LVwG-600886/2/KH
Linz, 18.06.2015
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Maga. Katja Hörzing über den Antrag des Herrn M. F., P. 99, P., vom 18. Mai 2015 auf Bewilligung von Verfahrenshilfe durch Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers im Verfahren betreffend das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf vom 17. April 2015,
GZ: VerkR96-3155-2015, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) den
B E S C H L U S S
gefasst:
I. Der Antrag wird gemäß § 40 Abs. 1 iVm § 31 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) abgewiesen.
II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Der Bezirkshauptmann von Kirchdorf hat mit Straferkenntnis vom
17. April 2015, GZ: VerkR96-3155-2015, über Herrn M. F. (den nunmehrigen Antragsteller) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 82 Abs. 2 iVm § 99 Abs. 3 lit. c Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) eine Geldstrafe in der Höhe von 100 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 48 Stunden, verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 Euro vorgeschrieben. Dem Antragsteller wurde darin vorgeworfen, ein Kraftfahrzeug ohne Kennzeichentafel zu der angeführten Tatzeit am angeführten Tatort abgestellt zu haben, ohne dafür eine Bewilligung von der Behörde besessen zu haben.
Das Straferkenntnis wurde dem Antragsteller laut Rückschein am 20. April 2015 zugestellt.
Mit E-mail vom 18. Mai 2015 beantragte der Antragsteller beim Bezirkshauptmann von Kirchdorf innerhalb der Beschwerdefrist die Bewilligung von Verfahrenshilfe. Gründe für diesen Antrag wurden darin nicht vorgebracht.
Der Bezirkshauptmann von Kirchdorf legte den Verfahrenshilfeantrag unter Anschluss des Bezug habenden Verwaltungsstrafaktes mit Schreiben vom 18. Mai 2015 dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (Einlangen: 20. Mai 2015) zur Entscheidung vor.
II. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat nach Einsichtnahme in den übermittelten Verwaltungsstrafakt Folgendes erwogen:
Gemäß § 40 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) hat das Landesverwaltungsgericht auf Antrag des Beschuldigten zu beschließen, dass diesem ein Verteidiger beigegeben wird, wenn dieser außer Stande ist, ohne Beeinträchtigung des für ihn und Personen, für deren Unterhalt er zu sorgen hat, zu einer einfachen Lebensführung notwendigen Unterhaltes die Kosten der Verteidigung zu tragen, soweit dies im Interesse der Rechtspflege, insbesondere einer zweckentsprechenden Verteidigung, erforderlich ist.
§ 40 Abs. 4 VwGVG normiert Folgendes: Hat der Beschuldigte innerhalb der Beschwerdefrist die Beigebung eines Verteidigers beantragt, so beginnt für ihn die Beschwerdefrist mit dem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Beschluss über die Bestellung des Rechtsanwalts zum Verteidiger und der anzufechtende Bescheid diesem zugestellt sind. Wird der rechtzeitig gestellte Antrag auf Beigebung eines Verteidigers abgewiesen, so beginnt die Beschwerdefrist mit der Zustellung des abweisenden Beschlusses an den Beschuldigten zu laufen.
Der Antrag auf Verfahrenshilfe wurde vom Antragsteller innerhalb der Beschwerdefrist und somit gemäß § 40 Abs. 4 VwGVG rechtzeitig gestellt.
Das Recht auf Beigabe eines Verfahrenshilfeverteidigers ist an zwei Bedingungen geknüpft, welche kumulativ erfüllt sein müssen: Neben den eingeschränkten finanziellen Verhältnissen des Antragsstellers verlangt das Gesetz die Erforderlichkeit der (kostenlosen) Beistellung eines Verteidigers im Interesse der Rechtspflege, insbesondere im Interesse einer zweckentsprechenden Verteidigung.
