LVwG-650334/8/SCH/HK

Linz, 15.06.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Gustav Schön über die Beschwerde der Frau K R H, vertreten durch A Rechtsanwaltspartnerschaft, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 27.01.2015, GZ. VerkR21-510-2014, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung und weitere Anordnungen nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 10. Juni 2015

 

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung mit 4 Monaten bestimmt wird und die begleitenden Maßnahmen mit Ausnahme der Nachschulung zu entfallen haben.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. 1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding (im Folgenden: belangte Behörde) vom 27. Jänner 2015, VerkR21-510-2014, wurde Frau K R H in Bestätigung eines vorangegangenen Mandatsbescheides gemäß §§ 7, 24 und 25 Führerscheingesetz (FSG) die Lenkberechtigung für die Klassen AM und B wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von
6 Monaten, gerechnet ab Zustellung des Mandatsbescheides, also mit
7. November 2014, entzogen.

Zudem wurde die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Beschwerde wegen Gefahr in Verzug gemäß § 64 Abs.2 AVG ausgeschlossen.

 

2. Gegen diesen Bescheid, zugestellt am 30. Jänner 2015, wurde durch den Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin rechtzeitig Beschwerde erhoben. Diese ist von der belangten Behörde samt Verfahrensakt dem Landesverwaltungs-gericht Oberösterreich vorgelegt worden.

Dieses hatte gemäß § 2 VwGVG durch den zuständigen Einzelrichter zu entscheiden.

 

3. Begründend verweist die belangte Behörde auf den Umstand, dass die Beschwerdeführerin als Lenkerin eines Kraftfahrzeuges am 26. Oktober 2014 um 03:53 Uhr an einer näher umschriebenen Örtlichkeit im Zuge einer Verkehrskontrolle betreten wurde, als der Atemalkoholgehalt einen Wert von 0,82 mg/l aufwies. Die belangte Behörde hegt keine Zweifel an dem Messwert und verweist bezüglich auf entsprechende Literatur, wonach, wenn das Ergebnis der Alkomatmessung in der oftmals großen Bandbreite bezüglich Abbaurate von 0,10 ‰– 0,25 ‰ pro Stunde liegt, auch bei einer erfolgten Blutabnahme und Rückrechnung auf den Lenkzeitpunkt von der Richtigkeit der Atemalkoholmessung ausgegangen werden könne.

Im vorliegenden Fall ist die Beschwerdeführerin nach Einhaltung der vorgeschriebenen Wartezeit von ca. 15 Minuten ab Beginn der Amtshandlung einer Atemluftalkoholuntersuchung unterzogen worden. Die beiden Teilmessungen erfolgten laut Aktenlage um 04:16 Uhr bzw. 04:17 Uhr.

Die Beschwerdeführerin hat sich in der Folge einer Blutabnahme im Krankenhaus Ried im Innkreis unterzogen. Diese erfolgte um 06:15 Uhr des Vorfallstages. Die von der Gerichtsmedizin Salzburg – Linz durchgeführte Alkoholbestimmung für diesen Zeitpunkt ergab einen Wert von 1,08 ‰.

Die belangte Behörde hat eine Rückrechnung durch den amtsärztlichen Dienst auf den Lenkzeitpunkt durchführen lassen, wobei amtsärztlicherseits je nach berücksichtigtem bzw. anzunehmendem Abbauwert sich eine Blutalkoholkonzentration von 1,32 ‰ – 1,68 ‰ ergibt.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, vgl. etwa VwGH 28.6.2013, 2011/02/0038, kann der mittels Alkomat gemessene Wert nur durch eine vom Probanden selbst zur veranlassenden Blutabnahme einschließlich Bestimmung des Blutalkoholgehaltes widerlegt werden. Ebenso judiziert der Verwaltungsgerichtshof durchgängig, dass der stündliche durchschnittliche Verbrennungswert des Alkohols im Blut 0,10 bis 0,12 ‰ betrage (vgl. etwa VwGH 25.6.2010, 2009/02/0308).

