LVwG-400087/6/MS
Linz, 23.06.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Dr. Monika Süß über die Beschwerde von Herrn H.M., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. N.N., x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 29. Jänner 2015, GZ. VerkR96-20271-2014, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 3 i.V.m. §§ 6 und 7 Abs. 1 Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 (BStMG),
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, der bekämpfte Bescheid behoben und das Strafverfahren eingestellt.
II. Gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG hat der Beschwerdeführer weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen (im Folgenden: belangte Behörde) vom 29. Jänner 2014, VerkR96-20271-2014, wurde gegen Herrn H.M. (im Folgenden: Beschwerdeführer), x, x, wegen der Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs. 3 i.V.m. §§ 6 und 7 Abs. 1 BStMG eine Geldstrafe von 300 Euro sowie im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 33 Stunden verhängt sowie ein Kostenbeitrag in der Höhe von 30 Euro vorgeschrieben, da dieser als Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges über 3,5 t mit dem Kennzeichen x, in der Gemeinde W., Autobahn x, Richtungsfahrbahn Knoten V., bei km x am 5. Juni 2014, um 10.30 Uhr den Nachweis über die Zuordnung des Fahrzeuges zur erklärten EURO-Emissionsklasse nicht fristgerecht nachgeholt und dadurch die nicht ordnungsgemäße Entrichtung fahrleistungsabhängiger Maut für die Benutzung von Mautstrecken verursacht hat. Das angeführte Fahrzeug wurde am angeführten Ort gelenkt, ohne die fahrleistungsabhängige Maut für mehrspurige Kraftfahrzeuge mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 t ordnungsgemäß zu entrichten.
Begründend führt die belangte Behörde im Wesentlichen aus, aufgrund der Anzeige der ASFINAG sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer die ihm angelastete Verwaltungsübertretung begangen habe.
Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Beschwerdeführer zu Handen seines Rechtsvertreters am 4. Februar 2015 zugestellt worden ist, hat dieser mit Eingabe vom 4. März 2015 (eingebracht mit Fax gleichen Datums) und somit rechtzeitig Beschwerde erhoben und begründend ausgeführt, der Beschwerdeführer habe zum damaligen Zeitpunkt erstmals für sein Wohnmobil eine Go-Box erworben. Er habe die entsprechenden Papiere dabei gehabt und seien in der Vertriebsstelle die notwendigen Einstellungen getätigt worden. Er sei nie belehrt worden, dass er die Emissionsklasse durch Dokumente gegenüber der ASFINAG nachweisen müsse.
Abschließend wurde beantragt, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos zu beheben und das anhängige Strafverfahren einzustellen sowie eine mündliche Verhandlung durchzuführen.
Mit Schreiben vom 9. April 2015 legte die belangte Behörde die ggst. Beschwerde samt Verwaltungsstrafakt dem Oö. Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor. Von der Möglichkeit der Beschwerdevorentscheidung wurde kein Gebrauch gemacht.
Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin.
II. Beweis wurde erhoben durch die Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt aus dem sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt eindeutig ableiten ließ. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG entfallen, da aufgrund der Aktenlage feststand, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.
Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:
Der Beschwerdeführer lenkte am 5. Juni 2014 sein Kraftfahrzeug über 3,5 t (Wohnmobil) mit dem Kennzeichen x in der Gemeinde W. auf der Autobahn x, Richtungsfahrbahn Knoten V. bei km x. Für dieses Fahrzeug ist eine fahrleistungsabhängige Maut zu entrichten.
Der Beschwerdeführer hat am 4. Juni 2014 an der GO-Box-Vertriebsstelle x H. eine GO-Box erworben und auf dieser die EURO-Emissionsklasse 5 hinterlegen lassen. Der ASFINAG wurden innerhalb der 14-tätigen Frist keine Nachweisdokumente übermittelt.