§ 40 VwGVG ist die Nachfolgebestimmung des § 51a Verwaltungsstraf-
gesetz 1991 (VStG). Diese Bestimmung ist bezüglich der Voraussetzungen zur Gewährung von Verfahrenshilfe faktisch inhaltsgleich in das VwGVG übernommen worden. Somit kann diesbezüglich auf die einschlägige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zurückgegriffen werden. Dieser hat zu § 51a Abs. 1 VStG beispielsweise im Erkenntnis vom 26. Jänner 2001, 2001/02/0012, ausgesprochen, dass als Gründe für die Beigebung eines Verteidigers besondere Schwierigkeiten der Sach- oder Rechtslage, besondere persönliche Umstände des Beschuldigten und die besondere Tragweite des Rechtsfalles für die Partei (etwa die Höhe der drohenden Strafe) zu berücksichtigen seien, wobei die Beigabe eines Verfahrenshilfeverteidigers jedoch nur dann vorgesehen ist, wenn beide genannten Voraussetzungen (unzureichende finanzielle Verhältnisse und Interessen der Rechtspflege) kumulativ vorliegen.
Hinsichtlich der Voraussetzung, dass die Beistellung eines Verfahrenshilfeverteidigers im Interesse der Rechtspflege geboten sein muss, ist demnach zu prüfen, ob die Komplexität der Sach- und Rechtslage oder das Ausmaß der verhängten Strafe die Beigebung eines Verteidigers erfordern. Geht es um die Beurteilung einfach gelagerter Sachverhalte und stehen keine wesentlichen Rechtsfragen zur Entscheidung an, ist das Vorliegen eines Interesses der Rechtspflege zu verneinen.
Weiters ist darauf hinzuweisen, dass für das Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht kein Anwaltszwang besteht. Das Landesverwaltungsgericht ist gemäß § 13a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) iVm § 24 VStG von Gesetzes wegen verpflichtet, jenen Personen, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten sind, die zur Vornahme ihrer Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen zu geben. Daraus ergibt sich, dass die Beigabe eines Verteidigers für das Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht nur in jenen Ausnahmefällen zu bewilligen ist, in denen es die Erwerbsfähigkeit des Beschuldigten, seine Vermögenssituation, die Komplexität der Rechtssache und die Höhe der drohenden Strafe erfordern.
Im vorliegenden Fall wurde eine Geldstrafe von 100 Euro bei einem Strafrahmen von 726 Euro verhängt, da ein Kraftfahrzeug ohne Kennzeichentafel zu der angeführten Tatzeit am angeführten Tatort ohne Bewilligung der Behörde abgestellt worden sei. Die verhängte Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafe lässt nicht erwarten, dass damit für den Antragsteller eine besondere Tragweite des Falles verbunden wäre. Die Aktenlage zeigt eindeutig, dass weder der zugrundeliegende Sachverhalt noch die sich daran knüpfenden Rechtsfragen besonders komplex sind, noch eine besondere Tragweite des Rechtsfalles vorliegt.
Da somit im konkreten Fall die Tatbestandsvoraussetzung des Vorliegens des Interesses der Rechtspflege gemäß § 40 Abs. 1 VwGVG nicht vorliegt, zur Gewährung von Verfahrenshilfe jedoch beide Tatbestände des § 40 Abs. 1 VwGVG kumulativ vorliegen müssen, waren die persönlichen Verhältnisse des Antragstellers, zu denen er weder im Verfahren nach Aufforderung durch die Behörde noch in seinem Antrag auf Verfahrenshilfe Angaben gemacht hat, als weitere Voraussetzung nicht mehr zu prüfen.
Der Antrag auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers war daher abzuweisen.
Da der Antragsteller offensichtlich bisher nur einen Antrag auf Verfahrenshilfe gestellt hat, beginnt die vierwöchige Beschwerdefrist gemäß § 40 Abs. 4 VwGVG mit der Zustellung dieses Beschlusses an ihn zu laufen.
II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Hinsichtlich der bereits ergangenen Rechtsprechung wird auf eindeutige und umfangreiche Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Vorgängerbestimmung des § 40 VwGVG - auf § 51a VStG - verwiesen.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Maga. Katja Hörzing