LVwG-150359/5/RK/FE

Linz, 20.04.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Roland Kapsammer über die Beschwerde der F K M, L., vertreten durch G D Rechtsanwälte GmbH, L., vom 27.8.2014 gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 11.8.2014, GZ: PPO-RM-Bau-140046-04 vom 11.8.2014 betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben, zu Recht  e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I. Verfahrensgang, Sachverhalt:

 

Mit Eingabe vom 25.10.2013 (Eingangsdatum) beantragte die Bauwerberin beim Magistrat Linz die Erteilung einer Baubewilligung für den Neubau eines mehrgeschoßigen Wohngebäudes mit unterirdischer Tiefgarage auf dem einen bewilligten Bauplatz bildenden Grundstück Nr. , EZ, KG W. Laut Lageplan weist der oberirdische Baukörper, welcher in "geschlossener Bauweise" (also von Nachbargrundgrenze zu Nachbargrundgrenze reichend) errichtet werden soll, an der Straßenfassade eine Breite von 15,40 m und in Richtung Hof eine Gebäudetiefe von 15,39 m auf.

 

Mit Bescheid vom 30.5.2014, Zl. 0054289/2013 ABA Nord, 501/N130191, erteilte die erstinstanzliche Baubehörde die beantragte Baubewilligung unter Vorschreibung einer Reihe von Auflagen.

 

Zu den bereits in der bezughabenden mündlichen Bauverhandlung vom 8.5.2014 von der Beschwerdeführerin (im Folgenden kurz Bf genannt - bereits rechtsfreundlich vertreten) erhobenen diesbezüglichen Einwendungen führte die Erstbehörde in ihrer Begründung überblicksweise aus, dass bereits die Linzer Bauordnung 1946, LGBl. Nr. 5/1947, den Begriff „ Baufluchtlinie“ kenne und diesen demgemäß wie folgt festgelegt habe:

 

"1. ... 3. ...

4. Die Baufluchtlinien, das sind jene Grenzen, über die gegen den Vorgarten, den Seitenabstand (Bauwich), den Hof oder den Garten (vordere, seitliche, innere Baufluchtlinie) mit dem Bau oder mit Bauteilen im allgemeinen - ausgenommen Vorbauten nach § 34 der Bauordnung für Oberösterreich - nicht vorgerückt werden darf".

 

Im Zeitpunkt der Teilbebauungsplanerlassung im Jahre 1953 (Anmerkung: es handelt sich hiebei um den Teilbebauungsplan N x vom 18.5.1953, rechtswirksam ab 1.1.1954, im Maßstab 1 : 1000, betreffend "das Gebiet begrenzt durch die Straßenachsen der x-Straße - x-Straße - xstraße - xstraße - und xstraße, durch die Punkte A, B, C, D, E, F, G") wäre der Begriff „Baufluchtlinie“ schon bekannt gewesen und hätte der Verordnungsgeber zudem ausdrücklich handschriftlich die inneren Baufluchtlinien bezeichnet.

In diesem Teilbebauungsplan N x wären im Bereich der xstraße 52 die künftigen Gebäude rot dargestellt und die Bezeichnung „innere Baufluchtlinie“ wäre dort entlang der hofseitigen Gebäudegrenze ausdrücklich nicht vorgenommen worden, weshalb eine hofseitige Bebauung dort auch grundsätzlich zulässig wäre. Die Legende des zitierten 4. Teilbebauungsplanes verstünde unter einer roten Linie eine "neue Regulierung", was der heutigen Straßenfluchtlinie entspreche. Das gegenständliche Bauvorhaben entspreche somit den derzeit geltenden Bebauungsgrundlagen und könne daher der Innenhof entsprechend den baurechtlichen Bestimmungen bebaut werden.

 

Gegen diesen Bescheid erhob die Bf mit Schriftsatz vom 25.6.2014 fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung und machte dort Rechtswidrigkeit des gegenständlichen erstinstanzlichen Bescheides geltend.

 

Nach Darstellung des relevanten Sachverhaltes in der Berufung wurde sodann  neben weiteren Angaben zur Zulässigkeit der Berufung zur vorgebrachten Rechtswidrigkeit überblicksweise Folgendes ausgeführt:

 

Die geplanten Wohnungen der Bauwerberin würden jenseits der inneren Baufluchtlinien liegen, weshalb mangels bestehender Ausnahmebestimmungen die Bauausführung in der geplanten Bauweise nicht zulässig wäre.

 

Im Teilbebauungsplan aus dem Jahr 1951 wäre nämlich für das gegenständliche Grundstück eine innere Bebauungsfluchtlinie mit roter Farbe eingezeichnet worden, was abgesehen von Loggien und Wintergärten, eine Bauführung außerhalb dieser inneren Baufluchtlinien nicht zulassen würde.

Die Baufluchtlinien seien im gegenständlichen Bereich durchgängig mit roter Tinte eingefügt worden. Die Ansicht der Baubehörde, dass für jene Bereiche, hinsichtlich welcher nicht ausdrücklich verbal "innere Baufluchtlinie" eingefügt wurde, auch keine inneren Baufluchtlinien bestünden, sei nicht nachvollziehbar. Zweifellos wären mit der Markierung mit roten Linien, welche nicht nur straßenseitig, sondern eben auch hofseitig eingefügt worden wären, sohin die inneren Baufluchtlinien festgelegt worden und wäre diesen Vorschriften bis dato auch immer Rechnung getragen worden.

