LVwG-000095/9/FP
Linz, 17.06.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Pohl über die Beschwerde von G L, geb. 1957, vertreten durch Dr. M M, Rechtsanwalt in L, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 16. Jänner 2015, GZ. SanRB96-46-2014, wegen eines Verstoßes gegen das LMSVG
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde dahingehend Folge gegeben, dass die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe auf 5 Stunden herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Textteil des Spruchs wie folgt zu lauten hat:
„Sie haben es als verantwortlicher Beauftragter der H Fleischwaren GmbH zu vertreten, dass am 2. Mai 2014 eine als „Vorderschinken Diskont geschnitten“ bezeichnete Kochpökelware durch Lieferung an die Firma S in Verkehr gebracht wurde, obwohl es sich bei dieser Sachbezeichnung um eine zur Irreführung geeignete Angabe handelt, weil das Produkt die qualitativen Anforderungen von Schinken nicht erfüllt, sondern aus einer brätartigen Masse mit eingearbeiteten Fleisch- und Bindegewebsanteilen besteht und Stärke zugesetzt wurde. Diese Deklaration ist dazu geeignet eine Täuschung über die Art, Zusammensetzung und Herstellungsart des Lebensmittels herbei zu führen, zumal ein als Schinken deklariertes Produkt weder Brät noch zugesetzte Stärke enthalten darf.“
II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten
III. Der Beschwerdeführer hat gem. § 71 Abs 3 LMSVG Kosten der Lebensmitteluntersuchung in Höhe von 67,94 Euro zu ersetzen
IV. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.1. Im Straferkenntnis vom 16. Jänner 2015 warf die belangte Behörde dem Bf Nachstehendes vor:
Sie haben es als der der Behörde für die vorliegende Verwaltungsübertretung genannte verantwortlich Beauftragte gemäß § 9 Abs. 2 VStG der Firma "H Fleischwaren GmbH" mit dem Sitz in B L, zu vertreten, dass am 05.05.2014 um 14:25 Uhr das Produkt "Vorderschinken Diskont geschnitten" in Verkehr gebracht war. Die Probeziehung erfolgte, am 05:05.2014 um, 14:25 Uhr gemäß § 35 LMSVG im Betrieb S, durch ein Aufsichtsorgan gemäß § 24 LMSVG. Die Untersuchung der Probe wurde von der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH durchgeführt.
Die im Gutachten der AGES angeführte Probe (Amtliches Untersuchungszeugnis der AGES mit der Auftragsnummer 14045573 und dem Probenzeichen 4003BRUN0025/14) mit der Bezeichnung "Vorderschinken Diskont geschnitten" weist ein Wasser:Eiweiß-Verhältnis von 5.8 auf.
Der Grenzwert für Schinken (Kochpökelware, vom Schlögl) gemäß Österreichischem Lebensmittelbuch, Codexkapitel B 14 Fleisch-, und Fleischerzeugnisse, unter Kapitel G i (Grenzwerte) G. 1.2.8.1.2. beträgt 4.0 (Toleranz ist 0,2).
Das Wasser:Eiweiß-Verhältnis der vorliegenden Probe überschreitet somit '. auch unter Berücksichtigung der Messunsicherheit und der Analysetoleranz diesen Grenzwert.
Das Wasser:Eiweiß-Verhältnis, das Schnittbild (brätartige Masse mit eingearbeiteten Fleisch- und Bindegewebsteilen) und die Zugabe von Stärke entsprechen nicht einem Schinken. Die Bezeichnung „Schinken" ist auf ein derartiges Produkt nicht anwendbar und die Auslobung als „Schinken" ist nicht zulässig.
Das Produkt, aus dem die Probe stammt, ist daher mit einer zur Täuschung geeigneten Angabe und somit, mit einer zur Irreführung geeigneten Angabe gem. § 5 Abs. 2 Z 1 LMSVG in Verkehr gebracht worden.
Zum Zeitpunkt der Probenziehung war der Mangel nicht deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht.
Es wurde zudem nicht sichergestellt, dass die Ware in ihrer den lebensmittelrechtlichen Vorschriften nicht entsprechenden Beschaffenheit nicht zum Verbraucher gelangt. Die Ware wurde im Kühlraum des Betriebes S aufgefunden und offensichtlich zur Herstellung von Speisen und Pizzen verwendet.
Die Ware war durch die Lieferung an die S am 02.05.2014 mit einer zur Irreführung geeigneten Angabe in Verkehr gebracht worden.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 90 Abs. 1 2. 1 i.V.m. § 5 Abs. 2 2. 1 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz (LMSVG), BGBl. Nr. 13/2006 i.d.g.F.
Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von | falls diese unein- bringlich ist Ersatz- freiheitsstrafe von | Freiheitsstrafe von | Gemäß |
500,00 Euro | 12 Stunden |
| § 90 Abs. 1 LMSVG |
Weitere Verfügungen (zB Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):
-----
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:
50,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe, mindestens jedoch 10,00 Euro (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 100,00 Euro angerechnet);
Gemäß § 71 Abs. 3 LMSVG haben Sie 76,99 Euro als Ersatz der Barauslagen für die Untersuchungskosten der AGES zu zahlen.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher
626,99 Euro.
[...]
Begründung:
Im Rahmen einer Schwerpunktaktion am 05.05.2014 bei dem Gastrobetrieb S wurde die Ware mit der Bezeichnung „Vorderschinken Diskont geschnitten" entnommen.
Mit Schreiben vom 09.09.2014 wurden Sie seitens der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung aufgefordert, sich zu rechtfertigen.
Mit Schreiben vom 26.09.2014 stellten Sie durch Ihren Rechtsanwalt Dr. M M, den Antrag, das gegen Sie eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Darin führten Sie aus:
„Der Beschuldigte erstattet betreffend der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 09.09.2014 nachstehende Rechtfertigung:
1. Der Beschuldigte hat die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung weder in objektiver noch in subjektiver Hinsicht begangen.
2. Das Produkt, welches im Betrieb S (W) aufgefunden wurde, wurde für den Gastronomiebetrieb als „Vorderschinken Diskont geschnitten" von der H F GmbH geliefert.
Die Auslobung des Produktes seitens des Betriebes S A A steht im Machtbereich der H F GmbH, da es sich um ein von dieser komplett fremdes Unternehmen handelt
Wie fremde Firmen ihrerseits Produkte ausweisen, kann dem Beschuldigten nicht zur Last gelegt werden.
3. Die H F GmbH hat auf ihrem Etikett den Vermerk „Zur Weiterverarbeitung als Pizzabelag bestimmt. Erhöhtes Wasser-Eiweiß-Verhältnis." angebracht. Daraus ergibt sich, dass die Ware nur für die Weiterverarbeitung bestimmt war. Das im Betrieb S A A weiterverarbeitete Produkt wurde speziell an die
Anforderungen einer Wiederverarbeitung als Pizzabelag angepasst und trägt daher diesen
Zusatz.
Das Produkt gibt keinerlei Anlass zur Beanstandung. Da der Beschuldigte die Ware zur Weiterverarbeitung übergeben hat und nicht selbst verantwortlich ist für die Bezeichnung in anderen Betrieben, fehlt dem Beschuldigten insbesondere auch die subjektive Tatseite."
Ihre Rechtfertigung wurde dem Magistrat der Stadt Wels, Lebensmittelaufsicht und Märkte zur Stellungnahme gegeben.
Mit Stellungnahme vom 13.10.2014 folgte zusammengefasst folgende Rückmeldung:
„Mit Gutachten Nr. 14045573 vom 31.7.2014 der AGES Wien wurde die Ware als mit zur Irreführung geeigneten Angaben gemäß § 5 (2) Z. 1 LMSVG beurteilt.
Gastronomiebetriebe sind auch im Sinne der LMKV 1973 betreffend der Kennzeichnung dem Letztverbraucher gleichzusetzen.
Aus Sicht der Lebensmittelaufsicht der Stadt Wels hat die Ware mit der gegebenen Aufmachung und Bezeichnung im Sinne des Österreichischen Lebensmittelbuches, B 14, „Kochpökelware" ausschließlich aus dem Schweineschlögel hergestellt zu werden. Andere Fleischteile sind nicht als Schinken zu bezeichnen. Insbesonders gilt dies auch für das entsprechende Wasser:Eiweiß-Verhältnis. Dem Verdacht einer Gesetzesübertretung - wie im beiliegenden Gutachten festgestellt - wird vollinhaltlich zugestimmt."
Gemäß § 39 AVG kann die Behörde, wenn die Sache zur Entscheidung reif ist, das Ermittlungsverfahren für geschlossen erklären. Neue Tatsachen und Beweismittel sind von der Behörde nur zu berücksichtigen, wenn sie allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens eine anders lautende Entscheidung der Sache herbeiführen könnten. Tatsachen, die bei der Behörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, bedürfen keines Beweises. Die Behörde hat unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Als Beweismittel kommt alles in Betracht, das zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist.
Im Ermittlungsverfahren sind keine neuen Tatsachen und Beweise hervorgekommen, weshalb von der Behörde über den Verfahrensgegenstand entschieden wird.
Anlässlich einer Schwerpunktaktion erfolgte am 05.05.2014 um 14:25 Uhr gemäß § 35 LMSVG im Betrieb S A A, durch ein Aufsichtsorgan gemäß § 24 LMSVG eine Probenziehung.
Die Untersuchung der Probe wurde von der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH durchgeführt.
Bei der Lebensmitteluntersuchung (Amtliches Untersuchungszeugnis der AGES mit der Auftragsnummer 14045573 und dem Probenzeichen 4003BRUN0025/14) wurde folgender Sachverhalt festgestellt:
Die im Gutachten der AGES angeführte Probe mit der Bezeichnung "Vorderschinken Diskont geschnitten" weist ein Wasser:Eiweiß-Verhältnis von 5,8 auf.
Der Grenzwert für Schinken (Kochpökelware vom Schlögl) gemäß Österreichischem Lebensmittelbuch, Codexkapitel B 14 Fleisch- und Fleischerzeugnisse, unter Kapitel G (Grenzwerte) G.1.2.8.1.2. beträgt 4J) (Toleranz ist 0,2).
