LVwG-750223/2/MZ
Linz, 07.04.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Markus Zeinhofer über die Beschwerde des U.M., geb xx, vertreten durch RA Mag. R.B., gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 9.10.2014, GZ. Pol18-44417-2014,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG wird die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt 3. des angefochtenen Bescheides abgewiesen; die Spruchpunkte 1. und 2. werden mit der Maßgabe aufgehoben, als die beiden Anträge zurückgewiesen werden.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Mit Spruchpunkt 1. des Bescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 9.10.2014, GZ. Pol18-44417-2014, wurden der quotenfrei Erstantrag des Beschwerdeführers (in Folge: Bf) auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Familienangehöriger“ gemäß § 47 Abs 2 in Verbindung mit § 11 Abs 1 Z 1 und Abs 2 Z 1 iVm Abs 4 NAG abgewiesen.
Mit Spruchpunkt 2. wurde der schriftliche Antrag des Bf vom 30.7.2014 gemäß § 19 Abs 8 NAG abgewiesen.
Schließlich wurde mit Spruchpunkt 3. der schriftliche Antrag des Bf vom 30.7.2014 gemäß § 21 Abs 3 NAG – Zulassung zur Inlandsantragsstellung abgewiesen.
Ihre Entscheidung begründend führt die belangte Behörde folgendes aus:
„Sie sind t. Staatsbürger und haben nach erfolgter illegalen [sic] Einreise in das Bundesgebiet der Republik Österreich am 16.07.2010 beim Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost, Z110 06242, einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Mit Bescheid vom 08.09.2011 hat das Bundesasylamt, Zl 10 06.242, ihren Antrag gemäß §§ 7 u 8 AsylG abgewiesen und gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG sind sie aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich in die T. ausgewiesen worden.
Gegen diesen Bescheid haben sie fristgerecht die Beschwerde erhoben. Mit Erkenntnis des AsylGhes vom 22. November 2012 ist ihre Beschwerde gemäß §§ 7 u 8 AsylG abgewiesen und gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG ist ihre Ausweisung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich in die T. bestätigt worden.
Gegen dieses Erkenntnis haben sie fristgerecht Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof erhoben, der mit Beschluss ihnen die aufschiebende Wirkung zuerkannt hat. Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofs vom 14. Juni 2014, ZI U 2742/2012-14, ist die Behandlung ihrer Beschwerde abgewiesen worden.
Am 30. Juli 2014 haben sie persönlich bei der hs. Niederlassungsbehörde einen quotenfreien Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Familienangehöriger" gestellt. Begründet haben sie ihren quotenfreien Erstantrag mit der Eheschließung ihrer Frau, M.F., geb. xx, öster. StA., whft in V., x Straße Nr. x. Die besagte Eheschließung hat am 28. Juli 2014 am Standesamt L stattgefunden.
Mit nachweislichem Verbesserungsauftrages [sic] vom 20. August 2014 sind sie aufgefordert worden binnen zwei Wochen nach Erhalt nachstehende Dokumente bzw. Urkunden vorzulegen:
• Schriftlich bekanntzugeben, welchen Erstantrag sie tatsächlich stellen wollen (Rot-Weiß-Rot-Karte plus oder Familienangehöriger)
• Auszug aus dem KSV 1870 ihrer Gattin
• Vorlage des positiven Deutschzertifikates Niveau A 1 von einem zertifizierten Institut gemäß § 9b NAG-DV und einen
• Gültigen Dienstvertrag der dem § 936 ABGB entspricht.
Mit Schreiben vom 01.09.2014 haben sie die fehlenden Unterlagen bzw. Dokumente nachgereicht und in diesem Schreiben haben sie erklärt, einen quotenfreien Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Familienangehöriger" gemäß § 47 Abs. 2 NAG stellen zu wollen.
Nach Prüfung ihres Sachverhaltes trifft die hs. Niederlassungsbehörde folgende Feststellungen:
Mit rechtskräftigem Erkenntnis des Asylgerichthofes vom 22. November 2012 sind sie gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich ausgewiesen worden. Gemäß § 75 Abs. 23 AsylG sind Ausweisungen, die gemäß § 10 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 erlassen wurden, bleiben binnen 18 Monaten ab einer Ausreise des Fremden aufrecht [sic]. Diese Ausweisungen gelten als aufenthaltsbeendende Maßnahmen gemäß dem 1. oder 3. Abschnitt des 8. Hauptstückes des FPG in der Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012.
In ihrem Fall bedeutet dies, dass sie im Besitz einer rechtskräftigen und durchsetzbaren Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG sind. Dieser Umstand stellt gemäß § 11 Abs. 1 Z 1 NAG einen absoluten Versagungsgrund dar.
Wie aus dem bereits zitierten Erkenntnis des Asylgerichtshofs ersichtlich ist, sind sie in ihrem Heimatstaat vom zuständigen Gericht wegen Verflechtung in Terrorakte bzw. terroristische Organisationen [sic] zu einer rechtskräftigen Freiheitsstrafe von 6 Jahren und 3 Monaten teilbedingt verurteilt worden. Ihr weiterer Aufenthalt hier im Bundesgebiet der Republik Österreich stellt somit eine gegenwärtige und erhebliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit dar. Gerade die Verflechtungen bzw. Verbindungen zu terroristischen Organisation beinhaltet [sic] ein hohes Gefährdungspotential der öffentlichen Sicherheit und gefährden die rechtsstaatlichen Grundelemente enorm. Ihr Aufenthalt hier im Bundesgebiet der Republik Österreich widerstreitet jedenfalls dem öffentlichen Interesse.
In ihrem quotenfreien Erstantrag haben sie sich auf das Stillhalteabkommen des Assoziationsabkommens 1/80 zwischen EG und der T. berufen. Diesbezüglich wird festgestellt, dass der vorgelegte Dienstvertrag den Anforderungen des § 936 ABGB entspricht und Gültigkeit hat. Angeführt wird, dass dieser Umstand an den [sic] absoluten Versagungsgrund gemäß § 11 Abs. 1 Z1 NAG nichts ändert. Sie sind im Besitz einer rechtskräftigen und durchsetzbaren Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG.
In ihrem schriftlichen Vorbringen vom 30. Juli 2014 haben sie angeführt, die Ausreise ihrer Gattin sei unzumutbar; sie sei österreichische Staatsbürgerin und nicht zuletzt aufgrund ihrer Beschäftigung auf einen Verbleib im Bundesgebiet angewiesen, wäre doch sonst die wirtschaftliche Existenz der gesamten Familie ernsthaft gefährdet.
Dazu führt die hs. Niederlassungsbehörde an, dass ihr Vorbringen keinen Umstand darstellt, der ihre Ausreise aus Österreich und aus der europäischen Union zwingend erforderlich macht. In ihrem Fall liegt ein regulärer Familienzuzug vor.
Mit nachweislichem Schreiben vom 09. September 2014 hat ihnen die hs. Niederlassungsbehörde mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, ihren quotenfreien Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels abzuweisen. Mit zitiertem Schreiben sind sie aufgefordert worden binnen zwei Wochen nach Erhalt des angeführten Schreibens schriftlich zur beabsichtigten Abweisung Stellung zu nehmen.
Ihre schriftliche Stellungnahme ist am 2. Oktober 2014 bei der hs. Niederlassungsbehörde eingelangt. Am 30.September 2014 hat ihre Ehefrau, M.F., ebenfalls eine schriftliche Stellungnahme persönlich bei der hs. Niederlassungsbehörde abgegeben.
Die Behörde hat hiezu erwogen:“
Nach Wiedergabe der einschlägigen Rechtsvorschriften setzt die belangte Behörde fort:
„1.1: asylrechtliche Ausweisung
1.1.1 Wie bereits umseitig angeführt, sind sie mit rechtskräftigem Erkenntnis des Asylgerichtshofs vom 22. November 2012, ZI E10 421575-1/2011/33E, aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich in die T. ausgewiesen worden. Gegen dieses Erkenntnis haben sie fristgerecht die Beschwerde beim Verfassungsgericht erhoben. Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofs vom 14. Juni 2014, ZI U 2742/2012-14, ist die Behandlung ihrer Beschwerde abgelehnt worden. Ihre rechtskräftige und durchsetzbare asylrechtliche Ausweisung stellt gemäß § 10 Abs. 7 AsylG (alte Rechtslage) eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung dar, die nach § 10 Abs. 6 AsylG 2005 (alte Rechtslage) 18 Monate ab einer Ausreise aus dem Bundesgebiet aufrecht bleibt. Diese Rechtsansicht wird auch vom Verwaltungsgerichtshof bestätigt (vgl. 2013/21/0077 v. 25.04.2014). Daraus folgt in ihrem Fall, dass sie im Besitz einer rechtskräftigen und durchsetzbaren Rückkehrentscheidung sind. Eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung stellt wiederum einen absoluten Versagungsgrund gemäß § 11 Abs. 1 NAG dar. Dass es sich um eine Rückkehrentscheidung nach § 52 FPG handelt, wird deutlich im § 10 AsylG Abs. 1 ausgedrückt.