Eine erhebliche Reduzierung der Sonneneinstrahlung  für die Bf wäre bei Realisierung des beantragten Bauvorhabens sodann gegeben. Auch sei offensichtlich, dass der Bebauungsplan Nr. x auch die inneren Baufluchtlinien festlegen sollte, da eben nach einer Umwidmung des fraglichen Gebietes von „gemischtes Baugebiet“ in „Baugebiet“ sichergestellt werden sollte, dass in dieser Gegend Innenhöfe in ausreichender Größe und gleichartiger Form bestehen bleiben und Gebäude, wie ein bereits bestehendes, mit der Adresse xstraße x, welches dem nicht entsprechen würde, eben nicht mehr errichtet würden.

Gemäß VwGH-Urteil vom 15.2.2011, 2010/01/0067, (wohl: 2010/05/0067) diene die Festlegung von inneren Baufluchtlinien auch dem Schutz der seitlichen Nachbarn auf Grund der potentiell möglichen Beeinträchtigung von deren Belichtungs- und Belüftungsverhältnissen, was den Rechtsanspruch des Nachbarn eben ergäbe.

 

Mit Berufungsbescheid des Stadtsenates der Landesshauptstadt Linz vom 11.8.2014, Zl. PPO-RM-Bau-140046-04 (0031800/2014 PPO/RM), wurde sodann die Berufung als unbegründet abgewiesen und in der Begründung nach Wiedergabe des wesentlichen Verfahrensverlaufes sowie des gesamten Sachverhaltes unter Punkt III. "Erwägungen" - überblicksweise Folgendes ausgeführt:

 

Es sei vorerst mit der Berufungswerberin auszuführen, dass auf die Einhaltung der inneren Baufluchtlinie auch der "seitliche Nachbar" ein subjektiv-öffentliches Recht habe. Ein diesbezüglicher Einwand der Bf sei bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung somit als zulässiger Einwand - und auch rechtzeitig - erhoben worden, weshalb eine meritorische Prüfung der Berufungsbehörde prinzipiell zu erfolgen habe.

 

Strittig sei im vorliegenden Fall (wozu im Übrigen der gegenständliche Bebauungsplan Nr. x, kundgemacht im Amtsblatt der Stadt Linz Nr. x vom 31.12.1953, planlich samt Legende in der Berufung bildlich wiedergegeben wurde), ob die durch eine nichtunterbrochene rote Linie erfolgte Darstellung der "neuen Objekte" (dies laut Legende) im Westen tatsächlich eine „normative "Baufluchtlinie" im Sinn des § 32 Abs. 3 Z 2 Oö. ROG 1994 bilde.

Auf den vorliegenden Fall bezugnehmend wären nunmehr die vom Verwaltungsgerichtshof in mehreren (zitierten -) Entscheidungen angeführten Grundsätze der prinzipiellen Baufreiheit zu beachten, weil dies auch für die Auslegung eines Bebauungsplanes, also einer aus dem Gesetz abgeleiteten und die Bebauung regelnden Verordnung als entsprechender Maßstab anzulegen sei. Es wäre also in weiterer  Bedachtnahme  auf die  dargelegte Rechtsansicht  zu diversen Planzeichen in Bebauungsplänen, die den Anforderungen nach Klarheit und Gesetzmäßigkeit nicht entsprechen würden, im Ergebnis die rechtliche Unbeachtlichkeit derartiger „unklar gebliebener Planzeichen“ anzunehmen.

 

Eine Betrachtung der zum Zeitpunkt der Erlassung des Bebauungsplanes im Jahr 1953 gegebenen Bau- und Raumordnungsrechtslage (dies zur Erforschung der Bedeutung der strittigen Linien im Bebauungsplan Nr. x, welche laut Legende als "neue Regulierung" bezeichnet sind) ergebe in der Zusammenschau mit den dort zitierten Vorschriften des Art. 3 der Linzer Bauordnungs-Novelle 1946 (kurz: LBO-Novelle 1946), LGBl. Nr. 9/1947, dass den Verordnungsgebern im Jahr 1953 der Begriff "Baufluchtlinie" im Sinn des Art. 3 Z 4 der LBO-Novelle 1946 bereits vorgegeben war und finde sich dort insbesondere keine normative Umschreibung einer derartigen als "neue Regulierung" etwa bezeichneten Linie.

Dem historischen Verordnungsgeber könne aber bei Erlassen des Bebauungsplanes Nr. x gerade deswegen kein anderer Regelungswille als jener, von dem die Berufungsbehörde ausgeht, unterstellt werden, da dieser den Begriff "innere Baufluchtlinie" an einigen Stellen im Plandokument dort niederschreibt, an anderen Stellen jedoch nicht, weshalb ein entsprechender Regelungswille im Sinn einer selektiven Ausweisung jener Bereiche, für welche eine eingeschränkte Hofbebauung angeordnet werden sollte, und für welche eben nicht, deutlich hervorgetreten wäre.

Es würde sich bei der roten Linie eben nicht um die "generelle Definition“ einer Baufluchtlinie handeln.

Bei prinzipieller Anerkennung der Sinnhaftigkeit der Argumentation der Bf könne sich jedoch für die Berufungsbehörde keine dem Grundsatz der Baufreiheit widersprechende und somit in ein Grundrecht eingreifende - ausdehnende - Interpretation des Bebauungsplanes ergeben.

 

Es sei daher im Ergebnis nicht vom Vorliegen einer "inneren Baufluchtlinie" auszugehen, weshalb über diese Linie tatsächlich vorgebaut werden dürfe und der diesbezügliche Einwand der Bf somit unbegründet wäre.

