LVwG-410559/5/HW

Linz, 10.06.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter         Mag. Dr. Wiesinger über die Beschwerde der A. GmbH, x, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. F. M.  gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 28. Jänner 2015, VStV/914301365917/2014, wegen einer Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz (mitbeteiligte Partei: Finanzamt Grieskirchen-Wels) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

 

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.   Aus Anlass der Beschwerde wird gemäß § 50 VwGVG der Beschlagnahmebescheid vom 28. Jänner 2015 adressiert an die A. GmbH aufgehoben.

 

II.  Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Verfahrensgang/Sachverhalt:

Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 22. Jänner 2015, adressiert an die K. GmbH, wurde wie folgt abgesprochen:

„Gemäß § 53 Abs. 1 Zi. 1 lit. a Glücksspielgesetz BGBl.Nr. I 73/2010 wird von der Landespolizeidirektion Oberösterreich - Polizeikommissariat Wels zur Sicherung der Einziehung die Beschlagnahme der vorläufig beschlagnahmten Glücksspielgeräte samt darin befindlichem Geld

mit der Gehäusebezeichnung

1.         Kajot, Nr. x,

2.         keine Bezeichnung, Nr. x, und

3.         6 Stück zu den beschlagnahmten Geräten gehörende Schlüssel,

angeordnet.“

 

In der Begründung dieses an die K. GmbH adressierten Beschlagnahmebescheides vom 22. Jänner 2015 wurde unter anderem folgendes ausgeführt:

 

„Der Eigentümer hat das alleinige Recht mit der Sache nach Belieben zu schalten und zu walten und jeden Dritten davon auszuschließen. Die gegenständlichen Glücksspielgeräte sind entsprechend dieser Definition Ihnen rechtlich zuzuordnen und Sie sind somit zweifelsfrei Eigentümer dieser Glücksspielgeräte, da Sie die beliebige Verfügungsgewalt über diese Glücksspiel gerate haben.“

 

Dieser Beschlagnahmebescheid vom 22. Jänner 2015 wurde unter anderem bereits am 26. Jänner 2015 an die K. GmbH und an die M. G. GmbH, welche Inhaberin der Geräte ist, zugestellt.

 

I.2. Die belangte Behörde erstellte weiters einen mit 28. Jänner 2015 datierten und an die Bf adressierten Beschlagnahmebescheid, wobei sowohl der Spruchtext als auch der Begründungstext wörtlich dem Beschlagnahmebescheid vom
22. Jänner 2015 entsprechen. Dieser mit 28. Jänner 2015 datierte Beschlagnahmebescheid wurde am 5. Februar 2015 an die beschwerdeführende Partei (kurz „Bf“) zugestellt.

 

Der mit 28. Jänner 2015 datierte Beschlagnahmebescheid wurde deshalb erlassen, weil mit Eingabe vom 5. Jänner 2015 der Rechtsvertreter der Bf bekannt gab, dass die Bf Eigentümerin der in den Geräten befindlichen Banknotenlesegeräte wäre. Dieses Schreiben wurde – wie sich aus einem Aktenvermerk vom 28. Jänner 2015 ergibt – aber erst nach Erlassung des Beschlagnahmebescheides vom 22. Jänner 2015 dem Beschlagnahmeakt zugeordnet.

 

I.3. Am 19. Februar 2015 brachten die K. GmbH und die M. G. GmbH Beschwerde gegen den Beschlagnahmebescheid vom 22. Jänner 2015 ein, am 4. März 2015 brachte die Bf eine Beschwerde gegen den Beschlagnahmebescheid vom 28. Jänner 2015 ein.

 

I.4. Mit Schreiben vom 10. März 2015 übermittelte die belangte Behörde unter gleichzeitiger Vorlage der Beschwerden den bezughabenden Verwaltungsakt. In der mündlichen Verhandlung erklärte der Vertreter der belangten Behörde, dass beabsichtigt gewesen sei, den gleichen Beschlagnahmebescheid nochmals zuzustellen und nicht daran gedacht war, zwei verschiedene Beschlagnahmebescheide zu erlassen.

 

I.5. Beweiswürdigung/ rechtliche Erwägungen

Der unter Punkten I.1. bis I.4. festgestellte Sachverhalt bzw. dargestellte Verfahrensablauf ergibt sich widerspruchsfrei aus dem Akteninhalt.

 

I.6. In rechtlicher Hinsicht ist folgendes auszuführen:

 

I.6.1. Gemäß § 53 Abs 1 Z 1 lit a) Glücksspielgesetz (GSpG, BGBl 620/1989, zuletzt geändert durch BGBl I 105/2014) kann die Behörde die Beschlagnahme von Glücksspielautomaten, sonstigen Eingriffsgegenständen und technischen Hilfsmitteln anordnen, und zwar sowohl wenn der Verfall als auch wenn die Einziehung vorgesehen ist, wenn der Verdacht besteht, dass mit Glücks­spielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG verstoßen wird.

