LVwG-800102/9/Re/TO
Linz, 02.07.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Dr. Werner Reichenberger über die Beschwerde des Herrn S A, x, x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 21. August 2014, GZ: BZ-Pol-10025-2014, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung (GewO) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 3. Juni 2015
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungs-strafverfahren gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 1 VStG eingestellt.
II. Der Beschwerdeführer hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde (§ 66 Abs. 1 VStG) noch einen Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren (§ 52 Abs. 8 VwGVG) zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. 1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom
21. August 2014, GZ: BZ-Pol-10025-2014, wurde über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 366 Einleitungssatz Abs. 1 Z 1 GewO iVm §§ 1, 5, 94 Z 43/2 und 339 GewO 1994, BGBl. Nr. 194 idgF, eine Geldstrafe in Höhe von 300 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 28 Stunden, verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 30 Euro vorgeschrieben.
Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:
„Zumindest am 19.02.2014, um 09.48 Uhr (Überprüfungszeitpunkt durch Organe der Finanzpolizei Team 46), haben Sie in der Garage des Wohnhauses (Liegenschaft x, x) umfangreiche Reparaturarbeiten (zum oa. Kontrollzeitpunkt wurde gerade an einem Fahrzeug der Motor gewechselt; in der Garage war umfangreiches Werkzeug vorhanden!) durchgeführt und dabei das (reglementierte) Gewerbe ‚Kraftfahrzeugtechnik‘ (‚Verbundenes Handwerk‘ - § 94 Z 43 2. Begriff GewO 1994) gewerbsmäßig (selbstständig, regelmäßig und in der Absicht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen) ausgeübt, ohne im Besitz einer entsprechenden gewerberechtlichen Bewilligung (gewesen) zu sein.“
In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges zusammengefasst aus, dass die im Spruch beschriebene Verwaltungsübertretung aufgrund des angeführten Sachverhaltes - Anzeige der Finanzpolizei Team 46, Stellungnahme der Finanzpolizei Team 46 und Stellungnahme der Dienststelle Gewerbe- und Wasserrecht des Magistrates Wels - als erwiesen anzusehen sei.
Zur Strafbemessung wurde angeführt, dass der Bf unbescholten sei und dies strafmildernd berücksichtigt worden sei. Die verhängte Verwaltungsstrafe befinde sich bei einem Strafrahmen bis zu 3.600 Euro im untersten Bereich.
2. Dagegen wurde vom Bf rechtzeitig Beschwerde eingebracht und begründend angeführt:
„Ich, S A, übermittle Ihnen hiermit die Beschwerde bezüglich Ihres Schreibens vom 21.08.2014, mit welchem Sie die Festsetzung einer Strafe über Euro 300,00 gemäß § 366 Einleitungssatz Abs. 1 Z 1 GewO 1994 angekündigt haben.
Die Festsetzung der Strafe soll deshalb erfolgen, weil ich am 19.02.2014 um 09:48 Uhr in der Garage meines Wohnhauses, S, W, umfangreiche Reparaturarbeiten durchgeführt habe und dabei anscheinend das Gewerbe ‚Kraftfahrzeugtechnik‘ gewerbsmäßig ausgeübt habe, ohne im Besitz einer entsprechenden gewerberechtlichen Bewilligung zu sein.
Ich habe am besagten Tag am Fahrzeug, welches im Eigentum meines Sohnes, A H, steht, gearbeitet. Diese Reparaturarbeiten wurden jedoch nicht, wie von Ihnen angenommen, gewerbsmäßig ausgeübt.
Gemäß § 1 Abs. 2 GewO wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen.
Ich habe meinem Sohn beim reparieren bzw. basteln an seinem Fahrzeug geholfen. Zum Überprüfungszeitpunkt durch Organe der Finanzpolizei/Team 46 war mein Sohn gerade Ersatzteile kaufen, dies habe ich den Organen der Finanzpolizei auch mitgeteilt. Dieser Einkauf erfolgte auf seiner Rechnung.
Zudem wurden die Reparaturarbeiten nicht in Ertragsabsicht durchgeführt.
Ich wollte meinem Sohn lediglich helfen, hierfür habe ich auch nichts verlangt, da das Helfen meines Sohnes für mich selbstverständlich ist und auf keine Ertragsabsicht abgezielt war. Diese Hilfe war Hilfe im Sinne der Hilfsbereitschaft, welches meiner Ansicht nach normalerweise in einer Familie vorhanden sein sollte.
