LVwG-300651/8/GS/SPE

Linz, 11.06.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Mag.a Gabriele Saxinger über die Beschwerde des  Finanzamtes Grieskirchen Wels, Finanzpolizei Team 46, Dragonerstraße 31, 4601 Wels, vom 10. Februar 2015, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 3. Februar 2015, GZ: SV96-92-2014, wegen Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 29. April 2015,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als hinsichtlich des Tatvorwurfes festgestellt wird, dass Herr P. W., geb. x, x, x, als Dienstgeber (Gewerbestandort x, x), Herrn J. B., geb. x, bei welchem es sich um eine in der Krankenversicherung (vollversicherte) pflichtversicherte Person handelt, von 2.7.2014 bis 31.7.2014 am Beschäftigungsort x, x beschäftigt hat, obwohl dieser nicht vor Arbeitsantritt bei der Oö. Gebietskrankenkasse zur Pflichtversicherung als vollversicherte Person angemeldet wurde. P. W. wäre als Dienstgeber verpflichtet gewesen, den Beschäftigten vor Arbeitsantritt anzumelden und es wurde die Meldung nicht erstattet. Er hat dadurch die Rechtsvorschriften des § 111 Abs.1 Z1 iVm § 33 Abs.1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) verletzt. Gemäß § 45 Abs.1 Z 4 Verwaltungsstrafgesetz (VstG) wird von der Verhängung einer Geldstrafe abgesehen. Gleichzeitig wird dem Beschuldigten unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Handelns eine Ermahnung erteilt.

 

 

II.      Für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

III.   Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a VwGG eine Revision nach Art. 133 Abs.4 B-VG unzulässig.

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I.1.       Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 3. Februar 2015, GZ: SV96-92-2014, wurde das Verwaltungsstrafverfahren gegen Herrn P. W., geb. x, wegen des Verdachtes einer Verwaltungsübertretung nach § 111 Abs.1 Z 1 iVm § 33 Abs.1 ASVG, eingestellt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass gemäß der Anzeige des Finanzamtes Grieskirchen Wels Herr W. verdächtig gewesen wäre, Herrn J. B. als Dienstgeber (Gewerbestandort x, x) von 2.7.2014 bis 14.10.2014 in x, x, beschäftigt zu haben, ohne diesen vor Arbeitsantritt bei der Oö. GKK als vollversicherte Person anzumelden. Durch seine rechtsfreundliche Vertretung hätte Herr W. der Bezirkshauptmannschaft Gmunden dazu mitgeteilt, dass Herr B. über alle tätigkeitsrelevanten Gewerbeberechtigungen verfügt habe. Es habe keine Einbindung in die betriebliche Struktur bestanden. Die verwendeten Betriebsmittel habe Herr B. selber beigebracht und auch in Rechnung gestellt. Diese erstellen Rechnungen wären Abrechnungen einzelner abgeschlossener Gewerke und nicht auftragsunabhängige Arbeitsstunden. Die Oö. GKK hätte Herrn W. mit Schreiben vom 20.1.2015 mitgeteilt, dass aufgrund der im Rahmen der weiteren Sachverhaltserhebungen übermittelten Unterlagen der Strafantrag der Finanzpolizei vom 23.10.2014 nicht mehr weiter verfolgt und der Akt abgelegt werde.

 