1.1.2 In ihrer schriftlichen Stellungnahme haben sie angegeben, diese Rechtsansicht könne nicht geteilt werden. Sie seien t. Staatsbürger und berufen sich ausdrücklich auf das Assoziierungsabkommen EWG-T./Assoziationsratbeschluss 1/80/ARB sowie auf die Stillhalteklausel. Sohin liege aber jedenfalls eine unzulässige Schlechterstellung für t. Staatsbürger im Vergleich zur Rechtslage des FrG 1997 vor und muss die asylrechtliche Ausweisung unberücksichtigt bleiben. Aus diesem Grund kann die
Bestimmung hinsichtlich der asylrechtlichen Ausweisung iVm § 75 Abs. 23 AsylG aber im konkreten Fall keine Anwendung finden und liege somit auch kein absoluter Versagungsgrund vor.
1.1.3 Hiezu wird von der hs. Niederlassungsbehörde angeführt, dass das Assoziationsabkommen zwischen EWG-T. nicht für t. Asylwerber gilt. Dies deshalb, weil der t. Staatsbürger, der hier in Österreich um Asyl ansucht, Asylgründe im Sinne der Genfer Menschenrechtskonvention geltend macht. Er beabsichtigt keine Zuwanderung im Sinne des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, ebenso auch nicht im Sinne des FrG 1997. Sondern der Zweck seiner Einreise in das Bundesgebiet der Republik Österreich erfolgt aufgrund von Asylgründen und nicht wegen Erwerbsabsicht. Dass der Asylwerber während seines Asylverfahrens Erwerbsabsicht hat, ändert jedoch nichts an dieser Feststellung. Das am 12.09.1963 unterzeichnete Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der EWG und der T. hat unter anderem als Ziel die schrittweise Herstellung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer definiert. Art. 6 Abs. 1 des aufgrund des zwischen der EWG und der T. abgeschlossenen Assoziationsabkommens gefassten Beschluss Nr. 1/80 des Assoziationsrats EWG/T. über die Entwicklung der Assoziation vom 19.09.1980 (ARB Nr. 1/80) regelt nach dem Wortlaut die beschäftigungsrechtliche Stellung von ordnungsgemäß in einem Mitgliedstaat beschäftigten t. Arbeitnehmern.
1.1.4 Die sogenannte Stillhalteklause! des Art. 13 ARB Nr. 1/80 (bzw. des Art. 41 Abs. 1 Zusatzprotokolls) ist laut Judikatur des EuGH und des VwGH auch auf den (Neu-) Zuzug t. Staatsangehöriger anzuwenden, sofern diese beabsichtigten, im Aufnahmemitgliedstaat einer Erwerbstätigkeit nachzugehen und verbieten die „Stillhalteklauseln" des Art. 13 ARB Nr. 1/80 bzw. Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls allgemein die Einführung neuer innerstaatlicher Maßnahmen, die bezwecken oder bewirken, dass die Ausübung der Arbeitnehmerfreizügigkeit durch t. Staatsangehörige strengeren Voraussetzungen unterworfen werden, als sie zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des ARB Nr. 1/80 im jeweiligen Mitgliedstaat galten (vgl. EuGH vom 17.09.2009 in der Rs Sahin, C-242/06). Die „Stillhalteklausel" des Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls ist nach ständiger Rechtsprechung des EuGH aber nicht aus sich heraus geeignet, t. Staatsangehörigen allein auf der Grundlage des Unionsrechts ein Niederlassungsrecht und ein damit einhergehendes Aufenthaltsrecht zu verleihen, und kann ihnen auch weder ein Recht auf freien Dienstleistungsverkehr noch ein Recht zur Einreise in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates verschaffen (vgl. Urteil des EuGH vom 15.11.2011 in der Rs Dereci, C-256/1).
1.1.5 Faktum ist, dass sie nicht im Sinne dieses Assoziationsabkommens in das Bundesgebiet der Republik Österreich zugewandert sind. Faktum ist auch, dass es bereits auf Grundlage des FrG 1997 Einreise- und Zuwanderungsbeschränkungen im Sinne von fremdenpolizeilichen Maßnahmen gegeben hat, wie z.B.: Aufenthaltsverbot, Ausweisungen, etc. Auch sind t. Staatsbürger weder von der Niederlassungs- noch von der Sichtvermerksfreiheit ausgenommen gewesen. Aus den angeführten Gründen bleibt daher die fremdenpolizeiliche Maßnahme, ihre rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung erhalten und wird nicht durch die Berufung auf die „Stillhalteklausel" absorbiert. Wäre dies nicht so, wären rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung die t. Staatsbürger betreffen völlig obsolet, da sie keine fremdenpolizeiliche Wirkung entfallen würden, wenn sich t. Staatsbürger anschließend dann auf das „Stillhalteabkommen" berufen. Aus diesem Grund verlieren sie auch das Recht, die rechtskräftige Entscheidung der Niederlassungsbehörde im Bundesland der Republik Österreich abzuwarten.
1.2 Terroristische Vereinigung, rechtskr. t. Urteil
1.2.1 Aus dem Erkenntnis des Asylgerichthofs vom 22. November 2012, Zl E10 421.575-1/2011/33E, ist ersichtlich, dass sie vom obersten Gerichtshof, 3. Schwurgericht Malatya vom 11.06.2008 zu Zl 2007/142-2008/112 wegen Hilfeleistung einer bewaffneten Terrororganisation und Besitz explodierfähiger Mitteln zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten rechtskräftig verurteilt worden. Der Asylgerichtshof hat sich auch damit beschäftigt, ob diese rechtskräftige Verurteilung einer inländischen Verurteilung gemäß § 278a StGB gleichzusetzen ist. Der Asylgerichtshof kommt zum Ergebnis, dass dies der Fall sei und führt folgendes aus: „seitens des erkennenden Gerichts besteht daher kein Anlass zur Annahme, die nach dem t. Recht pönalisierte Mitgliedschaft bzw. Unterstützung krimineller Organisationen, namentlich der PKK stelle persecution dar. Dieser Common Sense wird sichtlich auch von Österreich geteilt, zumal - wie bereits angeführt, auch der OGH ebenfalls davon ausgeht, dass es sich bei der PKK um eine Terrororganisation handelt (OGH 19.11.1996, 140244/96(140s142/96) und es sich bei der Tätigkeit innerhalb der PKK grundsätzlich um keine politisch strafbare Handlung im Sinne des § 14 Abs. 1 ARHG handelt (OGH 2.12.1998, 140s/98 (140s162) und es sich bei der PKK bzw. deren Teilorganisationen um eine kriminelle Organisation im Sinne des § 278a StGB handelt (OGH 18.10.1994, 110s 112, 114/94-14." Des Weiteren hat sich auch der Asylgerichtshof damit auseinandergesetzt, ob die Verhältnismäßigkeit der Strafdrohung gegeben ist und kommt zum Schluss, dass dies der Fall ist (siehe ob. zitiertes Erkenntnis, S 73 -74). Das t. Gerichtsurteil verstößt auch nicht gegen die EMRK.
1.2.2 Diese Ansicht des Asylgerichtshofs wird durch den Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 14. Juni 2014, Zl U 2742/2012-14, bestätigt, indem der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ablehnt. Aus diesem Beschluss ist ersichtlich, dass der Asylgerichtshof weder eine grundrechtswidrige Gesetzesauslegung vorgenommen noch sind ihm grobe Verfahrensfehler unterlaufen, die eine vom Verfassungsgerichtshof aufzugreifende Verletzung der genannten Grundrechte darstellen.
1.2.3 Somit hat die hs. Niederlassungsbehörde dieses rechtskräftige t. Urteil zu beurteilen. Die kriminelle Vereinigung gemäß § 278a StGB bzw. die terroristische Vereinigung gemäß § 278b StGB stellen schwere Eingriffe gegen die Rechtsstaatlichkeit dar. Rechtskräftige Verurteilungen nach den angeführten Delikten sind dadurch gekennzeichnet, dass der Täter - in diesem Fall sie selbst - ein besonders hohes Gefahrenpotential besitzt. Durch ihr eigenes und persönliches Verhalten haben sie gezeigt, dass sie die Grundelemente eines Staates erschüttern wollten. Ihr gesetztes Verhalten zeigt auch, dass sie nicht interessiert sind, die Gesetze eines Staates zu achten und zu respektieren. Vielmehr haben sie durch ihr eigenes Verhalten gezeigt, dass sie nicht gewillt sind, ihren Herkunftsstaat und die Grundelemente ihres Herkunftsstaates zu akzeptieren. Ihnen wäre es völlig egal gewesen, ob dadurch andere Personen an der körperlichen Unversehrtheit erheblich verletzt worden wären. Sie hätten vermutlich auch den Tod einer anderen Person in Kauf genommen. Terroristische Vereinigungen sind auch dadurch gekennzeichnet, dass sie vor erheblicher Gewalt nicht zurückschrecken. Vielmehr wird sogar bezweckt, Menschen mit Vorsatz zu töten, um dadurch die innere Sicherheit eines Staates zu gefährden und zu erschüttern. Ihr gesetztes Verhalten zeigt somit deutlich die hohe Gefährlichkeit für die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Ihr weiterer Aufenthalt hier im Bundesgebiet der Republik Österreich widerstreitet jedenfalls öffentlichen Interessen. Ihre Gefährlichkeit zeigt sich auch dadurch, dass sie ihre rechtskräftige Verurteilung durch das t. Gericht nicht akzeptieren. Sie sind sich nach wie vor keiner Schuld bewusst. Gerade dieser Umstand ist bedeutsam für die Aufarbeitung der Tat und der Reue. Diese Aspekte fehlen bei ihnen nach wie vor.
