LVwG-350132/10/GS/BZ

Linz, 11.06.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag.a Gabriele Saxinger über die Beschwerde des Herrn A. B., geb. x, x, gegen den Bescheid vom 24. Jänner 2015, GZ 3.01-ASJF, des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz betreffend Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs gemäß Oö. Mindestsicherungsgesetz (Oö. BMSG),  

 

zu Recht  e r k a n n t:

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I.1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz (im Folgenden: belangte Behörde) vom 24. Jänner 2015, GZ 3.01-ASJF, wurde dem Antrag des Beschwerdeführers (im Folgenden: Bf) auf bedarfsorientierte Mindestsicherung keine Folge gegeben. Begründend wird ausgeführt, dass der Bf seit 14.7.2014 in L. als obdachlos amtlich gemeldet gewesen sei. In der Zeit vom 2.9.2014 bis 20.11.2014 wäre er in der x, bei Frau O. G. hauptwohnsitzlich gemeldet gewesen. Seit 25.11.2014 sei der Bf wieder obdachlos gemeldet. In der Zeit vor dem 14.7.2014 hätte er keinerlei Wohnsitz in Österreich gemeldet gehabt. Da der Bf über keine Sozialversicherungsnummer in Österreich verfüge, sei davon auszugehen, dass er bisher in Österreich nicht gearbeitet hätte. Er sei beim AMS als arbeitssuchend vorgemerkt. Ein Anspruch auf eine Sozialversicherungsnummer würde ihm aus dieser Vormerkung nicht erwachsen. Aufgrund der Tatsache, dass der Bf bisher in Österreich seit der Meldung am 14.7.2014 offenbar weder über ausreichende Existenzmittel und einen Schutz aus einer Krankenversicherung, noch über einen ordentlichen Wohnsitz verfüge, ist die belangte Behörde davon ausgegangen, dass der derzeitige Aufenthalt des Bf in Österreich dem unionsrechtlichen Aufenthaltsrecht gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 und 2 NAG für eine Aufenthaltsdauer von mehr als drei Monaten in Österreich widerspreche. Da der Bf daher die persönlichen Voraussetzungen für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung gemäß § 4 Abs. 2 lit. c Oö. BMSG nicht erfülle, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.  

 

I.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitig vom Bf eingebrachte Beschwerde vom 12. Februar 2015, mit der die Abänderung des Bescheides dahingehend, dass die bedarfsorientierte Mindestsicherung gewährt wird, in eventu die Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung zur neuerlichen Verhandlung an die belangte Behörde, beantragt werden.

 

Begründend wird unter Hinweis auf Judikatur des VwGH und auszugsweiser Anführung der Freizügigkeitsrichtlinie im Wesentlichen ausgeführt, dass die Feststellungen der belangten Behörde über den rechtmäßigen Aufenthalt des Bf unrichtig seien, da als Arbeitnehmer im Sinne des Unionsrechtes nicht nur Personen mit selbstständiger oder unselbstständiger Arbeit, sondern auch solche, die eingereist sind, um Arbeit zu suchen, gelten würden. Der Bf hätte sich nach seiner Einreise beim AMS arbeitssuchend gemeldet, was auch aus der Begründung auf Seite 2 des angefochtenen Bescheides hervorgehen würde und sich um eine Beschäftigung bemüht. Er hätte als Arbeitssuchender somit den unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff erfüllt, weshalb er einen Anspruch auf bedarfsorientierte Mindestsicherung ab Antragstellung hätte, da er durch den Bezug von Mindestsicherung nicht sein Aufenthaltsrecht verloren hätte. Die belangte Behörde hätte zu Unrecht auf das Vorliegen ausreichender Existenzmittel, einer Krankenversicherung und eines ordentlichen Wohnsitzes für die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts abgestellt, da diese Voraussetzungen gemäß § 51 NAG und Art. 7 Abs. 1 (arg. „oder“) der Freizügigkeitsrichtlinie und nach ständiger Rechtsprechung des OGH nur für Unionsbürger gelten würden, die keine Arbeitnehmer seien (OGH 21.7.2011, 10 ObS 172/10g).

 

I.3. Die belangte Behörde hat diese Beschwerde gemeinsam mit dem Verfahrensakt mit Schreiben vom 6. März 2015 dem Landesverwaltungsgericht Oö. zur Entscheidungsfindung vorgelegt. Dieses hat gemäß § 2 VwGVG durch Einzelrichter zu entscheiden.

 

I.4. Das Landesverwaltungsgericht Oö. hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG unterbleiben, zumal sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt aus dem Verfahrensakt ergibt und die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Zudem wurde kein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt.

 

I.5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem relevanten Sachverhalt aus:

 

Der Bf, geb. x, ist rumänischer Staatsbürger und beantragte am 21. August 2014 bei der belangten Behörde Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes nach dem Oö. Mindest­sicherungsgesetz.

 

Der Bf war vom 14. Juli bis 2. September 2014 in L. amtlich als obdachlos gemeldet. In der Zeit vom 2. September bis 20. November 2014 war der Bf in der Wohnung x bei Frau O. G. mit Hauptwohnsitz gemeldet. Vom 25. November 2014 bis 16. April 2015 war der Bf wieder obdachlos gemeldet. Seit 16. April 2015 ist der Bf in x hauptwohnsitzlich gemeldet.

 

Der Bf weist keine Versicherungszeiten in Österreich auf und ist somit nicht krankenversichert. Der Bf hat bisher noch nicht in Österreich gearbeitet. Er war vom 16. Juli 2014 bis 15. Jänner 2015 beim Arbeitsmarktservice (AMS) als arbeitssuchend vorgemerkt. Seit 16. Jänner 2015 ist der Bf laut Auskunft des AMS nicht mehr als arbeitssuchend gemeldet. Aus welchem Grund der Bf nicht mehr als arbeitssuchend vorgemerkt ist, konnte nicht eruiert werden.