 

In der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde vom 27.8.2014, in welcher nach Erhebung diverser Anträge sowie der Darstellung des relevanten Sachverhaltes und Angaben zur Zulässigkeit der Beschwerde, Rechtswidrigkeit vorgebracht wurde, wurde überblicksweise wie folgt ausgeführt:

 

Der gegenständliche Berufungsbescheid der Landeshauptstadt Linz vom 11.8.2014 wäre deswegen mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes behaftet, weil im Teilbebauungsplan aus dem Jahr 1953 für das gegenständliche Grundstück eine "innere Baufluchtlinie" festgelegt worden sei.

Gemäß dem aktuell geltenden Bebauungsplan aus dem Jahr 2005 könnten lediglich Loggien und Wintergärten außerhalb der inneren Baufluchtlinien im beschränkten Ausmaß errichtet werden. Die laut vorliegenden Planentwürfen des Bauwerbers jenseits dieser inneren Baufluchtlinien geplanten Wohnungen würden jedoch mangels bestehender Ausnahmebestimmungen in der geplanten Bauweise nicht zulässig sein. Es könne aus der in der Legende vorhandenen Bezeichnung "bestehende Regulierung" (dies für eine ununterbrochene blaue Linie -), geschlossen werden, dass aus dem anzuwendenden Bebauungsplan in der Legende die Fluchtlinien eben als Regulierung bezeichnet seien. Auch müssten wohl eine Reihe von Bebauungsplänen entgegen dem Willen der verfügenden Behörden jeweils neu interpretiert werden, wenn tatsächlich im Falle von Aufnahmen von verbalen Anmerkungen in den Bebauungsplan bei teilweiser Nichtaufnahme derartiger Anmerkungen es bedeuten würde, dass für die so nicht markierten Bereiche tatsächlich keine inneren Baufluchtlinien bestehen würden. Es zeige sich in der Angelegenheit deutlich, dass sich andere Bauwerber auch sehr wohl an den Bestand der durch eine rote Linie markierten inneren Baufluchtlinie gebunden fühlten, da sämtliche nach Rechtskraft des Bebauungsplanes errichteten Gebäude tatsächlich innerhalb der inneren Baufluchtlinie errichtet worden wären. Diese rote Linie hätte auch nicht bloß damals vorhandene Gebäude bezeichnen wollen.

 

Jedenfalls wäre eine erhebliche Beeinträchtigung des äußeren Erscheinungsbildes der betreffenden Wohngegend und eine erhebliche Reduzierung der Sonneneinstrahlung auf die hofseitig gelegenen Wohnungen der Bf die Folge.

Die gegenständliche Darstellung im Bebauungsplan mit der durchgezogenen roten Linie könne auch nicht so verstanden werden, dass sie (lediglich) den damaligen Bestand etwa hätte bezeichnen wollen, da bereits das Gebäude x straße 46 errichtet war und dessen Hofseite über die im Bebauungsplan eingezeichnete hofseitige rote Linie eben schon hinausragte.

Nach Umwidmung des gegenständlichen Gebietes von „gemischtes Baugebiet“ in „Baugebiet“ sollte eben sichergestellt werden, dass in dieser Gegend die Innenhöfe in ausreichender Größe und gleichartiger Form nunmehr bestehen bleiben und keine solchen Gebäude, wie das Gebäude xstraße x, mehr errichtet werden.

Noch einmal werde ausgeführt, dass die Bf als seitliche Nachbarin gemäß VwGH-Erkenntnis vom 15.2.2011, Zl. 2010/01/0067 (wiederum wohl: 2010/05/0067), eben einen Rechtsanspruch auf Einhaltung der inneren Baufluchtlinie hätte, weshalb das gegenständliche Bauvorhaben diese in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten verletze und wegen Verstoßes gegen die geltenden Bebauungspläne mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes tatsächlich behaftet wäre.

 

Mit Schreiben vom 1.9.2014 wurde sodann von der Rechtsmittelbehörde (Stadtsenat der Landeshauptstadt Linz), die gegenständliche Angelegenheit dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Im dortigen Vorlageschreiben wurde auf einen Motivenbericht zum Teilbebauungsplan N x vom 11.7.1951, des Stadtplanungsamtes Linz verwiesen und zur wesentlichen Rechtsfrage u.a. ausgeführt:

 

Im gegenständlichen Motivenbericht wären die wesentlichen Überlegungen zur Erlassung des Teilbebauungsplanes N x niedergeschrieben worden.

Im - in Kopie beigelegten - Bericht würde der Sachverhalt betreffend die Teilbebauungsplanerstellung N x wiedergegeben werden und hiebei u.a. auf Überlegungen zur Höhenverbauung eingegangen und wäre auf etliche Aspekte zum Notwendigwerden eines neuen Planes verwiesen worden.

Auch fände sich dort die Festhaltung, dass "in den kleineren Bebauungsblöcken zur Freihaltung der Höfe innere Baufluchtlinien festgelegt wurden".

Auf dieser Festhaltung im Motivenbericht aufbauend führt die belangte Behörde im Vorlageantrag sodann aus, dass eben das Fehlen der Eintragung "innere Baufluchtlinie" im (Anmerkung: gemeint den gegenständlichen Teilbebauungsplan N x) im hier fraglichen Bereich keinen anderen Schluss zulasse, als dass eben der Verordnungsgeber für den betreffenden Baublock - auf Grund dessen Größe - keine Einschränkung der Hofbebauung normieren wollte. Sodann wurde mit der Bemerkung geschlossen, dass eine allenfalls vom Verfassungsgerichtshof aufzugreifende Rechtsverletzung der Bf durch die Erlassung der Bebauungsplanverordnung deswegen als  wenig wahrscheinlich erschiene, da das Fehlen einer inneren Baufluchtlinie für den gesamten Baublock gelte, sodass auch das Grundstück der Bf von der Geltung dieser Vorschrift in der konkreten Form, also ohne "innere Baufluchtlinie"(Anmkg.: somit gleichsam auch in „begünstigender“ Form) erfasst wäre.

