LVwG-600780/5/Zo/BD
Linz, 14.04.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Gottfried Zöbl über die Beschwerde des Herrn F P, geb. 1962, vom 14.3.2015 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Vöcklabruck vom 18.2.2015, Zl. VerkR96-10688-2014, wegen mehrerer Übertretungen des KFG
zu Recht e r k a n n t :
I. Der Beschwerde wird stattgegeben, das angefochtene Straferkennt-nis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
II. Der Kostenbeitrag für das behördliche Verfahren wird aufgehoben, für das verwaltungsgerichtliche Verfahren sind keine Kosten zu bezahlen.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Zu I.:
1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat dem Beschwerdeführer im angefochtenen Straferkenntnis Folgendes vorgeworfen:
2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde machte der Beschwerdeführer Folgendes geltend:
Der Beschwerdeführer legte dieser Beschwerde ein „Tätigkeitsprotokoll“, eine „Zeitstrahlübersicht“ sowie eine Abrechnung der Fährunternehmens T GmbH & Co KG bei.
3. Der Beschwerdeführer hat seine Beschwerde direkt an das LVwG Oberösterreich gesendet, weshalb es mit Schreiben vom 17.3.2015 an die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck weitergeleitet wurde. Dort ist es am 23.3.2015 eingelangt. Das Straferkenntnis war dem Beschwerdeführer am 24.2.2015 zugestellt worden, die Beschwerde ist daher rechtzeitig. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat daraufhin den Akt vorgelegt, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich, welches durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden hat.
4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Aus diesem ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt zur Gänze und es steht bereits aufgrund der Aktenlage fest, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, weshalb eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist (§ 44 Abs. 2 VwGVG).
4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:
Der Beschwerdeführer lenkte am 10.4.2014 um 13.25 Uhr das Sattelkraftfahrzeug mit dem Kennzeichen x, x auf der B1. Bei einer Verkehrskontrolle bei Kilometer 261,652 wurde unter anderem seine Fahrerkarte überprüft, wobei die Auswertung der Fahrerkarte mit Donnerstag, 13.3.2014 begann. Aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen ergibt sich, dass er vorher von Samstag, 8.3.2014 bis Montag, 10.3.2014 eine regelmäßige wöchentliche Ruhezeit von mehr als 45 Stunden eingelegt hatte. In den beiden darauffolgenden Wochenenden vom 15.3.2014 zum 16.3.2014 sowie vom 22.3.2014 zum 23.3.2014 hielt der Beschwerdeführer jeweils nur eine verkürzte wöchentliche Ruhezeit ein.
Im 24-Stunden-Zeitraum, beginnend am 14.3.2014 um 6.35 Uhr, hielt der Beschwerdeführer eine Ruhezeit von 8 Stunden und 57 Minuten anstelle der vorgeschriebenen Ruhezeit von 9 Stunden ein. Vom 16.3.2014 zum 17.3.2014 befand sich der Beschwerdeführer auf der Fähre, weshalb die kurze Fahrbewegung vor dem Fährbetrieb von 22.59 Uhr bis 23.02 Uhr sowie nach dem Fährbetrieb von 6.07 Uhr bis 6.16 Uhr gemäß Art. 9 Abs. 1 der Verordnung (EG) 561/2006 eine zulässige Unterbrechung der Ruhezeit darstellen. Der 24-Stunden-Zeitraum für diese Ruhezeit begann am 16.3.2014 um 22.06 Uhr und endete am 17.3.2014 um 7.25 Uhr. Die Ruhezeit betrug daher 9 Stunden und 19 Minuten.
Vom Sonntag, 23.3.2014 auf Montag, 24.3.2014 befand sich der Beschwerde-führer wiederum auf der Fähre, weshalb die unmittelbar vorher durchgeführte Lenkzeit von 21.50 Uhr bis 21.54 Uhr sowie die an den Fährbetrieb anschließende Lenkzeit von 6.18 Uhr bis 6.27 Uhr gemäß Art. 9 Abs. 1 der Verordnung (EG) 561/2006 zulässige Unterbrechungen der Ruhezeit darstellen. Der 24-Stunden-Zeitraum für diese Ruhezeit begann daher bereits am 23.3.2014 um 21.02 Uhr und endete am 24.3.2014 um 8.15 Uhr. Die Ruhezeit betrug daher 11 Stunden und 13 Minuten.
5. Darüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:
5.1. Gemäß Artikel 8 Abs.1 der Verordnung (EG) 561/2006 muss der Fahrer tägliche und wöchentliche Ruhezeiten einhalten.
Gemäß Artikel 8 Abs.2 der Verordnung (EG) 561/2006 muss der Fahrer innerhalb von 24 Stunden nach dem Ende der vorangegangenen täglichen oder wöchentlichen Ruhezeit eine neue tägliche Ruhezeit genommen haben. Beträgt der Teil der täglichen Ruhezeit, die in den 24-Stunden-Zeitraum fällt, mindestens 9 Stunden, jedoch weniger als 11 Stunden, so ist die fragliche tägliche Ruhezeit als reduzierte tägliche Ruhezeit anzusehen.
Gemäß Artikel 8 Abs.6 der Verordnung (EG) 561/2006 hat der Fahrer in zwei jeweils aufeinanderfolgenden Wochen mindestens folgende Ruhezeiten einzuhalten:
- zwei regelmäßige wöchentliche Ruhezeiten oder
- eine regelmäßige wöchentliche Ruhezeit und eine reduzierte wöchentliche Ruhezeit von mindestens 24 Stunden.
Dabei wird jedoch die Reduzierung durch eine gleichwertige Ruhepause ausgeglichen, die ohne Unterbrechung vor dem Ende der dritten Woche nach der betreffenden Woche genommen werden muss.