Das Wasser:Eiweiß-Verhältnis der vorliegenden Probe überschreitet somit auch unter Berücksichtigung der Messunsicherheit und der Analysetoleranz diesen Grenzwert.
Das Wasser:Eiweiß-Verhältnis, das Schnittbild (brätartige Masse mit eingearbeiteten Fleisch- und Bindegewebsteilen) und die Zugabe von Stärke entsprechen nicht einem Schinken.
Die Bezeichnung „Schinken" ist auf ein derartiges Produkt nicht anwendbar und die Auslobung als „Schinken" ist nicht zulässig.
Das Produkt, aus dem die Probe stammt, ist daher mit einer zur Täuschung geeigneten Angabe und somit mit einer zur Irreführung geeigneten Angabe gem. § 5 Abs. 2 Z 1 LMSVG in Verkehr gebracht worden.
Zum Zeitpunkt der Probenziehung war der Mangel nicht deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht.
Es wurde zudem nicht sichergestellt, dass die Ware in ihrer den lebensmittelrechtlichen Vorschriften nicht entsprechenden Beschaffenheit nicht zum Verbraucher gelangt. Die Ware wurde im Kühlraum des Betriebes S A A aufgefunden und offensichtlich zur Herstellung von Speisen und Pizzen verwendet.
Die Ware war durch die Lieferung an die S A A, am 02.05.2014 mit einer zur Irreführung geeigneten Angabe in Verkehr gebracht worden.
Darüber hat die Behörde wie folgt erwogen:
Gemäß § 5 Abs. 2 Z. 1 LMSVG ist es verboten, Lebensmittel mit zur Irreführung geeigneten Angaben in Verkehr zu bringen oder zu bewerben. Zur Irreführung geeignete Angaben sind insbesondere zur Täuschung geeignete Angaben über die Eigenschaft des Lebensmittels, wie Art, Identität, Beschaffenheit, Zusammensetzung, Menge, Haltbarkeit, Ursprung oder Herkunft und Herstellungs- und Gewinnungsart.
Wer Lebensmittel, die für den menschlichen Verzehr ungeeignet oder mit irreführenden oder krankheitsbezogenen Angaben versehen sind, oder in irreführender oder krankheitsbezogener Aufmachung, in Verkehr bringt, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, gemäß § 90 Abs. 1 Z. 1 LMSVG eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 50.000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 100.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen.
Nach § 3 Z. 9 erster Satz LMSVG ist der Begriff des "Inverkehrbringes" im Sinne des LMSVG grundsätzlich jenem des Art. 3 Z. 8 der Verordnung (EG) 178/2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (EU-LMVO) gleichzusetzen.
Nach Art. 3 Z. 8 EU-LMVO gilt 1.) das Bereithalten von Lebensmitteln für Verkaufszwecke einschließlich des Anbietens zum Verkauf oder jeder anderen Form der Weitergabe, gleichgültig, ob unentgeltlich oder nicht; 2.) der Verkauf; 3.) der Vertrieb; sowie 4.) jede andere Form der Weitergabe selbst jeweils als ein Inverkehrbringen.
Gemäß § 3 Z. 9 sechster Satz LMSVG liegt allerdings in diesen Fällen jeweils dann kein Inverkehrbringen vor, wenn sichergestellt ist, dass die Ware in ihrer den lebensmittelrechtlichen Vorschriften nicht entsprechenden Beschaffenheit nicht zum Verbraucher gelangt.
"Angabe im Sinne des § 5 Abs. 2 LMSVG ist jede beim Inverkehrbringen und in der Werbung gemachte Äußerung mit objektiv feststellbarem, nachprüfbarem Inhalt. Sie kann ausdrücklich (mündlich, schriftlich, bildlich), aber auch durch Unterlassung (etwa durch Stillschweigen) erfolgen. Es macht keinen rechtlichen Unterschied, in welcher dieser Erscheinungsformen die Angabe auftritt." (Österreichisches Lebensmittelbuch, A 8.2. Erscheinungsform von Angaben).
Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.
Sie sind gemäß § 9 Abs. 2 VStG der der Behörde genannte verantwortlich Beauftragte der Firma „H F GmbH" mit dem Sitz in B L und verantwortlich für die gegenständliche Verwaltungsübertretung.
Die im Gutachten der AGES angeführte Probe mit der Bezeichnung "Vorderschinken Diskont geschnitten" weist ein Wasser:Eiweiß-Verhältnis von 5,8 auf. Das Wasser:Eiweiß-Verhältnis der vorliegenden Probe überschreitet unter Berücksichtigung der Messunsicherheit und der Analysetoleranz den Grenzwert von 4,0.
Das Wasser:Eiweiß-Verhältnis, das Schnittbild (brätartige Masse mit eingearbeiteten Fleisch- und Bindegewebsteilen) und die Zugabe von Stärke entsprechen nicht einem Schinken. Die Bezeichnung „Schinken" ist auf ein derartiges Produkt nicht anwendbar und die Auslobung als „Schinken" ist nicht zulässig. Das Produkt, aus dem die Probe stammt, ist daher mit einer zur Täuschung geeigneten Angabe und somit mit einer zur Irreführung geeigneten Angabe gem. § 5 Abs. 2 Z 1 LMSVG in Verkehr gebracht worden.
Die Ware war durch die Lieferung an die S A A, 02.05.2014 mit einer zur Irreführung geeigneten Angabe in Verkehr gebracht worden. Es wurde zudem nicht sichergestellt, dass die Ware in ihrer den lebensmittelrechtlichen Vorschriften nicht entsprechenden Beschaffenheit nicht zum Verbraucher gelangt.
Das Produkt „Vorderschinken Diskont geschnitten" wurde vom Betrieb S A A , in W., T.gasse, am 02.05.2014 in einer Menge von 50 kg bezogen. Die entnommene Probe am 05.05.2014 betrug 1 kg, wodurch eine ausreichende Menge untersucht wurde, um den Ihnen angelasteten Sachverhalt eindeutig festzustellen. Aufgrund eines vorhandenen Vorrats nach Probennahme von 30 kg wurden demzufolge in der Zwischenzeit 19 kg verwendet.
Der maßgebliche Sachverhalt ist somit durch die Kontrolle der Lebensmittelaufsicht des Magistrates Wels sowie das Gutachten der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH, zweifelsfrei erwiesen und Sie haben den Tatbestand der Ihnen angelasteten Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 Z. 1 LMSVG in objektiver Hinsicht erfüllt.
Auch der subjektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung ist erfüllt:
Das LMSVG sieht keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens vor, weshalb § 5 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt.
Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes gemäß § 5 Abs. 1 2. Satz VStG dann ohne Weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung nach dem LMSVG handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt iSd § 5 Abs. 1 2. Satz VStG. Da von Ihnen im Zuge des Verfahrens keine Gründe genannt werden konnten, die Sie von der Ihnen vorgeworfenen Übertretung entlasten hätten können, ist von Fahrlässigkeit auszugehen. Damit ist auch der subjektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung erfüllt.
Die Ihnen angelastete Verwaltungsübertretung ist in objektiver wie in subjektiver Hinsicht eindeutig erwiesen.
Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
§ 90 Abs. 1 LMSVG sieht einen Strafrahmen von bis zu 50.000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 100.000 Euro vor.
Nach Abwägung der vorliegenden Umstände erscheint die verhängte Geldstrafe gemäß § 90 Abs. 1 LMVSG bei einem Strafrahmen bis zu 100.000,- Euro im Wiederholungsfall auch im Hinblick auf Ihre einschlägigen Verwaltungsvormerkungen mehr als angemessen. Die Strafhöhe ist aus spezialpräventiven und generalpräventiven Überlegungen zu rechtfertigen, zumal sie im unteren Bereich des Strafrahmens liegt und war zu verhängen, um Sie von weiteren Übertretungen dieser Art abzuhalten. Die Behörde erachtet die verhängte Geldstrafe daher als tat- und schuldangemessen.
Die gemäß § 19 Abs. 2 VStG vorgeschriebene Erhebung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurde von der Behörde in der Aufforderung zur Rechtfertigung vorgenommen (keine Sorgepflichten, mtl. Nettoeinkommen ca. 2.500,- Euro, durchschnittliches Vermögen) und bei der Strafbemessung ebenfalls berücksichtigt.
Als Milderungsgrund ist die Genusstauglichkeit der Probe zu werten. Als erschwerend werden Ihre einschlägigen Verwaltungsvormerkungen nach lebensmittelrechtlichen Vorschriften gewertet.
Der Ausspruch über den Ersatz der Untersuchungskosten der AGES ist in der oben angeführten Gesetzesstelle begründet. Entsprechend den Ausführungen der AGES vom 31.07.2014 wurden die Kosten in der Höhe von 76,99 Euro vorgeschrieben.
Die Vorschreibung der Verfahrenskosten ist in der bezogenen Gesetzesstelle begründet.
I.2. Mit Schriftsatz vom 24. Februar 2015 erhob der Bf rechtzeitig Beschwerde und brachte wie folgt vor:
Das Straferkenntnis wird zur Gänze angefochten.
Dem Beschwerdeführer wird vorgeworfen er hätte es als das gemäß § 9 Abs. 2 VStG genannte Organ und somit als strafrechtlich Verantwortlicher der Firma H F GmbH zu verantworten, dass eine Ware, die zur Täuschung geeignete Angaben betreffend die Sachbezeichnung enthält gemäß § 5 Abs. 2 Z. 1 LMSVG in Verkehr gebracht worden sei.
Dies ist gänzlich unzutreffend.
Die belangte Behörde behauptet, dass die Sachbezeichnung der vorliegenden Probe eine zur Täuschung geeignete Angabe über die Beschaffenheit der Ware enthalten würde.
1. Die beanstandende Probe weist die Bezeichnung "Vorderschinken Diskont geschnitten" auf.
Die belangte Behörde beanstandet, dass diese Bezeichnung als "Schinken“ nicht dem Österreichischen Lebensmittelbuch entsprechen würde und die Auslobung als Schinken nicht zulässig sei.
Dazu ist folgendes auszuführen:
Nach ständiger veröffentlichter Judikatur ist die Rechtsnatur des ÖLMB ein "objektiviertes Sachverständigengutachten".