 

In einer Stellungnahme der mitbeteiligten Partei I C G GmbH, xplatz x, O., vom 26.1.2015 (rechtsfreundlich vertreten) wurde sodann im Wesentlichen auf die nach dortiger Ansicht zutreffende Rechtsansicht der Berufungsbehörde verwiesen und unter Zitierung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes VwGH 98/05/0177 in rechtlicher Hinsicht ausgeführt, dass, dessen Entscheidung entsprechend, etwa in einem Bebauungsplan auf einzelnen Grundstücken rötlich gefärbten, mit der Signatur "geplante Bauten" bezeichneten, zeichnerisch dargestellten, "Kästchen", dann keine normative, sondern nur symbolische Wirkung zukomme, wenn sich etwa in der Legende des fraglichen Teilbebauungsplanes keine Darstellung von derartigen Baufluchtlinien findet, im Teilbebauungsplan aber bestimmte Linien ausdrücklich als solche Baufluchtlinien bezeichnet sind.

Der dort der Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt würde dem gegenständlichen entsprechen, weil auch im gegenständlichen Falle im Teilbebauungsplan bestimmte Linien als Baufluchtlinien bezeichnet seien, welche in der Legende keine zeichnerische Darstellung fänden.

 

Schließlich sei mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, so wie auch die Berufungsbehörde festgestellt habe, es als zutreffend anzunehmen, dass allfällige Einschränkungen in Bebauungsplänen - dem Grundsatz der Baufreiheit entsprechend - restriktiv auszulegen wären, weshalb zusammengefasst eine Einschränkung der Ausnutzbarkeit des gegenständlichen Bauplatzes für die mitbeteiligte Partei nicht ableitbar und eine hofseitige Bebauung durch die mitbeteiligte Partei somit jedenfalls zulässig wäre.

 

Die Beschwerde wurde von der Eigentümerin des nördlich der gegenständlichen Liegenschaft angrenzenden Wohnhauses mit der Liegenschaftsadresse L H - Straße x, in welchem mehrere Mietwohnungen gelegen sind, eingebracht. Das Grundstück Nr. x, EZ x, KG W, steht im Alleineigentum der Bf.

 

Das beschwerdegegenständliche Bauprojekt sieht den Neubau eines 6-geschoßigen Wohnhauses mit 15 Wohneinheiten samt Tiefgarage auf dem Grundstück Nr.x , EZx , KG W, vor.

Antragstellerin des gegenständlichen Bauvorhabens ist die I C G GmbH, xplatz 3, O., welche auch Grundeigentümerin der Liegenschaft ist.

 

Mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 26.11.2013, Zl. 0049453/2013 ABA B, wurde der Bauwerberin die Bauplatzbewilligung erteilt. Das Grundstück Nr. x, EZ x, KG x, ist im rechtskräftigen Flächenwidmungsplan Linz Nr. x Teil x vom 5.8.2013 als Wohngebiet ausgewiesen. Es existieren ein Teilbebauungsplan Nr. x vom 18.5.1953 und ein Bebauungsplan x vom 10.3.2005, rechtswirksam ab 30.3.2005, für die gegenständliche Liegenschaft. Im Teilbebauungsplan N x vom 18.5.1953, rechtswirksam ab 1.1.1954, im Maßstab 1 : 1000, finden sich beigefügt eine Darstellung des fraglichen Gebietes sowie eine Legende, in welcher die zeichnerischen Darstellungen eingetragen und näher bezeichnet sind.

 

Das gegenständliche Gebäude ist rein für Wohnzwecke gedacht. Es liegt westlich der xstraße. Das geplante Objekt wird an der östlichen Straßenfluchtlinie, die 5 m von der Straßengrundgrenze zurückgesetzt verläuft, situiert und reicht nord- und südseitig bis an die Nachbargrundgrenzen heran. Das Gebäude weist maximale äußere Abmessungen von 15,39 m x 15,40 m auf und erhält fünf oberirdische Vollgeschoße, ein in zwei Ebenen ausgebautes Dachgeschoß und eine Unterkellerung. Konstruktiv wird das Bauvorhaben in Massivbauweise mit überwiegend nicht brennbaren Materialien hergestellt. Im Zuge der Vorprüfung wurden diverse Ergänzungen bzw. Erklärungen gefordert und von der Bauwerberin sodann auch beigebracht.

 

II. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Verwaltungsakten der Baubehörden erster und zweiter Instanz zu Zl. 0054289/2013 ABA Nord, 501/N130191 und PPO-RM-Bau-140046-04 und in das gesamte vorliegende Planmaterial sowie Einholung von Grundbuchsauszügen und digitalen Fotoaufnahmen des fraglichen Bereiches.

 

Der unter I. dargelegte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus den vorgelegten Akten der belangten Behörde.

 

III.        Maßgebliche Rechtslage:

 

1.         Oö. Bauordnung 1994 (Oö. BauO 1994), LGBl. Nr. 66/1994, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 90/2013:

 

§ 31

Einwendungen der Nachbarn

 

(1) Nachbarn sind

1. bei Wohngebäuden einschließlich der zugehörigen Stellplätze für Kraftfahrzeuge sowie der allenfalls vorgeschriebenen Neben- und Gemeinschaftsanlagen: die Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen der Grundstücke, die vom zu bebauenden Grundstück höchstens zehn Meter entfernt sind;

2. bei allen anderen Bauvorhaben sowie für die Nachbarrechte im Sinn des Abs. 5: die Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen der Grundstücke, die vom zu bebauenden Grundstück höchstens 50 Meter entfernt sind.