I.2.       Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde des Finanzamtes vom 10. Februar 2015. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Behörde die Einstellung im Wesentlichen auf die Auskunft der rechtlichen Vertretung des Beschuldigten und das Schreiben der Oö. GKK stütze. Offenbar wäre bei der Sachverhaltsbeurteilung durch die Behörde, den durch die Finanzpolizei festgestellten Beweisen und Aussagen keine Beachtung geschenkt worden. Die tätigkeitsrelevanten Gewerbeberechtigungen seien erst mit 1.8.2014 entstanden, somit nachdem die Rechnungen mit den Nr. 99, 100, 101 und 102 (Leistungszeitraum 2.7.2014 bis 30.7.2014) ausgestellt worden wären. Eine gültige Gewerbeberechtigung sei somit unwiderlegbar erst ein Monat nach Beginn der Beschäftigung entstanden. Zur Einbindung in die Betriebsstruktur habe B. in der mit ihm am 14.10.2014 aufgenommenen Niederschrift angegeben, dass er 90 % der Aufträge in der Werkstatt von W. erledigen würde, ein Arbeiten in der eigenen Werkstatt aufgrund des Risikos nicht möglich sei (max. 10 % der Aufträge …), dass (Standard-)Werkzeug von W. zur Verfügung gestellt werde (Spezialwerkzeug würde keines benötigt werden). B. habe in derselben Niederschrift wortwörtlich angegeben, dass Material wie zB Öle, von W. kommen würden (Öle = Betriebsmittel), eine Abrechnung könne demnach gar nicht erfolgen und sei auch auf den abgelegten Abrechnungen nirgendwo ersichtlich. B. habe wortwörtlich angegeben: „Die Höhe der Rechnung richte sich primär nach dem Zeitaufwand“, somit explizit nicht nach „abgeschlossenen Gewerken“, auch auf den Rechnungen 99 bis 102 wären „unterstützende Mitwirkung bei Wartung und Service von Außenbordmotoren“, „Reinigung/Aufbereitung diverser Boote“, „unterstützende Maßnahmen bei Instandsetzungsarbeiten“, „Unterstützung bei diversen Umbauarbeiten an Booten/Motoren“ verrechnet worden. Alleine aus dem Wortlaut der in Rechnung gestellten Arbeiten ergebe sich schlüssig und zweifelsfrei, dass die Tätigkeiten ab 2.7.2014 zumindest bis Ende Juli 2014 nicht selbstständig ausgeführt werden hätten können. Außerdem würden folgende weitere Beweise für die unselbstständige Tätigkeit festgehalten: B. hafte laut seinen Angaben nicht für seine Arbeiten, B. bezahle nichts für die Benutzung des zur Verfügung gestellten Werkzeuges und B. betreibe keine Werbung für Bootsreparaturen und wäre bis zum Zeitpunkt der Kontrolle ausschließlich für W. tätig gewesen. Die Rechtsbeziehung zwischen dem Beschuldigten und J. B. müsse aufgrund der vorliegenden Fakten nach objektiver Beurteilung als (vollversicherungspflichtiger) „freier Dienstvertrag“ qualifiziert werden. Eine Anmeldung zur Sozialversicherung vor Beschäftigungsbeginn (laut vorgelegter Rechnung mit der Nr. 99 wäre das der 2.7.2014 gewesen) sei unterblieben, somit wäre gegen § 33 Abs.1 iVm § 111 Abs.1 ASV verstoßen worden. Es werde der Antrag gestellt, die belangte Behörde möge die Einstellung beheben und durch ein Straferkenntnis unter Aussprache der beantragten Strafhöhe ersetzen, in eventu der nächsthöheren Instanz mit dem Antrag zur Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vorlegen.

 

I.3.       Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat die Beschwerde samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 19. März 2015 dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidungsfindung vorgelegt.

 

I.4.       Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 29. April 2015. An dieser nahmen ein Vertreter des Finanzamtes, Herr P. W. im Beisein seines Rechtsvertreters und Herr J. B. als Zeuge teil.

 

 

II.         Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Bei einer Kontrolle durch die Finanzpolizei am 14.10.2014 ab 16.40 Uhr wurde im Betrieb des W. P., x, x, der österreichische Staatsangehörige B. J., geb. x, angetroffen. Herr B. war zu Kontrollbeginn mit dem Einbau eines Vergaserdichtsatzes in einen Bootsmotorenvergaser beschäftigt. Herr P. W. betreibt einen Verkauf von Booten, Bootszubehör und –service an verschiedenen Standorten (T und zweimal in W). Die große Werkstatt von Herrn W. befindet sich in der x in W. Herr W. erteilte Herrn B. jeweils mündlich Reparaturaufträge für verschiedene Boote. Im Juli 2014 verrichtete Herr B. Bootsreparaturen ausschließlich für Herrn W. in dessen Werkstatt. Teilweise arbeitete Herr B. gemeinsam mit Herrn W. an einem Boot. Wesentliche eigene Betriebsmittel besaß Herr B. im verfahrensgegenständlichen Zeitraum nicht.