Als objektiviertes Sachverständigengutachten kann das ÖLMB keine zwingenden Anordnungen treffen (vgl. Kommentar LMR § 76 RZ 3 f).
Es mag zutreffen, dass nach den Empfehlungen des Österreichischen Lebensmittelbuch die "beanstandete Ware" nicht als Schinken zu bezeichnen wäre.
Es wird hier aber auf das Deutsche Lebensmittelbuch verwiesen.
Gemäß den Leitsätzen für Fleisch und Fleischerzeugnisse wird Schinken wie folgt definiert: Punkt 2.341.2. Schinken aus der Vorderextremität wird als Vorderschinken (Schulterschinken) bezeichnet.
Nach der Auffassung des VfGH widerspricht es dem innerstaatlichen Gleichheitsgrundsatz (Artikel 7 B-VG) wenn Österreichische Staatsbürger gegenüber Ausländern ohne sachlichen Grund benachteiligt werden.
In Anbetracht der Warenverkehrsfreiheit wären Deutsche Erzeuger berechtigt ihre Wursterzeugnisse entsprechend dem deutschen Kodex bezeichnet in Österreich zu verkaufen. Dies wird auch tatsächlich vorgenommen.
Eine ''Inländerdiskriminierung'' ist nur gerechtfertigt, wenn diese erforderlich ist um beispielsweise Leib und Leben oder die Gesundheit zu schützen.
Dies ist hier nicht der Fall. Das beanstandende Produkt stellt keine Gefahr für Leib/Leben/Gesundheit dar. Die belangte Behörde hätte daher bei gesetzeskonformer (verfassungskonformer) Auslegung der LMSVG die Bezeichnungen nicht beanstanden dürfen.
Die Kennzeichnung Vorderschinken weißt ganz deutlich auf die Verwendung von Schulterfleisch zur Herstellung des Produktes hin und ist Sinn eine in der europäischen Union eine handelsübliche Bezeichnung.
Die beanstandete Angabe 'Vorderschinken" ist daher nicht zu Irreführung geeignet.
Die belangte Behörde selbst hat festgestellt, dass das Produkt genusstauglich ist und von dem Produkt selbst keinerlei Gefahr ausgeht.
Verwiesen wird insbesondere auch auf den Leitsatz zur Rechtssache C-12/00, wo der Gerichtshof (Sechste Kammer) festgestellt hat, dass ein Mitgliedstaat der es beispielsweise verbietet Kakao- und Schokoladeerzeugnisse, denen andere pflanzliche Fette als Kakaobutter zugesetzt wurden und die in den Mitgliedstaaten, in denen der Zusatz dieser Stoffe zulässig ist, rechtmäßig hergestellt werden, in seinem
Hoheitsgebiet unter der Bezeichnung Schokolade "in den Verkehr zu bringen", unter der sie im Herstellungsmitgliedstaat in den Verkehr gebracht werden, gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 30 EG-Vertrag verstößt (nach Änderung jetzt Artikel 28 EG).
Es wäre europarechtswidrig es Händlern aus anderen Staaten zu verbieten "Vorderschinken" in Österreich in Verkehr zu bringen. Wenn es Österreichischen Unternehmen verboten wird Vorderschinken in Österreich zu verkaufen, handelt es sich um einen klassischen Anlehnungsfall der Inländerdiskriminierung.
Eine solche Regelung kann nicht dadurch gerechtfertigt werden, dass sie notwendig wäre, um zwingenden Erfordernissen u. a. des Verbraucherschutzes gerecht zu werden.
"Der Zusatz von anderen pflanzlichen Fetten als Kakaobutter zu Kakao- und Schokoladeerzeugnissen ändert deren Zusammensetzung oder Charakter nämlich nicht wesentlich, sodass sie die Eigenschaften behalten, die die Verbraucher erwarten, wenn sie als Schokolade bezeichnete Erzeugnisse kaufen."
Genauso wie der Zusatz von pflanzlichen Fetten den Charakter von Schokolade nicht wesentlich beeinträchtigt, beeinträchtigt die Verwendung von Schulterfleisch die Eigenschaft dieses Fleischproduktes nicht wesentlich.
2. Das Produkt wurde im Betrieb S A A (Wels) aufgefunden.
Die Auslobung des Produktes seitens des Betriebes S A A steht nicht im Machtbereich der H F GmbH, da es sich um ein von dieser komplett fremdes Unternehmen handelt.
Wie fremde Firmen ihrerseits Produkte ausweisen, kann dem Beschuldigten nicht zur Last gelegt werden.
Die H F GmbH hat auf ihrem Etikett den Vermerk "Zur Weiterverarbeitung als Pizzabelag bestimmt. Erhöhtes Wasser-Eiweiß-Verhältnis" angebracht".
Das Produkt selbst gibt keinerlei Anlass zur Beanstandung. Da der Beschuldigte die Ware zur Weiterverarbeitung übergeben hat und nicht selbst verantwortlich ist für die Bezeichnung in anderen Betrieben, fehlt dem Beschuldigten insbesondere auch die subjektive Tatseite.
Aus all diesen Gründen stellt daher der Beschwerdeführer nachstehende
ANTRÄGE
1. Eine mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht anzuberaumen.
2. Der Beschwerde Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis
SanRB96-46-2014 von der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 16.01.2015 dahingehend abzuändern, dass das Strafverfahren zur Gänze eingestellt wird.
3. Der Beschwerde Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis
SanRB96-46-2014 von der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 16.01.2015 aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
I.3. Die belangte Behörde legte den Akt dem Verwaltungsgericht mit Schreiben vom 5. März 2015 zur Entscheidung vor, ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen.
II.1. Das Landesverwaltungsgericht Oö. hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und öffentliche mündliche Verhandlung am 3. Juni 2015. In dieser beschrieb der Bf ausführlich das Herstellungsverfahren hinsichtlich des vorliegenden Produktes und brachte vor, dass derartige Produkte in Österreich von deutschen Anbietern unter der gegenständlichen Bezeichnung vertrieben würden. Die Etikettierung „Vorderschinken Diskont geschnitten“ entspreche dem deutschen Lebensmittelbuch und seien die Angaben nicht zur Irreführung geeignet gewesen.
II.2. Nachstehender entscheidungswesentlicher S A C H V E R H A L T steht fest:
Anlässlich einer Kontrolle am 5. Mai 2014, 14:25 Uhr im Lebensmittelbetrieb S A A, entnahm die Lebensmittelaufsicht der Stadt Wels eine amtliche Probe „Vorderschinken Diskont geschnitten“ und übermittelte diese an das Institut für Lebensmittelsicherheit Wien (AGES). Das Produkt war von der H F GmbH am 2. Mai 2014 an das genannte Lebensmittelunternehmen geliefert worden. Über die Probe erging am 31.7.2014 zur Probennummer 14045573-001 ein amtliches Untersuchungszeugnis, welches nachstehendes Gutachten enthält:
Die vorliegende Probe mit der Bezeichnung "Vorderschinken Diskont geschnitten" ist genusstauglich, Sie wird jedoch offensichtlich zur Herstellung von Speisen und Pizzen verwendet, die mit dem Begriff "Schinken“ ausgelobt werden (z. B. "Cardinale Tomaten, Käse, Schinken, Salami, Oregano", siehe Speisekarte im Anhang).
"Schinken" ist gemäß Punkt B.5.1.2.2 des Österreichischen Lebensmittelbuches, Codexkapitel B 14 eine Kochpökelware, die aus Teilen des Schweineschlögels hergestellt wird, Bei der vorliegenden Probe handelt es sich jedoch laut Originaletikette um "Vorderschinken Diskont geschnitten" (der Begriff "Vorderschinken ist eine in Deutschland, jedoch nicht in Österreich zulässige Sachbezeichnung), also um eine Kochpökelware die aus anderen Teilen des Schweines als dem Schlögel hergestellt wird. Zudem entsprechen das Schnittbild (brätartige Masse mit eingearbeiteten Fleisch- und Bindegewebsteilen, siehe Foto) das erhöhte Wasser:Eiweiß-Verhältnis von 5,8 (Grenzwert 4,0) und die Zugabe von Stärke nicht einem Schinken. Die Bezeichnung "Schinken" Ist auf ein derartiges Produkt nicht anwendbar und die Auslobung einer damit hergestellten Ware mit dem Begriff "Schinken" nicht zulässig.
Die aus der Probe hergestellten Produkte werden daher mit einer zur Täuschung geeigneten Angabe, und somit mit einer zur Irreführung geeigneten Angabe gemäß § 5 Abs. 2 Z 1 LMSVG in Verkehr gebracht.
Das Produktetikett lautet in seinen relevanten Teilen wie folgt:
VORDERSCHINKEN DISKONT
GESCHNITTEN
ZUTATEN: SCHWEINEFLEISCH, TRINKWASSER, NITRITPÖKELSALZ (KOCHSALZ, (KONSERVIERUNGSSTOFF: E250), KARTOFFELSTÄRKE, STABILISATOR: E407a, E451, E450, E452, MALTODEXTRIN, GESCHMACKSVERSTÄRKER: E621, SPEISEWÜRZE, ANTIOXIDATIONSMITTEL: E316, DEXTROSE, AROMA, GEWÜRZEXTRAKTE, SOJAEIWEISS, ZUR WEITERVERARBEITUNG ALS PIZZABELAG BESTIMMT, ERHÖHTES WASSER-EIWEISS-VERHÄLTNIS.
Das vorliegende Produkt wird zusammengefasst wie folgt hergestellt:
Das Produkt besteht aus ganzen Stücken sowie zerkleinerten Teilen. Die kleinen Teile werden vorgeschrotet und erreichen eine Größe von 3 bis 13 mm. Die großen Stücke bleiben naturbelassen und unbehandelt. Die großen Stücke sind gewachsenes Muskelfleisch. Zur Bindung wird gewolftes Material, auch aus der Schulter, verwendet. Es werden Gewürze sowie ein geringer Anteil Fremdwasser zugesetzt. Zudem werden Kartoffelstärke, Soja-Eiweiß, E451, E450, E452 und der Stabilisator E407a, ein Alginat, zugesetzt. Dies Stoffe dienen als Bindemittel. Alle Komponenten werden im Tumbler über ca. 12 Stunden vermischt. Im Tumbler fällt das Fleisch auf sogenannte Schikanen. Dabei wird das Eiweiß aktiviert und entsteht auch dadurch Bindung. Durch den Tumblerprozess entsteht eine Brätmasse, welche in Därme gefüllt und gekocht wird.