Die Stellung als Nachbar besteht jedoch jeweils nur unter der Voraussetzung, dass diese Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen durch das Bauvorhaben voraussichtlich in ihren subjektiven Rechten beeinträchtigt werden können. Personen, denen ein Baurecht zusteht, sind Grundeigentümern oder Grundeigentümerinnen gleichgestellt.

(2) Sind die Miteigentümer der Grundstücke, auf denen das Bauvorhaben ausgeführt werden soll, Wohnungseigentümer nach dem Wohnungseigentumsgesetz oder nach dem Wohnungseigentumsgesetz 1975 und ist ihre Zustimmung nach § 28 Abs. 2 Z 2 nicht erforderlich, gelten auch diese Miteigentümer als Nachbarn, wenn ihre Wohnung (Räumlichkeit oder damit verbundener Teil der Liegenschaft) unmittelbar an jene Räumlichkeit oder jenen Teil der Liegenschaft angrenzt, in der oder auf dem der geplante Zu- oder Umbau ausgeführt werden soll.

 

(3) Nachbarn können gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, dass sie durch das Bauvorhaben in subjektiven Rechten verletzt werden, die entweder in der Privatrechtsordnung (privatrechtliche Einwendungen) oder im öffentlichen Recht (öffentlich-rechtliche Einwendungen) begründet sind.

 

(4) Öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn sind im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechts oder eines Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Dazu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen. ...“

 

 

2.         Oö. Raumordnungsgesetz 1994 (Oö. ROG 1994), LGBl. Nr. 114/1993 zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 90/2013:

 

 

„§ 32

Inhalt des Bebauungsplanes

 

(1) Der Bebauungsplan hat auszuweisen und festzulegen:

3. die Fluchtlinien (Abs. 3);

(3) An Fluchtlinien sind zu unterscheiden:

1. Straßenfluchtlinien, das sind die Grenzen zwischen öffentlichen Verkehrsflächen und anderen Grundstücken;

2. Baufluchtlinien, das sind die Grenzen, über die gegen den Vorgarten, den Seitenabstand (Bauwich), den Hof oder den Garten (vordere, seitliche, innere Baufluchtlinie) mit dem Gebäude oder Gebäudeteilen nicht vorgerückt werden darf, sofern das Oö. Bautechnikgesetz nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt;

3. Grenzlinien, das sind die Grenzen zwischen Gebieten verschiedener Widmungen.“

 

„§ 39

Übergangsbestimmungen

 

(1) Am 31. Dezember 1993 rechtswirksam bestehende Raumordnungsprogramme, Flächenwidmungspläne, Bebauungspläne und Teilbebauungspläne gelten als Raumordnungsprogramme, Flächenwidmungspläne oder Bebauungspläne im Sinne des Ö.ö Räumordnungsgesetzes 1994. Für die in solchen Verordnungen enthaltenen Festlegungen gelten die entsprechenden Umschreibungen und Bestimmungen des O.ö. Raumordnungsgesetzes 1994 und der gemäß § 21 Abs. 3 erlassenen Verordnungen, für die in Bebauungsplänen und Teilbebauungsplänen enthaltenen Festlegungen überdies die entsprechenden Umschreibungen und Bestimmungen der O.ö. Bauordnung 1994 und des O.ö. Bautechnikgesetzes.“

 

 

3.         § 3 der Linzer Bauordnung (LGuVBl. Nr. 22/1887) in der Fassung der Linzer Bauordnungs-Novelle 1946 (LGBl. Nr. 9/1947) lautet:

 

„§ 3

Flächenwidmungsplan und Bebauungsplan

 

Als Grundlage für alle Herstellungen neuer oder Änderung bestehender Verkehrswege und Bestimmungen der Baulinien ist ein allgemeiner Flächenwidmungs- und Bebauungsplan anzufertigen und im Gemeindeamte zur öffentlichen Einsichtnahme aufzulegen. Diese Pläne haben insbesondere für alle bestehenden und neu anzulegenden Stadtteile die zu beobachtenden Baulinien ersichtlich zu machen.

 

 

4.         Art. II der Linzer Bauordnungs-Novelle 1946 lautet auszugsweise:

 

"Die Flächenwidmungspläne haben in großen Zügen darzustellen, nach welchen Grundsätzen der geordnete Ausbau der Stadt vor sich gehen soll und die Bebauungspläne und Fluchtlinienpläne zu verfassen sind.

 

...

 

Die Bebauungspläne für das Bauland bestehen aus den Fluchtlinienplänen, in denen die Grenzen des Plangebietes einzutragen sind, und den Aufbauplänen für die Plangebiete. Der Fluchtlinienplan und der Aufbauplan können in einem Plan zusammengefasst werden."

 

 

5.         Art. III der LBO-Novelle 1946 lautet:

 

„Der Begriff „Baulinien" in § 3 wird nachfolgend ersetzt:

1. Baulinien, das sind die Grenzen zwischen Baugründen und öffentlichen Verkehrsflächen (Wege, Gassen, Straßen und Plätze);

2. Straßenfluchtlinien, das sind die Grenzen zwischen Grünland und öffentlichen Verkehrsflächen;

3. Grenzfluchtlinien, das sind die Grenzen zwischen den für öffentliche Zwecke des Bundes, des Landes, des Bezirkes oder der Gemeinde vorgesehenen Bauplätzen (Schulen, Ämter, Bäder u.dgl.), öffentlichen Erholungsflächen (Park und Gartenanlagen u.dgl.) und Friedhöfen einerseits und allen anderen Gründen andererseits.

