LVwG-400081/8/Gf/Mu
Linz, 19.06.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K !
Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hat durch seinen Einzelrichter Dr. Alfred Grof über die Beschwerde des Ing. P. H. F., x, x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 11. März 2015, Zl. 933/10-1409411, wegen einer Übertretung des Oö. Parkgebührengesetzes
z u R e c h t e r k a n n t:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 50 VwGVG stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 38 VwGVG i.V.m. § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt.
II. Der Beschwerdeführer hat gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 25a VwGG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
Ablauf des Verwaltungsverfahrens
1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 11. März 2015, Zl. 933/10-1409411, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 30 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 27 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: 10 Euro) verhängt, weil er am 20. Juni 2014 in der Zeit zwischen 12:14 Uhr und 12:28 Uhr vor dem Haus x in x innerhalb einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ein mehrspuriges KFZ ohne gültigen Parkschein abgestellt gehabt habe. Dadurch habe er eine Übertretung des § 2 Abs. 1 des Oö. Parkgebührengesetzes, LGBl 28/1988 in der hier maßgeblichen Fassung LGBl 90/2013 (im Folgenden: ÖoParkGebG), i.V.m. den §§ 1, 2, 3, 5 und 6 der Parkgebührenverordnung der Stadt Linz vom 11. Mai 1989 in der hier maßgeblichen Fassung ABl Nr. 24 vom 17. Dezember 2012 (im Folgenden: ParkGebV Linz) begangen, weshalb er nach § 6 Abs. 1 lit. a OöParkGebG zu bestrafen gewesen sei.
Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die ihm angelastete Tat aufgrund entsprechender Wahrnehmungen eines zeugenschaftlich einvernommenen Parkgebühren-Aufsichtsorganes und des im Wege der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens als erwiesen anzusehen sei. Insbesondere habe das Überwachungsorgan nicht feststellen können, dass der Beschwerdeführer eine Ladetätigkeit durchgeführt hätte.
Im Zuge der Strafbemessung seien die Unbescholtenheit des Rechtsmittelwerbers als mildernd zu werten und seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen (monatliches Nettoeinkommen: 2.500 Euro; keine Sorgepflichten; kein Vermögen).
2. Gegen dieses ihm am 16. März 2015 durch Hinterlegung zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, noch am selben Tag – und damit rechtzeitig – per e‑mail eingebrachte Beschwerde.
Darin wird im Wesentlichen eingewendet, dass er während des Behördenverfahrens bereits mehrfach darauf hingewiesen habe, dass er keine Ladetätigkeit durchgeführt habe; vielmehr habe er sich bei einem Marktstand lediglich bereits vorbestellte Ware abgeholt und diese bezahlt, was aber insgesamt keinesfalls zehn Minuten lang gedauert habe. Im Übrigen sei zu diesem Vorbringen lediglich das Parkgebühren-Aufsichtsorgan, nicht aber auch der von ihm begehrte Entlastungszeuge einvernommen worden.
Daher wird – erschließbar – die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.
3. Der Magistrat der Stadt Linz hat dem Verwaltungsgericht des Landes Ober-österreich mit Schreiben vom 24. März 2015 den Bezug habenden Akt vorgelegt und beantragt, die gegenständliche Bescheidbeschwerde abzuweisen.
II.
Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes des Landes Oberösterreich
und Zulässigkeit der Beschwerde
1. Die vorliegende, auf Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG gegründete Beschwerde richtet sich gegen ein Straferkenntnis einer Verwaltungsbehörde und wurde innerhalb der Vier-Wochen-Frist des § 7 Abs. 4 VwGVG bei der belangten Behörde eingebracht; da der Inhalt dieser Beschwerde den Anforderungen des § 9 VwGVG entspricht und auch sonstige Prozesshindernisse nicht vorliegen, ist sie insgesamt als zulässig anzusehen.
2. Weil diesbezüglich weder im OöParkGebG noch im VwGVG Abweichendes angeordnet ist, hatte das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich im vorliegenden Fall gemäß Art. 135 Abs. 1 B‑VG durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden.