Das Schnittbild sieht folgendermaßen aus:
Der Beschwerdeführer wurde mit 1. Dezember 2000 zum verantwortlichen Beauftragten für die H F GmbH bestellt und hat dieser Bestellung zugestimmt.
Mit Erkenntnis vom 22. Mai 2014, LVwG-000031/2/Gf/Eg wurde dem Bf aufgrund des § 90 Abs. 1 Z1 LMSVG wegen eines Verstoßes gegen § 5 Abs 2 Z1 LMSVG eine Geldstrafe iHv 150 Euro auferlegt.
II.3. Der Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vorliegenden Verfahrensakt und den Aussagen des Bf in der öffentlichen mündlichen Verhandlung. Diese hat insbesondere ergeben, dass nach der Interpretation des Bf ein Formfleischprodukt vorliegt. Dass das Produkt von der Dienstgeberin des Bf an den betroffenen Lebensmittelbetrieb geliefert wurde, blieb unbestritten und ergibt sich aus dem Produktetikett und dem übrigen Akteninhalt. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer als verantwortlicher Beauftragter fungiert, ist gerichtsbekannt.
III. Das Landesverwaltungsgericht Oö. hat erwogen:
III.1. Rechtliche Grundlagen:
§ 3 Z 9 LMSVG lautet:
§ 71 Abs 3 und 4 LMSVG lauten:
§ 90 Abs 1 LMSVG lautet:
Art 3 Z 18 der VERORDNUNG (EG) Nr. 178/2002 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1) lautet:
III.2. Fachinformationen
III.2.1. Die relevanten Fachinformationen (Richtlinien, Leitsätze) betreffend Sachbezeichnungen und Begriffsbestimmungen, Untersuchungsmethoden und Beurteilungsgrundsätze sowie Richtlinien für das Herstellen und Inverkehrbringen von Lebensmitteln ergeben sich aus dem vom Bundesminister für Gesundheit gemäß § 76 LMSVG herausgegebenen Österreichischen Lebensmittelbuch (ÖLMB, Codex Alimentarius Austriacus).
Folgende Bestimmungen aus dem ÖLMB, IV Auflage, Codexkapitel/B 14/Fleisch und Fleischerzeugnisse (vgl Stand BMG-75210/0026-II/B/13/2014 vom 24.7.2014; aufrufbar online unter www.lebensmittelbuch.at) sind vorliegend einschlägig:
„[...]
B.4.2.2 Fleischwürste
Diese enthalten mehr oder weniger grob zerkleinertes, gepökeltes Fleisch und je nach Wurstsorte auch mehr oder weniger grob zerkleinerten Speck, wobei in der Regel der Zusammenhalt der Fleischeinlage durch Brät gewährleistet wird.
[...]
„B.5 Pökelwaren
Bezüglich des Begriffes "Pökeln" siehe C.3.4.
Je nach dem angewendeten Verfahren wird zwischen Kochpökelwaren und Rohpökelwaren unterschieden.
B.5.1 Kochpökelwaren
B.5.1.1 Beschreibung
Kochpökelwaren sind spritzgepökelte oder nassgepökelte Fleischstücke, die entweder nach der Pökelung (Surfleisch) oder nach einer darauf folgenden Heißräucherung, oder nach feuchter Erhitzung oder nach trockener Erhitzung an Verbraucher abgegeben werden. Bei Surfleisch nimmt der Verbraucher die Durcherhitzung der Pökelwaren im Zuge der Zubereitung vor.
B.5.1.2 Kochpökelwaren vom Schwein
B.5.1.2.1 Kochpökelwaren roh
Surfleisch: Schlögel, Schulter, Schopf, Karree, Stelze, Bauch, Zunge.
B.5.1.2.2 Kochpökelwaren vom Schlögel
Beinschinken mit Knochen: wie gewachsen, kann auch als Original Beinschinken bezeichnet werden.
Schinken aus großen, gewachsenen Teilen vom Schlögel, die in Formen, Hüllen oder
Netzen gefüllt bzw. gelegt wurden.
z.B. Beinschinken (ohne Knochen), Pressschinken mit hervorhebender Bezeichnung
und dgl.
Schinken aus kleineren Fleischstücken vom Schlögel.
z.B. Toastschinken, Pressschinken ohne weitere Bezeichnung, Pizzaschinken und dgl.
B.5.1.2.3. Kochpökelwaren von anderen Teilstücken
Kochpökelwaren, wie gewachsen: bestehen aus einem gewachsenen Teilstück, z.B. Teilsames, Geselchtes, Selchkarree, Selchbauch, Selchschopf, Selchroller, Rollkarree, Rollschopf, Rollschulter, Kaiserfleisch, Frühstücksspeck, Kümmelbraten (aus Bauchfleisch).
Teilsames, Geselchtes, Selchkarree, Selchbauch, Selchschopf, Selchroller, Rollkarree, Rollschopf, Rollschulter, Kaiserfleisch können auch in heiß geräuchertem, aber nicht durcherhitztem Zustand angeboten werden, wobei sie vom Verbraucher verzehrsfertig gemacht werden.
Kümmelbraten und andere als „…braten“ bezeichnete Erzeugnisse können auch ohne Pökelung in Verkehr gebracht werden.
Sonstige Kochpökelwaren
z.B. Toastblock (wird aus mageren Schweinefleischteilen zusammengesetzt).
Für Kochpökelwaren aus Fleisch vom Wildschwein gelten die voranstehenden Richtlinien
sinngemäß.
[...]
B.5.1.5. Herstellungsrichtlinien
Die Menge der eingespritzten oder beim Tumbeln aufgenommenen Pökellake richtet sich nach der angewendeten Technologie und dem zulässigen Wasser:Eiweiß- Verhältnis des Endproduktes. Die Pökellake besteht aus Trinkwasser, dem Pökelzutaten (siehe C 3.4) sowie auch andere geschmacksgebenden Zutaten wie Gewürze, Kräuter, Honig, Wein, Milch, Essenzen, Extrakte usw. zugegeben werden. Beim Erhitzen muss - mit Ausnahme von Surfleisch und nicht durcherhitzten heiß geräucherten Kochpökelwaren - die Kerntemperatur 68ºC erreichen und mindestens 20 Minuten einwirken.
[...]
C.3.4 Pökeln
Unter Pökeln wird die gleichzeitige Anwendung von Nitritpökelsalz (NaCl + 0,4 bis
0,6% NaNO2) oder Kochsalz und Nitrat allenfalls unter Zugabe von Ascorbinsäure oder
Ascorbat verstanden.
Aös Pökelmethoden finden Anwendung:
- Trockenpökelung
- gemischte Pökelung
- Nasspökelung
[...]
„A.5 Formfleisch
A.5.1 Beschaffenheit
Formfleisch ist eine Fleischzubereitung, die aus geschnittenem Muskelfleisch hergestellt ist. Bei Geflügelfleisch kann der natürliche Anteil an Haut mitverarbeitet werden.
Die etwa walnussgroßen - bei Geflügel haselnussgroßen - Fleischstücke werden in einem Arbeitsgang mit Kochsalz versetzt, allenfalls gewürzt, dann mechanisch bearbeitet (gemengt, getumbelt) und unter Anwendung von Druck in Formen zu "Formfleisch" zusammengefügt. Zusatzstoffe werden nicht verwendet. Das Formfleisch wird unmittelbar nach dem Formen oder nach dem danach durchgeführten Panieren tiefgekühlt oder durcherhitzt. Dem Formfleisch wird Faschiertes, Brät, Separatorenfleisch nicht zugesetzt.
Das Formfleisch wird unmittelbar nach dem Formen oder nach dem danach durchgeführten Panieren tiefgekühlt oder durcherhitzt. Dem Formfleisch wird Faschiertes, Brät, Separatorenfleisch nicht zugesetzt.
Werden jedoch ganze Geflügelfleischteile (z.B. Geflügelfilet) im Rahmen dieser Technologie eingesetzt, liegt kein Formfleisch vor. Sind daher im Rahmen der Untersuchung im Schnittbild größere als walnussgroße beziehungsweise bei Geflügelfleisch haselnussgroße Fleischstücke erkennbar, liegt kein Formfleisch vor.
Für Formfleisch gelten die Richtlinien von A.6.2.
[...]
A.5.2 Zusammensetzung
Formfleisch wird aus sehnenarmem, magerem Rindfleisch I, Kalbfleisch oder Schweinefleisch I gem. B.2.2 hergestellt.
Vom Geflügel wird Brust- und/oder Keulenfleisch verwendet.
Panadeanteil siehe B.7.3.
Grenzwerte siehe Abschnitt G.
A.5.3 Bezeichnung
Die Deklaration von solchen Produkten enthält in der Zutatenliste folgende zusätzliche Angabe: „aus kleinen Fleischstücken zusammengesetzt“ oder sinngemäß.
Formfleischprodukte und -zubereitungen werden nicht als "Schnitzel", "Schnitte", "Steak" oder "Stück" bezeichnet und dürfen nicht hervorhebend bezeichnet werden (z.B. als "Cordon bleu"). Zum Unterschied davon kann unter der Voraussetzung der Deklaration Geflügel-Cordon bleu mit der Sachbezeichnung: "Formfleisch- Geflügel- (Puten-, Hühner) Cordon bleu, aus kleinen Fleischstücken zusammengesetzt" als Formfleisch in Verkehr gebracht werden.
[...]“
III.2.2. Das fachlich und hinsichtlich seiner Bedeutung mit dem ÖLMB (objektiviertes Sachverständigengutachten) vergleichbare Deutsche Lebensmittelbuch (DLMB) besteht aus einer Sammlung von Leitsätzen zur Herstellung, Beschaffenheit oder zu sonstigen Merkmalen von Lebensmitteln, die für die Verkehrsfähigkeit von Lebensmitteln von Bedeutung sind. Es wird von der Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission erarbeitet und vom deutschen Bundesministerium für Ernährung und Wirtschaft herausgegeben (http://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Ernaehrung/Lebensmittelbuch/LeitsaetzeFleisch.html).