4. Baufluchtlinien, das sind die Grenzen, über die gegen den Vorgarten, den Seitenabstand (Bauwich), den Hof oder den Garten (vordere, seitliche, innere Baufluchtlinie) mit dem Bau oder Bauteilen im allgemeinen - ausgenommen Vorbauten nach § 56 Linzer Bauordnung - nicht vorgerückt werden darf.“

 

 

IV.       Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen gemäß § 2 VwGVG zuständigen Einzelrichter erwogen:

 

Gemäß der Definition des § 32 Abs. 3 Z 2 Oö. ROG 1994 sind Baufluchtlinien die Grenzen, über die gegen den Vorgarten, den Seitenabstand (Bauwich), den Hof oder den Garten (vordere, seitliche, innere Baufluchtlinie) mit dem Gebäude oder Gebäudeteilen nicht vorgerückt werden darf, sofern das Oö. Bautechnikgesetz nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt.

 

Wie oben ausgeführt, spricht Art. 2 der Linzer Bauordnungs-Novelle 1946 davon, dass die Bebauungspläne für das Bauland zum Einen aus den „Fluchtlinienplänen“, in denen die Grenzen des Plangebietes einzutragen sind, bestehen.

Eine Definition der Fluchtlinienpläne ergibt für den Begriff „Fluchtlinien“ nunmehr auch den Begriff Baufluchtlinie, mit welcher eben eine von Amts wegen festgelegte Linie gemeint ist, bis an die Gebäude heran errichtet werden dürfen. Im Folgenden ist sodann die Unterscheidung in vordere, seitliche und hintere Baufluchtlinie aus § 32 Abs. 3 Z 2 Oö. ROG 1994 zu ersehen.

In der historischen Bestimmung der Linzer Bauordnungs-Novelle 1946 war vorgesehen, dass die Bebauungspläne (neben den Fluchtlinienplänen) ferner aus den Aufbauplänen für die Plangebiete bestehen.

Derartige Aufbaupläne stellten Ergänzungen des Bebauungsplanes dar, mit welchen die Lage, die Abmessungen, die Gliederung und die Gestaltung der Gebäude sowie die Schaffung von Arkaden oder Überbauungen und von vor- oder zurückspringenden Gebäudeteilen festgelegt werden konnten (Fromhold/Gareiß, Bauwörterbuch, 2. Auflage 1978). Diesen Erfordernissen ist die Stadt Linz offensichtlich mit der Erlassung des Teilbebauungsplanes N 360 vom 18.5.1953 nachgekommen.

 

Zur hier zentral gemachten Rechtsfrage der "Rechtsqualität der zeichnerischen Darstellung des besagten Bebauungsplanes samt hiezu verfasster Legende" wird nun von Seiten des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich ausgeführt:

 

Vorerst ist mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Zl. 95/05/0247 vom 27.2.1996) auszuführen, dass der hier geltend gemachte Umstand (welcher im Übrigen von den Verfahrensbeteiligten nicht bestritten wird), dass der gegenständliche Bebauungsplan allenfalls solche Bestimmungen enthält, die "auslegungsbedürftig" sind, -  wenn eine derartige Auslegung nach den Auslegungsregeln des § 6 ABGB und den anderen zur Verfügung stehenden Auslegungsmethoden einer Auslegung zugänglich ist, -  einen derartigen Bebauungsplan nicht per se rechtswidrig macht.

Ausdrücklich wird im og. Erkenntnis ausgeführt, dass (wie im dort behandelten Fall gegeben), wenn sich eine verbale Ergänzung eines Bebauungsplanes etwa lediglich auf einen bestimmten Bereich bezieht (dort die seitlichen Grenzabstände), dies keinen Grund ergibt, eine derartige Regelung auch auf andere Bereiche (dort die innere - hintere Bauplatzgrenze) "quasi auszudehnen". Auch wird ausgeführt, dass prinzipiell verbale Ergänzungen des Bebauungsplanes keine Bedenken in Bezug auf das Bestimmtheitsgebot des Legalitätsprinzipes begegnen.

 

Nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich sind, was unstrittig ist, im fraglichen Teilbebauungsplan N x eben rote durchgehende Linien für Bereiche eingetragen, bei denen zum Einen eine weitere handschriftliche Ergänzung, nämlich jeweils die Bezeichnung "innere Baufluchtlinie", angeführt wurde, bei anderen roten Linien ist dies nicht der Fall.

Es gilt also im gegenständlichen Falle, was die Berufungsbehörde zutreffend ausgeführt hat, eine Auslegung des in Geltung stehenden Bebauungsplanes vorzunehmen.

Dabei sind die Feststellungen der belangten Behörde in deren Berufungsbescheid prinzipiell zutreffend, dass etwa der im Jahr 1953 dem Gesetzgeber schon bekannte Begriff der „Baufluchtlinie“ ein seit der Linzer Bauordnungs-Novelle 1946 bereits  quasi „vorgegebener Begriff“ war. Offensichtlich ist das dortige Begriffsverständnis im Wesentlichen auch mit der Definition des § 32 Abs. 3 Z 2 Oö. ROG 1994 gleich.