III.
Sachverhaltsermittlung und Beweiswürdigung
durch das Verwaltungsgericht
Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates der Stadt Linz zu Zl. 0012769/2015 FSA Park sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 18. Juni 2015, zu der als Parteien der Beschwerdeführer und U. K. als Vertreterin der belangten Behörde sowie der Zeuge A. P. (Inhaber eines Obst- und Gemüseladens am x) erschienen sind.
1. Insgesamt ergibt sich daraus folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt:
1.1. Der Beschwerdeführer hatte am 20. Juni 2014 sein mehrspuriges Kraftfahrzeug ohne gültigen Parkschein vor dem Haus x in x abgestellt. Zum Vorfallszeitpunkt lag diese Straßenfläche – wie auch gegenwärtig – innerhalb einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone.
Deshalb wurde von einem Parkgebühren-Aufsichtsorgan eine Organstrafverfügung ausgestellt und infolge deren Nichteinzahlung durch den Rechtsmittelwerber eine Anzeige an den Magistrat Linz erstattet.
1.2. Hierauf wurde über den Beschwerdeführer mit Strafverfügung des
Bürgermeisters der Stadt Linz vom 12. November 2014, Zl. 933/10-1409411, wegen einer Übertretung des § 6 Abs. 1 lit. a OöParkGebG eine Geldstrafe in Höhe von 50 Euro verhängt.
1.3. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht einen Einspruch erhoben und darin im Wesentlichen vorgebracht, dass er vorbestellte Ware von einem Händler abgeholt und hierfür bloß einen Zeitraum von 5 Minuten benötigt hätte.
1.4. Im Zuge des von der Behörde in der Folge eingeleiteten ordentlichen Ermittlungsverfahrens wurde das Anzeige legende Parkgebühren-Aufsichtsorgan zeugenschaftlich einvernommen. Dieses gab an, am Vorfallstag zunächst um 12:14 Uhr das ohne gültigen Parkschein abgestellte KFZ wahrgenommen zu haben. Nach einer 14-minütigen Beobachtungszeit habe sie um 12:28 Uhr eine Organstrafverfügung ausgestellt. Eine Ladetätigkeit habe während dieser Phase nicht stattgefunden.
1.5. In seiner hierzu abgegebenen Stellungnahme wendete der Rechtsmittelwerber ein, dass er nie behauptet habe, aufgrund einer Ladetätigkeit die Parkzeit überschritten zu haben. Vielmehr habe er vorgebracht, dass er sich nicht länger als 10 Minuten von seinem Fahrzeug entfernt gehabt habe, wobei er weder einen Lieferschein noch eine Rechnung als Beweismittel vorlegen könne, weil er diese Papiere damals in der Eile beim Verkäufer zurückgelassen habe.
1.6. In dem in der Folge erlassenen Straferkenntnis vom 11. März 2015 ging die belangte Behörde davon aus, dass „das Parkgebühren-Aufsichtsorgan ..... während des gesamten Beobachtungszeitraumes keinerlei Anzeichen einer Ladetätigkeit wahrgenommen“ habe und somit eine solche auch nicht vorgelegen sei.
1.7. Dem hält der Rechtsmittelwerber in seiner Beschwerde entgegen, dass er sein KFZ zum Vorfallszeitpunkt nicht länger als 10 Minuten abgestellt gehabt habe.
2. Im vorliegenden Fall ist somit allein strittig, ob der Beschwerdeführer sein KFZ – wovon die belangte Behörde ausging – mindestens 14 Minuten oder – wie er selbst vorbringt – lediglich ca. 5 Minuten, jedoch jedenfalls weniger als 10 Minuten – in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne gültigen Parkschein abgestellt gehabt hatte.
