LVwG-950039/2/BP/JW
Linz, 07.05.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag.
Dr. Bernhard Pree über die Beschwerde des Herrn OL A.S. vertreten durch Dr. J.K., Rechtsanwalt in W. gegen das Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission für die Landeslehrer für allgemein bildende Pflichtschulen beim Landesschulrat für Oberösterreich, Senat für Landeslehrer und Landeslehrerinnen an Hauptschulen, Neuen Mittelschulen und Polytechnischen Schulen, vom 11. März 2015, GZ 1-DK-50/5-15, mit dem eine Suspendierung ausgesprochen wurde,
zu Recht e r k a n n t:
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG iVm. § 72 ABs. 1 Z. 2 und Abs. 1a des Landeslehrerdienstrechtsgesetzes 1984 – LDG, BGBl. I Nr. 302/1984, zuletzt geändert durch das Bundesgesetzblatt BGBl. I Nr. 48/2014, wird der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art.133 Abs.4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
1. Mit Erkenntnis der Disziplinarkommission für Landeslehrer für allgemeinbildende Pflichtschulen beim Landesschulrat für Oberösterreich vom
11. März 2015, zu GZ 1-DK-50/1-15, wurde gegen den nunmehrigen Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) gemäß § 80 Abs. 1 Z 3 Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984 – LDG 1984, BGBl Nr. 302/1984 idgF. die Disziplinarstrafe in Form einer Suspendierung verhängt.
Zunächst wird im angefochtenen Bescheid folgender Tatvorwurf ausgeführt:
Begründend wird im angefochtenen Bescheid ua. zunächst zum Sachverhalt ausgeführt:
der der Dienstpflichtverletzung zu Grunde liegende Sachverhalt Gegenstand der Anzeige oder eines der folgenden Verfahren ist - gehemmt:
1. .....
15. Geburtstag (xx), sie gab aber eine Dauer bis Herbst 2010 an. In zwei der Kommission vorliegenden Briefen spricht OL an der NMS S. von einer Fortsetzung der Beziehung nach einer 5-monatigen Pause. Dieses Aufleben der Beziehung könnte damit tatsächlich im Spätsommer 2010 stattgefunden haben und es ist daher ein Verdacht der Fortsetzung der Dienstpflichtverletzung bis Herbst 2010 nicht von der Hand zu weisen.
10. Abschnitt des Strafgesetzbuches geregelten Delikte erfolgte, so besteht der Verdacht, dass sich auch das Strafgericht mit einer Beziehung der Schülerin mit ihrem Lehrer im genannten Zeitraum auseinandersetzen musste. Aus der Begründung des Freispruchs geht nicht hervor, dass es keine Beziehung in einem der in der Anklage angeführten Zeiträume gegeben hätte, sondern vielmehr, dass der unter Anklage stehende Sachverhalt nicht mit der für das Strafverfahren erforderlichen Sicherheit erwiesen werden konnte. Es ist auch ausgeführt, dass „das Gericht zwar mit einer höheren Wahrscheinlichkeit von der Richtigkeit der belastenden Aussagen der Zeugin J.L. ausging, jedoch die Qualität ihrer Aussage nicht ausreichend war, um die leugnende Verantwortung des Angeklagten mit der für das Strafverfahren erforderlichen Sicherheit zu widerlegen." Diese Ausführungen widerlegen nicht den Verdacht einer Dienstpflichtverletzung im angeführten Zeitraum.
2. Dagegen erhob der Bf durch ihren ausgewiesenen Vertreter die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde vom 10. April 2015, worin ua. ausgeführt wird.
3. Die nunmehr belangte Behörde Landesschulrat für Oberösterreich legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vor.
4.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt, und das Beschwerdevorbringen
4.2. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, da der Sachverhalt im Wesentlichen völlig unbestritten ist, nur eine Rechtsfrage zu klären war und auch ein diesbezüglicher Parteienantrag nicht vorliegt.
5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von dem unter dem Punkt I. 1. dieses Erkenntnisses dargestellten relevanten Sachverhalt aus.
II.
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ergab sich widerspruchsfrei aus dem Akt, weshalb eine weiterführende Beweiswürdigung unterbleiben konnte.
III.