Die Beschwerde beruft sich hinsichtlich der gewählten Sachbezeichnung auf das Deutsche Lebensmittelbuch. Insofern werden einschlägige Bestimmungen aus den „Leitsätze für Fleisch- und Fleischerzeugnisse“ (Stand 2010) im Folgenden auszugsweise dargestellt:
Im Abschnitt „I. Allgemeine Begriffsbestimmungen und Beurteilungsmerkmale“ sind folgende Begriffsbestimmungen zu finden:
2.19 Formfleischerzeugnisse werden aus Fleischstücken nach mechanischer Vorbehandlung zur Freisetzung von Muskeleiweiß an den Oberflächen unter gleichzeitiger Auflockerung der Struktur (z. B. Poltern oder Tumbeln) auch unter Verwendung von Kochsalz oder Nitritpökelsalz hergestellt. Sie werden zu einer größeren Einheit (Stückware) zusammengefugt; sie behalten durch Hitze- oder Gefrierbehandlung ihre neue Form. Der Gewebeverband der verwendeten Fleischstücke bleibt im wesentlichen erhalten. Formfleischerzeugnisse weisen unbeschadet des bei der Herstellung eventuell erforderlichen Salzgehaltes die gleiche Zusammensetzung auf wie Erzeugnisse aus gewachsenem Fleisch, denen sie nachgebildet sind. Der bei der Herstellung auftretende Muskelabrieb (aus freigesetztem Muskeleiweiß entstehende brätähnliche Substanz) übersteigt, soweit in den Leitsätzen nichts anderes angegeben wird, nicht den Wert von 5 Vol.-% (bei Geflügelfleischerzeugnissen von 10 Vol.-%) im verzehrsfertigen zusammengefügten Fleischanteil. Bei der Herstellung wird kein gewolftes, gekuttertes oder in ähnlicher Weise zerkleinertes Fleisch verwendet.
Zur Vermeidung einer Verwechslung von Formfleischerzeugnissen mit vergleichbaren Erzeugnissen aus gewachsenem Fleisch wird in der Verkehrsbezeichnung das Wort „Formfleisch-“ vorangestellt und außerdem in unmittelbarer Verbindung mit der Verkehrsbezeichnung und in gleicher Schriftgröße darauf hingewiesen, daß Fleischstücke zusammengesetzt sind (z. B. Formfleisch-Schinken, aus Schinkenstücken zusammengefügt, Formfleisch-Roulade, aus Fleischstücken zusammengefügt, Formfleisch-Gulasch, aus Fleischstücken zusammengefügt9).
[...]
2.22 „Brühwürste“ sind durch Brühen, Backen, Braten oder auf andere Weise hitzebehandelte Wurstwaren, bei denen zerkleinertes rohes Fleisch mit Kochsalz und ggf. anderen technologisch notwendigen Salzen meist unter Zusatz von Trinkwasser (oder Eis) ganz oder teilweise aufgeschlossen wurde und deren Muskeleiweiß bei der Hitzebehandlung mehr oder weniger zusammenhängend koaguliert ist, sodass die Erzeugnisse bei etwaigem erneuten Erhitzen schnittfest bleiben. Die Menge des verwendeten Trinkwassers ist bei den einzelnen Wurstsorten verschieden. Bezogen auf Fleisch und Fett wird anstelle von Trinkwasser teilweise bis zu 10 % Blutplasma10) oder Blutserum zugesetzt; der Ersatz von Trinkwasser durch 5 % Milch ist auf zum Braten bestimmte ungeräucherte Würste, deren Brät fein zerkleinert ist, beschränkt11).
„Brät“ ist
– das unter Zusatz von Trinkwasser und Salzen zerkleinerte rohe Fleisch,
– die für die Brühwurstherstellung zum Abfüllen fertig gestellte Rohmasse.
Würste, die roh in den Verkehr kommen, aber dazu bestimmt sind, vor dem Verzehr durch Brühen, Backen, Braten oder auf andere Weise hitzebehandelt zu werden und dabei schnittfest werden (z. B. rohe Bratwürste und rohe Schweinswürstchen zum Selbstbraten, rohe Weißwürste zum Selbstbrühen und roher Leberkäse zum Selbstbacken) sind Brühwursthalbfabrikate.
[...]“
Unter Abschnitt „II. Besondere Beurteilungsmerkmale für einzelne Erzeugnisse“ wird ausgeführt:
...
2.3 Gegarte Pökelfleischerzeugnisse
2.30 „Gekochtes Pökelfleisch" („Kochpökelwaren", „Gekochte Pökelfleischwaren") sind umgerötete und gegarte, meist geräucherte Fleischerzeugnisse, denen kein Brät (2.22, Abs. 2) zugesetzt ist, soweit dieses nicht zur Bindung großer Fleischteile dient (z. B. bei „Kaiserfleisch", 2.342.4).
2.31 Bei Bezeichnungen ohne Hinweis auf die Tierart (Schinken, Geräuchertes, gegart, Geselchtes, gegart, Schwarzgeräuchertes, Pökelfleisch, gegart, Gekochtes Surfleisch, Pökelbraten usw.) handelt es sich - soweit in den Leitsätzen nichts Gegenteiliges angegeben ist - um Teile von Schweinen; im übrigen wird auf die Tierart hingewiesen (Gekochter Rinderschinken, Gekochtes Rinderpökelfleisch, Gekochter Kalbsschinken, Gekochte Kalbskarbonade usw.). Gekochtes Rauchfleisch wird entweder aus Schweinefleisch oder aus sehnenarmem Rindfleisch hergestellt.
2.321 ...
2.322 ...
2.33 ...
2.341 Die Bezeichnung Schinken wird auch in Wortverbindungen nur für Kochpökelwaren von gehobener Qualität verwendet. Schinken, der nicht zerlegt worden ist, enthält in den von Schwarten und etwa vorhandenen Gallertanteilen sowie aufliegendem Fettgewebe befreiten Anteilen mindestens 85 % BEFFE (1.72) im Fleischeiweiß16),17).
2.341.1 Bei Bezeichnungen ohne Hinweis auf einen Tierkörperteil handelt es sich -soweit in den Leitsätzen nichts Gegenteiliges angegeben ist - um Teile der Hinterextremität (Hinterschinken, Schlegel, Keule).
2.341.2 Schinken aus der Vorderextremität wird als Vorderschinken (Schulterschinken) bezeichnet.
2.341.3 ...
2.341.4 Bei Kochpökelwaren, die in der Bezeichnung das Wort Schinken enthalten, wird auf das Vorliegen von Knochen hingewiesen (z. B. Beinschinken, Prager Schinken mit Knochen). Nußschinken, gegart am Stück schließt die Kniescheibe ein.
2.341.5 Sind etwaige Speck- und Schwartenanteile (1.212, 1.312) nicht sichtbar, z. B. bei Dosenschinken, so betragen diese zusammen weniger als 20 % des Gesamtgewichts.
2.341.6 Muskeln und Muskelgruppen, die aus dem Zusammenhang gelöst worden sind und auch isoliert als Schinken verkehrsfähig wären, können ohne besonderen Hinweis zu größeren Schinken zusammengefügt sein.
Erzeugnisse, die ganz oder teilweise aus kleineren als den in Absatz 1 genannten Muskelstücken oder Formfleisch hergestellt sind (2.19), werden in Verbindung mit der Verkehrsbezeichnung ausreichend kenntlich gemacht (z. B. Formfleisch-Schinken, aus Schinkenteilen zusammengefügt).
Die in Absatz 1 und Absatz 2 beschriebenen Erzeugnisse enthalten mindestens 90 % BEFFE (1.72) im Fleischeiweiß.
2.342.1 ...
...“
III.3. Das Landesverwaltungsgericht Oö. hat erwogen:
III.3.1. Inverkehrbringen:
Die Definition des Begriffes „Inverkehrbringen“ ergibt sich aus der Begriffsbestimmung nach § 3 Z 9 LMSVG unter Verweis auf den Art 3 Z 8 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 (EG-Basis-VO) und ist das Bereithalten von Lebensmitteln oder Futtermitteln für Verkaufszwecke einschließlich des Anbietens zum Verkauf oder jede andere Form der Weitergabe, gleichgültig ob unentgeltlich oder nicht, sowie den Verkauf, den Vertrieb oder andere Formen der Weitergabe selbst.
Die belangte Behörde hat dem Bf in ausreichender Weise vorgeworfen, dass er die Ware durch Lieferung an ein im Straferkenntnis näher bezeichnetes Unternehmen in Wels in Verkehr gebracht hat. Es liegt dabei eine Form der Weitergabe, der Verkauf, vor, der vom Gesetz ausdrücklich als Form des „Inverkehrbringens“ vorgesehen ist. Selbst das Bereithalten für jede andere Form der Weitergabe als den Verkauf im eigentlichen Sinn fiele schon unter den Begriff des Inverkehrbringens (VwGH 26.09.2011, Zl. 2007/10/0204), sodass dem Grund nach kein Zweifel daran besteht, dass die Ware in Verkehr gebracht wurde. Der Bf hat diesen Umstand auch in keinster Weise bestritten.
Die in § 3 Z 9 LMSVG getroffene Ausnahme, dass ein "Inverkehrbringen" nicht vorliegt, wenn sichergestellt ist, dass die Ware in ihrer den lebensmittelrechtlichen Vorschriften nicht entsprechenden Beschaffenheit nicht zum Verbraucher gelangt, bezieht sich nur auf Inverkehrbringen bei ursprünglich auf Grund des Lebensmittelgesetzes 1975 – LMG 1975, BGBl. Nr. 86, erlassenen Verordnungen und stammt aus § 1 Abs 2 des mittlerweile außer Kraft getretenen LMG 1975, der diese Ausnahme formulierte. Sie ist für den vorliegenden Fall mangels Bezug zu einer gemäß dem LMG 1975 ergangenen Verordnung nicht relevant.
Selbst wenn man jedoch von einer derartigen Relevanz ausginge, wäre, mangels Definition im LMSVG selbst, auf die Bedeutung des Begriffes „Verbraucher“ in der EG-Basis-VO zu verweisen, die die Grundlage für das LMSVG bildet.