Ich sehe es als selbstverständlich, dass ich in meiner Garage Werkzeug herumliegen habe. Ihre Anschuldigung ‚umfangreiches Werkzeug‘ ist absurd, da jeder Mann nunmal Werkzeug in der Garage hat.
Wenn dies für Sie als umfangreiches Werkzeug gilt, dann stellt sich für mich die Frage, ob das Besitzen von umfangreichen Besteck, Töpfen oder Bekleidung auch einer Gewerbebewilligung bedarf.
Zudem ist am Standort, x, x, das Gewerbe ‚Handelsgewerbe und Handelsagenten‘ auf mich als Gewerbeinhaber angemeldet. Gemäß § 32 Abs. 1 Z 6 GewO stehen mir die folgenden Nebenrechte des Kfz-Handels zu: § 32 Abs. 1 Z 6 GewO: Gewerbetreibenden stehen auch folgende Rechte zu: das Aufstellen, die Montage, der Austausch schadhaft gewordener Bestandteile, die Nachfüllung von Behältern, das Anbringen von Zubehör und die regelmäßige Wartung der hergestellten, verkauften oder vermieteten Gegenstände.
Somit brauche ich dieses Werkzeug, welches aus etlichen Schraubenziehern, Zangen, Gabelschlüssel, Ratsche, usw. besteht, auch für die Service- und Wartungsarbeiten an den von mir gehandelten Autos.
Auf Grund dieser Tatsachen liegt einerseits keine unbefugte Gewerbeausübung vor und andererseits besteht keine Grundlage zur Verhängung einer Strafe.“
3. Mit Schreiben vom 15. Oktober 2014 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsakt dem Oö. Landesverwaltungsgericht vor.
Das Oö. Landesverwaltungsgericht entscheidet gemäß § 2 VwGVG durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.
4. Die Beweisaufnahme erfolgte durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 3. Juni 2015, an welcher der Bf und ein Vertreter der belangten Behörde teilgenommen haben sowie die geladenen Zeugen vernommen wurden.
4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:
Der Bf, geb. x, wohnhaft in W, x, ist Inhaber der Gewerbeberechtigung Handelsgewerbe und Handelsagenten und betreibt in M, x einen Gebrauchtwarenhandel.
Im Zuge einer Kontrolle durch Organe der Finanzverwaltung aufgrund einer Anzeige wegen unbefugter Gewerbeausübung wurde der Bf am 19. Februar 2014 in der Garage des Wohnhauses bei Arbeiten am Pkw seines Sohnes angetroffen. Es wurde der Motor an dem Fahrzeug ausgebaut. Der Bf hat am Wohnsitz zwei Garagen angemietet. Vor dem Haus waren am Kontrolltag zwei Privatautos geparkt, jedoch keine Fahrzeuge vom gewerblichen Handel.
Zu Beginn der Kontrolle war der Sohn, der die Hauptarbeiten geleistet hat, nicht anwesend, da er Ersatzteile für das Fahrzeug besorgt hat. Der Sohn, A H, ist nach dem Einkauf zur Kontrolle dazugekommen und hat auch die Rechnung über den Kauf der Ersatzteile vorgewiesen.
Sowohl der Bf als auch sein Sohn haben schon während der Überprüfung darauf hingewiesen, dass es sich um das Privatfahrzeug des Sohnes handelt und der Bf bei den Arbeiten am Pkw mithilft.
Der Bf hat im Zuge der Kontrolle angegeben, dass er bei den Fahrzeugen, mit denen er handelt, auch Wartungsarbeiten ausführt (z.B. Bremsklötze aus-wechseln).
Der Bf hat für die Arbeit kein Entgelt erhalten.
4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Strafantrag, dem Beschwerdevorbringen sowie dem Vorbringen des Bf in der mündlichen Verhandlung. Die Darstellung der Kontrollsituation im Strafantrag und die Beschreibung der Kontrolle durch den Bf in der mündlichen Verhandlung widersprechen sich nicht und werden auch durch die Befragung des anzeigenden Organs der Finanzpolizei nicht erschüttert.
5. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:
5.1. Gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 GewO begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.
Gemäß § 1 Abs. 2 GewO wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist; hierbei macht es keinen Unterscheid, ob der durch die Tätigkeit beabsichtigte Ertrag oder sonstige wirtschaftliche Vorteil im Zusammenhang mit einer in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fallenden Tätigkeit oder im Zusammenhang mit einer nicht diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeit erzielt werden soll.
