt 20 Euro verhängt worden, das seien 22,22% der Strafe. Allein deswegen sei das Straferkenntnis rechtswidrig.

Beantragt wird die ersatzlose Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens, in eventu die Erteilung einer Ermahnung, in eventu Herabsetzung der Strafen auf ein tat- und schuldangemessenes Maß.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde.

Aus der Anzeige geht hervor, dass der Bf zur angeführten Zeit von der Anzeigerin beanstandet wurde, weil er den genannten Lkw vor dem Haus G. 34 mit den rechten Rädern auf dem Gehsteig und mit den linken Rädern im Halte- und Parkverbot abgestellt gehabt habe. Dadurch seien der Fußgänger- und der Fahr­zeugverkehr behindert worden. Der Bf hat sich laut Anzeige damit verantwortet, er habe einige Kartons mit Sektflaschen zum dortigen Juwelier liefern müssen.

Diese Sachverhaltsfeststellung hat der Bf nie bestritten.

 

Die Anzeigerin hat bei ihrer Zeugeneinvernahme am 23. Februar 2015 vor der Landespolizeidirektion ausgesagt, die Ladetätigkeit beim Juwelier, wo der Bf offensichtlich mehrere Kartons zugestellt habe, habe sicher länger gedauert als die von ihm eingewendeten 1 bis 2 Minuten. Überdies befinde sich in der Nähe, nämlich in der D.gasse, eine Ladezone. Der Bf habe durch seine Abstellweise den Fußgänger- und den Fahrzeugverkehr behindert, insbesondere den Linienverkehr der L. AG.

Die Dauer der Ladetätigkeit hat der Bf damit bestritten, die Mitarbeiter des Juweliers hätten beim Ausladen mitgeholfen und fahrplanmäßig habe kein Bus zu dieser Zeit verkehrt.

 

Das Landesverwaltungsgericht hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

Gemäß § 45 Abs.1 Z4 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.    

 

Der G. ist sowohl hinsichtlich seiner Frequentierung mit Fahrzeugen als auch durch Fußgänger als eine der Hauptverkehrsadern quer durch das Zentrum von L. anzusehen, wobei die Fahrbahnbreite im Bereich des Übertretungsortes lediglich 5 m beträgt und der G. eine Straße mit Gegenverkehr ist, auf der die Buslinien 26 und 27 auch am Freitag-Nachmittag in kurzen Intervallen verkehren. Aufgrund der Nähe zum T.markt, zum P.platz, zum H.platz und zur P. ist der Fußgängerverkehr massiv, speziell am Freitag-Nachmittag und wegen der dortigen Geschäfte und Bushaltestellen.

Die bereits in der Anzeige enthaltene Aussage der Anzeigerin, der halb auf dem Gehsteig und halb auf der Fahrbahn abgestellte Lkw habe sowohl den Fahrzeug- als auch den Fußgängerverkehr behindert, wobei die Ladetätigkeit sicher länger als 1 bis 2 Minuten gedauert habe, ist daher nach der allgemeinen Lebens­erfahrung durchaus glaubhaft, auch wenn Mitarbeiter des Juweliers mitgeholfen haben sollten. Dass Ladetätigkeit weder vom Halteverbot ausge­nommen noch im § 8 Abs.4 StVO enthalten ist, hat der Bf wohl übersehen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob durch das Verhalten des Bf tatsächlich ein Linienbus konkret behindert wurde, weil die bloße Gefahr der Beeinträchtigung bereits ausreicht –eine Fahrbahnbreite von nur 5m ermöglicht ein Ausweichen, so es für einen Linienbus überhaupt möglich ist, nur unter massiver Behinderung des Gegenverkehrs.

 

Auf dieser Grundlage vermag das Landesverwaltungsgericht weder die Voraussetzungen des § 45 Abs.1 Z4 VStG, insbesondere eine geringe Bedeutung des Rechtsguts Verkehrssicherheit und ein geringfügiges Verschulden des – zweifellos vorsätzlich handelnden – Bf, als gegeben zu erkennen noch ist dessen in der Beschwerde angeführtes Argument, er habe aus „entschuldbarem Notstand“ heraus gehandelt, als gerechtfertigt zu erachten.

Gemäß § 6 VStG ist eine Tat ua nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt ist. Unter Notstand im Sinne des § 6 VStG kann nur ein Fall der Kollision von Rechten und Pflichten verstanden werden, in dem jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und allein dadurch retten kann, dass er eine im allgemeinen strafbare Handlung begeht; es muss sich um eine unmittelbar drohende Gefahr für das Leben, die Freiheit oder das Vermögen handeln (vgl VwGH 23.10.1998, 98/02/0331, uva).

Welche unmittelbare Gefahr dem Bf gedroht hätte, hat er verabsäumt darzulegen und ist auch aus den Umständen nicht erkennbar, dass eine Verbringung der Sektflaschen von der Ladezone aufgrund irgendwelcher Überlegungen nicht zumutbar gewesen wäre. Bequemlichkeit und organisatorischer Zeitmangel sind als Argument für eine Notstandssituation nicht geeignet.

 

Zur Strafhöhe ist zu sagen, dass bei laut glaubwürdiger Anzeige tatsächlicher Behinderung des Verkehrs Geldstrafen von 40 bzw 50 Euro bei einem Strafrahmen bis zu 726 Euro angemessen sind. Ungünstige finanzielle Verhältnisse hat der Bf nicht geltend gemacht oder gar belegt. Mildernd war kein Umstand, zumal der Bf eine nicht einschlägige und noch nicht getilgte Vormerkung nach der StVO aus dem Jahr 2011 aufweist. Insgesamt vermag das Landesverwaltungsgericht keine Überschreitung des der belangten Behörde bei der Strafbemessung zukommenden Ermessensspielraumes zu erkennen.

 

Zu den Verfahrenskosten ist zu sagen, dass gemäß § 64 Abs.2 VStG der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz mit 10% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit 10 Euro zu bemessen ist. Dabei sind nicht alle Punkte eines Straferkenntnisses zusammenzurechnen, sondern jeder Punkt einzeln zu sehen. Daraus ergibt sich rechnerisch ein Betrag von insgesamt 20 Euro, dh auch hier ist die vom Bf behauptete Rechtswidrigkeit nicht nachzuvollziehen. Damit besteht kein Anhaltspunkt für eine Strafherabsetzung und war auf dieser Grundlage spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Zu II.:

 

Gemäß § 52 Abs.1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat. Gemäß Abs.2 ist dieser Betrag für das Beschwerdeverfahren mit 20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit zehn Euro zu bemessen.

 

 

Zu III.:

 

Die ordentliche Revision des Beschwerdeführers ist auf der Grundlage des § 25a Abs.4 VwGG nicht zulässig – gemäß dieser Bestimmung ist eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs.6 Z1 B-VG) nicht zulässig, wenn in einer Verwaltungs­strafsache 1. eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und 2. im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu 400 Euro verhängt wurde.

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs.4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde/der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Mag. Bissenberger