Unter Heranziehung der unter III.1. wiedergegeben Definition des Begriffes „Endverbraucher“ ergibt sich, dass der Begriff „Verbraucher“ iSd Basis-VO keineswegs dem Begriff des „Konsumenten“ iSd Konsumentenschutzgesetzes entspricht und Verbraucher damit nicht der Endverbraucher, im vorliegenden Fall etwa der Konsument einer im belieferten Lebensmittelbetrieb hergestellten Speise, ist, sondern jene Person, die Ziel des Inverkehrbringens war, also etwa auch der verarbeitende Lebensmittelunternehmer, sohin jene Person, die die Ware tatsächlich verbraucht, mag dies auch unter Verwendung als Zutat für ein Folgeprodukt geschehen.
Vom Gesetz vor Irreführung geschützt ist vorliegend daher der belieferte Lebensmittelunternehmer.
Mangels diesbezüglicher Handlungen des Bf ergäbe sich, dass nicht sichergestellt gewesen wäre, dass die Ware in ihrer den lebensmittelrechtlichen Vorschriften nicht entsprechenden Beschaffenheit nicht zum Verbraucher gelangt.
Was den Begriff „sichergestellt“ betrifft, wird an den Handelnden ein strenger Maßstab, ähnlich jenem, den der VwGH für Kontrollsysteme entwickelt hat, anzulegen sein. Er wird also alle möglichen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen haben (vgl. etwa VwGH 26. Jänner 2015, Ra 2014/08/0065), um zu verhindern, dass die den lebensmittelrechtlichen Vorschriften nicht entsprechende Ware, nicht zum Verbrauchenden gelangt (vgl. VwGH vom 29.10.2007, 2007/10/0204).
III.3.2. Irreführung
Irreführende Angaben im Straftatbestand des § 90 Abs 1 Z 1 LMSVG sind in Zusammenschau mit § 5 Abs 2 Z 1 LMSVG insbesondere solche Angaben, die als „zur Täuschung geeignete Angaben“ über die demonstrativ aufgezählten wesentlichen Eigenschaften eines Lebensmittels bezeichnet werden.
Zur Irreführung geeignete Angaben über Lebensmittel sind solche, bei denen die Vorstellung der angesprochenen Verkehrskreise über ihre Bedeutung mit den wahren Verhältnissen nicht im Einklang steht. Nicht nur unrichtige Angaben, sondern auch an sich richtige Behauptungen können im Zusammenhang mit täuschender Aufmachung, dem Verschweigen wesentlicher Umstände oder mehrdeutigen Wendungen einen bedenklichen Gesamteindruck hinterlassen, der von einem nicht unerheblichen Teil der Adressaten zu falschen Vorstellungen über Eigenschaften des Lebensmittels führen kann (vgl bspw VwGH 20.09.2012; Zl. 2011/10/0128: „Lebensmittelzubereitung“ als unzureichende Beschreibung für „Analogkäse“; VwGH 9.11.1992, Zl. 91/10/0105: Schweinskarree ohne Knochen als „Filet-Ersatz“; Blass ua, LMR³ § 5 LMSVG Rz 10).
Bei der Beurteilung der Irreführungs- bzw Täuschungseignung einer Angabe in der Deklaration von Lebensmitteln kommt es nach der in Anlehnung an die Rechtsprechung des EuGH ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs im Allgemeinen auf die mutmaßliche (wahrscheinliche) Auffassung bzw Erwartung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers an (vgl mit Hinweisen auf EuGH-Judikatur VwGH 22.11.2006, Zl. 2003/10/0042; VwGH 20.09.2011, Zl. 2011/10/0128; VwGH 26.09.2011, Zl. 2010/10/0145 = VwSlg 18217 A/2011). Die nationalen Gerichte haben sich unter Berücksichtigung dieses normativen Maßstabs der mutmaßlichen Erwartung eines aufmerksamen Durchschnittsverbrauchers eine Überzeugung zu bilden, ob bestimmte Angaben irreführen können. Dabei wird die Eignung zur Irreführung entsprechend der Judikatur des Obersten Gerichtshofs zu § 2 UWG angenommen, wenn ein nicht unerheblicher Teil der Betroffenen durch bestimmte Angaben irregeführt werden kann (vgl mwN VwGH 27.07.2007, Zl. 2004/10/0172). Es handelt sich bei der Irreführungseignung bzw der Wirkung einer Ankündigung auf die angesprochenen Verkehrskreise grundsätzlich um eine Rechtsfrage (vgl etwa VwGH 04.09.2000, Zl. 97/10/0167; VwGH 18.10.1993, Zl.93/10/0143; Blass ua, LMR³ § 5 LMSVG Rz 10).
Wie das Gericht unter Heranziehung der Judikatur des Obersten Gerichtshofs (vgl. etwa OGH 4Ob215/02z vom 15.10.2002) in seinem Erkenntnis vom
20. Oktober 2014, LVwG-000049 dargestellt hat, ist für die Beurteilung der Irreführungseignung einer lebensmittelrechtlichen Kennzeichnung alleine die Verkehrsauffassung der betroffenen Fachkreise maßgebend (StRsp ua SZ 59/101 = Öbl 1987, 78; ÖBl 1995,273; 4Ob246/00f uva).
Es ist mittlerweile gerichtsbekannt und ergibt sich dies auch im vorliegenden Fall wiederum aus der an einen Unternehmer gelieferten großen Menge der Ware, dass die Dienstgeberin des Bf primär an Gastronomiebetriebe und die weiterverarbeitende Industrie liefert, sodass die Irreführungseignung im vorliegenden Fall zweifellos anhand der Erwartung jener Durchschnittsperson, die üblicherweise die Einkäufe für einen Gastronomiebetrieb tätigt, zu beurteilen ist.
Die Frage, welche Wirkung eine Aussage auf die beteiligten Verkehrskreise hat, ist dabei eine Rechtsfrage, wenn zu ihrer Beurteilung die Erfahrungen des täglichen Lebens ausreichen (OGH 10.11.1998, 4Ob243/98h). Dies ist der Fall.
III.3.3. Dem ÖLMB kommt nach ständiger Judikatur der Höchstgerichte nicht die Bedeutung einer Rechtsvorschrift, sondern nur jene eines objektivierten Sachverständigengutachtens zu. Dabei waren bisher die Codex-Richtlinien vor allem Maßstab für die Beurteilung von Lebensmitteln als verfälscht oder nachgemacht (vgl Blass ua, LMR3 § 2 LMSVG Rz 4 mN). Das ÖLMB kann mangels Rechtsnormqualität keine zwingenden Anordnungen treffen. Seine Leitsätze und Richtlinien zählen nicht zu den lebensmittelrechtlichen Vorschriften iSd § 3 Z 13 LMSVG (vgl Natterer, Lebensmittelrecht [2008] Rz 128). Wer sich aber an die Regeln des Codex hält, ist qualifiziert abgesichert, während andere, die sich nicht daran orientieren wollen, selbst um eine fachliche Absicherung kümmern müssen, um den gesetzlichen Anforderungen zu entsprechen (vgl Blass ua, LMR3 § 76 LMSVG Rz 3 u 4). Das ÖLMB enthält zur allgemeinen Kenntnis gebrachte Erfahrungswerte und ist Ausdruck der Auffassung der am Lebensmittelverkehr interessierten Geschäftskreise (vgl Andreas Hauer, Lebensmittelrecht im Wandel, ÖJZ 2007, 316 ff, 320 mit Hinweis auf VfSlg 8903/1980, 12396/1990 u 13.107/1992). Da es den Charakter eines Sachverständigengutachtens hat, gibt es die Verbrauchererwartung nur widerlegbar wieder (vgl VwGH 20.06.1994, Zl. 92/10/0118; VwSlg 18217 A/2011).
Es wird davon auszugehen sein, dass das ÖLMB dabei nicht nur als Maßstab für die Verbrauchererwartung herangezogen werden kann, sondern generell, also auch im Hinblick auf die Erwartung eines weiterverarbeitenden Unternehmers bzw. auf die generellen Eigenschaften einer bestimmten Produktqualität Eigenschaften definiert, die im Allgemeinen von einem bestimmten Produkt erwartet werden können.
Die belangte Behörde wirft dem Bf das Inverkehrbringen des Lebensmittels mit einer zur Täuschung geeigneten Angabe iSd § 5 Abs 2 Z 1 LMSVG vor.
Der Bf, der sich in seiner Beschwerde im Wesentlichen darauf konzentriert zu argumentieren, dass die Verwendung des Begriffes „Vorderschinken“ zulässig ist, übersieht, dass die belangte Behörde der von der AGES vertretenen Auffassung, dass der Begriff „Vorderschinken“ eine in Österreich generell nicht zulässige Sachbezeichnung sei, richtigerweise, nicht gefolgt ist (das Verwaltungsgericht hat zu diesem Thema bereits in seinem Erkenntnis vom 3. März 2015,
LVwG-000086 ausführlich Stellung genommen), und dem Bf lediglich vorgeworfen hat, dass die Auslobung als „Schinken“, aufgrund des überhöhten Wasser:Eiweiß-Verhältnisses, des Schnittbildes (brätartige Masse mit eingearbeiteten Fleisch- und Bindegewebsanteilen) und die Zugabe von Stärke nicht als Schinken ausgelobt werden darf.
Das gegenständliche Produkt „Vorderschinken Diskont geschnitten“ war nach dem Prüfbericht der AGES genusstauglich. Im Gutachten beurteilte die AGES die Verwendung der Wortes „Vorderschinken“ als in Deutschland aber nicht in Österreich zulässig, „Schinken“ in der Produktbezeichnung im Hinblick auf Pkt. B.5.1.2.2. im Kapitel B 14 des ÖLMB bei einer Kochpökelware von anderen Fleischteilen als denen des Schweineschlögels als unzulässig.
Zudem beurteilt die AGES das Schnittbild (brätartige Masse mit eingearbeiteten Fleisch- und Bindegewebsteilen), das erhöhte Wasser-Eiweiss-Verhältnis von 5,8 und die Zugabe von Stärke als für Schinken nicht zulässig.