1.2.4 In ihrer schriftlichen Stellungnahme haben sie ausgeführt, diesbezüglich ist jedoch festzuhalten, dass es sich hierbei um ein politisches Urteil handelt. Sie waren in ihrer Heimat langjährig als Taxifahrerin T. tätig. Aufgrund ihrer Beschäftigung waren sie auch immer wieder im Bergland aufhältig und wurde ihnen daher von den t. Sicherheitsbehörden eine enge Verbindung zur PKK unterstellt. Tatsächlich haben sie die ihnen zur Last gelegte Straftat aber nicht gegangen; sie sind vielmehr zu Unrecht verurteilt worden. Die Voraussetzungen des § 73 StGB sind im konkreten Fall nicht gegeben. Festzuhalten ist weiters, dass sie nunmehr seit über 4 Jahren im Bundesgebiet aufhältig sind und sich stets wohlverhalten haben. Sie haben sich nichts zu Schulden kommen lassen in all den Jahren ihres inländischen Aufenthaltes und liege demgemäß keine gegenwärtige und erhebliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit dar. Neuerlich ist darauf zu verweisen, dass sie in der T. zu Unrecht verurteilt wurden. Aufgrund ihrer kurdischen Volkszugehörigkeit sowie ihrer Tätigkeit als Taxifahrer rückten sie ins Visier der t. Sicherheitsbehörden und wurden schließlich auch - unter fadenscheinigen Umständen - verurteilt. Die explodier fähigen Mitteln wurden … im Rahmen einer Hausdurchsuchung bei ihnen „gefunden" nachdem die gesamte Familie zunächst die Wohnung verlassen musste und nur die Polizisten in der Wohnung waren. Erst nach 10 Minuten durfte die Familie in ihre Wohnung und wurde sodann in der Waschmaschine diverses Material gefunden, obwohl ihre Mutter an diesem Tag eine Ladung Wäsche gewaschen hat. Klar ist, dass ihnen die Beweisstücke untergeschoben wurden, sonstige Beweismittel liegen im gesamten t. Prozess nicht vor und steht fest, dass die Regelungen hinsichtlich eines fair trial nicht eingehalten wurden.
1.2.5 Die hs. Niederlassungsbehörde stellt klar, dass sich diesbezüglich der Asylgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 22. November 2012 damit ausführlich beschäftigt und festgestellt hat, dass es sich dabei nicht um „Willkür" des t. Gerichtes gehandelt hat. Aufgezeigt wird auch, dass sie selbst im Gerichtsverfahren von einem t. Rechtsanwalt vertreten worden sind. Der vollständigkeitshalber wird auch klar zum Ausdruck gebracht, dass es im besagten Strafverfahren auch einen Freispruch gegeben hat. Sowohl der Asylgerichtshof als auch der Verfassungsgerichtshof haben festgestellt, dass ihre Ausweisung weder nach Art. 2 EMRK noch Art. 3 EMRK verstößt. Ihre Argumentation zeigt vielmehr, dass sie nicht gewillt sind, das t. rechtskräftige Urteil zu akzeptieren. Ihr Verhalten zeigt weder Reue noch ein Schuldeingeständnis. Der hs. Niederlassungsbehörde steht es in rechtlicher Hinsicht nicht zu die Arbeit des t. Gerichtes zu beurteilen. Dass sie sich bereits 4 Jahre im Bundesgebiet aufgrund ihres Asylantrages vorübergehend rechtmäßig aufhältig haben und in diesem Zeitpunkt nicht straffällig geworden sind, kann weder zu ihrem Vorteil noch zu ihrem Nachteil gereicht werden. Es liegt nämlich im Allgemeinverständnis, dass Fremde die Rechtsordnung des österreichischen Staates akzeptieren und nach diesen Normen leben. Die Staatsanwaltschaft Wien, Geschäftsabteilung 302, hat am 19.09.2014 der hs. Niederlassungsbehörde schriftlich mitgeteilt, dass ihr Auslieferungsverfahren nach Beendigung ihres Asylantrages fortgesetzt wird. Ein entsprechender Auslieferungsantrag ist von den zuständigen t. Behörden gestellt worden. Diesbezüglich haben sie jedoch keine Angaben vor der hs. Niederlassungsbehörde gemacht. Sie haben den Auslieferungsantrag der hs. Niederlassungsbehörde völlig verschwiegen. Auch bei ihrer Antragsstellung haben sie den Umstand verschwiegen, dass sie von einem t. Gericht rechtskräftig zu 6 Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe wegen vorsätzlicher Unterstützung einer Terrororganisation verurteilt worden sind. Diese Tatsache ist aufgrund der durchgeführten Erhebungen der hs. Niederlassungsbehörde ans Tageslicht gelangt.
1.3 „Stillhalteabkommen" des Art. 13 ARB Nr. 1/80 bzw. Art. 41 Abs. 1 Zusatzprotokolls"
1.3.1 [Wiederholung von Punkt 1.1.4]
1.3.2 Die hs. Niederlassungsbehörde stellt in ihrem Fall fest, dass sie bei ihrer illegalen Einreise nach Österreich keine Erwerbsabsicht gehabt haben. Sie haben vielmehr - und sie haben ihren Asylantrag auch freiwillig gestellt - asylrechtliche Aspekte und Asylgründe gehabt und sind deshalb in das Bundesgebiet der Republik Österreich illegal eingereist. Für t. Staatsbürger die einen Asylantrag stellen und anschließend ohne das Bundesgebiet der Republik Österreich trotz einer durchsetzbaren und rechtskräftigen Rückkehrentscheidung zu verlassen, fallen weder in die Stillhalteklausel noch in das Assoziationsabkommen EWG/T. 1/80. Dies deshalb, weil die Voraussetzung für die Anwendung der Stillhalteklausel jedenfalls Erwerbsabsicht bestehen und es sich um einen (Neu-)Zuzug handeln muss. Sie jedoch haben bei ihrer illegalen Einreise in das Bundesgebiet asylrechtliche Motive gehabt. Aus ihrem Versicherungsdatenauszug ist auch ersichtlich, dass sie nie einer erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen sind. Dieses Faktum beweist, dass sie bei ihrer illegalen Einreise nach Österreich ausschließlich asylrechtliche Motive gehabt haben. Die „Stillhalteklausel" ist wie auch aus dem Gesetzestext ersichtlich für den (Neu-)Zuzug von t. Staatsbürger, die Erwerbsabsicht besitzen, anwendbar. Jedoch nicht für t. Staatsbürger, die bereits illegal in das Bundesgebiet der Republik Österreich eingereist und hier aufhältig sind. Weiteres sind sie auch im Besitz einer rechtskräftigen und durchsetzbaren Rückkehrentscheidung, die einen absoluten Versagungsgrund darstellt. Dieser Versagungsgrund wird durch die Berufung auf das „Stillhalteabkommen" nicht außer Kraft gesetzt. Bereits aus dem FrG 1997 ist ersichtlich, dass der Aufenthalt eines Fremden zu versagen ist, wenn sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet. Ihr weiterer Aufenthalt hier im Bundesgebiet der Republik Österreich gefährdet vehement die öffentliche Sicherheit.