2.1. Der Beweis der Erfüllung dieses Tatbestandsmerkmals obliegt – und zwar nicht nur deshalb, weil es sich bei jenem dem Rechtsmittelwerber angelasteten strafbaren Verhalten nicht bloß um eine Ordnungswidrigkeit, sondern um ein Erfolgsdelikt handelt (vgl. z.B. VwGH vom 31. März 1989, Zl. 87/17/0349), sodass auch hinsichtlich des Verschuldens die Beweislastumkehr des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG nicht zum Tragen kommt – der belangten Behörde.
2.2. Vor diesem Hintergrund könnte dem vom Rechtsmittelwerber in diesem Zusammenhang erstatteten Vorbringen, dass der Vorgang der Abholung, Bezahlung und Transport der vorbestellten Ware zum abgestellten KFZ insgesamt keinesfalls länger als 10 Minuten gedauert habe, nur dann entgegengetreten werden, wenn das Parkgebühren-Aufsichtsorgan das KFZ des Beschwerdeführers den gesamten Zeitraum über – also 14 Minuten lang – beobachtet hätte.
Diesbezüglich ergibt sich aus der Niederschrift des Magistrates des Stadt Linz vom 6. Februar 2015, Zl. 933-10-1409411, dass die Zeugin „nach einer 14-minütigen Beobachtungszeit“ eine Organstrafverfügung ausgestellt habe; entsprechend der Lebenserfahrung ist dies jedoch nicht so zu verstehen, dass das Aufsichtsorgan den PKW des Rechtsmittelwerbers den gesamten Zeitraum über gleichsam nie aus den Augen gelassen hätte, sondern dass sie diesen sowohl um 12:14 Uhr als auch um 12:28 Uhr an ein und demselben Ort wahrgenommen hat.
Ob dieses KFZ damit tatsächlich knapp mehr oder knapp weniger als 10 Minuten dort abgestellt war, lässt sich ex post aber letztlich nicht mehr mit Sicherheit feststellen:
Denn einerseits hatte der Beschwerdeführer unstrittig die Ware vorbestellt; zudem befand sich sein PKW in unmittelbarer Nähe zum Verkaufsstand, sodass jeweils kaum mehr als 1 Minute für den Hin- und Rückweg anfiel; und schließlich ist auch nicht hervorgekommen, dass es bei der Bezahlung zu Problemen gekommen wäre. Da es der Rechtsmittelwerber unstrittig eilig hatte, spräche all dies insgesamt dafür, dass die Abstelldauer tatsächlich weniger als 10 Minuten betrug.
Andererseits kann aber dem Aufsichtsorgan (schon im Hinblick auf die drohenden strafrechtlichen und arbeitsrechtlichen Konsequenzen) ohne stichhaltige Hinweise nicht unterstellt werden, bewusst unzutreffende Zeiten in ihrer Unterlage notiert zu haben.
Davon ausgehend, dass der Beschwerdeführer nach der Ausfolgung und Bezahlung der vorbestellten Ware keine weiteren Besorgungen mehr durchzuführen hatte, sondern umgehend zu seinem Fahrzeug zurückgekehrt ist, lässt sich die Divergenz in den Aussagen objektiv besehen nur so erklären, dass sich entweder der Rechtsmittelwerber und der von ihm benannte Zeuge dahin getäuscht haben, dass die Abholung – etwa bedingt durch eine kurze Unterhaltung o.Ä. – doch länger, nämlich insgesamt 14 (anstatt bloß 5 oder höchstens 7) Minuten gedauert oder sich das Aufsichtsorgan bei der Eintragung des Beginn- oder des Endzeitpunktes derart geirrt hat, dass dieser Vorgang insgesamt eine kürzere Zeitspanne, insbesondere weniger als 10 Minuten (zur Maßgeblichkeit dieser Grenzziehung siehe näher unten, IV.2.3.) in Anspruch genommen hat.
Im Ergebnis geht dieses „non liquet“ aber jedenfalls zu Lasten der belangten Behörde: Lässt sich nämlich die Tatbestandsmäßigkeit der angelasteten Handlung nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit belegen, so ist im Zweifel gemäß Art. 6 Abs. 2 EMRK von der Nichterwiesenheit der Tat auszugehen.