 

II. Diese Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich schlüssig und vollständig aus dem Akteninhalt, insbesondere auch aus dem Meldezettel vom 10. Juni 2015 und aus der telefonischen Auskunft des Arbeitsmarktservice Linz vom 10. Juni 2015.

 

Aus welchem Grund der Bf nicht mehr als arbeitssuchend vorgemerkt ist, konnte nicht eruiert werden, da an der Abgabestelle (x) nicht zugestellt werden konnte, da die Briefkästen nicht entsprechend beschriftet sind, d.h. die Türnummern stimmen nicht mit den Nummer auf den Briefkästen überein, und der Bf weder bei der Glocke noch am Briefkasten namentlich angeschrieben ist. Auch ein telefonisches Ersuchen um Kontaktaufnahme über die W. der C. L. blieb erfolglos.

 

 

III.  Rechtslage

 

Gemäß § 4 Abs. 1 Mindestsicherungsgesetz (Oö. BMSG) kann bedarfsorientierte Mindestsicherung, sofern dieses Landesgesetz nicht anderes bestimmt, nur Personen geleistet werden, die

1.   ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Land Oberösterreich haben und die Voraussetzungen des § 19 oder des § 19a Meldegesetz, BGBl. Nr. 9/1992, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 135/2009, erfüllen und

2.   a) österreichische Staatsbürgerinnen und -bürger oder deren Familienangehörige,
b) Asylberechtigte oder subsidiär Schutzberechtigte,

c) EU-/EWR-Bürgerinnen oder -Bürger, Schweizer Staatsangehörige oder deren Familienangehörige, jeweils soweit sie durch den Bezug dieser Leistungen nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden,

d) Personen mit einem Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EG“ oder „Daueraufenthalt – Familienangehörige“ oder mit einem Niederlassungsnachweis oder einer unbefristeten Niederlassungsbewilligung,

e) Personen mit einem sonstigen dauernden Aufenthaltsrecht im Inland, soweit sie durch den Bezug dieser Leistungen nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden,

sind.

Nach § 51 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) sind EWR-Bürger auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie

1.   in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind;

2.   für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen, oder

3.   als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen.

 

 

IV. Erwägungen des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich:

 

IV.1. Zunächst ist der Beschwerde insofern beizupflichten, als die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Z 1 und Z 2 NAG nicht kumulativ vorliegen müssen. Vielmehr handelt es sich um eine alternative gesetzliche Regelung, sodass ein Aufenthaltsberechtigter entweder Arbeitnehmer/Selbstständiger sein muss oder ausreichende Existenzmittel und ein umfassender Krankenversicherungsschutz vorliegen müssen. Ist also eine Person Arbeitnehmer gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 NAG müssen nicht gleichzeitig auch die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Z 2 leg. cit. erfüllt sein. Dass es sich bei dieser Bestimmung um eine „Oder-Regelung“ handelt, ergibt sich aus der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004, 2004/38/EG (Freizügigkeitsrichtlinie), welche mit den §§ 51, 52 NAG umgesetzt wurde. Insbesondere findet sich Art. 7 der Richtlinie in § 51 NAG wieder.

 

IV.2. Zu prüfen ist, ob der Bf die persönlichen Voraussetzungen des § 4 Oö. BMSG erfüllt, um bedarfsorientierte Mindestsicherung zu erhalten.

 

§ 4 Abs. 1 Z 1 Oö. BMSG besagt, dass der gewöhnliche Aufenthalt im Land Oberösterreich sein muss. Mit dem Begriff des gewöhnlichen Aufenthaltes ist nicht bloß ein vorübergehender Aufenthalt gemeint (vgl. auch AB 434 Blg. Oö. LT 27. GP 33).

Die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts wird in Z 2 dieser Bestimmung geregelt.

 

Rumänien ist seit 2007 EU-/EWR-Mitglied. Gegenständlich ist somit § 4 Abs. 1 lit. c Oö. BMSG einschlägig.

 

In § 51 NAG ist wiederum normiert, wann EWR-Bürger zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt sind.

 

Der Bf beruft sich in seiner Beschwerde auf § 51 Abs. 1 Z 1 NAG und bringt vor, dass er als Arbeitssuchender auch Arbeitnehmer iSd Freizügigkeitsrichtlinie sei und somit zum Aufenthalt von mehr als drei Monaten berechtigt sei.

 

IV.3.  Der Bf war seit 16. Juli 2014 bis 15. Jänner 2015 beim AMS arbeitssuchend gemeldet. Jedoch ist der Bf seit 16. Jänner 2015 bis dato beim AMS nicht mehr als arbeitssuchend gemeldet.

 

Es kann somit eine nähere Auseinandersetzung damit, ob der Bf als Arbeitssuchender auch Arbeitnehmer iSd Bestimmungen des NAG und des Oö. BMSG ist, unterbleiben, da er nach Auskunft des AMS seit 16. Jänner 2015 nicht mehr arbeitssuchend ist.

 

Da der Bf somit keinesfalls unter den Arbeitnehmer-Begriff zu subsumieren ist, er aber auch keine ausreichenden Existenzmittel und keinen Krankenversicherungsschutz vorweisen kann, erfüllt der Bf die Voraussetzungen für eine Aufenthaltsberechtigung für mehr als drei Monate gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 NAG nicht. Die persönlichen Voraussetzungen gemäß § 4 Oö. BMSG liegen somit nicht vor und war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

V. Im Ergebnis war die Beschwerde daher als unbegründet abzuweisen und der Bescheid der belangten Behörde zu bestätigen.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag.a Gabriele Saxinger