1.4 De facto Zwang:
1.4.1 In Verfahren zu Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 47 Abs. 2 und 3 NAG hat die hs. Niederlassungsbehörde infolge des Urteils des Europäischen Gerichtshofes vom 15. November 2011 in der Rechtsache C-256/11, Murat DERECI u.a., zu berücksichtigen, ob eine öster. Ankerperson eines drittstaatsangehörigen Antragsstellers bei Nichtgewährung des von diesem begehrten Aufenthaltstitels de facto gezwungen wäre, Österreich und das Gebiet der Europäischen Union zu verlassen. Ein entsprechendes Vorbringen ist von Ihnen bis dato nicht erfolgt. In seiner aktuellen Entscheidung in der Rechtsache Dereci (C-256/11) hebt der EuGH mehrfach hervor, dass der Unionsbürgerstatus dazu bestimmt ist, der grundlegende Status der Angehörigen der Mitgliedstaaten zu sein. Art. 20 AEUV stehe nationalen Maßnahmen entgegen, die bewirken, dass den Unionsbürgern (hier der öster. Ankerperson) der tatsächliche Genuss des Kernbestandes der Rechte, die ihnen der Unionsbürgerstatus verleiht, verwehrt wird (vgl. Rz 62 der genannten EuGH Entscheidung). Mit der Entscheidung in der Rechtssache Dereci präzisierte der EuGH seine bisherige Rechtsprechung (insbesondere in der Rs. Zambrano, C-34/09) und folgerte, dass sich das Kriterium der Verwehrung des Kernbestandes der Rechte, die der Unionsbürgerstatus verleiht, auf Sachverhalte bezieht, die dadurch gekennzeichnet sind, dass sich der Unionsbürger de facto gezwungen sieht, nicht nur das Gebiet des Mitgliedstaates, dem er angehört, zu verlassen, sondern das Gebiet der Union als Ganzes" (vgl. Rz 66 der genannten EuGH Entscheidung Dereci). Ein Aufenthaltsrecht darf dieser Entscheidung zu Folge einem drittstaatszugehörigen Familienangehörigen eines Österreichers nicht verwehrt werden, wenn die österreichische Ankerperson im Falle der Verweigerung des begehrten Aufenthaltstitels nach § 47 Abs. 2 oder 3 NAG für den drittstaatszugehörigen Antragssteller des facto gezwungen wäre, sowohl Österreich als auch das Gebiet der Europäischen Union zu verlassen. In einem derartigen Fall würde die Nichtgewährung des Aufenthaltsrechts bedeuten, dass die Unionsbürgerschaft der öster. Ankerperson ihrer praktischen Wirksamkeit beraubt würde. Als Anhaltspunkte für die maßgebliche Frage, unter welchen tatsächlichen Gegebenheiten ein Antragsteller de facto gezwungen ist, das Gebiet der Europäischen Union zu verlassen, erläutert der EuGH, dass die bloße Tatsache, dass es für einen Staatsbürger eines Mitglied-Staates aus wirtschaftlichen Gründen oder zur Aufrechterhaltung der Familiengemeinschaft im Gebiet der Europäischen Union wünschenswert erscheinen könnte, dass sich Drittstaatsangehörige mit ihm zusammen im Gebiet der Europäischen Union aufhalten können, für sich genommen nicht die Annahme rechtfertigt, dass der Unionsbürger gezwungen wäre, das Gebiet der Europäischen Union zu verlassen, wenn kein Aufenthaltsrecht gewährt würde (vgl. EuGH Rechtssache Dereci, C-256/11, Rz 68 bzw. VwGH vom 19. Jänner 2012, Zl 2011/22/0313 sowie VwGH vom 19. Jänner 2012, Zl 2011/22/0312). Mit Blick auf die Rechtsprechung des EuGH in der Rechtssache Zambrano, C-34/09, ist jedenfalls in jenen Fällen der Kernbestand der Unionsbürgerrechte beeinträchtigt, in denen ein minderjähriger Unionsbürger aus dem Gebiet der Europäischen Union ausreisen müsste, um seinen beiden drittstaatsangehörigen Elternteilen (weil diesen kein Aufenthaltsrecht gewährt wurde) zu folgen. Auf Grundlage der bisherigen Judikatur des EuGH ist daher lediglich in Ausnahmesituationen von einer Gefahr der Beeinträchtigung des Kernbestands der Unionsbürgerrechte auszugehen (vgl. EuGH Entscheidung in der Rechtssache Dereci, Rz 67). Diese Auffassung des EuGH hat mittlerweile auch der VwGH seinen Entscheidungen mehrfach zugrunde gelegt (vgl. z.B: VwGH vom 21. Dezember 2011, ZI 2009/22/0054, sowie vom 19. Jänner 2012, ZI 2008/22/0130). Nach vorliegender Aktenlage wird vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen im Ergebnis nicht davon ausgegangen, dass es für Ihre österreichische Ankerperson bedeuten würde, „de facto" Österreich und das Gebiet der Europäischen Union verlassen zu müssen, wenn Ihnen kein Aufenthaltstitel erteilt wird. Aus der Aktenlage ergeben sich keinerlei Hinweise darauf, dass sich ihre Ehefrau in einer Ausnahmesituation befindet, die bei Nichtgewährung eines Aufenthaltstitels an sie bedeuten würde, dass diese de facto gezwungen wäre das Gebiet der Europäischen Union zu verlassen. Vielmehr ist ihr Vorbringen als bloßer Wunsch nach einem gemeinsamen Familienleben in Österreich zu werten, bzw. liegen ihrem Begehren nach einem gemeinsamen Familienleben in Österreich wirtschaftliche Überlegungen zu Grunde. Weder der bloße Wunsch nach einem Zusammenleben in Österreich, noch wirtschaftliche Überlegungen rechtfertigen jedoch für sich genommen die Annahme eines de facto Zwanges im oben genannten Sinn. Weitere besondere Umstände, die in Ihrem Fall auf eine Ausnahmesituation schließen lassen könnten, haben Sie weder vorgebracht, noch ergeben sich diese unmittelbar aus dem Akteninhalt.
1.5 Prüfung ihres Privat- und Familienlebens:
1.5.1 Zu Ihrem Privat- und Familienleben wird von der hs. Niederlassungsbehörde festgestellt, dass die Prüfung ihres Privat- und Familienlebens in diesem Verfahren nicht zu berücksichtigen ist, da ein absoluter Versagungsgrund gemäß § 11 Abs. 1 Z 1 NAG vorliegt (vgl. VwGH 03.07.2007, 2007/18/0366, VwGH 05.09.2006, 2006/18/0264, VwGH 14.06.2007, 2007/18/0240).
2.1 Heilung des Verfahren[s] nach §19 Abs. 8 Z 3 NAG
2.1.1 Sie haben am 30. Juni 2014 schriftlich einen Antrag gemäß § 19 Abs. 8 Z 3 NAG gestellt da sie nicht in der Lage seien sich ein gültiges Reisedokument zu verschaffen. Begründet haben sie ihre Antragsstellung damit, dass gegen sie in ihrem Heimatstaat ein aufrechter Haftbefehl bestehe und sie in ihrer Heimat Gefahr laufen, Sanktionen ausgesetzt zu werden.
2.1.2 Die hs. Niederlassungsbehörde führt zu diesem Vorbringen an, dass die Möglichkeit gemäß § 19 Abs. 8 Z 3 NAG darin besteht, die Vorlage eines gültigen Reisepasses im NAG-Verfahren zu heilen, wenn dies dem Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar ist. In ihrem Fall ist die Beschaffung eines gültigen t. Reisepasses in Österreich jedenfalls möglich. Die t. Generalkonsulate stellen in Österreich für t. Staatsangehörige t. Reisepässe aus. Nun hat die hs. Niederlassungsbehörde festzustellen, ob ihnen die Beschaffung eines t. Reisepasses zumutbar ist. Diesbezüglich teilt ihnen die hs. Niederlassungsbehörde mit, dass es ihnen zumutbar ist. Wie bereits der Asylgerichtshofs im Erkenntnis vom 22. November 2012, Zl E10 421.575-1/2011/33E, festgestellt hat, dass ihre Ausweisung (nunmehr Rückkehrentscheidung) in die T. zulässig ist und dieser Umstand mit Beschluss des Verfassungsgerichtshof vom 14. Juni 2014, Zl U 2742/2912-14, bestätigt worden ist, sieht die hs. Niederlassungsbehörde keinen Grund, warum ihnen die Beschaffung ihres t. Reisepasses nicht zumutbar ist. Dass gegen sie in ihrem Heimatstaat wegen einer rechtskräftigen Verurteilung ein t. Haftbefehl besteht, ändert nichts an dieser Feststellung, zumal ihre Verurteilung und ihre Rückkehrentscheidung nicht gegen die EMRK verstoßen (vgl. Erkenntnis Asylgerichtshof vom 22.11.2014 sowie Beschluss des VfGH vom 14.06.2014, U 2742/2912-14). Wäre dies nicht der Fall, so könnte sich jeder Fremde, gegen den ein von seinem Heimatstaat ein Haftbefehl erlassen worden ist, sich auf § 19 Abs. 8 Z 3 NAG berufen (sofern kein Verstoß gegen die EMRK vorliegt bzw. festgestellt worden ist). Schon vor diesem Hintergrund ist ihr schriftlicher Antrag gemäß § 19 Abs. 8 Z 3 NAG abzuweisen gewesen.
3[.] Antrag auf Zulassung einer Inlandsantragsstellung gemäß § 21 Abs. 3 NAG:
3.1.1. Sie haben ebenfalls mit Schreiben vom 30. Juni 2014 einen Antrag auf Zulassung einer Inlandsantragsstellung gemäß § 21 Abs. 3 NAG gestellt. Wie bereits aus dem Gesetzestext ersichtlich ist, kann dieser Antrag nur dann zum Erfolg führen, wenn kein absoluter Versagungsgrund gemäß § 11 Abs. 1, 2 u 4 NAG vorliegt. Da sie jedoch im Besitz eines absoluten Versagungsgrundes sind, kann ihnen ex lege die Zulassung zur Inlandsantragsstellung nicht gewährt werden. Wie bereits unter Pkt 1.1. dargestellt, sind sie im Besitz einer rechtskräftigen und durchsetzbaren Rückkehrentscheidung. Daher ist auch dieser Zusatzantrag abzuweisen gewesen. Dass sie sich auch nicht auf die „Stillhalteklausel" gemäß Art. 41 Zusatzprotokoll des Assoziationsabkommens EWG/T. 1/80 berufen können, ist im Pkt. 1.3. ausführlich dargestellt worden.
Aus den aufgezählten Gründen ist spruchgemäß entschieden worden.“
II. Gegen den genannten Bescheid erhob der Bf im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde.
Die Beschwerde begründet der Bf wie folgt:
„1. Die Erstbehörde geht in der bekämpften Entscheidung davon aus, dass im Falle des Beschwerdeführers aufgrund der Ausweisung des AsylGH mittels Erkenntnis vom 22.11.2012 ein absoluter Versagungsgrund vorliege, da gemäß § 75 Abs 23 AsylG derartige Ausweisungen als aufenthaltsbeendende Maßnahmen gelten.