 

I.6.2. Im vorliegenden Fall wurde die Beschlagnahme der gegenständlichen Geräte durch zwei unterschiedliche (nicht idente) Beschlagnahmeentscheidungen ausgesprochen. Die beiden Bescheide unterscheiden (widersprechen) sich nicht nur beim angeführten (Bescheid-)Datum, sondern auch bei der funktionalen Zuordnung der jeweiligen Bescheidadressaten zum Personenkreis des § 53 Abs. 3 GSpG. Während nämlich im an die K. GmbH adressierten Bescheid vom
22. Jänner 2015 diese als Eigentümerin der verfahrensgegenständlichen Geräte festgestellt wird („Sie sind somit zweifelsfrei Eigentümer dieser Glücksspielgeräte“), geht die belangte Behörde beim an die Bf adressierten Bescheid vom 28. Jänner 2015 davon aus, dass die Bf Eigentümerin der Geräte ist („Sie sind somit zweifelsfrei Eigentümer dieser Glücksspielgeräte“). Da sich das Wort „Sie“ in der Begründung der Bescheide jeweils auf den Adressaten des jeweiligen Bescheides bezieht, stehen die Begründungen der beiden Bescheide (aufgrund der verschiedenen angeführten Adressaten) im Ergebnis miteinander in Widerspruch.

 

I.6.3. Der Verwaltungsgerichtshof geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass im Mehrparteienverfahren ein Bescheid durch seine Zustellung an (nur) eine Partei des Verfahrens bereits als „erlassen“ gilt (vgl. etwa VwGH 27.4.2012, 2011/17/0313). Da der Bescheid vom 22. Jänner 2015 bereits am 26. Jänner 2015 an die Inhaberin der Geräte und an die Adressatin K. GmbH zugestellt (erlassen) wurde, erfolgte die „rechtswirksame Beschlagnahmeanordnung in Bescheidform“ (vgl. VwGH 15.9.2011, 2011/17/0112) der Geräte somit chronologisch betrachtet erstmals durch den Beschlagnahmebescheid vom 22. Jänner 2015.

 

I.6.4. Mit der in weiterer Folge gegenüber der Bf ergangenen (mit dem vorhergehenden Bescheid nicht identen – siehe dazu bereits oben Punkt I.6.2.) Beschlagnahmeentscheidung vom 28. Jänner 2015 wurde seitens der belangten Behörde hinsichtlich dieser Geräte somit die rechtswirksame bescheidförmige Beschlagnahmeanordnung vom 22. Jänner 2015 im Ergebnis inhaltlich abgeändert.

 

Vom UVS Oberösterreich wurde in der Entscheidung vom 14.08.2013, VwSen-740249/3/AL/HUE, ausgesprochen, dass eine amtswegige Abänderung einer bereits einmal erlassenen rechtswirksamen Beschlagnahmeanordnung in Bescheidform ausschließlich bei Vorliegen einer speziellen gesetzlichen Grundlage zulässig sei und mangels einer solchen gesetzlichen Grundlage ein einmal mit rechtswirksamer bescheidförmiger Beschlagnahmeanordnung beschlagnahmter Gegenstand nicht erneut durch einen weiteren Bescheid beschlagnahmt werden könne: Diese „Sperrwirkung“ einer einmal gegenüber einer Partei nach § 53 Abs. 3 GSpG erlassenen bescheidförmigen Beschlagnahmeanordnung ergebe sich, so der  UVS Oberösterreich, schon allein aus dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung und damit der sofortigen Rechtswirksamkeit (Vollstreckbarkeit) der Beschlagnahme und werde nicht zuletzt durch die quasi-dingliche Wirkung und der damit verbundenen – über den Bescheidadressaten hinausgehenden – Rechtswirkung dieses Bescheides für andere Personen, denen ebenfalls Rechte an der beschlagnahmten Sache zustehen, bekräftigt, zumal ein Gegenstand naturgemäß nur ein einziges Mal beschlagnahmt werden könne.

 

Für die Auffassung des UVS Oberösterreich spricht nach Ansicht des erkennenden Gerichts auch § 53 Abs. 3 GSpG, der offenbar von einem einzigen Beschlagnahmebescheid, der gegebenenfalls mehreren Parteien zuzustellen ist, ausgeht („das Verfahren zur Erlassung des Beschlagnahmebescheides“).

 

I.6.5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht daher im Anschluss an die Rechtsansicht des UVS Oberösterreich in der Entscheidung vom 14.08.2013, VwSen-740249/3/AL/HUE, davon aus, dass aus Anlass der Beschwerde der Bf die angefochtene Beschlagnahmeentscheidung vom 28. Jänner 2015 mangels  bestehender Rechtsgrundlage aufzuheben ist. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Der Vollständigkeit halber sei aber darauf hingewiesen, dass die im Spruch der gegenständlich bekämpften Entscheidung genannten Gegenstände bereits durch den Bescheid 22. Jänner 2015 beschlagnahmt wurden und die vorliegende Entscheidung somit nichts an der Tatsache ändert, dass die in Rede stehenden Gegenstände bescheidförmig beschlagnahmt wurden (vgl. bereits UVS Oberösterreich 14.08.2013, VwSen-740249/3/AL/HUE).

 

 

 

 

 

Zu II. Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist zulässig, da – soweit ersichtlich – keine höchstgerichtliche Judikatur zu der Frage vorliegt, ob grundsätzlich nur eine einzige rechtswirksame Beschlagnahmeanordnung in Bescheidform gemäß § 53 GSpG erlassen werden kann (welche gegebenenfalls mehreren Personen zuzustellen ist).

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer ordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Dr. Wiesinger