IV.
Rechtliche Beurteilung
In der Sache selbst hat das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich erwogen:
1.1. Nach § 6 Abs. 1 lit. a i.V.m. § 2 Abs. 1 OöParkGebG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 220 Euro zu bestrafen, der als Lenker (vgl. § 2 Abs. 1 OöParkGebG) eines in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellten mehrspurigen Kraftfahrzeuges (vgl. § 1 Abs. 1 OöParkGebG) durch Handlungen oder Unterlassungen die fällige Parkgebühr hinterzieht oder verkürzt bzw. zu hinterziehen oder zu verkürzen versucht; in diesem Zusammenhang gelten als „Abstellen“ sowohl das „Halten“ als auch das „Parken“ im Sinne der Straßenverkehrsordnung, BGBl 159/1960 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl I 27/2014, im Folgenden: StVO (vgl. § 1 Abs. 2 OöParkGebG), wobei gemäß § 2 Abs. 1 Z. 27 StVO unter „Halten“ eine nicht durch die Verkehrslage oder durch sonstige wichtige Umstände erzwungene Fahrtunterbrechung bis zu zehn Minuten oder für die Dauer der Durchführung einer Ladetätigkeit bzw. nach § 2 Abs. 1 Z. 28 StVO unter „Parken“ das Stehenlassen eines Fahrzeuges für eine längere als die in § 2 Abs. 1 Z. 27 StVO angeführte Zeitdauer zu verstehen ist.
Allerdings darf gemäß § 5 Abs. 1 Z. 6 OöParkGebG für mehrspurige Kraftfahrzeuge keine Parkgebühr ausgeschrieben bzw. festgesetzt werden, wenn die Fahrzeuge lediglich für die Dauer der Durchführung einer Ladetätigkeit halten. Demgemäß ist nach § 4 lit. e ParkGebV Linz (u.a.) für Fahrzeuge, die lediglich für die Dauer der Durchführung einer Ladetätigkeit halten, keine Parkgebühr zu entrichten.
Im Ergebnis unterliegt damit nach dem OöParkGebG prinzipiell sowohl das Halten als auch das Parken in vollem Umfang der Gebührenplicht, es sei denn, dass eine Ladetätigkeit durchgeführt wird.
1.2. Gemäß § 1 Abs. 1 lit. a ParkGebV Linz bildet u.a. das durch die in dieser Bestimmung angeführten Straßenzüge umgrenzte Areal – zu dem auch der im gegenständlichen Fall maßgebliche Abstellort zählt – eine gebührenpflichtige Kurzparkzone.
1.3. Nach § 2 Abs. 1 erster Satz ParkGebV Linz beträgt die Höhe der Parkgebühr einheitlich 1 Euro für jede angefangene halbe Stunde, wobei jedenfalls für die erste halbe Stunde der volle Abgabenbetrag zu entrichten ist.
Gemäß § 5 Abs. 1 ParkGebV ist die Parkgebühr bei Beginn des Abstellens fällig und ist diese nach § 5 Abs. 2 ParkGebV durch den Einwurf von geeigneten Münzen in die Parkscheinautomaten bzw. – sofern die technische Ausstattung der Parkscheinautomaten dies zulässt – unter Verwendung einer elektronischen Chipwertkarte (elektronische Geldbörse) oder durch den Erwerb eines elektronischen Parkscheins zu entrichten. Elektronische Parkscheine sind in einem elektronischen System gespeicherte Nachweise über die Entrichtung der Parkgebühr im Wege der Telekommunikation. Als Nachweis der Entrichtung dient der am Parkscheinautomaten erworbene Parkschein sowie beim Erwerb eines elektronischen Parkscheins die Bestätigung der Anmeldung durch das elektronische System. Beim Starten des Parkvorganges im elektronischen System wird der sich aus der höchstzulässigen Parkdauer ergebende Abgabenbetrag fällig. Die tatsächliche Abrechnung erfolgt am Ende der Parkdauer. Das Höchstausmaß der zu entrichtenden Gebühr im Einzelfall ergibt sich aus der insgesamt erlaubten Parkdauer. Es ist verboten, über die demnach erlaubte Parkdauer hinaus weitere Parkscheine anzubringen bzw. elektronisch zu erwerben, ohne zwischenzeitlich mit dem Fahrzeug weggefahren zu sein.
