LVwG-750269/2/BP/JB
Linz, 21.04.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag.
Dr. Bernhard Pree über den Vorlageantrag des P.H., geboren am
x, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J.K.,
x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 17. März 2015, GZ.: Sich30-3010-2014, wegen Einziehung des Reisepasses nach dem Passgesetz
zu Recht e r k a n n t :
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom
5. Februar 2015, GZ: Sich30-3010-2014, wurde dem Antragsteller (im Folgenden: AS) gemäß §§ 15 Abs. 1 iVm. 14 Abs. 1 Ziffer 3 lit. f und Abs. 3 des Passgesetzes 1992 idgF. der Reisepass Nr. P x, entzogen. Gleichgehend wurde einer allfälligen Berufung gemäß § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Begründend führte die belangte Behörde zunächst zum Sachverhalt ua. wie folgt aus:
2. Gegen diesen, dem AS am 12. Februar 2015 zugestellten, Bescheid erhob der AS mit Schreiben (eingelangt am 10. März 2015) einen „Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens“.
5.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und das Parteienvorbringen.
Von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, da der relevante Sachverhalt - auch vom AS unwidersprochen – feststand und schon aufgrund der Aktenlage ersichtlich war, dass die in Rede stehende Beschwerdevorentscheidung aufzuheben war.
6. Bei seiner Entscheidung geht das LVwG Oberösterreich von dem unter den Punkten I.1. bis I.4. dieses Erkenntnisses dargestellten relevanten Sachverhalt aus.
II.
Der relevante Sachverhalt ist unstrittig.
III.
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:
1.1. Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde zu enthalten:
1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,
2. die Bezeichnung der belangten Behörde,
3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,
4. das Begehren und
5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
1.2. Gemäß § 27 VwGVG hat das Landesverwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid aufgrund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 4 und 4 VwGVG) zu überprüfen. § 9 Abs. 1 Z 3 VwGVG erklärt die Gründe auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt und § 9 Abs. 1 Z 4 VwGVG das Begehren zum notwendigen Beschwerdeinhalt und Prüfungsumfang.
1.3. Im vorliegenden Fall erging an den nunmehrigen AS ein Bescheid datiert vom 5. Februar 2015, der ihm mit Wirkung 12. Februar 2015 zugestellt wurde. Am 10. März brachte der AS einen „Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens“ bei der belangten Behörde ein.
Die belangte Behörde wertete dieses Schreiben inhaltlich als Beschwerde, weil sich der AS gegen das Ergebnis des ursprünglichen Bescheides wende. Diese Interpretation ist aus Sicht des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich jedoch zu extensiv gegriffen.
1.4. Im Schreiben vom 10. März 2015 hatte der AS zunächst – verglichen mit dem inhaltlichen Begehren – eine falsche Bezeichnung gewählt. Dies ist gemessen an den Vorgaben des VwGVG - der belangten Behörde folgend – unerheblich. Anders aber verhält es sich mit dem inhaltlichen Begehren. Denn hier wird deutlich die Wiedereinsetzung (materiell im Sinne des § 71 f. AVG) in die Frist zur Einbringung einer Stellungnahme begehrt und auch Gründe hierfür vorgebracht. Dass die potentielle Beschwerdefrist gegen den Bescheid vom 5. Februar 2015 noch offen war, kann nicht dafür ausschlaggebend sein, das Begehren inhaltlich in eine Beschwerde umzudeuten. Dass in der, dem Schreiben vom 10. März 2015 beigeschlossenen Stellungnahme, Gründe vorgebracht werden, die sich gegen die Abnahme des Reisepasses wenden, entspricht den gesetzlichen Vorgaben zur Einbringung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, zumal hier die versäumte Handlung (Stellungnahme vom Jänner 2015) gleichzeitig nachzuholen ist. Diese Stellungnahme, die sich inhaltlich mit der nicht zugegangenen Stellungnahme deckt, wendet sich naturgemäß auch gegen das vom AS nicht erwünschte Ergebnis des Bescheides. Daraus aber die Intention einer Beschwerde zu konstruieren, würde §§ 9 und 27 VwGVG zu weit extendieren. Bezeichnend ist auch, dass erst im Vorlageantrag vom 3. April 2015 „weiters“ die Aufhebung des Bescheides vom 5. Februar 2015 beantragt wird, während im Schreiben vom 10. März 2015 lediglich „ersucht“ wurde, die Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zu gewähren.
1.5. Zunächst bedeutet dies aber, dass innerhalb offener Frist keine Beschwerde erhoben wurde, sondern, dass ein bislang noch offenes Verfahren hinsichtlich eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei der belangten Behörde anhängig ist. Eine Entscheidung durch das Landesverwaltungsgericht betreffend den Antrag auf Wiedereinsetzung wäre nicht zulässig.
2.1. Mit Schriftsatz vom 17. März 2015, zugestellt am 24. März 2015, erging nun eine Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde, die, nachdem sie ja das Anbringen des AS als Beschwerde gedeutet hatte, in konsequenter Weise auch darüber zu entscheiden sich verpflichtet sah.
2.2. Nach § 14 Abs. 1 VwGVG steht es der Behörde im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG frei, innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung); § 27 ist sinngemäß anzuwenden.
Gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG kann jede Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Wird der Vorlageantrag von einer anderen Partei als dem Beschwerdeführer gestellt, hat er die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 9 Abs. 1 Z 3) und ein Begehren (§ 9 Abs. 1 Z 4) zu enthalten.
Gemäß § 15 Abs. 2 VwGVG hat ein rechtzeitig eingebrachter und zulässiger Vorlageantrag aufschiebende Wirkung, wenn die Beschwerde
1. von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung hatte und die Behörde diese nicht ausgeschlossen hat;
2. von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung hatte, die Behörde diese jedoch zuerkannt hat (BGBl I 2013/122).
Die Behörde hat dem Verwaltungsgericht den Vorlageantrag und die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorzulegen und den sonstigen Parteien die Vorlage des Antrags mitzuteilen (BGBl I 2013/122).
2.3. Wenn man – mit Bezug auf das unter Punkt III.1. Angeführte – davon ausgeht, dass die Behörde eine Beschwerdevorentscheidung ohne Beschwerde erließ, stellt dies aber im Ergebnis auch eine Verletzung des Grundsatzes „res iudicata“ dar, da der Bescheid vom 5. Februar 2015 die in Rede stehende Rechtsfrage bereits rechtskräftig erledigt hatte.
2.4. Aufgrund des Vorlageantrags hatte das Oö. LVwG über die Beschwerdevorentscheidung zu befinden, zumal rechtzeitig ein Vorlageantrag eingebracht wurde. Aus Anlass dessen war sohin die Beschwerdevorentscheidung ersatzlos aufzuheben.
Weiters wurde aber in diesem Vorlageantrag auch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt. Dies war dem Landesverwaltungsgericht schon dem Grunde nach nicht möglich, zumal im Sinne des § 13 VwGVG keine Beschwerde vorlag, der überhaupt die aufschiebende Wirkung hätte zuerkannt werden können. Dieser Antrag musste daher als unzulässig zurückgewiesen werden.
3. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Bernhard Pree