Da der Beschwerdeführer im Besitz einer rechtskräftig und durchsetzbaren Rückkehrentscheidung gemäß §52 FPG sei, liege ein absoluter Versagungsgrund gemäß § 11 Abs 1 Z 1 NAG vor (vgl. Bescheidseite 3).
Diese Rechtsansicht kann nicht geteilt werden und berief sich der Beschwerdeführer bereits in seiner Stellungnahme vom 02.11.2014 auf das Assoziierungsabkommen EWG-T./Assoziationsratbeschluss 1/80 /ARB) sowie die Stillhalteklausel.
In seinem Urteil in der Rechtssache Dereci (G-256/11) hat sich der EuGH unter anderem auch mit dem Assoziierungsabkommen EWG – T., konkret mit der in Art. 13 des Assoziierungsbeschlusses (ARB) bzw. in Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls verankerten sog. „Stillhalteklausel" auseinander gesetzt.
Die sog. „Stillhalteklausel" in Art. 13 des ARB 1/80 (bzw. in Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls) verbietet somit allgemein die Einführung neuer Innerstaatlicher Maßnahmen, die bezwecken oder bewirken, dass die Ausübung der Arbeitnehmerfreizügigkeit (bzw. der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs) durch t. Staatsangehörige strengeren Voraussetzungen unterworfen werden, als sie zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des ARB im jeweiligen Mitgliedstaat galten. In Österreich ist daher das Datum des Beitritts zur Europäischen Union (01. Jänner 1995) maßgeblich.
Gemäß ständiger Rechtsprechung des EuGH dürfen die Mitgliedstaaten im Sinne der Stillhalteklausel nach Inkrafttreten des ARB erlassene günstigere Bestimmungen für t. Staatsangehörige auch nicht mehr verschlechtern.
In der Entscheidung in der Rechtsache Dereci hat sich der EuGH nunmehr erstmals mit den Auswirkungen der sogenannten „Stillhalteklausel" (in Art. 13 ARB bzw. in Art. 41. Abs. 1 des Zusatzprotokolls zum Assoziierungsabkommen) auf das österreichische Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) auseinandergesetzt. Konkret befasste sich die Entscheidung mit den Auswirkungen der "Stillhalteklausel „ auf den Familiennachzug t. Staatsangehöriger zu einer österreichischen Ankerperson".
Zur Stillhalteklausel führte der EuGH in der Rechtsache Dereci unter anderem wie folgt aus: „Nach ständiger Rechtsprechung ist in Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls enthaltene Stillhalteklausel zwar nicht aus sich heraus geeignet, t. Staatsangehörigen allein auf der Grundlage des Unionsrechts ein Niederlassungsrecht und ein damit einhergehendes Aufenthaltsrecht zu verleihen, und kann ihnen auch weder ein Recht auf freien Dienstleistungsverkehr noch ein Recht zur Einreise in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates verschaffen; eine solche Klausel verbietet jedoch allgemein die Einführung neuer Maßnahmen,, die bezwecken oder bewirken, dass die Ausübung dieser wirtschaftlichen Freiheiten durch t. Staatsangehörigen in einem Mitgliedstaat strengeren Voraussetzungen als denjenigen unterworfen wird, die für ihn galten, als das Zusatzprotokoll in Bezug auf den betreffenden Mitgliedstaat in Kraft trat (vgl. Urteil vom 19. Februar 2009, Soysal und Savatii, C-228/06, Sig. 2009,1-1031, Randnr. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls in den Mitgliedstaaten unmittelbare Wirkung hat, so dass sich t. Staatsangehörige, auf die er anwendbar ist, vor den nationalen Gerichten auf die Rechte, die er ihnen verleiht berufen können, um die Anwendung entgegenstehender Vorschriften des innerstaatlichen Rechts auszuschließen. Diese Bestimmung enthält nämlich eine klare, präzise und nicht an Bedingungen geknüpfte, eindeutige Stillhalteklausel, die eine Verpflichtung der Vertragsparteien begründet, bei der es sich rechtlich um eine reine Unterlassungspflicht handelt (vgl. Urteil vom 20. September 2007, Tum und Darf, C16/05, Sig. 2007,7415, Randnr, 46 und die dort angeführte Rechtsprechung)."
Im Ergebnis hat der EuGH in seinem Urteil in er Rechtsache Dereci in Hinblick auf das NAG festgestellt, dass sich mit Inkrafttreten des NAG am 01, Jänner 2006 die Bedingungen für den Familiennachzug für t. Staatsangehörigen zu einer österreichischen Ankerperson im Vergleich zur Rechtslage des Fremdengesetzes 1997 (FrG 1997) verschlechtert hat.
Eine asylrechtlicher Ausweisung war nach damaliger Rechtslage nicht vorgesehen. Zusammenfassend war sohin eine asylrechtliche Ausweisung, welche nach den derzeitigen Bestimmungen als 18-monatige Rückkehrentscheidung gilt, nicht existent und kann sohin auch nicht als absoluter Versagungsgrund herangezogen werden.
Sohin liegt aber jedenfalls eine unzulässige Schlechterstellung für t. Staatsbürger im Vergleich zur Rechtslage des FrG 1997 vor und muss die asylrechtliche Ausweisung unberücksichtigt bleiben.
Aus diesem Grund kann die Bestimmung hinsichtlich der asylrechtlichen Ausweisung iVm § 75 Abs 23 AsylG aber im konkreten Fall keine Anwendung finden und liegt sohin auch kein absoluter Versagungsgrund vor.
Selbst wenn vom Vorliegen einer Ausweisung ausgegangen wird, so stand eine solche zum damaligen Zeitpunkt der Erteilung eines Aufenthaltstitel nach der österreichischen Ankerperson nicht entgegen.
2. Auf Bescheidseite 9 geht die Erstbehörde davon aus, dass das Assoziierungsabkommen EWG-T. nicht für t. Asylwerber gilt.
Hierzu ist festzuhalten, dass die Erstbehörde insofern die Rechtslage verkennt, als feststeht, dass der Beschwerdeführer aktuell kein Asylwerber mehr ist, sondern Ehegatte einer österreichischen Staatsbürgerin.
Feststeht weiters, dass nach dem FrG 1997 alle Angehörigen von Österreichern (egal ob vormaliger Asylwerber oder nicht) gemäß § 47 Abs 3 FrG 1997 Niederlassungsfreiheit genossen, weshalb diese Personengruppe nicht nur zur Inlandsantragsstellung berechtigt ist, sondern auch dazu, die Entscheidung im Inland abzuwarten und zwar ungeachtet einer rechtswidrigen Einreise und/ oder eines rechtswidrigen Aufenthaltes (vgl. VwGH vom 19.01.2012, Zl. 2011/22/0313).
Die diesbezüglichen Ausführungen der Erstbehörde entbehren sohin jeglicher rechtlicher Grundlage.
3. Weiters beschäftigt sich die Erstbehörde in der bekämpften Entscheidung auf Bescheidseite 9 mit den Gründen der beabsichtigen Zuwanderung des Beschwerdeführers und kommt zu dem Schluss, dass der Zweck seiner Einreise in das Bundesgebiet der Republik Österreich aufgrund von Asylgründen erfolgte und nicht wegen Erwerbsabsicht. Hieraus folgert die Erstbehörde offenbar, dass das Assoziierungsabkommen EWG-T. / Assoziationsratbeschluss 1/80 /ARB) sowie die Stillhalteklausel keine Anwendung finden und beruft sich hier offenbar auf die Rechtsprechung Dereci.
Hierbei verkennt die Erstbehörde aber offenbar dass der dieser Rechtsprechung zugrunde liegende Fall Dereci völlig gleichgelagert war. Auch hier ging es um einen Staatsangehörigen der T. welcher im November 2001 unrechtmäßig nach Österreich einreiste und hier zunächst einen Asylantrag stellte. Nach Abschluss bzw. Zurückziehung seines Asylverfahrens heiratete dieser eine österreichische Staatsbürgerin und stellte am 24. Juni 2004 einen Erstantrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung nach den damals geltenden Vorschriften des (am 31. Dezember 2005 außer Kraft getretenen) Fremdengesetzes 1997 (FrG).
Es ist sohin ersichtlich, dass der zugrunde liegende Sachverhalt in den Eckpunkten durchaus vergleichbar ist nämlich „ auf den Familiennachzug t. Staatsangehöriger zu einer österreichischen Ankerperson" und kann den Ausführungen der Erstbehörde hinsichtlich des Zwecks der Einreise etc, nicht gefolgt werden. Unstrittig ist, dass jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt Erwerbsabsicht besteht und dies auch im bisherigen Verfahren entsprechend behauptet und belegt wurde. Letztlich kommt es ausschließlich darauf an.
4. Soweit sich die Erstbehörde darauf beruft, dass der Beschwerdeführer Mitglied der Terrorgruppe PKK sei, ist neuerlich festzuhalten, dass dies nicht den Tatsachen entspricht. Festzuhalten ist, dass der Beschwerdeführer t. Staatsangehöriger kurdischer Volksgruppenzugehörigkeit ist und aus der Provinz T. stammt
Mittels Urteils des Obersten Gerichtshofes, 3. Schwurgericht Malatya vom 11.06.2008 zu Zl. 2007/142-2008/112 wurde der Beschwerdeführer wegen Hilfeleistung einer bewaffneten Terrororganisation und Besitz explodierfähiger Mitteln zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten rechtskräftig verurteilt wurde.