Wie das Gericht bereits in seinem Erkenntnis vom 3. März 2015, LVwG-000086, dargestellt hat, scheint die Verwendung des Wortes „Schinken“ nach Punkt B.5.1.2.2. des Codexkapitels 14 auf Fleisch vom Schlögel des Schweines beschränkt zu sein, wobei Schinken aus kleineren Fleischstücken vom Schlögel als Toastschinken, Pressschinken, Pizzaschinken und dgl. bezeichnet werden kann. Bei Kochpökelwaren von anderen Teilstücken (Pkt B.5.1.2.3) wird der Begriff Schinken nicht verwendet (zB.: Toastblock). Eine zwingende Formulierung wie unter Punkt B.5.1.3.1. für „Kochpökelwaren aus Rindfleisch“, wo beim Ausdruck Schinken von Pökelwaren aus Rindfleisch angeordnet wird, dass solche Produkte ausschließlich aus Teilen des Knöpfels (=Schlögel; dazu unter B 14 Pkt A.3.1.4) bestehen dürfen, findet sich allerdings nicht.
Was Formfleischprodukte betrifft, sieht das ÖLMB unter „A.5.3 Bezeichnung“ im Kapitel B 14 für die Deklaration von Formfleisch nach Ausschluss der Angabe von bestimmten irreführenden Bezeichnungen wie Schnitzel, Schnitte, Steak, oder Stück im Wesentlichen eine Sachbezeichnung mit der vorangestellten Bezeichnung „Formfleisch-“ und in der Zutatenliste die Angabe „aus kleinen Fleischstücken zusammengesetzt“ vor.
Jedenfalls lässt das ÖLMB auch bei Formfleisch keinerlei Zusatzstoffe zu (vgl. ÖLMB A.5.1 in Kap. 14). Ihm wird auch kein Brät zugesetzt und die Fleischstücke haben zumindest walnussgroß zu sein.
Das DLMB lässt im Punkt 2.341 im Abschnitt II der Leitsätze für Fleisch- und Fleischerzeugnisse die Bezeichnung „Schinken“ nur für Kochpökelwaren von gehobener Qualität zu und unterscheidet dann unter den Punkten 2.341.1. und 2.341.2 zwischen Schinken aus der „Hinterextremität (Hinterschinken, Schlegel, Keule)“ und Schinken aus der „Vorderextremität (Schulterschinken)“, behandelt diese Produkte im Hinblick auf ihre Zusammensetzungsqualität aber gleich. In Punkt 2.341.6 beschreibt das DLMB unter dem Begriff Schinken auch Erzeugnisse, die aus kleineren Muskelstücken oder aus Formfleisch (2.19) hergestellt werden, was in Verbindung mit der Verkehrsbezeichnung ausreichend kenntlich zu machen ist. Als Beispiel wird in Klammer angeführt „(z.B. Formfleisch-Schinken, aus Schinkenteilen zusammengefügt)“. Nach Punkt 2.19 soll zur Vermeidung von Verwechslungen von Formfleischerzeugnissen mit Erzeugnissen aus gewachsenem Fleisch in der Verkehrsbezeichnung das Wort „Formfleisch-“ vorangestellt und in unmittelbarer Verbindung und in gleicher Schriftgröße darauf hingewiesen werden, dass Fleischstücke zusammengesetzt sind (angegebene Beispiele: Formfleisch-Schinken, aus Schinkenteilen zusammengefügt, Formfleisch-Roulade, aus Fleischstücken zusammengefügt, Formfleisch-Gulasch, aus Fleischstücken zusammengefügt).
Zusatzstoffe, die eine solche Verbindung bewirken, werden nicht zugesetzt.
Der Bf hat in seiner Aussage in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 3. Juni 2015 ohne Umschweife angegeben, dass es sich vorliegend um ein Formfleischprodukt handelt.
Sowohl aus dem österreichischen, als auch aus dem deutschen Lebensmittelbuch ergibt sich zweifelsfrei, dass ein Schinken ein Produkt hoher Qualität ist und lediglich aus ganzen, verhältnismäßig großen, gewachsenen Teilen bzw. kleineren zusammengesetzten gewachsenen Teilen zu bestehen hat.
Ein Formfleischprodukt ist kein Schinken.
Formfleisch besteht aus kleineren gewachsenen Muskelfleischstücken, deren Verbindung durch Aktivierung des natürlich vorhandenen Eiweißes bewirkt wird.
Das vorliegende Produkt erfüllt weder die Kriterien eines Schinkens, noch jene eines Formfleischproduktes, zumal eine Fülle an Stoffen, die als Bindemittel fungieren, zugesetzt werden und zudem kleinste Fleischteile (ab 3mm) beigefügt werden, die gemeinsam mit anderen Zutaten (zB Lake) eine brätartige Masse ergeben.
Sowohl der Konsument, als auch der hier relevante Teilnehmer eines weiterverarbeiteten Verkehrskreises erwarten, dass es sich bei Schinken um ein aus gewachsenen Teilen bestehendes Produkt handelt, welches kein Brät oder kleinste Fleischteile enthält.
Tatsächlich ist davon auszugehen, dass das hier gegenständliche Produkt nicht einmal als Formfleischprodukt einzuordnen wäre, da es gewolftes Material und eine Brätmasse enthält. Die Einordnung, worum es sich bei gegenständlichem Produkt handeln mag, bliebe einem Sachverständigenurteil vorbehalten, es ist jedoch erwiesen, dass es sich um keinen Schinken handelt. Dies ergibt sich schon aus der Aussage des Bf selbst.
Da das vorliegende Produkt ohne Klarstellungen als „Schinken“ bezeichnet wurde, erübrigen sich weitere Ausführungen.
III.4. Die Bestimmungen des ÖLMB stellen keine lebensmittelrechtlichen Vorschriften im rechtlichen Sinn, sondern bloß ein fachlich-qualitatives Leitbild für die Herstellung guter österreichischer Qualität dar (vgl Natterer, Lebensmittelrecht [2008] Rz 132 unter Hinweis auf den Erlass des BMGK vom 29.07.1996, Zl.32003/3-III/B/1b/96, ern 1996, 495). Das ÖLMB spielt für die Beurteilung der Irreführungseignung im Einzelfall insofern eine bedeutende Rolle, als ihm die maßgebliche Verbrauchererwartung entnommen werden kann. Die für die Lösung dieser Rechtsfrage in Betracht kommenden Verkehrskreise (siehe oben) werden vor allem durch die Deklaration der Ware angesprochen. Die Frage der Irreführungseignung der Produktbezeichnung ist daher auf diese fachlich besser informierten Verkehrskreise bezogen zu beantworten.
Eine zur Irreführung für angesprochene Verkehrskreise geeignete Abweichung von den Richtlinien des ÖLMB, kann durch eine entsprechende Kennzeichnung verhindert werden (vgl Natterer, Lebensmittelrecht [2008] Rz 131). Selbst die Verfälschung von Lebensmitteln kann auch bei erheblichen Abweichungen von den vorgeschriebenen wertbestimmenden Bestandteilen durch die vollständige Angabe der Inhaltsstoffe im Zutatenverzeichnis saniert werden, weil der Umstand dann deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht ist (vgl § 5 Abs 1 Z 2 LMSVG). Dies gilt vor dem Hintergrund der Judikatur des EuGH, wonach der aufmerksame und verständige („mündige“) Durchschnittsverbraucher durch die Etikettierung und insbesondere auch das Zutatenverzeichnis ausreichend informiert wird (vgl Blass ua, LMR³ LMSVG § 5 Rz 21).
Auch hier sind die für die Beurteilung von Werbeankündigungen zu § 2 UWG entwickelten Grundsätze heranzuziehen; entscheidend ist der Gesamteindruck der Ankündigung, wie er sich bei flüchtiger Wahrnehmung für einen nicht ganz unerheblichen Teil der angesprochenen Kreise ergibt (vgl. OGH 4Ob47/89; 4Ob78/92; 4Ob68/95; 4Ob171/06k; 4Ob116/12f).
Zwar beinhaltet die hier vorliegende Deklaration eine Vielzahl von Zusatzstoffen, die ein Schinken erlaubter Weise schon an sich nicht enthalten kann, jedoch ist die Kennzeichnung selbst für ein Mitglied des besser informierten Verkehrskreises nicht so klar, dass dieser in die Lage versetzt wird festzustellen, dass es sich hier um keinen Schinken handelt.
Der relevante Verkehrskreis setzt sich primär aus Gastronomen zusammen, die nicht immer eine fundierte gastronomische Ausbildung genossen haben, jedenfalls aber nicht jene eines Fleischhauers oder eines Mitarbeiters der fleischverarbeitenden Industrie.
Die vorliegende Kennzeichnung enthält keinerlei Hinweis darauf, dass das Produkt kleinere Fleischstücke oder gewolftes Material, ja sogar Brät enthält. Es wurde weder angegeben, wie hoch der Fleischanteil ist, noch, dass das Produkt auch kleine bis kleinste Teile, sowie Brät enthält.
Es ist anhand des Schnittbildes auch nicht auf den ersten Blick (flüchtige Wahrnehmung) erkennbar, dass es sich bei den großen Anteilen an gewolftem Material um nicht gewachsenes Material handelt. Gerade Betreiber von Pizzalokalen, die offenbar eine der Hauptklientel der Dienstgeberin des Bf sind und die in aller Regel keine langjährige gastronomische Ausbildung genossen haben, laufen Gefahr, getäuscht zu werden.
Der Umstand, dass der Bf die Ergänzung „diskont“ hinzugefügt hat, bedeutet wohl, dass es sich bei dem Produkt um ein günstig zu erwerbendes handeln mag (bspw. aufgrund großer Gebindegrößen), vermag aber keine Aussage zur Qualität der Zusammensetzung und damit zur Art des Produktes zu machen.
Ebensowenig vermag der Zusatz „Nur zur Weiterverarbeitung als Pizzabelag bestimmt“ aufzuzeigen, dass es sich vorliegend nicht um einen Schinken handelt.
Gerade der Umstand, dass der Bf im ggst. Fall, anders als in anderen dem Gericht bekannt gewordenen Fällen auf den Hinweis „Nicht nach CODEX hergestellt“ verzichtet hat, verstärkt die Täuschungseignung.