Gemäß § 5 Abs. 3 ParkGebV Linz ist der am Parkscheinautomaten erworbene Parkschein unverzüglich nach Beginn des Abstellens am Kraftfahrzeug hinter der Windschutzscheibe und durch diese gut erkennbar anzubringen.
2.1. Im gegenständlichen Fall hatte der Beschwerdeführer zwar – allseits unbestritten – ein mehrspuriges Kraftfahrzeug ohne gültigen Parkschein in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt und in diesem Zusammenhang – wie von ihm selbst betont – keine Ladetätigkeit durchgeführt.
Auf Grund der Ergebnisse des Beweisverfahrens lässt sich allerdings nicht zweifelsfrei feststellen (siehe oben, III.2.2.), ob er mit diesem „Abstellen“ i.S.d. § 1 Abs. 1 und 2 OöParkGebG einen Zeitraum von zehn Minuten (= „Halten“ i.S.d. § 1 Abs. 2 OöParkGebG i.V.m. § 2 Abs. 1 Z. 27 StVO) über- oder unterschritten hat.
Dies ist jedoch aus folgenden Gründen von essentieller Bedeutung:
2.2. Davon ausgehend, dass das konkrete System der Gebührenentrichtung nicht schon im OöParkGebG selbst, sondern erst in der jeweiligen ParkGebV der Gemeinde festgelegt wird, hatte schon der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in ständiger Rechtsprechung (wenngleich mit unterschiedlicher Begründung) die Auffassung vertreten, dass ein derart – wie nach der ParkGebV der Stadt Linz – konzipiertes Gebührenentrichtungssystem, bei dem ein (als ausschließlicher Nachweis für die Tilgung der Gebührenschuld dienender) Parkschein nicht schon im Vorhinein gelöst und sohin unmittelbar zum Zeitpunkt des Abstellens entwertet werden kann (bzw. muss), sondern eine zulässige Form der Gebührenentrichtung jedenfalls (auch) darin besteht, dass der Parkschein erst ex post durch Münzeinwurf in einen in einiger Entfernung platzierten Automaten erworben werden kann (vgl. z.B. § 5 ParkGebV Linz), zugleich die Gewährung einer gewissen Toleranzzeit voraussetzt, innerhalb der von einem KFZ-Lenker der Erwerb des schuldtilgenden Parktickets auch tatsächlich problemlos bewerkstelligt werden kann (vgl. z.B. VwSen-130731 vom 12. Oktober 2010; VwSen-130399 vom 7. April 2005; und VwSen-130333 vom 7. März 2003; s.a. LVwG-400056 vom 3. November 2014). Hierfür dürfte sich – wie mit Blick auf § 2 Abs. 1 Z. 27 StVO angenommen wurde – ein Zeitraum von 10 Minuten regelmäßig als ausreichend erweisen, weil mit einem solchen Intervall auch jene potentiellen, gegebenenfalls kumulativ eintretenden Beeinträchtigungen – wie etwa die Dauer der Absolvierung der Wegstrecke zum Parkscheinautomaten (unter Berücksichtigung von allfälligen Gehbehinderungen, Witterungseinflüssen etc.), die zeitliche Inanspruchnahme des Durchlesens der Bedienungsanleitung (unter Bedachtnahme auf in diesem Zusammenhang denkbare Sprach- und Verständigungsschwierigkeiten o.Ä.), die Notwendigkeit der Besorgung geeigneter Münzen in einem Geschäftslokal oder in einem Bankinstitut (z.B. durch Wechseln ausländischer Währung oder bei Nichtannahme einzelner Münzen durch den Parkscheinautomaten) – als abgedeckt erscheinen. Dass im Einzelfall ausnahms- und zugleich gerechtfertigterweise ein länger als 10 Minuten dauernder Zeitraum benötigt wurde, müsste daher jeweils vom Lenker nachvollziehbar begründet werden können.