Diesbezüglich festzuhalten ist jedoch, dass es sich hierbei um ein politisches Urteil handelt. Der Beschwerdeführer war in seiner Heimat langjährig als Taxifahrer in T. tätig. Aufgrund seiner Beschäftigung war dieser auch immer wieder im Bergland aufhältig und wurde ihm daher von den t. Sicherheitsbehörden eine enge Verbindung zur PKK unterstellt. Tatsächlich hat er die ihm zur Last gelegte Straftat aber nicht begangen; er ist vielmehr zu Unrecht verurteilt worden. Die Voraussetzungen des § 73 StGB sind im konkreten Fall nicht gegeben.
Der Beschwerdeführer ist sohin weder Mitglied der PKK, noch hat er die ihm zu Last gelegte Tat begangen.
Die Ausführungen der Erstbehörde auf Bescheidseite 11 hinsichtlich des besonders hohen Gefährdungspotentials des Beschwerdeführers muss entschieden widersprochen werden. Zudem muss aufgrund der aktuellen Entwicklungen die Zugehörigkeit der PKK als terroristische Vereinigung jedenfalls hinterfragt werden, wenngleich neuerlich darauf hinzuweisen ist, dass der Beschwerdeführer in Wahrheit kein Mitglied der PKK war oder ist.
5. Eine gegenwärtige und erhebliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit ausgehend vom Beschwerdeführer liegt im konkreten Fall nicht vor und hat der Beschwerdeführerin all den Jahren seines inländischen Aufenthaltes auch aufgezeigt, dass er gewillt ist, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten.
Zudem ist dem bekämpften Bescheid keine begründete Gefährdungsprognose zu entnehmen und hat sieh die Erstbehörde mit der konkret vom Beschwerdeführer ausgehenden angeblichen „Gefahr" in keinster Weise nachvollziehbar auseinander gesetzt. Vor allem blieb vollkommen unberücksichtigt, dass die angebliche Straftat bereits mehr als 6 Jahre zurückliegt und keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sich der Beschwerdeführer in Österreich in irgendeiner Weise politisch für die PKK oder andere Organisationen engagiert.
Festzuhalten ist, dass der Beschwerdeführer nunmehr seit über 4 Jahren im Bundesgebiet aufhältig ist und sich stets wohlverhalten hat. Er hat sich nichts zu Schulden kommen lassen in all den Jahren seines inländischen Aufenthaltes und liegt demgemäß keine gegenwärtige und erhebliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit dar. Neuerlich ist darauf zu verweisen, dass der Beschwerdeführer in der T. zu Unrecht verurteilt wurde. Aufgrund seiner kurdischen Volkszugehörigkeit sowie seiner Tätigkeit als Taxifahrer rückte der Beschwerdeführer ins Visier der t. Sicherheitsbehörden und wurde schließlich auch- unter fadenscheinigen Umständen – verurteilt.
Die explodierfähigen Mitteln wurden ihm Rahmen einer Hausdurchsuchung des Beschwerdeführers „gefunden" nachdem die gesamte Familie zunächst die Wohnung verlassen musste und nur die Polizisten in der Wohnung waren. Erst nach 10 Minuten durfte die Familie in ihre Wohnung und wurde sodann in der Waschmaschine diverses Material gefunden, obwohl die Mutter des Beschwerdeführers an diesem Tag eine Ladung Wäsche gewaschen hat.
Klar ist, dass dem Beschwerdeführer die Beweisstücke untergeschoben wurden, sonstige Beweismittel liegen im gesamten t. Prozess nicht vor und steht fest dass die Regelungen hinsichtlich eines fair trial nicht eingehalten wurden.“
Der Bf stellt daher den Antrag, das Verwaltungsgericht Oberösterreich möge der Beschwerde Folge geben und den Bescheid dahingehend abändern, dass dem Beschwerdeführer der beantragte Aufenthaltstitel erteilt wird.
III.a.) Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Beschwerde unter Anschluss des Bezug habenden Verwaltungsaktes, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art 130 Abs 1 Z 1 iVm 131 Abs 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art 135 Abs 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.
b) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt. Gemäß § 24 Abs 1 iVm Abs 4 VwGVG konnte die Durchführung einer – von keiner Verfahrenspartei beantragten – öffentlichen mündlichen Verhandlung aufgrund der Tatsache, dass der für das Verfahren wesentliche Sachverhalt aufgrund Aktenlage für das erkennende Gericht hinreichend geklärt vorliegt und eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ, unterbleiben. Das dem Entfall der Verhandlung Art 6 EMRK oder Art 47 der EU-Charta der Grundrechte entgegenstünde, vermag nicht erkannt zu werden.
c) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem unstrittigen Sachverhalt aus:
Der Bf ist t. Staatsbürger und wurde in seinem Heimatstaat im Jahr 2007 wegen der Unterstützung einer bewaffneten Terrororganisation und dem Besitz von explodierfähigen Mitteln zu einer – im Jahr 2009 vom t. Obersten Gerichtshof bestätigten – Freiheitsstrafe von 6 Jahren und 3 Monaten teilbedingt verurteilt. Da der Bf sich als unschuldig erachtet, tauchte er – seinen eigenen Angaben im Asylverfahren zufolge – in I. unter und reiste später illegal in die Republik Österreich ein, wo er am 16.7.2010 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Mit Bescheid des Bundesasylamts vom 8.9.2011, Zl 10 06.242, wurde dieser Antrag gemäß §§ 7 u 8 AsylG abgewiesen und der Bf gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG aus Österreich ausgewiesen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des AGH vom 22.11.2012, Zl E10 421575-1/2011/33E, abgewiesen; eine dagegen erhobene Verfassungsgerichtshofbeschwerde führte nicht zum Erfolg.
Nach der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 14.6.2014 stellte der Bf am 30.7.2014 persönlich bei der belangten Behörde einen quotenfreien Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Familienangehöriger" gemäß § 47 Abs 2 NAG, und begründete diesen mit der am 28.7.2014 erfolgten Eheschließung mit der österreichischen Staatsbürgerin Frau F.M. wohnhaft in V. Zugleich beantragte der Bf die Zulassung zur Inlandsantragsstellung und eine Nachsicht von der Vorlage eines Reisedokuments.
Die Ehegattin des Bf hat – soweit ersichtlich und vom Bf auch nicht ins Treffen geführt – von ihrer unionsrechtlichen Freizügigkeit bislang keinen Gebrauch gemacht. Bis dato ist der Bf in Österreich keiner Beschäftigung nachgegangen und wurde dies auch nicht behauptet. Es besteht jedoch ein mit 11.8.2014 datierter Vorvertrag, wonach der Bf, sobald er über eine Niederlassungsbewilligung verfügt, auf unbestimmte Zeit im „Hotel xx“ in V. erwerbswirtschaftlich tätig werden könne.
IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:
a.1) Die einschlägigen rechtlichen Bestimmungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes – NAG lauten in der geltenden Fassung:
„Verfahren bei Erstanträgen
§ 21. (1) Erstanträge sind vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen. Die Entscheidung ist im Ausland abzuwarten.
(2) Abweichend von Abs. 1 sind zur Antragstellung im Inland berechtigt:
1. |
Familienangehörige von Österreichern, EWR-Bürgern und Schweizer Bürgern, die in Österreich dauernd wohnhaft sind und nicht ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten in Anspruch genommen haben, nach rechtmäßiger Einreise und während ihres rechtmäßigen Aufenthalts; |
2. |
Fremde bis längstens sechs Monate nach Ende ihrer rechtmäßigen Niederlassung im Bundesgebiet, wenn sie für diese Niederlassung keine Bewilligung oder Dokumentation nach diesem Bundesgesetz benötigt haben; |
3. |
Fremde bis längstens sechs Monate nach Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft, oder der Staatsangehörigkeit der Schweiz oder eines EWR-Staates; |
4. |
Kinder im Fall des § 23 Abs. 4 binnen sechs Monaten nach der Geburt; |
5. |
Fremde, die an sich zur visumfreien Einreise berechtigt sind, während ihres erlaubten visumfreien Aufenthalts; |
6. |
Fremde, die eine Aufenthaltsbewilligung als Forscher (§ 67) beantragen, und deren Familienangehörige; |
7. |
Drittstaatsangehörige, die einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte“ gemäß § 41 Abs. 1 beantragen, während ihres rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet mit einem Visum gemäß § 24a FPG und |
8. |
Drittstaatsangehörige, die einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte“ gemäß § 41 Abs. 2 Z 3 beantragen, während ihres rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet mit einer Bestätigung gemäß § 64 Abs. 4. |
(3) Abweichend von Abs. 1 kann die Behörde auf begründeten Antrag die Antragstellung im Inland zulassen, wenn kein Erteilungshindernis gemäß § 11 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 vorliegt und die Ausreise des Fremden aus dem Bundesgebiet zum Zweck der Antragstellung nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar ist:
1. |
im Fall eines unbegleiteten Minderjährigen (§ 2 Abs. 1 Z 17) zur Wahrung des Kindeswohls oder |
2. |
zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK (§ 11 Abs. 3). |
Die Stellung eines solchen Antrages ist nur bis zur Erlassung des Bescheides zulässig. Über diesen Umstand ist der Fremde zu belehren. |
(4) …
Allgemeine Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel
§ 11. (1) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nicht erteilt werden, wenn
1. gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG erlassen wurde oder ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht;
2. …
(2)...