Zur Bestimmung des § 5 Abs.8 StVO 1960, welcher die Blutabnahme regelt, hat der Verwaltungsgerichtshof Folgendes ausgesprochen:

Der Gesetzgeber ging bei der Neufassung dieser Bestimmung durch die
19. StVO-Novelle von der Gleichwertigkeit der Atemalkoholmessung und der Blutuntersuchung sowie davon aus, dass die bei einer auf Verlangen des Probanden vorgenommenen Untersuchung des Blutes auf Alkohol erzielten Messergebnisse gleichermaßen wie vom Beschuldigten selbst beigebrachte Beweismittel von der Behörde  im Verwaltungsstrafverfahren im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu beurteilen sein werden. Die Auffassung der Beschwerdeführerin, bei Vorliegen eines „Blutalkoholwertes“ könne nicht mehr auf den „Atemalkoholgehalt“ abgestellt werden, ist vor diesem rechtlichen Hintergrund verfehlt. (Da die Ausführungen des medizinischen Amtssachverständigen über den mittleren Wert des Blutalkoholgehaltes und dem Ergebnis der Atemluftmessung nicht in Widerspruch standen, konnte die Atemluftmessung durch die Ergebnisse der Blutuntersuchung nicht widerlegt werden.); VwGH 24.9.1997, 97/3/0119. Grundsätzlich wird im Falle einer Rückrechnung eines bestimmten Blutalkoholwertes auf eine davor gelegene Tatzeit von dem für den Probanden günstigeren, weil niedrigeren Wert oder zumindest vom durchschnittlichen Wert auszugehen sein. Dieser liegt – siehe die obige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes – bei 0,1 – 0,12 ‰ pro Stunde. Läge im vorliegenden Fall nicht ein Alkomatmessergebnis vor, würde die Beschwerdeführerin den Vorwurf „bloß“ eines Blutalkoholwertes zum Lenkzeitpunkt von 1,32 ‰ zu verantworten haben. Ginge man, wie die belangte Behörde unter Hinweis auf die oben zitierte Literatur vermeint, davon aus, dass ein Alkomatwert schon immer dann ausreichend beweiskräftig ist, wenn sich der Rückrechnungswert im Spektrum zwischen 0,10 und 0,25 ‰ pro Stunde bewegt, würde im Endeffekt die Gegenbeweismöglichkeit, die ja die Blutabnahme eröffnet, de facto ausgeschaltet. Wohl auch aus diesem Grund findet sich in dem Judikat des Verwaltungsgerichtshofes vom 24.9.1997 der Hinweis auf einen Mittelwert. Lässt sich eine Rückrechnung mit dem Alkomatmessergebnis nur mit dem oberen Abbaugrenzwert von 0,25 ‰ in Einklang bringen, dann kommt dem Alkomatmesswert nicht mehr jene Gleichwertigkeit zu wie dem Ergebnis einer Rückrechnung mit einem mittleren bzw. durchschnittlichen Abbauwert. Im vorliegenden Fall kommt noch dazu, dass sich die beiden Werte, die in einem zeitlichen Abstand von ziemlich genau zwei Stunden ermittelt wurden, neu bei einem stündlichen Abbauwert bei der Beschwerdeführerin von 0,28 ‰ in Einklang bringen ließen.

In Anbetracht dieser Erwägungen kann nicht mehr mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass das Alkomatmessergebnis den vorzuwerfenden Alkoholwert widerspiegelt, sondern muss das Ergebnis der Blutuntersuchung die Grundlage bilden.

Damit hat die Beschwerdeführerin, angesichts eines jedenfalls vorzuwerfenden Blutalkoholgehaltes von 1,32 ‰ zum Lenkzeitpunkt, eine Verwaltungsübertretung gemäß § 99 Abs.1a (Blutalkoholgehalt ab 1,2 ‰, aber weniger als 1,6 ‰) zu verantworten und nicht eine solche nach § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960.

Dieser Umstand bewirkt wiederum führerscheinrechtlich gemäß § 26 Abs.2 Z4 FSG eine Mindestentziehungsdauer der Lenkberechtigung von 4 Monaten. Diesfalls entfällt auch die bei Übertretungen des § 99 Abs.1 StVO 1960 zwingend vorgeschriebene verkehrspsychologische sowie amtsärztliche Untersuchung. Im verfahrensgegenständlichen Fall liegen keine Grundlagen dafür vor, von der gesetzlich vorgesehenen Möglichkeit der Vorschreibung solcher Untersuchungen gemäß
§ 24 Abs.3 FSG Gebrauch zu machen. Als zwingende Maßnahme gemäß § 24 Abs.3 Z3 FSG verblieb sohin die von der Behörde angeordnete Nachschulung.

Auch liegen keine Gründe zur Annahme vor, dass bei der Beschwerdeführerin nicht mit der Mindestentziehungsdauer, nunmehr 4 Monate, das Auslangen gefunden werden könnte.

Bezüglich der Festsetzung des Beginnes der Entziehungsdauer mit der Zustellung des Mandatsbescheides hegt das Landesverwaltungsgericht entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin keine Bedenken.

 

Zu II.:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes am, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von jeweils 240 Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Gustav Schön