Eine wöchentliche Ruhezeit beginnt spätestens am Ende von sechs 24-Stunden-Zeiträumen nach dem Ende der vorangegangenen wöchentlichen Ruhezeit.
5.2. Richtig ist, dass der Beschwerdeführer an zwei aufeinander folgenden Wochenenden, nämlich vom 15.3.2014 zum 16.3.2014 sowie vom 22.3.2014 zum 23.3.2014, jeweils nur eine verkürzte wöchentliche Ruhezeit eingelegt hat. In Punkt 1 des angefochtenen Straferkenntnisses wurde dem Beschwerdeführer eine Verkürzung der wöchentlichen Ruhezeit vorgeworfen. Die Konkretisierung, um welche wöchentliche Ruhezeit es sich dabei gehandelt hat, wurde in der Weise vorgenommen, dass das Ende der vorangegangenen wöchentlichen Ruhezeit angeführt wurde. Dieses Ende wurde mit 13.3.2014 um 6.31 Uhr angegeben. Bereits aus der der Polizeianzeige angefügten Auswertung der Fahrerkarte ergibt sich, dass es sich beim 13.3.2014 um einen Donnerstag handelte, weshalb relativ unwahrscheinlich ist, dass der Beschwerdeführer unmittelbar vorangehend die letzte wöchentliche Ruhezeit eingehalten hätte. Aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen ergibt sich gut nachvollziehbar, dass er die letzte wöchentliche Ruhezeit tatsächlich von Samstag, den 8.3.2014 bis Montag, den 10.3.2014 eingehalten hat. Dabei handelte es sich im Übrigen um eine ausreichend lange Ruhezeit von mehr als 45 Stunden. Die Behauptung im Straferkenntnis, dass das Ende der vorangegangenen wöchentlichen Ruhezeit am 13.3.2014 gewesen wäre, ist objektiv falsch, was der Beschwerdeführer zu Recht gerügt hat. Mit der falschen Angabe des Endes der vorangegangenen wöchentlichen Ruhezeit wurde dem Beschwerdeführer das Unterschreiten der wöchentlichen Ruhezeit nicht auf eine solche Weise vorgehalten, dass für ihn klar erkennbar war, um welche Ruhezeit es sich handelt, weshalb er sich bezüglich dieser Ruhezeitverletzung auch nicht ausreichend verteidigen konnte. Der Tatvorwurf in Punkt 1 des Straferkenntnisses entspricht daher nicht den Voraussetzungen des § 44a Z1 VStG, wobei innerhalb der einjährigen Verjährungsfrist bezüglich dieser Übertretung kein anderer Tatvorwurf erhoben wurde.
Der Beschwerdeführer hat daher jene Übertretung, die ihm in Punkt 1 vorgeworfen wurde, in dieser Form nicht begangen und bezüglich der von ihm tatsächlich begangenen Verkürzung der wöchentlichen Ruhezeit ist bereits Verfolgungsverjährung eingetreten, weshalb der Beschwerde in Punkt 1 stattzugeben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich einzustellen war.
In Punkt 2 wurde dem Beschwerdeführer eine Verkürzung der täglichen Ruhezeit um 3 Minuten vorgeworfen. Dieser Vorwurf ist objektiv richtig, allerdings ist eine Verkürzung der täglichen Ruhezeit um lediglich drei Minuten so geringfügig, dass das dadurch geschützte Rechtsgut nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich praktisch nicht beeinträchtigt wird. Bei einer derartig geringfügigen Unterschreitung der Ruhezeit ist auch lediglich von leichter Fahrlässigkeit auszugehen, weil einem LKW-Fahrer die Einhaltung der Ruhezeiten auf wenige Minuten genau in der Praxis nicht zugemutet werden kann.
Diesbezüglich war daher gemäß § 45 Abs. 1 Z4 VStG von der Fortführung des Strafverfahrens abzusehen und dieses einzustellen.
Bezüglich der dem Beschwerdeführer in den Punkten 2a) und 2b) vorgeworfenen Unterschreitungen der täglichen Ruhezeit ergibt sich aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen glaubwürdig und nachvollziehbar, dass er in jenen Zeiträumen jeweils eine Fähre benutzt hat. Gemäß Art. 9 Abs. 1 der Verordnung (EG) 561/2006 darf in diesen Fällen die Ruhezeit zwei Mal durch andere Tätigkeiten unterbrochen werden, deren Dauer insgesamt eine Stunde nicht überschreiten darf. Mit dieser Regelung hat der Verordnungsgeber dem Umstand Rechnung getragen, dass der LKW-Fahrer vor der Benützung der Fähre seinen LKW durch eine in der Regel bloß wenige Minuten dauernde Fahrbewegung auf die Fähre verbringen und nach dem Ende der Fährüberfahrt den LKW wieder von der Fähre herabfahren muss. Diese kurzen Unterbrechungen der Ruhezeit sind daher zu tolerieren und die tatsächlich eingelegte Ruhezeit so zu berechnen, als ob diese beiden kurzen Fahrten nicht stattgefunden hätten. Daraus ergibt sich in beiden Fällen, dass der Beschwerdeführer eine ausreichend lange tägliche Ruhezeit eingelegt hat, weshalb er die ihm in den Punkten 2a) und 2b) vorgeworfenen Übertretungen nicht begangen hat. Seiner Beschwerde war daher auch in diesen Punkten stattzugeben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich einzustellen.
Zu II.:
Die Entscheidung über die behördlichen Verfahrenskosten ist in § 64 VStG, jene über die verwaltungsgerichtlichen Verfahrenskosten in § 52 VwGVG begründet.
Zu III.:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Gottfried Zöbl