Allgemeine Verfahrensbestimmungen
§ 19. (1) …
(8) Die Behörde kann auf begründeten Antrag von Drittstaatsangehörigen die Heilung eines Mangels nach Abs. 1 bis 3 und 7 zulassen:
1. …
3. im Fall der Nichtvorlage erforderlicher Urkunden oder Nachweise, wenn deren Beschaffung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war. …“
a.2) Die einschlägige Bestimmung des Asylgesetzes – AsylG lautete im Zeitpunkt der Erlassung der asylrechtlichen Ausweisung (22.11.2012):
„Verbindung mit der Ausweisung
§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird;
2. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird;
3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird
und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.
(2) …
(7) Wird eine Ausweisung durchsetzbar, gilt sie als durchsetzbare Rückkehrentscheidung nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100 ….“
Die einschlägige Bestimmung des Aslygesetzes – AsylG in der geltenden Fassung lautet:
„Übergangsbestimmungen
§ 75. (1) …
(23) Ausweisungen, die gemäß § 10 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 erlassen wurden, bleiben binnen 18 Monaten ab einer Ausreise des Fremden aufrecht. Diese Ausweisungen gelten als aufenthaltsbeendende Maßnahmen gemäß dem 1. oder 3. Abschnitt des 8. Hauptstückes des FPG in der Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012.“
b.1) Primär ist im ggst Fall die Frage zu klären, ob der unrechtmäßig nach Österreich eingereiste und nach negativem Abschluss des Asylverfahrens illegal aufhältige Bf zur Stellung eines Inlandsantrages berechtigt ist. Da es sich bei dem vom Bf gestellten Antrag um einen Erstantrag im Sinne des § 21 NAG handelt, ist ein solcher nämlich gemäß Abs 1 leg cit grundsätzlich vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen und die Entscheidung darüber im Ausland abzuwarten. Dies wurde vom Bf jedoch nicht gemacht, was den Blick auf die Ausnahmebestimmungen der Abs 2 und 3 leg cit richtet.
§ 21 Abs 2 NAG erklärt eine Erstinlandsantragstellung in diversen Konstellationen für zulässig. Als einschlägig könnte aufgrund der Ehe des Bf mit einer österreichischen Staatsbürgerin evtl § 21 Abs 2 Z 1 NAG angesehen werden, wobei die Tatbestandserfüllung an der nicht rechtmäßigen Einreise und dem unrechtmäßigen Aufenthalts des Bf scheitert. Dass einer der restlichen in Abs 2 leg cit genannten Ausnahmetatbestände zur Anwendung gelangen könnte, ist nicht ersichtlich.
Voraussetzung für eine Ausnahme von der Pflicht zur Stellung eines Erstantrages vom Ausland aus gemäß § 21 Abs 3 NAG ist unter anderem, dass „kein Erteilungshindernis gemäß § 11 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 vorliegt“. Gemäß § 11 Abs 1 Z 1 NAG dürfen Aufenthaltstitel nicht erteilt werden, wenn gegen den Fremden „eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG erlassen wurde oder ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht“.
In diesem Zusammenhang ist es nicht weiter strittig, dass gegen den Bf (aufgrund der Übergangsvorschriften) eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung besteht und daher auch eine Anwendung der Ausnahmebestimmung von der Auslandserstantragsstellung gemäß § 21 Abs 3 NAG scheitert.
Darüber hinaus ist auch nicht ersichtlich, dass eine Ausreise des Bf zur Antragstellung aus Gründen der Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK nicht möglich bzw zumutbar wäre. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Bf im Sinne des § 11 Abs 3 Z 6 NAG (wenn auch nicht im Inland) rechtskräftig strafrechtlich verurteilt wurde, er aufgrund seiner illegalen Einreise und seines illegalen Aufenthalts im Sinne der Z 7 leg cit gegen die öffentliche Ordnung verstoßen hat bzw verstößt und im Sinne der Z 8 leg cit das Privat- und Familienleben des Bf in einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem er seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste. Demgegenüber steht insb das Interesse des Bf, für die Dauer des Aufenthaltstitelverfahrens nicht von seiner Gattin getrennt zu werden. Eine Interessenabwägung geht nach Auffassung des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich nicht zugunsten des Bf aus: Er ist – soweit ersichtlich – nicht besonders integriert (Vereinsmitgliedschaften, soziale Tätigkeit, etc wurde nicht geltend gemacht; der Bf spricht jedoch auf Ebene A1 deutsch), und kinderlos. Seine Gattin ist sich selbst erhaltend und gesund. Es vermag vor diesem Hintergrund nicht erkannt zu werden, dass die Ausreise des Bf eine besondere Beeinträchtigung der Familie darstellen und damit ein Abwarten der Antragserledigung im Ausland unzulässig in das Privat- und Familienleben des Bf eingreifen würde.
Die Beschwerde des Bf gegen Spruchpunkt 3. des angefochtenen Bescheides ist daher als unbegründet abzuweisen.
b.2) Da – wie soeben dargelegt – eine Inlandsantragstellung aufgrund § 21 Abs 1 iVm Abs 2 und 3 NAG nicht zulässig ist, ist der vom Bf im Inland gestellte Erstantrag auf Erteilung eins Aufenthaltstitels „Familienangehöriger“ als unzulässig zurückzuweisen.
b.3) Ebenfalls zurückzuweisen ist der vom Bf gestellte Antrag gemäß § 19 Abs 8 NAG, von der Vorlage eines Reisedokumentes abzusehen, da dessen Beschaffung nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Ein solcher Antrag setzt nämlich voraus, dass der diesem zugrundeliegende Erstantrag zulässig ist.
c.1) Die in den Punkten IV.b.1 bis b.3 gemachten Ausführungen würden freilich nicht gelten, wenn – wie vom Bf behauptet – der zu beurteilende Sachverhalt in den Anwendungsbereich des Art 13 des Beschlusses Nr 1/80 des Assoziationsrates EWG/T. über die Entwicklung der Assoziation vom 19.9.1980 (im Folgenden: ARB) fällt und dem Bf sohin die sog „Stillhalteklausel“ gemäß Art 41 Abs 1 des Zusatzprotokolls zu Gute kommen würde. Gemäß Art 13 ARB dürfen nämlich die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft und die T. für Arbeitnehmer und ihre Familienangehörigen, deren Aufenthalt und Beschäftigung in ihrem Hoheitsgebiet ordnungsgemäß sind, keine neue Beschränkungen der Bedingungen für den Zugang zum Arbeitsmarkt einführen. Diese Klausel entfaltet unmittelbare Wirkung und schließt bezüglich der in ihren Geltungsbereich fallenden t. Staatsangehörigen die Anwendbarkeit aller neu eingeführten Beschränkungen aus. Sollte der Bf vom Anwendungsbereich der Stillhalteklausel erfasst sein, dürfte daher die – Verschlechterungen gegenüber Vorläuferbestimmungen beinhaltende – aktuelle Fassung des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes nicht angewendet werden.
c.2) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist jedoch der Ansicht, dass dem Bf die Rechtswohltat der og „Stillhalteklausel“ nicht zukommt.
Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat im Urteil vom 15.11.2011, C-256/11 Dereci, in Randziffer 88 ausgeführt, dass die Stillhalteklausel nicht aus sich heraus geeignet sei, t. Staatsangehörigen allein auf der Grundlage des Unionsrechts „ein Niederlassungsrecht und ein damit einhergehendes Aufenthaltsrecht zu verleihen“, und kann ihnen auch „weder ein Recht auf freien Dienstleistungsverkehr noch ein Recht zur Einreise in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats“ verschaffen. Die Klausel verbiete jedoch allgemein die Einführung neuer Maßnahmen, die bezwecken oder bewirken, „dass die Ausübung dieser wirtschaftlichen Freiheiten“ durch einen t. Staatsangehörigen in einem Mitgliedstaat strengeren Voraussetzungen als denjenigen unterworfen wird, die für ihn galten, als das Zusatzprotokoll in Bezug auf den betreffenden Mitgliedstaat in Kraft trat.