III. Gemäß § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut. Mehrspurige Kraftfahrzeuge, die noch nie zum Verkehr zugelassen waren und ein Probefahrt- oder Überstellungskennzeichen führen, unterliegen der fahrleistungsabhängigen Maut, sofern ihr Eigengewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt. Sofern kein Nachweis des Eigengewichtes erbracht wird, gelten diese Fahrzeuge als solche mit einem Eigengewicht von mehr als 3,5 Tonnen.
Gemäß § 7 Abs. 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass die Kraftfahrzeuglenker ihre Fahrzeuge vor der Benützung von Mautstrecken mit diesen Geräten ausstatten können.
Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG begehen Zulassungsbesitzer, die den Nachweis über die Zuordnung des Fahrzeuges zur erklärten EURO-Emissionsklasse nicht fristgerecht nachholen und dadurch die nicht ordnungsgemäße Entrichtung fahrleistungsabhängiger Maut für die Benützung von Mautstrecken verursachen, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 € bis 3 000 € zu bestrafen.
Gemäß Punkt 5.2.2 Mautordnung ist die Rechtmäßigkeit der verlangten und hinterlegen EURO-Emissionsklasse der ASFINAG grundsätzlich durch geeignete Dokumente nachzuweisen.
Gemäß Punkt 5.2.2.1 der Mautordnung sind die für die Nachweisprüfung erforderlichen Nachweisdokumente binnen 14 Kalendertagen (eingehend), gerechnet ab der Hinterlegung der verlangten EURO-Emissionsklasse an der GO Vertriebsstelle, an die ASFINAG zu übermitteln (Einmeldefrist).
IV. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:
Der Beschwerdeführer benutzte am 5. Juni 2014 mit seinem Kraftfahrzeug über 3,5 t die A x und somit eine mautpflichtige Straße und unterlag somit der fahrleistungsabhängigen Maut.
Mit dem Erwerb der GO-Box und der Hinterlegung der EURO-Emissionsklasse 5 bestand für den Beschwerdeführer die Verpflichtung der ASFINAG binnen 14 Kalendertagen ab Hinterlegung der EURO-Emissionsklasse die erforderlichen Nachweisdokumente zu übermitteln. Dieser Verpflichtung ist der Beschwerdeführer nicht nachgekommen und hat dieser somit den objektiven Tatbestand verwirklicht.
§ 20 Abs. 3 BStMG pönalisiert das Unterlassen des Zulassungsbesitzers fristgerecht den Nachweis über die Zuordnung des Fahrzeuges zur erklärten EURO-Emissionsklasse zu erbringen.
§ 20 Abs. 3 BStMG stellt damit ein echtes Unterlassungsdelikt dar. Tatzeitbeginn ist somit der dem vierzehnten Kalendertag folgende Kalendertag nach der Erklärung der Zugehörigkeit des Wohnmobils des Beschwerdeführers zur bestimmten EURO-Emissionsklasse durch den Zulassungsbesitzer.
Dem Beschwerdeführer stand zur Erfüllung dieser Verpflichtung – wie sich aus Teil B, Pkt. 5.2.2.1 (Seite 46), der Mautordnung zweifelsfrei ergibt – ein Zeitraum von 14 Kalendertagen zur Verfügung, sodass im gegenständlichen Fall ein deliktisches Verhalten frühestens erst ab dem 20. Juni 2014 vorgelegen sein konnte.
Dieser Umstand kann jedoch weder dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses – vielmehr heißt es dort lediglich: „Tatzeit: 5. Juni 2014, 10:30 Uhr“ – noch dessen Begründung entnommen werden.
Dadurch wurde dem Beschwerdeführer eine Verwaltungsübertretung zu einem Zeitpunkt zur Last gelegt, zu dem ein strafbares Verhalten zweifelsfrei (noch) nicht vorlag, und erweist sich daher das angefochtene Straferkenntnis aus diesem Grund als rechtswidrig.
V. Daher war der Beschwerde stattzugeben, das bekämpfte Straferkenntnis zu beheben und das Strafverfahren einzustellen.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Dr. Monika Süß