2.3. Da dem OöParkGebG jedoch klar zu entnehmen ist, dass auch bereits das „Halten“ i.S.d. § 2 Abs. 1 Z. 27 StVO, d.i. eine nicht durch die Verkehrslage oder durch sonstige wichtige Umstände erzwungene Fahrtunterbrechung bis zu zehn Minuten oder für die Dauer der Durchführung einer Ladetätigkeit, prinzipiell der Gebührenpflicht unterliegt (vgl. § 1 Abs. 1 und 2 OöParkGebG), erhebt sich sohin aus rechtstheoretischer Sicht die Fragestellung nach der dogmatischen Qualifikation des gedanklich davon zu unterscheidenden 10-Minuten-Intervalls, das dem KFZ‑Lenker zur Besorgung des Parkscheins zu gewähren ist.
2.3.1. Wenn der Gesetzgeber die Gebührenpflicht mit dem Zeitpunkt des Abstellens beginnen lässt, zugleich jedoch ein System der ex-post-Besorgung des Parkscheins (wie z.B. gemäß § 5 ParkGebV Linz) nicht ausgeschlossen hat, so muss insgesamt davon ausgegangen werden, dass damit während jenes Zeitraumes, der zum Lösen das Parktickets benötigt wird, jedenfalls eine Strafbarkeit nicht in Betracht kommen kann: Würde nämlich eine objektiv nicht erfüllbare Rechtspflicht pönalisiert, widerspräche eine derartige Bestimmung ganz offensichtlich dem Sachlichkeitsgebot des Gleichheitsgrundsatzes des Art. 7 B‑VG.
Die Strafbestimmung des § 6 Abs. 1 lit. a OöParkGebG ist daher – verfassungskonform interpretiert – so zu lesen, dass eine Verkürzung bzw. Hinterziehung der Parkgebühr in Bezug auf Gemeinden, die de facto ein System der ex-post-Besorgung des Parkscheins eingeführt haben, erst dann vorliegt, wenn jener Toleranzzeitraum, der dem KFZ-Lenker hierfür denklogisch gewährt werden muss, bereits verstrichen ist.
2.3.2. Aus rechtstheoretischer Sicht ist allerdings klärungsbedürftig, ob es sich bei diesem 10-Minuten-Intervall um ein in § 6 Abs. 1 lit. a OöParkGebG nicht explizit angeführtes, zu den in dieser Bestimmung genannten hinzutretendes Tatbestandsmerkmal oder um eine zusätzliche, schon von vornherein nicht zum gesetzlichen Tatbild zählende und sohin auch verschuldensunabhängige objektive Bedingung der Strafbarkeit handelt. Im ersteren Fall bestünde der (objektive) Tatbestand demnach aus den sechs Einzelelementen „Abstellen“, „mehrspurig“, „Kraftfahrzeug“, „gebührenpflichtige Zone“, „kein gültiger Parkschein“ und „Überschreiten des 10-Minuten-Intervalls“, wobei eine Strafbarkeit des Lenkers erst dann gegeben ist, wenn der Schuldvorwurf (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) auf sämtliche dieser Tatbildmerkmale bezogen werden kann; im anderen Fall würde das „Überschreiten des 10-Minuten-Intervalls“ hingegen kein eigenständiges Tatbestandselement bilden, sodass lediglich die übrigen fünf Elemente vom Verschulden umfasst sein müssten; trifft dies zu, so läge eine tatbestandsmäßige Handlung vor, die jedoch erst dann strafbar wird, wenn bzw. sobald – und unabhängig von jeglichem Verschulden – die Bedingung des „Ablaufs des 10-Minuten-Intervalls“ erfüllt ist.