Für den Leistungszeitraum Juli 2014 legte Herr B. an Herrn W. folgende Rechnungen:

Rechnung Nr. 99 vom 7.7.2014, Leistungszeitraum 2.7.2014 bis 7.7.2014: „Unterstützende Mitwirkung bei Wartung und Service bei Außenbordmotoren“.

Rechnung Nr. 100 vom 14.7.2014, Leistungszeitraum 14.7.2014 bis 17.7.2014: „Reinigung/Aufbereitung diverser Boote, Zeitaufwand 20 Stunden mal á 50“.

Rechnung Nr. 101 vom 22.7.2014, Leistungszeitraum 21.7.2014 bis 22.7.2014: „Unterstützende Maßnahmen bei Instandsetzungsarbeiten“.

Rechnung Nr. 102 vom 30.7.2014, Leistungszeitraum 28.7.2014 bis 30.7.2014: „Unterstützung bei diversen Umbauarbeiten an Booten/Motoren“.

 

Mit 1. August 2014 meldete Herr B. das reglementierte Gewerbe des Bootsmotorenmechanikers bzw. –elektrikers am Betriebsstandort x in W an. Dazu mietete Herr B. ab 1. August 2014 eine Halle an dieser Adresse als Betriebsstandort an.

Im Juli 2014 betrieb Herr B. nur einen Fahrzeugersatzteilhandel mit dem Büro in der x und einen Fahrzeugstandplatz in der x, jeweils in W.

 

Laut Sozialversicherungsauszug von Herrn B. war dieser bei Herrn W. zu keiner Zeit als Dienstnehmer/freier Dienstnehmer bei der Oö. Gebietskrankenkasse angemeldet.

 

 

III.          Beweiswürdigung:

 

Der festgestellte Sachverhalt ist unstrittig und ergibt sich aus den glaubwürdigen Aussagen des Herrn W. und des Zeugen J. B. bei der mündlichen Verhandlung vor dem Oö. Landesverwaltungsgericht (LVwG) am 29. April 2015.

 

Herr W. sagte aus, dass die Zusammenarbeit mit Herrn B. seit Juli 2014 besteht. Er machte in der Verhandlung ausdrücklich das Zugeständnis, dass aus den gelegten Rechnungen die einzelnen Gewerke nicht hervorgehen. Weiters ist unbestritten, dass ab 1. August 2014 die entsprechende Gewerbeberechtigung für  Bootsreparaturen hinsichtlich Herrn B. vorliegt und er seit diesem Zeitpunkt eine Halle als Betriebsstandort angemietet hat.

Herr B. schilderte in der Verhandlung auch glaubwürdig, dass er im Juli 2014 Bootsreparaturen lediglich für Herrn W. verrichtet hat und, dass Arbeiten teilweise gemeinsam mit Herrn W. an einem Boot vorgenommen wurden.

 

 

 

IV.          Rechtliche Beurteilung:

 

Gemäß § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. Als Dienstnehmer gelten jedenfalls Personen, die mit Dienstleistungsscheck nach dem Dienstleistungsscheckgesetz (DLSG), BGBl. I Nr. 45/2005, entlohnt werden. Als Dienstnehmer gilt jedenfalls auch, wer nach § 47 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist, es sei denn, es handelt sich um

 

1.   Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit. a oder b EStG 1988 oder

 

2.   Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG 1988, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen oder

 

3.   Bezieher/innen von Geld- oder Sachleistungen nach dem Freiwilligengesetz.

 