Auch ist es zutreffend, dass durch die Verwendung des Begriffes "neue Regulierung", wie dies in der Legende des Bebauungsplanes aus dem Jahr 1953 geschehen ist, letztlich kein der gesetzlichen Dogmatik geläufiger Begriff verwendet worden ist, was zumindest der Klarheit einer derartigen gewünschten Festlegung offensichtlich stark abträglich und somit die normative Kraft derartiger Regelungen in Frage zu stellen ist.

Tatsächlich verwendet der Verordnungsgeber, wie die Berufungsbehörde richtig ausgeführt hat, an anderer Stelle eben die handschriftliche Bezeichnung "innere Baufluchtlinie", was nunmehr dem schon zu damaligen Zeiten existierenden gesetzlichen Begriff des § 3 Z 4 der LBO-Novelle 1946 entspricht, welcher so definiert ist, dass damit Grenzen bezeichnet sind, über die gegen den Vorgarten, den Seitenabstand (Bauwich), den Hof oder den Garten (vordere, seitliche, innere Baufluchtlinie) mit dem Bau oder Bauteilen im Allgemeinen - ausgenommen Vorbauten nach § 56 Linzer Bauordnung - nicht vorgerückt werden darf.

Nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich ist somit der entsprechende Regelungswille für jene Bereiche, welche östlich vom fraglichen Gebiet und zum Teil nördlich davon gelegen sind, also östlich der xstraße und teilweise nördlich der L-H-Straße, klar gegeben. Undiskutierbar finden sich derartige handschriftliche Bezeichnungen für den fraglichen Bereich westlich der xstraße eben nicht. Dazu ist nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich bei der gebotenen Auslegung Folgendes besonders zu beachten:

 

Dem Motivenbericht zum Bebauungsplan Nr. x in Abänderung der Teilbebauungspläne x und x für das Gebiet zwischen xstraße - xstraße und W xstraße, GZ. x,  also zum fraglichen Bereich, ist unter „Sachverhalt“ eine relativ umfangreiche Darlegung der prinzipiellen planerischen Überlegungen zu entnehmen: Dort ist u.a. ausgeführt, dass "in den kleineren Baublöcken zur Freihaltung der Höfe innere Baufluchtlinien festgelegt worden seien“.

 

Nun lässt sich unter Zugrundelegung der Definition eines Baublockes, wonach ein solcher ein aus einem oder mehreren Bauplätzen bestehender, allseits von öffentlichen Verkehrsflächen umgebener Baugrund ist, für den gegenständlichen Fall doch einiges im Auslegungswege gewinnen:

Für die Begriffsbestimmung "Baublock" ist somit wesentlich, dass es sich um Gesamtflächen benachbarter Baugrundstücke handelt, die lückenlos von Straßen umgeben sind (Fromhold/Gareiß, Bauwörterbuch, Begriffsbestimmung aus dem Bauwesen, 2. Auflage; eine weitere Definition enthält auch Krzizek, Das System des österreichischen Baurechts, Wien 1972).

Eine Betrachtung jener Baublöcke, die vom gegenständlichen Bebauungsplan Nr. 360 erfasst sind, ergibt sodann für jenen Baublock, in welchem die in Rede stehende Baulichkeit errichtet werden soll, eine - hier als vorerst nicht unsachlich zu sehende - Differenzierung gegenüber jenen Baublöcken im nordwestlichen bzw. östlich gelegenen Bereich, welche offenkundig eine doch geringere Innenfläche (des derart von den Baulichkeiten und den dort jeweils angrenzenden Straßenzügen flächenmäßig eingeschriebenen Gebietes) aufweisen.

 

Bei prinzipieller Beachtung des Sachlichkeitsgebotes eines Bebauungsplanes, worauf die Bf zutreffender Weise hingewiesen hat, erscheint somit dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich letztendlich die Argumentation der Berufungsbehörde nicht unschlüssig, dass das Fehlen der handschriftlichen Eintragung „innere Baufluchtlinie“ bzw. der Bezeichnung der gegenständlichen roten durchgezogenen Linie im Bebauungsplan Nr. x vom 18.5.1953 im Plandokument auf eine letztlich nicht unsachliche Überlegung der (historischen) Raumplanungsbehörde zurückzuführen war und eben für den betreffenden Baublock auf Grund dessen Größe und konkreten Situierung keine derartigen Beschränkungen der Hofverbauung normiert werden sollten.

Eine beschriftungsmäßig vorgenommene Differenzierung für Bereiche, die mit inneren Baufluchtlinien versehen sind -  gegenüber Bereichen ohne derartige zusätzliche Beschriftung -  ist aber jedenfalls sowohl planlich klar zu ersehen, als auch textlich aus dem betreffenden Motivenbericht (dort schon durch die Wortfolge: „in den kleineren Baublöcken wurden ... festgelegt“) ersichtlich, was schon für sich gegen die Annahme einer Unsachlichkeit und für einen entsprechenden Regelungswillen des Verordnungsgebers spricht.

 

Es wird in diesem Zusammenhang vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich nicht verkannt, dass das Vorhandensein von Bauten auf den Grundstücken Nr. x und x, welche bereits klar der hier von der Bf als normativ erachteten, in der Planlegende mit "neuer Regelung" bezeichneten, roten Linie zuwiderlaufen, weil sie diese eben zum Teil wesentlich überschreiten, durchaus eine Rolle dafür gespielt haben mag, eine derartige Regelung wegen faktischer baulicher Verhältnisse als nicht mehr tatsächlich regelungswürdig zu erachten.