Wenn der EuGH im zuletzt zitierten Satz auf „die Ausübung dieser wirtschaftlichen Freiheiten“ Bezug nimmt, kann dies nicht anders verstanden werden, als dass er dabei auf das zuvor von ihm bezogene „Niederlassungsrecht und ein damit einhergehendes Aufenthaltsrecht“ sowie das ebenfalls genannte „Recht auf freien Dienstleistungsverkehr“ abstellt. Der EuGH dürfte also davon ausgehen, dass die Anwendbarkeit der Stillhalteklausel zwingend mit der unionsrechtlichen Niederlassungs- und/oder Dienstleistungsfreiheit verknüpft ist. Dies geht etwa auch aus Randziffer 89 der genannten Entscheidung hervor, wo der Gerichtshof – unter Verweis auf frühere Entscheidungen – auf einen t. Staatsangehörigen rekuriert, „der in einem Mitgliedstaat von der Niederlassungsfreiheit Gebrauch machen will“. Schließlich führt der Gerichtshof in Randziffer 90 aus, die Stillhalteklausel sei darauf gerichtet „- damit die Voraussetzungen einer schrittweisen Herstellung der Niederlassungsfreiheit zwischen den Mitgliedstaaten und der Republik T. nicht erschwert werden -, günstige Bedingungen für ihre schrittweise Verwirklichung zu schaffen, indem er den innerstaatlichen Stellen das absolute Verbot auferlegt, durch eine Verschärfung der zu einem bestimmten Zeitpunkt bestehenden Bedingungen neue Hindernisse für die Ausübung dieser Freiheit einzuführen.“
c.3) Es ist im ggst Verfahren nicht strittig, dass der Beweggrund des Bf für seine Einreise nach Österreich nicht die Aufnahme einer erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit gewesen ist, sondern er ausschließlich wegen der Stellung eines Asylantrags sein Heimatland verlassen hat.
Der Bf ist dementsprechend, wie dem im Akt befindlichen Versicherungsdatenauszug zu entnehmen ist, bis dato auch keinem wirtschaftlichen Erwerb nachgegangen und hat dieses auch nicht behauptet.
Nach dem vom EuGH entwickelten Begriffsverständnis ist unter „Niederlassung“ die Aufnahme und Ausübung einer selbständigen, wirtschaftlichen Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat mittels einer festen Einrichtung (oder Tätigkeitsschwerpunkts) zu verstehen. Als „Dienstleistung“ ist eine selbständige, wirtschaftliche Tätigkeit mit grenzüberschreitendem Gemeinschaftsbezug, die zeitlich beschränkt ist und die als solche nicht von den Vorschriften über den freien Waren-, Kapital- oder Personenverkehr erfasst wird, anzusehen.
Da der EuGH in der Rechtssache Dereci – wie oben ausgeführt – immer nur auf die Niederlassungs- bzw Dienstleistungsfreiheit abstellt, ist nach Auffassung des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich auch davon auszugehen, dass das Abkommen nur eine Person schützt, die im Zeitpunkt der Einreise in einen Unionsstaat die Absicht hat, dort (dauerhaft oder zeitlich befristet) einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. (Der Vollständigkeit halber sein angemerkt, dass der Nachzug von Familienangehörigen bei Wanderarbeitnehmern ebenfalls geschützt ist). Oder anders gewendet: Die bloße t. Staatsangehörigkeit und der, Jahre nach einer illegalen Einreise, geäußerte Wunsch, einem Beruf nachzugehen, reichen nicht aus, um dem Anwendungsbereich der Stillhalteklausel zu unterfallen. Dass der Bf nunmehr – wie dem vorgelegten arbeitsrechtlichen Vorvertrag zu entnehmen ist – erwerbswirtschaftlich tätig werden möchte, kann daher eine Anwendbarkeit der Stillhalteklausel nicht begründen.
In diesem Sinne dürfte auch der Verwaltungsgerichtshof zu verstehen sein wenn er festhält, dass die belangte Behörde „auf Grund der dem … erwerbstätigen t. Beschwerdeführer zu Gute kommenden Stillhalteklauseln“ günstigere Rechtsbestimmungen hätte heranziehen müssen“ (VwGH 13.11.2012, 2008/22/0844; ebenfalls auf die bereits bestehende Erwerbstätigkeit abstellend etwa VwGH 13.12.2011, 2008/22/0180). Eine explizit die hier zu beurteilende Rechtsfrage klärende Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes besteht freilich – soweit ersichtlich – nicht.
c.4) Voraussetzung für die Eröffnung des persönlichen Schutzbereiches des Art 13 ARB ist darüber hinaus, dass sich der t. Arbeitnehmer ordnungsgemäß im Mitgliedstaat aufhält und eine hinreichend lange Aufenthaltsdauer vorweisen kann (vgl Alexey in Hofmann/Rainer-Hoffmann/Holger, Handkommentar Ausländerrecht [2008] AufenthG § 53 Rn 27 f). Das Merkmal „ordnungsgemäß“ bedeutet, dass der t. Arbeitnehmer alle Vorschriften des Aufnahmemitgliedstaats auf dem Gebiet der Einreise, des Aufenthalts und gegebenenfalls der Beschäftigung beachtet haben muss, so dass er sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet dieses Staates befindet (vgl EuGH 17.9.2009, Rs C-242 Sahin). Weder aus einem illegalen Aufenthalt noch aus einer unrechtmäßigen Beschäftigung können daher rechtliche Vorteile abgeleitet werden (Dienelt, Online-Kommentar ARB 1/80, Rn 23 f; verfügbar unter http://www.migrationsrecht.net/kommentar-arb1-80-assoziationsratsbeschluss-ewg-tuerkei-arb-1/80/kommentierung-standstill-klausel-des-art-13-arb-180.html). In der Rechtssache Dereci hat der EuGH in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass eine illegale Einreise die Ordnungsgemäßheit der Situation nicht in Frage stelle, wenn dem t. Staatsangehörigen durch nationales Recht gestattet werde, einen Aufenthaltstitel im Inland zu beantragen (Dienelt, Online-Kommentar ARB 1/80, Rn 25).
Es steht im ggst zu beurteilenden Fall außer Frage, dass der Bf illegal in die Republik eingereist ist und sich – nach nunmehr rechtskräftig negativ abgeschlossenem Asylverfahren – nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Da § 21 Abs 1 NAG grundsätzlich eine Erstantragsstellung im Ausland vorsieht und, weil dem Bf gegenüber rechtskräftig eine asylrechtliche Ausweisung wirkt, die aufgrund der Übergangsbestimmungen im Sinne des § 21 Abs 3 NAG eine Inlandsantragstellung auch im Ausnahmefall nicht vorsieht, ist auch nicht davon auszugehen, dass im Sinne des EuGH ein ordnungsgemäßer Aufenthalt des Bf gegeben ist.
d.1) Schließlich führt der Bf an, die Ausreise seiner Gattin sei unzumutbar; sie sei österreichische Staatsbürgerin und nicht zuletzt aufgrund ihrer Beschäftigung auf einen Verbleib im Bundesgebiet angewiesen, wäre doch sonst die wirtschaftliche Existenz der gesamten Familie ernsthaft gefährdet. Das Argument geht schon insofern ins Leere, als eine Inanspruchnahme des Rechts auf Freizügigkeit durch die zusammenführende Gattin des Bf nicht vorliegt bzw nie behauptet wurde.
In diesem Zusammenhang ist zudem festzuhalten, dass der EuGH in den Rechtssachen Dereci und Zambrano ausgesprochen hat, dass Art 20 AEUV nationalen Maßnahmen entgegensteht, die bewirken, dass den Unionsbürgern der tatsächliche Genuss des Kernbestands der Rechte, die ihnen dieser Status verleiht, verwehrt wird. Das Kriterium der Verwehrung des Kernbestands der Rechte, die der Unionsbürgerstatus verleiht, bezieht sich den Urteilen zufolge nämlich auf Sachverhalte, die dadurch gekennzeichnet sind, dass sich der Unionsbürger de facto gezwungen sieht, nicht nur das Gebiet des Mitgliedstaats, dem er angehört, zu verlassen, sondern das Gebiet der Union als Ganzes. Konkretisierend hat der EuGH dargelegt; die bloße Tatsache, dass es für einen Staatsbürger eines Mitgliedstaats aus wirtschaftlichen Gründen oder zur Aufrechterhaltung der Familiengemeinschaft im Gebiet der Union wünschenswert erscheinen könnte, dass sich Familienangehörige, die nicht die Staatsbürgerschaft eines Mitgliedstaats besitzen, mit ihm zusammen im Gebiet der Union aufhalten können, rechtfertige für sich genommen nicht die Annahme, dass der Unionsbürger gezwungen wäre, das Gebiet der Union zu verlassen, wenn kein Aufenthaltsrecht gewährt würde.
Vor diesem Hintergrund wäre – selbst wenn die Gattin des Bf vom Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht hätte – nicht ersichtlich, inwiefern die Gattin des Bf de facto zur Ausreise aus dem Bundesgebiet bzw aus der Europäischen Union gezwungen sein würde, da augenscheinlich primär die Aufrechterhaltung der Familiengemeinschaft bezweckt wird.
Auch die „de facto-Judikatur“ steht somit dem in den Punkten IV.b.1 bis b.3 erlangtem Ergebnis nicht entgegen.
V. Zulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist zulässig, da zur Frage, ob auf einen t. Staatsbürger, der ausschließlich zum Zwecke der Asylantragstellung nach Österreich einreiste, mehrere Jahre keiner Beschäftigung nachging und unmittelbar nach negativer Beendigung des Asylverfahrens eine österreichische Staatsbürgerin heiratet und Arbeitswilligkeit bekundet, die Stillhalteklausel bzw der ARB anzuwenden ist, – soweit ersichtlich – keine explizite Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer ordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Dr. Markus Zeinhofer
Beachte:
Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.
VfGH vom 12. Juni 2015, Zl.: E 1129/2015-4
Beachte:
Die Revision wurde zurückgewiesen.
VwGH vom 20. Juli 2016, Zl.: Ro 2015/22/0031-5