Gemäß § 4 Abs. 4 ASVG stehen den Dienstnehmern im Sinne dieses Bundesgesetzes Personen gleich, die sich auf Grund freier Dienstverträge auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichten, und zwar für

 

1.   einen Dienstgeber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes, seiner Gewerbeberechtigung, seiner berufsrechtlichen Befugnis (Unternehmen, Betrieb usw.) oder seines statutenmäßigen Wirkungsbereiches (Vereinsziel usw.), mit Ausnahme der bäuerlichen Nachbarschaftshilfe,

 

2.   eine Gebietskörperschaft oder eine sonstige juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. die von ihnen verwalteten Betriebe, Anstalten, Stiftungen oder Fonds (im Rahmen einer Teilrechtsfähigkeit),

 

wenn sie aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistungen im Wesentlichen persönlich erbringen und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen; es sei denn,

 

a.    dass sie auf Grund dieser Tätigkeit bereits nach § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 GSVG oder § 2 Abs. 1 BSVG oder nach § 2 Abs. 1 und 2 FSVG versichert sind oder

 

b.    dass es sich bei dieser Tätigkeit um eine (Neben-)Tätigkeit nach § 19 Abs. 1 Z 1 lit. f B-KUVG handelt oder

 

c.    dass eine selbständige Tätigkeit, die die Zugehörigkeit zu einer der Kammern der freien Berufe begründet, ausgeübt wird oder

 

d.   dass es sich um eine Tätigkeit als Kunstschaffender, insbesondere als Künstler im Sinne des § 2 Abs. 1 des Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetzes, handelt.

 

Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist. Gemäß Abs. 2 leg.cit. gilt Abs. 1 für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit.a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten ist.

 

 Nach § 35 Abs. 1 ASVG gilt als Dienstgeber im Sinne dieses Bundesgesetzes derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs(Lehr)verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgelts verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.

 

Gemäß § 111 Abs. 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes 1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder 2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder 3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder 4. gehörig ausgewiesene Bedienstete oder Ver­sicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

Gemäß § 111 Abs. 2 leg.cit. ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar mit Geldstrafe von 730 Euro bis 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis 5.000 Euro, bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Gemäß § 539a Abs.1 ASV ist für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (zB Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend.

 

Festgehalten wird, dass sich die Beschwerde des Finanzamtes gegen den Einstellungsbescheid der belangten Behörde nur auf den Zeitraum 2.7.2014 bis 31.7.2014 bezieht. Daher ist der Einstellungsbescheid der belangten Behörde hinsichtlich des Zeitraumes 1.8.2014 bis 14.10.2014 bereits in Rechtskraft erwachsen.

 

Beurteilung betreffend Zeitraum 2.7.2014 bis 31.7.2014:

 

Für die erkennende Richterin ist nicht ersichtlich, worin bei den für den Leistungszeitraum Juli 2014 vorgelegten Rechnungen die genau umrissene, einen Werkvertrag begründende Leistung liegen soll. Vom Vorliegen eines Werkvertrages ist aufgrund der Unbestimmtheit der Leistungsumschreibung nicht auszugehen. Auch Herr W. räumte in der Verhandlung ein, dass die einzelnen Gewerke nicht aus den vorgelegten Rechnungen hervorgehen.

Herr W. hat mit Herrn B. vielmehr mündlich vereinbart, Reparaturarbeiten an verschiedenen Booten durchzuführen. Es handelt sich dabei um ein Dauerschuldverhältnis, bei dem die geschuldeten Leistungen  (Bootsreparaturen) gattungsmäßig umschrieben sind. Daher scheidet eine selbständige Tätigkeit aufgrund eines Werkvertrages (= Zielschuldverhältnis) aus. Dass die Tätigkeit im Juli 2014 nicht in wirtschaftlicher Selbständigkeit durch Herrn B. ausgeführt wurde, wird auch durch die Tatsache untermauert, dass dieser im Juli 2014 über keinen entsprechenden Betriebsstandort verfügte und es ihm somit im Juli 2014 an einer eigenen betrieblichen Struktur mangelte. Wesentliche eigene Betriebsmittel besaß Herr B. im verfahrensgegenständlichen Zeitraum auch nicht. Weiters war Herr B. im Juli 2014 ausschließlich für Herrn W. in dessen Werkstatt in W tätig.