 

Somit verbleibt für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich nur der rechtliche Schluss dahingehend, dass die zeichnerisch orange dargestellten Flächen entlang den äußeren Randbereichen des gegenständlichen Baublockes mit der Bezeichnung VIII im gegenständlichen Bebauungsplan Nr. x eine solche Darstellung bilden, welcher für den konkreten Bereich keine normative, sondern allenfalls symbolische Bedeutung zukommt.

Für diese Auffassung spricht der Umstand, dass sich in der Legende des fraglichen Teilbebauungsplanes für die dargestellte rote Linie lediglich die Wendung "neue Regelung" findet, für welche tatsächlich keine Entsprechung im damals geltenden Gesetz gegeben ist, andererseits aber der Teilbebauungsplan an anderer Stelle ausdrücklich die Wendung "innere Baufluchtlinie" verwendet, für welche es schon zur Geltung der Linzer Bauordnungs-Novelle 1946, welche hier als einschlägig zu betrachten ist, in § 3 Z 4 den Begriff "innere Baufluchtlinie", im Übrigen so, wie in den heutigen Bauvorschriften, gegeben hat. Eine derartige Interpretation hat die belangte Behörde nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich im Übrigen durchaus im Gleichklang mit der diesbezüglichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (98/05/0177 vom 7.3.2000) vorgenommen.

In diesem Zusammenhang kann auch sowohl dem Teilbebauungsplan Nr. x selbst als auch dessen Interpretation durch die belangte Behörde angesichts der vorhin dargelegten Erwägungen und des prinzipiellen Grundsatzes der Baufreiheit, welcher im Übrigen in seiner prinzipiellen Geltung unbestritten blieb, der eine Auslegung von vorerst nicht völlig klaren Vorschriften im Zweifelsfalle zu Gunsten der Baufreiheit gebietet, eben auch vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich entscheidende Bedeutung und somit Relevanz für den gegenständlichen Fall angesichts der auslegungsbedürftigen gesamten Rechtslage beigemessen werden.

 

Es kann daher nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich auch keine entscheidende Änderung der rechtlichen Beurteilung dadurch herbeigeführt werden, dass eine ebenfalls der Planlegende entsprechende blaue Linie unzweifelhaft als solche mit Regelungswirkung erachtet wurde, da auf Grund der obigen umfangreichen Darlegungen von der durchgehenden roten Linie eben nicht schlechthin auf eine entsprechende Regelung für den fraglichen Bereich geschlossen werden kann, wohin gegen die Existenz einer blauen Linie mit entsprechend ausgewiesenem Regelungswillen wegen des nicht vergleichbaren Sachverhaltes keine Änderung bringen kann.

Bei vollem Verständnis für die prinzipielle Ansicht der Bf, wonach eine Menge von Bebauungsplänen eben keine handschriftlichen genaueren Bezeichnungen von im Plan dargestellten Linien enthalten, ist eben doch im konkreten Fall auf Grund der jeweils unterschiedlichen Ausgangslage in raumordnungsrechtlicher Hinsicht für die gegenständlichen Baublöcke ein „gesetzgeberischer Wille“ im Hinblick auf eine differenzierte Regelung für die einzelnen Baublöcke zu ersehen. Daran können auch die dort bereits vorhandenen Bauten nichts ändern, deren Existenz wiederum auf den historischen Verordnungsgeber durchaus von Einfluss gewesen sein mögen.

Jedoch würde eine derartige gesetzgeberische Reaktion wiederum in beide Richtungen eben interpretierbar sein, sodass für den Fall - nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich - hier nichts zu gewinnen ist.

Das gesamte baulich – räumliche -  Erscheinungsbild im Innenbereich des gegenständlichen Baublockes ist offenbar durch schon vorhandene Gebäude auch bereits entsprechend "markiert".

Gestalterische bzw. das äußere Erscheinungsbild grob beeinträchtigende Auswirkungen sind eben auf Grund der Aktenlage bei Realisierung des Bauvorhabens nicht zu erwarten.

Gerade dem von der Bf vorgebrachten Argument, der Verordnungsgeber wollte angesichts schon bestehender Bauwerke bewusst eine strengere Regelung durch Einfügen der roten durchgezogenen Linie im Bebauungsplan herbeiführen, widerspricht nun aber klar die konkrete zeichnerische Darstellung des Bebauungsplanes N x und insbesondere das im Motivenbericht angeführte Motiv hiefür, wo doch von der gewünschten "Freihaltung der Höfe (dies eindeutig im Sinn von "Innenhöfe")" nur für jene Bereiche gesprochen wird, die mit dem entsprechend gesetzlich determinierten Begriff "innere Baufluchtlinie" handschriftlich versehen waren, was beim gegenständlichen Bereich aber gerade nicht geschehen ist.

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich kann somit  letztlich der Argumentation der belangten Behörde nachkommen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

 

Die Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung war aus folgenden Gründen nicht erforderlich:

 

Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 2 Z 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

 

Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal habe, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigen würden. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige.

 

In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein), hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren gebe, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung aufträten oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne.

 

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist im gegenständlichen Beschwerdefall geklärt. In den vorliegenden Beschwerdeschriftsätzen wurden ausschließlich Rechtsfragen aufgeworfen, zu deren Lösung im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Art. 6 EMRK steht somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen (vgl. zum Gesagten VwGH 15.5.2014, 2012/05/0089, mit Bezugnahme auf die oben wiedergegebene Judikatur des EGMR).

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (hiezu wird auf die zitierten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen). Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Roland Kapsammer

Beachte:

Die Revision wurde zurückgewiesen.

VwGH vom 29. September 2016, Zl.: Ra 2015/05/0048-11