Als ein typisches Beispiel für eine objektive Bedingung der Strafbarkeit gilt im gerichtlichen Strafrecht etwa das Vorliegen von Reziprozität (vgl. § 318 Abs. 2 StGB) im Zusammenhang mit den Delikten des hochverräterischen Angriffes gegen einen fremden Staat (§ 316 StGB) oder der Herabwürdigung fremder Symbole (§ 317 StGB; vgl. dazu A. Tipold, in: F. Höpfel – E. Ratz, Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch, 2. Aufl., Wien 2009, RN 2 ff zu § 318 StGB, m.w.N.): Denn deshalb, weil der Aspekt der Gegenseitigkeit ausschließlich auf Usancen im zwischenstaatlichen Rechtsverkehr fußt, jedoch nicht zum eigentümlichen Wesen der in den §§ 316 und 317 StGB als Unrecht apostrophierten Handlungen zählt, verkörpert dieser kein Tatbestandsmerkmal, sondern eine von der inneren Tatseite des Delinquenten völlig losgelöste objektive Bedingung der Strafbarkeit.
Analog dazu verhält sich auch die Konzeption des § 6 Abs. 1 lit. a OöParkGebG dann, wenn diese Bestimmung in einen spezifischen Konnex zu einem Gebührenentrichtungssystem wie nach § 5 ParkGebV Linz tritt: Nach § 6 Abs. 1 lit. a OöParkGebG besteht das Wesen des dadurch pönalisierten Tatunrechts nämlich nur in einer (allenfalls bloß versuchten) Verkürzung bzw. Hinterziehung der Parkgebühr. Davon unabhängig ergibt sich aber für den Fall, dass sich eine Gemeinde auf Grund der gesetzlichen Ermächtigung des § 1 Abs. 1 OöParkGebG dazu entschieden hat, die Gebührenentrichtung (auch bzw. vornehmlich) verordnungsmäßig in der Form auszugestalten, dass der hierfür erforderliche Parkschein zeitlich erst nach dem – die pönalisierte Gebührenpflicht bereits begründenden – Abstellen gelöst werden kann, die rechtliche Notwendigkeit, dem Lenker eine adäquate Frist zur faktischen Bewerkstelligung des Parkscheinausdruckens zuzugestehen. Dieser Umstand bildet aber mit dem Tatbestand der Verkürzung bzw. Hinterziehung der Parkgebühr keine zwingende (bzw. wesenseigene) Einheit, sondern nimmt lediglich auf eine systembedingt-verrechnungstechnische Besonderheit (Gebührenentrichtungsvariante) Bedacht. Dies spricht im Ergebnis dafür, den „Ablauf des 10-Minuten-Intervalls“ rechtsdogmatisch nicht als Tatbestandsmerkmal, sondern als eine objektive Bedingung der Strafbarkeit (vgl. dazu allgemein M. Burgstaller, in: F. Höpfel – E. Ratz, Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch, 2. Aufl., Wien 2001, RN 14 zu § 7 StGB; F. Plöchl, in: F. Höpfel – E. Ratz, Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch, 2. Aufl., Wien 2013, RN 10 f zu § 287 StGB; E. Steininger, Strafrecht – Allgemeiner Teil, Bd. I, 2. Aufl., Wien 2013, 399 ff; H. Fuchs, Österreichisches Strafrecht – Allgemeiner Teil I, 7. Aufl., Wien 2008, 220 ff; O. Leukauf – H. Steininger, Kommentar zum Strafgesetzbuch, 3. Aufl., Eisenstadt 1992, 18) zu qualifizieren.