In der mündlichen Verhandlung wurde sowohl von Herrn W. als auch Herrn B. ausgesagt, dass aus den gestellten Rechnungen keine einzelnen Gewerke ersichtlich sind. Aufgrund der in der Verhandlung geschilderten Ausführung der Bootsreparaturtätigkeit durch Herrn B. ist allerdings nicht von einem Überwiegen der persönlichen Abhängigkeit auszugehen. Es fehlte an einer Weisungsbindung hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort und Verhalten bei der Arbeit. Ebenso zeigten sich keine Kontrollbefugnisse des Herrn W. und Herrn B. mangelte es auch an einer Einbindung bzw. Eingliederung in den Betrieb des Herrn W.. Ein abhängiges Dienstverhältnis nach § 4 Abs.2 ASG scheidet daher aus.

 

Vielmehr ist aufgrund des wahren wirtschaftlichen Gehaltes davon auszugehen, dass sich Herr B. gegenüber Herrn W. aufgrund eines freien Dienstvertrages auf unbestimmte Zeit persönlich zur Erbringung von anfallenden Bootsreparaturen (Dienstleistungen) verpflichtete. Herr B. stellte Herrn W. seine Arbeitskraft zur Verfügung, ohne sich jedoch in persönliche Abhängigkeit des Herrn Wegman zu begeben. Beim freien Dienstvertrag kommt es auf die geschuldete Mehrheit gattungsmäßig umschriebener Leistungen, die von Seiten des Bestellers laufend konkretisiert werden, ohne persönliche Abhängigkeit an (VwGH vom 21.12.2011, 2010/08/0129).

Herr B. erbrachte die Dienstleistung persönlich und führte sie nicht unentgeltlich aus (siehe vorgelegte Rechnungen).

 

Hingewiesen wird, dass von der Versicherungspflicht nach § 4 Abs.4 ASVG u.a. nur solche Aufträge ausgenommen wären, die von Gewerbetreibenden nach dem GSVG im Rahmen ihrer Gewerbeberechtigung erbracht werden. Die entsprechende Gewerbeberechtigung für Bootsreparaturen erlangte Herr B. jedoch erst mit 1.8.2014. Auf Grund dieser Tätigkeit lag daher im Juli 2014 keine GSVG – Versicherung vor.

 

Der Einwand des Rechtsvertreters des Herrn W., dass Herr B. bereits seit 1. März 2013 über eine Gewerbeberechtigung als Fahrzeughändler verfügte und die von Herrn B. verrichteten Bootsreparaturtätigkeiten durch die Nebenrechte dieser Gewerbeberechtigung abgedeckt sei, besteht nicht zu Recht. Diese Nebenrechte, die dem Gewerbe des Fahrzeughandels zustehen, sind eingeschränkt auf Service- und Wartungsarbeiten an Fahrzeugen. Die verfahrensgegenständlichen Reparaturarbeiten an Booten sind davon nicht erfasst.

Unstrittig liegt die tätigkeitsrelevante Gewerbeberechtigung erst mit 1.8.2014 vor.

 

Aus den angeführten Gründen ist somit aufgrund des wahren wirtschaftlichen Gehaltes ersichtlich, dass Herr B. für Herrn W. im Juli 2014 als freier Dienstnehmer iSd § 4 Abs.4 ASVG tätig war. Auch freie Dienstnehmer gemäß § 4 Abs.4 ASVG sind gemäß § 33 ASVG vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden. Eine solche Anmeldung lag aber unstrittig nicht vor, weshalb der Tatbestand nach § 111 Abs.1 ASG objektiv erfüllt ist. Die Verwaltungsübertretung ist Herrn W. daher in objektiver Hinsicht vorwerfbar.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Beschuldigte initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen der allgemein gehaltenen Behauptungen reicht für die „Glaubhaftmachung“ nicht.

