LVwG-700089/9/ER
Linz, 26.05.2015
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Elisabeth Reitter über die Beschwerde des H. S., O. Nr 170, .... O., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis, vom 26. Februar 2015, GZ Sich96-40-2014, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Sicherheitspolizeigesetz den
B E S C H L U S S
gefasst:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 7 Abs 4 iVm § 31 VwGVG als verspätet zurückgewiesen.
II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4
B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.
I.1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis (im Folgenden: belangte Behörde) vom 26. Februar 2015, Sich96-40-2014, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) eine Geldstrafe von 80 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden) wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 81 Abs 1 SPG verhängt.
In der Rechtsmittelbelehrung dieses Straferkenntnisses ist ausgeführt, dass der Bf binnen vier Wochen nach Zustellung Beschwerde an das Verwaltungsgericht erheben könne. Die Beschwerde sei schriftlich bei der belangten Behörde einzubringen.
Mit eingeschriebenem Brief erhob der Bf direkt beim Oö. Landesverwaltungsgericht Beschwerde – Eingangsstempel 1. April 2015. Der Bf brachte darin unter anderem vor, dass ihm das Straferkenntnis am 3. März 2015 zugestellt worden sei.
I.2. Mit Schreiben vom 7. April leitete das Oö. Landesverwaltungsgericht die Beschwerde an die belangte Behörde gemäß § 6 Abs 1 AVG weiter. Dieses Schreiben langte bei der belangten Behörde am 8. April 2015 ein.
Mit Schreiben vom 10. April 2015 legte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt vor.
Mit Schreiben vom 4. Mai 2015 wurde dem Bf in Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht, dass seine Beschwerde als verspätet anzusehen und zurückzuweisen sei, falls er nicht binnen gesetzter Frist eine allfällige Ortsabwesenheit von der Abgabestelle mit Hilfe von Beweismitteln glaubhaft machen könne.
Mit Schreiben vom 13. Mai 2015, beim Oö. Landesverwaltungsgericht eingelangt am 18. Mai 2015, brachte der Bf zum Vorhalt der verspäteten Einbringung vor, dass er seine Beschwerde (Einspruch) voll aufrecht halte, die Beschwerde sei rechtzeitig eingebracht worden, zumal im angefochtenen Straferkenntnis mitgeteilt worden sei, dass die Beschwerde an das Oö. Landesverwaltungsgericht zu richten sei.
I.3. Das Oö. LVwG erhob Beweis durch Einsichtnahme in den verfahrensgegenständlichen Akt. Da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass die Beschwerde als verspätet zurückzuweisen war, war die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht erforderlich.
I.4. Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht von folgendem entscheidungsrelevanten S a c h v e r h a l t aus:
Das angefochtene Straferkenntnis wurde dem Bf am 3. März 2015 zugestellt. Der Bf brachte seine dagegen gerichtete Beschwerde mit Schreiben vom 25. März 2015 direkt beim Oö. Landesverwaltungsgericht ein, wo sie am 1. April 2015 einlangte.
Die Rechtsmittelbelehrung des bekämpften Straferkenntnisses lautet wie folgt: „Gegen diesen Bescheid können Sie binnen vier Wochen nach Zustellung Beschwerde an das Verwaltungsgericht erheben. Die Beschwerde ist schriftlich bei uns einzubringen.“
Mit Schreiben vom 7. April 2015 leitete das Oö. Landesverwaltungsgericht die Beschwerde gemäß § 6 Abs 1 AVG an die belangte Behörde weiter, wo sie am 8. April 2015 einlangte. Der Bf belegte nach dem Vorhalt der verspäteten Einbringung durch das Oö. Landesverwaltungsgericht keine Ortsabwesenheit.
II. Es steht unstrittig fest, dass dem Bf das angefochtene Straferkenntnis am 3. März 2015 zugestellt wurde. Ebenso steht unstrittig fest, dass die dagegen erhobene Beschwerde am 1. April 2015 direkt beim Oö. Landesverwaltungsgericht eingelangt ist. Dass die Beschwerde, die vom Oö. Landesverwaltungsgericht gemäß § 6 Abs 1 AVG an die belangte Behörde weitergeleitet wurde, bei dieser am 8. April 2015 eingelangt ist, ergibt sich aus der Empfangsbestätigung.
III. Gemäß § 12 VwGVG sind Schriftsätze bis zur Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht bei der belangten Behörde einzubringen.
Gemäß § 6 Abs 1 AVG hat die Behörde ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen; langen bei ihr Anbringen ein, zu deren Behandlung sie nicht zuständig ist, so hat sie diese ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu weisen.
Gemäß § 61 Abs 1 AVG hat die Rechtsmittelbelehrung anzugeben, ob gegen einen Bescheid ein Rechtsmittel erhoben werden kann, bejahendenfalls, welchen Inhalt und welche Form dieses Rechtsmittel haben muss und bei welcher Behörde innerhalb welcher Frist es einzubringen ist.
Gemäß § 61 Abs 4 AVG ist das Rechtsmittel für den Fall, dass der Bescheid keine oder eine unrichtige Angabe über die Behörde, bei der das Rechtsmittel einzubringen ist, enthält, auch dann richtig eingebracht, wenn es bei der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, oder bei der angegebenen Behörde eingebracht wurde.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, (...) sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
IV. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:
In der Rechtsmittelbelehrung des bekämpften Straferkenntnisses wurde der Bf – im Einklang mit § 61 Abs 1 AVG und § 12 VwGVG – ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Beschwerde bei der belangten Behörde einzubringen ist. Dennoch hat der Bf seine Beschwerde gegen das bekämpfte Straferkenntnis mit Schreiben vom 25. März 2015, eingelangt am 1. April 2015, direkt beim Oö. Landesverwaltungsgericht eingebracht. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, erfolgt die Weiterleitung eines fristgebundenen Anbringens, das bei einer unzuständigen Stelle eingebracht wurde, auf Gefahr des Einschreiters. Die Frist ist nur dann gewahrt, wenn die unzuständige Stelle das Anbringen zur Weiterleitung an die zuständige Stelle spätestens am letzten Tag der Frist zur Post gibt oder das Anbringen bis zu diesem Zeitpunkt bei der zuständigen Stelle einlangt (vgl VwGH 23.10.2014, Ro 2014/11/0067 uHa VwGH 27. 32014, Ro 2014/10/0053; Ro 2014/10/0058).
Aufgrund des Einbringens der Beschwerde beim Oö. Landesverwaltungsgericht war dieses dazu angehalten, die Beschwerde gemäß § 6 Abs 1 AVG auf Gefahr des Bf an die zuständige Stelle weiterzuleiten. Da das bekämpfte Straferkenntnis dem Bf am 3. März 2015 zugestellt wurde, endete die Beschwerdefrist am 31. März 2015. Da die Beschwerde bereits nach Ablauf der Beschwerdefrist beim Oö. Landesverwaltungsgericht einlangte, war eine Weiterleitung innerhalb der Beschwerdefrist von vorne herein unmöglich. Durch den Eingang der weitergeleiteten Beschwerde bei der belangten Behörde am 8. April 2015 ist diese erst an diesem Tag bei der belangten Behörde eingebracht worden. Die am 8. April 2015 bei der belangten Behörde schlussendlich eingebrachte Beschwerde war demnach verspätet.
V. Im Ergebnis war die Beschwerde wegen verspäteten Einbringens zurückzuweisen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision
Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.
Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art 133 Abs 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Elisabeth Reitter