Das Produkt ist nach den fachlichen Kriterien des ÖLMB und des DLMB unter der Bezeichnung „Schinken“ bzw „Vorderschinken“ weder in Österreich, noch in Deutschland verkehrsfähig.
Angesichts des Zusatzes mannigfacher Stoffe und der Einarbeitung von Brät bzw. gewolftem und geschrotetem Material, ist auch zu bezweifeln, ob das Produkt als Formfleisch verkehrsfähig wäre. Jedenfalls müsste eine entsprechende zweifelsfreie Deklaration erfolgen. Dies wird etwa im Besonderen auch vom DLMB verlangt, auf welches der Bf verweist.
Dem Bf ist es im Übrigen nicht gelungen, das ÖLMB und das DLMB, welche Gutachtenscharakter haben, auf gleicher fachlicher Ebene dahingehend zu entkräften, was unter einem „Schinken“ zu verstehen ist bzw., dass das ggst. Produkt ein Schinken ist. Er hat diesbezüglich auch keinen Versuch unternommen, sondern hat selbst nur darzustellen versucht, dass ein Formfleischprodukt vorliegt.
Hinsichtlich des singulären Kriteriums eines erhöhten Wasser:Eiweiss – Verhältnisses besteht keine Täuschungseignung, zumal dieser Umstand klar und deutlich deklariert wurde. Daraus ist aber für den Bf nichts gewonnen, zumal die Täuschungseignung iSe Gesamtbetrachtung jedenfalls gegeben war.
Das Verwaltungsgericht geht davon aus, dass im vorliegenden Fall eine durchaus krasse Form der irreführenden Bezeichnung vorliegt.
Der Tatbestand des § 90 Abs 1 Z 1 LMSVG ist in objektiver Hinsicht als erfüllt anzusehen.
III.5. Der Tatbestand ist auch in subjektiver Hinsicht erfüllt.
Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
§ 5 Abs. 1 S 2 VStG ordnet der Sache nach an, dass bei fahrlässigen Ungehorsamsdelikten der Verstoß gegen den entsprechenden verwaltungsstrafrechtlichen Rechtsbefehl grundsätzlich Fahrlässigkeit indiziert; der Täter muss diesfalls glaubhaft machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift „kein Verschulden trifft“ (Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 5 Rz 5).
Zur Entkräftung der gesetzlichen Vermutung seines fahrlässigen Handelns hätte der Bf im Sinne der stRsp des Verwaltungsgerichtshofs initiativ alles darzulegen gehabt, was für seine Entlastung spricht.
Mit dem Vorbringen, er habe die Ware zur Weiterverarbeitung übergeben und sei nicht selbst verantwortlich für die Bezeichnung in anderen Betrieben und fehle ihm deshalb die subjektive Tatseite, konnte der Bf ein mangelndes Verschulden nicht glaubhaft machen, da das Gesetz das Inverkehrbringen eines mit irreführenden Bezeichnungen versehenen Lebensmittels schon auf der Stufe der Abgabe an einen weiteren Lebensmittelbetrieb unter Strafe stellt (vgl. oben S. 27f).
Das Gericht konnte sich in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 3. Juni 2015 ein Bild vom Bf machen und erwies sich, dass dieser ein profundes Fachwissen über die Herstellung von Fleischprodukten aufweist. Dies ist angesichts seiner Position im Herstellerbetrieb auch von ihm zu erwarten.
Der Bf erklärte dem Gericht den Herstellungsprozess des gegenständlichen Produktes im Detail und stellte schon im ersten Satz seiner Aussage dar, dass es sich vorliegend um ein Formfleischprodukt handelt. Es ist also davon auszugehen, dass dem Bf klar war, dass das vorliegende Produkt kein Schinken ist.
Wenn sich aus dem unbestrittenen festgestellten Sachverhalt und dem Vorbringen des Beschuldigten zur subjektiven Tatseite nicht ergibt, dass er zur Einhaltung der objektiv gebotenen Sorgfalt subjektiv nicht in der Lage oder ihm diese nicht zumutbar gewesen wäre, wird die Strafbarkeit nicht gehindert.
Das Vorbringen des Bf, der nachfolgende Betrieb sei verantwortlich und deutsche Unternehmen würden vergleichbare Produkte unter solchen Bezeichnungen in Österreich in Verkehr bringen, ist insgesamt nicht dazu geeignet, seine fehlende Pflichtwidrigkeit glaubhaft zu machen. Der Bf macht damit im Ergebnis einen Rechtsirrtum geltend, der seine Strafbarkeit jedoch nicht zu hindern vermag, da Fahrlässigkeit dann gegeben ist, wenn der unterlaufene Irrtum auf Fahrlässigkeit beruht (VwGH 21.04.1994, 96/17/0097). Fahrlässiges Verhalten setzt dabei das Außerachtlassen zumutbarer Sorgfalt voraus (vgl. VwGH 26.04.2001, 2000/07/0039).
Zumutbar wäre es dem Bf gewesen, in das ÖLMB und auch das DLMB Einsicht zu nehmen. Hätte er dies getan, wäre ihm aufgefallen, dass Schinken jene Eigenschaft aufweist, die oben dargestellt wurde. Dem Bf wäre auch aufgefallen, dass selbst Formfleisch nach der guten österreichischen und deutschen Herstellungspraxis kein Brät und keine Zusatzstoffe, wie etwa Stärke, enthält und wäre ihm klar geworden, dass das Produkt jedenfalls nicht als Schinken bezeichnet werden darf. Die ergänzenden Angaben über die Inhaltsstoffe können eine gänzlich falsche Sachbezeichnung nicht korrigieren und sind für sich alleine nicht geeignet, eine Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise hintanzuhalten.
Der Tatbestand ist daher auch in subjektiver Hinsicht erfüllt.
III.6. Zur Strafbemessung
Aufgrund des Umstandes, dass der Bf bereits zumindest einmal für eine vergleichbare Übertretung bestraft wurde (darüber erging das unbekämpft gebliebene Erkenntnis des LVwG Oö. vom 22. Mai 2014, LVwG-000031) ist die Wiederholungstat des Bf nach § 90 Abs 1 LMSVG mit einer Geldstrafe von bis zu 100.000 Euro zu ahnden.
Die von der belangten Behörde verhängte Geldstrafe von 500,00 Euro, die damit nur 0,5 % des Strafrahmens ausmacht, ist selbst unter der Annahme, dass der Bf nur über geringfügigste Einkünfte verfügen würde, als äußerst milde zu beurteilen.
Angesichts des Fachwissens des Bf trifft diesen ein durchaus nicht unerhebliches Verschulden. Der Schutz des Verbrauchers (im Sinne der Basis-VO) stellt ein bedeutendes Rechtsgut dar, wie die vielfältigen Normen der EU zum Thema zeigen.
Anders als die belangte Behörde, geht das Gericht nicht davon aus, dass die Genusstauglichkeit des Produktes einen Milderungsgrund darstellt, da diese in keinem Zusammenhang mit einer irreführenden Deklaration steht.
Im Übrigen ist die Strafbemessung hinsichtlich der verhängten Geldstrafe nicht zu bemängeln.
Für eine Vorgehensweise nach § 45 Abs 1 Z 4 VStG verblieb kein Raum, zumal das Verschulden des Beschwerdeführers angesichts der Einfachheit der geforderten Handlung (korrekte Deklaration) und des doch nicht unerheblichen Eingriffes in das Rechtsgut, nicht als gering anzusehen war.
III.7. Die von der belangten Behörde verhängte Ersatzfreiheitsstrafe war zu reduzieren. Bei einer der Strafdrohung von 100.000 Euro gegenüberstehenden maximalen Ersatzfreiheitsstrafe von 6 Wochen (= 1008 Stunden) ergibt sich eine Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Stunden (1008 : 100.000 x 500 = 5,04).
Bei diesem Ergebnis war gem. § 52 Abs 1 und 2 VwGVG auf einen Entfall des Verfahrenskostenbeitrages zu erkennen.
III.8. Angesichts der grundsätzlichen Bestätigung des behördlichen Straferkenntnisses war auszusprechen, dass der Bf die Kosten der Lebensmitteluntersuchung zu tragen hat.
Die Berechnung hat sich auf § 66 LMSVG und die Gebührentarifverordnung zu stützen. Unter Zugrundelegung der Kostenmitteilung der AGES vom 4. August 2014 hat diese folgende Posten verrechnet und beziehen sich diese auf die in der Tabelle angegebenen Postenzahlen und Punkte, die der Gebührenverordnung entnommen werden können. Die Punkte sind nach § 1 der Gebührentarifverordnung mit 1,58 zu multiplizieren):
Gegenstand | Preis | Postzahl VO | Punkte VO | Verrechenbarer Preis VO (verr.) |
Beschreibung von Lebensmitteln | 39,5
| 101 | 25 | 39,5 |
Fotos | 15,8 | 110 | 10 | 15,8 |
Homogenisierung | 7,9 | 401 | 5 | 9,25 (7,9) |
Screening NIRS | 9,05 | nv | nv | nv |
Nachweis Stärke | 4,74 | 301 | 3 | 4,74 |
Summe | 76,99 |
|
| 69,29 67,94 |
Mit Ausnahme des „Screenings Zusammensetzung von Fleisch und Fleischerzeugnissen mittels NIRS“ wurden die Kosten von der AGES der Verordnung entsprechend berechnet. Die Verordnung nennt keinerlei Posten Nahfeldinfrarotspektometrie (NIRS) als Untersuchungsmethode. Da zudem der verrechnete Betrag nicht durch den Faktor 1,58 teilbar ist, konnte der ausgewiesene Betrag iHv 9,05 Euro nicht nachvollzogen werden. Auch eine Rückfrage des Gerichtes konnte diesbezüglich keine zufriedenstellende Aufklärung bringen, sodass der Betrag von 9,05 Euro im Zweifel nicht aufzuerlegen war. Für die Homogenisierung hat die AGES lediglich 7,90 Euro verrechnet, sodass angesichts der aus dem Begriff „Ersatz“ zu schließenden Antragsbedürftigkeit nur insgesamt 67,94 Euro zuerkannt werden konnten.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s e
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Pohl