 

Herrn W. obliegt es als Unternehmer, sich über die rechtlichen Voraussetzungen und faktischen Umstände der beabsichtigten, in Auftrag gegebenen Bootsreparaturtätigkeiten ausreichend zu informieren.

Herr W. beteuerte in der mündlichen Verhandlung, dass alles nach den rechtlichen Vorschriften ablaufen habe sollen, eine Gewerbeanmeldung jedoch einige Zeit dauert. Trotz Nichtvorliegen der entsprechenden Gewerbeanmeldung im Juli 2014 hat jedoch Herr B. seine Bootsreparaturtätigkeit für Herrn W. aufgenommen. Durch diese Vorgangsweise ist fahrlässiges Verhalten bei Herrn W. eindeutig belegt. Herrn W. ist die Tat daher auch subjektiv vorwerfbar.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Wesentlich für die Strafbemessung hinsichtlich der Nichtmeldung von Herrn B. zur Sozialversicherung im Juli 2014 ist, dass von Herrn W. im Vorfeld entsprechende Erkundigungen eingeholt wurden und ab August 2014 der gesetzmäßige Zustand hergestellt wurde. Offensichtlich bedingt durch eine Handverletzung des Herrn W. im Juli 2014 war jedoch ein rascheres Tätigwerden von Herrn B. erforderlich. Von der erkennenden Richterin wird daher das Verschulden des Herrn W. als gering gewertet.

 

Wesentlich für die Strafbemessung ist, dass der gesetzmäßige Zustand nicht erst aus Anlass der Kontrolle durch die Finanzpolizei hergestellt wird. Der Schutzzweck der übertretenen Norm ist nicht bloß darauf gerichtet, die Pflichtversicherung für die Beschäftigten sicherzustellen. Wesentlicher Zweck der – vor Arbeitsantritt erfüllenden Meldepflicht – gemäß § 33 ASVG in der Fassung des Sozialversicherungsrechts-Änderungsgesetz 2007, BGBl. I Nr. 37/2007, ist die Bekämpfung der Schwarzarbeit (vlg. die Erläuterungen zur Regierungsvorlage, 77 BLG. Nr. 23. GP, 3).

Zusammengefasst ergibt sich, dass das Verschulden des Beschuldigten als gering anzusehen ist und die Folgen der zur Last gelegten Übertretung unbedeutend sind. Aufgrund der Schilderung von Herrn W. und Herrn B. ist für die erkennende Richterin klar erkennbar, dass beide bemüht waren, die gegenständliche Tätigkeit rechtskonform auszuführen. Zum Zeitpunkt der finanzpolizeilichen Kontrolle war dieser Zustand bereits längst hergestellt. Da somit der wesentliche Schutzzweck der gegenständlichen Norm nicht beeinträchtigt wurde, sind die Voraussetzungen der Anwendung des § 45 Abs.1 Z 4 VStG gegeben.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z 4 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind.

Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Seit 1.7.2013 ist diese Bestimmung des VStG in Geltung und entspricht gemäß den Erläuternden Bemerkungen im Wesentlichen dem bisherigen § 21 Abs.1 VStG.

 

Die erkennende Richterin gelangt zur Auffassung, dass zwar der Tatvorwurf betreffend den Bf nicht sanktionslos bleiben darf, da die völlige Straflosigkeit weitreichende Beispiels- und Folgewirkungen nachziehen könnte, aufgrund der besonderen Sachverhaltslage kann jedoch mit der Erteilung einer Ermahnung, unter gleichzeitigem Hinweis auf die Rechtswidrigkeit des Verhaltens des Bf das Auslangen gefunden werden.

 

Aus den angeführten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

V.        Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag.a Gabriele Saxinger