1.1. Gemäß § 80 Abs 1 des Landeslehrerdienstrechtsgesetzes 1984 – LDG, BGBl. I Nr. 302/1984 - LDG 1984 idgF., hat die landesgesetzlich zuständige Behörde die vorläufige Suspendierung einer Landeslehrperson zu verfügen,
1. wenn über sie die Untersuchungshaft verhängt wird oder
2. wenn gegen sie eine rechtswirksame Anklage wegen eines in § 16 Abs 1 Z 3a angeführten Delikts vorliegt und sich die Anklage auf die Tatbegehung ab dem 1. Jänner 2013 bezieht oder
3. wenn durch ihre Belassung im Dienst wegen der Art der ihr zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet würden.
Die Staatsanwaltschaft hat die landesgesetzlich zuständige Behörde umgehend vom Vorliegen einer rechtswirksamen Anklage gegen eine Landeslehrperson wegen eines in § 16 Abs. 1 Z 3a angeführten Delikts zu verständigen.
Gemäß § 80 Abs 3 LDG 1984 ist jede vorläufige Suspendierung der zur Durchführung des Disziplinarverfahrens berufenen Behörde mitzuteilen, die über die Suspendierung zu entscheiden hat. Die vorläufige Suspendierung endet spätestens mit rechtskräftiger Entscheidung der zur Durchführung des Disziplinarverfahrens landesgesetzlich hierfür zuständigen Behörde über die Suspendierung. Ist jedoch ein Disziplinarverfahren bereits anhängig, so hat die zur Durchführung dieses Disziplinarverfahrens berufene Behörde bei Vorliegen der in Abs 1 genannten Voraussetzungen die Suspendierung zu verfügen.
Gemäß § 80 Abs 5 LDG 1984 endet die Suspendierung spätestens mit dem rechtskräftigen Abschluss des Disziplinarverfahrens. Fallen die Umstände, die für die Suspendierung maßgebend gewesen sind, vorher weg, so ist die Suspendierung von der Behörde, bei der das Disziplinarverfahren anhängig ist, unverzüglich aufzuheben.
1.2. Gemäß § 29 Abs 1 LDG 1984 ist der Landeslehrer verpflichtet, die ihm obliegenden Unterrichts-, Erziehungs- und Verwaltungsaufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.
Gemäß § 29 Abs 2 LDG 1984 hat der Landeslehrer in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.
1.3. Zunächst ist auszuführen, dass im vorliegenden Fall erhebliche Bedenken gegen das vom Bf in den Jahren 2008 bis 2010 gegenüber seiner Schülerin gesetzte Verhalten konstatiert werden müssen, insoweit dieses fraglos die gebotene und zu erwartende Distanz zwischen Lehrperson und Schülerin vermissen ließ; dies in äußerst hohem Maß.
Wenn § 29 Abs 2 LDG 1984 postuliert, dass der Landeslehrer in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen hat, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt, ist - ohne hier näher darauf einzugehen – aus dem Sachverhalt klar ersichtlich, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die „sachliche Wahrnehmung“, seiner dienstlichen Aufgaben schwer erschüttert wurde, zumal das vom Bf „außerschulisch“ gezeigte, persönlich überschießende und völlig deplatzierte Engagement nicht von seiner Lehrtätigkeit getrennt betrachtet werden kann.
In diesem Sinn ist - der belangten Behörde folgend – fraglos der Tatbestand des § 80 Abs. 1 Z. 3 LDG als erfüllt zu betrachten; dies auch, wenn man den in der Beschwerde getätigten Sachverhaltsdarstellungen folgen würde, zumal auch jene die an den Tag gelegte mangelnde Distanz transparent werden lassen.
Allerdings ist im vorliegenden Fall als Grundvoraussetzung für die Zulässigkeit der gesetzten Maßnahme auf die Frage einer allfälligen Verjährung einzugehen.
2.1. Gemäß § 72 Abs 1 LDG 1984 darf ein Landeslehrer wegen einer Dienstpflichtverletzung nicht mehr bestraft werden, wenn gegen ihn nicht
1. innerhalb von sechs Monaten, gerechnet ab dem Zeitpunkt, zu dem die Dienstpflichtverletzung der zur Durchführung des Disziplinarverfahrens berufenen Behörde zur Kenntnis gelangt ist, oder
2. innerhalb von drei Jahren, gerechnet von dem Zeitpunkt der Beendigung der Dienstpflichtverletzung,
eine Disziplinarverfügung (§100) erlassen oder ein Disziplinarverfahren eingeleitet (§92) wurde.