Gemäß § 5 Abs. 1 GewO dürfen, soweit dieses Bundesgesetz hinsichtlich einzelner Gewerbe nicht anderes bestimmt, Gewerbe bei der Erfüllung der allgemeinen und der bei einzelnen Gewerben vorgeschriebenen besonderen Voraussetzungen auf Grund der Anmeldung des betreffenden Gewerbes (§ 339) ausgeübt werden.
Gemäß § 32 Abs. 1 Z 1 leg.cit. steht es Gewerbetreibenden zu, alle Vorarbeiten und Vollendungsarbeiten auf dem Gebiet anderer Gewerbe vorzunehmen, die dazu dienen, die Produkte, die sie erzeugen oder vertreiben sowie Dienstleistungen, die sie erbringen, absatzfähig zu machen sowie in geringem Umfang Leistungen anderer Gewerbe zu erbringen, die eigene Leistungen wirtschaftlich sinnvoll ergänzen.
Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss dabei die Eigenart des Betriebes erhalten bleiben. Das bedeutet beispielswiese, dass ein Handelsbetrieb nicht zu einem Reparaturbetrieb oder umgekehrt werden darf. Das Erscheinungsbild des Betriebes muss weiterhin der tatsächlichen Ausübung der Tätigkeiten auf Grund der Gewerbeberechtigung entsprechen. Bei der Ausübung von Rechten gemäß Abs. 1 müssen sowohl der wirtschaftliche Schwerpunkt als auch die Eigenart des Betriebes erhalten bleiben.
Gemäß § 48 VwGVG ist, wenn eine Verhandlung durchgeführt wurde, bei der Fällung des Erkenntnisses nur auf das Rücksicht zu nehmen, was in der Verhandlung vorgekommen ist.
Gemäß § 45 Abs. 2 AVG hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
5.2. Im gegenständlichen Fall wird dem Bf vorgeworfen, er habe am
19. Februar 2014 um 09:48 Uhr das Gewerbe „Kraftfahrzeugtechnik“ (§ 94 Z 43 GewO) gewerbsmäßig, d.h. selbständig, regelmäßig und in der Absicht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, ausgeübt, da er bei Reparaturarbeiten in seiner Garage, die mit entsprechendem Werkzeug ausgestattet ist, angetroffen wurde. Der Bf und dessen Sohn gaben bereits im Zuge der Kontrolle durch die Organe der Finanzverwaltung an, dass es sich hier um Arbeiten am privaten Fahrzeug des Sohnes des Bf handelt, der Reparatur- und Wartungsarbeiten an seinem Kfz in Eigenleistung unter Mithilfe des Bf durchführt.
Zudem wurde vom Bf auch im Zuge der Kontrolle vorgebracht, dass es sich hierbei um eine private Garage handelt.
Aus dem bloßen Umstand - ohne weitere sachverhaltsmäßige Konkretisierung -, dass in einer Privatgarage ausreichend Werkzeug für Reparaturarbeiten vorgefunden wurde, kann noch nicht der verlässliche Schluss auf die Erfüllung der Tatbestandsmerkmale der unbefugten Ausübung des Gewerbes „Kraftfahrzeugtechnik“ im Sinne des § 366 Abs. 1 Z 1 GewO in Ansehung des Merkmales der Regelmäßigkeit und der Absicht, einen Ertrag zu erzielen, gezogen werden. Der Bf hat seinem Sohn, A H, die Garage für die Arbeiten am Pkw zur Verfügung gestellt und bei den Ausbauarbeiten am Motor des Fahrzeuges mitgeholfen. Diese im Rahmen der Familie vorgenommene kurzfristige Hilfeleistung ist als Gefälligkeitsdienst dem Sohn gegenüber anzusehen.
Hauptmotiv für solche Eigenleistungen ist primär der Aspekt der Kostenersparnis.
Insgesamt ist es somit nicht gelungen, die Gewerbeausübung des Bf zweifelsfrei nachzuweisen.
Der Bf hat den ihm im angefochtenen Straferkenntnis zur Last gelegten Tatbestand nicht verwirklicht, weshalb seiner Beschwerde Folge zu geben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.
II. Die Entscheidung über die Verfahrenskosten ist in den zitierten Gesetzesstellen begründet.
III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Reichenberger