Sind von der landesgesetzlich hiezu berufenen Behörde vor Einleitung des Disziplinarverfahrens im Auftrag der Disziplinarkommission notwendige Ermittlungen durchzuführen (§ 92 Abs 1 zweiter Satz), verlängert sich die unter Z 1 genannte Frist um sechs Monate.
Gemäß § 72 Abs 1a LDG 1984 darf drei Jahre nach der an den beschuldigten Landeslehrer erfolgten Zustellung der Entscheidung, gegen ihn ein Disziplinarverfahren durchzuführen, eine Disziplinarstrafe nicht mehr verhängt werden.
Gemäß § 72 Abs 2 LDG 1984 wird der Lauf der in Abs 1 und 1a genannten Fristen – sofern der der Dienstpflichtverletzung zu Grunde liegende Sachverhalt Gegenstand der Anzeige oder eines der folgenden Verfahren ist - gehemmt:
1. .....
2. für die Dauer eines Strafverfahrens nach der StPO oder eines bei einem Verwaltungsgericht oder einer Verwaltungsbehörde anhängigen Strafverfahrens,
3. .....
4. .....
5. für den Zeitraum zwischen der Erstattung der Anzeige und dem Einlangen der Mitteilung
a) über die Beendigung des verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahrens bzw. des Verfahrens vor einem unabhängigen Verwaltungssenat
b) der Staatsanwaltschaft über die Einstellung des Strafverfahrens oder
c) der Verwaltungsbehörde über das Absehen von der Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens bei der landesgesetzlich zuständigen Behörde.
2.2. Laut Angaben der betroffenen Schülerin wurde die Beziehung durch den Bf ab April 2008 (2. Klasse) angebahnt und erhalten und dauerte diese bis Herbst 2010.
Unbestritten ist aber auch, dass die Beziehung unmittelbar nach dem
15. Geburtstag der Schülerin (xx) für rund 5 Monate beendet und erst im Frühherbst 2010 wieder partiell aufgenommen wurde. Weiters ist anzumerken, dass im Frühherbst 2010 die Betroffene nicht mehr Schülerin des Bf war.
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass alleine der Umstand, dass sich das Rollenverhältnis Lehrer Schülerin ändert, per se nicht bedeutet, dass ein Delikt dadurch nach § 29 LDG schon als beendet anzusehen sein wird, zumal dessen Ursprung in eben diesem Lehrer-Schülerin-Verhältnis gründet und sohin die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben weiterhin in Zweifel stehen kann. Eine Neugründung des Verdachts nach Schulaustritt der betroffenen Schülerin wird aber wohl nicht mehr unter den Tatbestand des § 29 LDG zu subsumieren sein. Diesbezüglich ist nicht vom Vorliegen eines fortgesetzten Deliktes auszugehen.
2.3. Dass das Strafgericht – wie im angefochtenen Bescheid ausgeführt – keine diesbezügliche Differenzierung vornahm, liegt an den sich von den dienstrechtlichen Tatbeständen unterscheidenden Kriterien der einschlägigen Bestimmungen des StGB und kann daher nicht als Argument für die Annahme eines fortgesetzten Deliktes herangezogen werden.
Aufgrund der Anzeige bei der Staatsanwaltschaft durch den damaligen Bezirksschulinspektor am 11.07.2013 wurde mit diesem Tag der Lauf der Verjährungsfrist gehemmt bis zum 19.11.2014 (Benachrichtigung per E-Mail durch den Richter des Strafverfahrens über die Rechtskraft des Freispruches) (vgl. § 72 LDG).
Wie oben ausgeführt, muss also der Deliktszeitraum mit der Beendigung der Beziehung im März 2010 begrenzt werden. Daraus aber folgt, dass am 11. Juli 2013 das hier relevante Delikt bereits als verjährt anzusehen war und somit auch eine Suspendierung rechtlich nicht zulässig ausgesprochen werden konnte.
3. Es war daher im Ergebnis der Beschwerde stattzugeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art.133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerde bzw. Revision ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder eine bevollmächtigte Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Bernhard Pree