2.3.3. Im Ergebnis ist daher jedenfalls festzuhalten, dass in gebührenpflichtigen Kurzparkzonen die Gebührenschuld prinzipiell bereits mit dem Zeitpunkt des Abstellens des KFZ entsteht; in Bezug auf Gemeinden, die (allenfalls alternativ) ein derartiges Zahlungssystem eingerichtet haben (vgl. z.B. § 5 ParkGebV Linz), dass der die Gebührenentrichtung bewirkende Parkschein (zulässigerweise) erst nach dem Abstellen des Fahrzeuges gelöst werden kann, ist § 6 Abs. 1 lit. a OöParkGebG allerdings systemimmanent dahin auszulegen, dass eine Strafbarkeit des Lenkers erst eintritt, nachdem die ihm bis zum Lösen des Parkscheins eingeräumte 10-minütige Toleranzzeit verstrichen ist.
2.4. Zielte daher vor diesem Hintergrund die Absicht des Fahrzeuglenkers – wie im vorliegenden Fall jene des Beschwerdeführers – (z.B. aus dem Motiv heraus, dass der Vorgang der Gebührenentrichtung ohnehin einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen würde als die bloße Abholung der vorbestellten Ware, sodass der konkrete Parkplatz bei Nichtzahlung der Gebühr von ihm gesamthaft besehen ohnehin für einen vergleichsweise kürzeren Zeitraum beansprucht bzw. der Absicht des Gesetzgebers entsprechend wieder früher für einen nachfolgenden Interessenten zur Verfügung stehen und dadurch dessen Umschlaghäufigkeit gesteigert würde) von vornherein darauf ab, wegen vorhersehbarer Nichtüberschreitung der Toleranzgrenze überhaupt keine Gebühr entrichten zu wollen, so hat der Rechtsmittelwerber dadurch – wenn man lediglich die explizite Formulierung der Strafnorm betrachtet – zwar den Unrechtstatbestand des § 6 Abs. 1 lit. a OöParkGebG verwirklicht. Wenn jedoch im Anwendungsbereich der ParkGebV Linz – d.h. einer Verordnung, mit der vornehmlich ein System des ex-post-Lösens des Parkscheines präferiert wird – eine Überschreitung der 10-minütigen Toleranzgrenze de facto nicht vorlag und damit (ein diesem Deliktstatbestand immanentes Tatbestandsmerkmal bzw.) eine dieser Strafnorm innewohnende objektive Bedingung der Strafbarkeit nicht erfüllt war, dann scheidet im Ergebnis aber eine Bestrafung des Beschwerdeführers schon aus diesem Grund prinzipiell aus.
2.5. Hätte hingegen der Rechtsmittelwerber im vorliegenden Fall unter im Übrigen gleichen Voraussetzungen, jedoch in letztlich nicht zutreffender Weise angenommen, dass die Abholung der vorbestellten Ware in kürzerer Zeit erledigt sein würde, während dieser Vorgang unvorhergesehenerweise länger dauerte, sodass die Toleranzzeit von 10 Minuten faktisch überschritten wurde, wäre allerdings auch (dieses Tatbestandsmerkmal bzw.) diese objektive Bedingung erfüllt und sohin seine Strafbarkeit prinzipiell gegeben gewesen (wenngleich sich in diesem Fall – insbesondere bei Ersttäterschaft – eine Ermahnung anstelle einer Geldstrafe deshalb als hinreichend erwiesen hätte, weil der Beschwerdeführer intentional ohnehin im Sinne der Beweggründe des Gesetzgebers gehandelt, nämlich durch ein kürzer als 30 Minuten dauerndes Abstellen die Umschlagshäufigkeit de facto erhöht hat. Dass der Stadt Linz dadurch eine Gebühr in Höhe von 1 Euro [vgl. § 2 Abs. 1 letzter Halbsatz ParkGebV Linz] entgeht, die auch jener Lenker, der von vornherein nur ein [bspw.] 5‑minütiges Abstellen plant, selbst dann hätte entrichten müssen, wenn er die bezahlte Parkzeit nicht voll ausnützt, steht dem nicht entgegen. Denn dass ein innerhalb dieser 30 Minuten nachfolgender Lenker ebenfalls eine Gebühr in Höhe von mindestens 1 Euro zu entrichten gehabt hätte, sodass die Stadt Linz für einen gewissen, sich überlappenden Zeitraum [außer in Randzeiten] die doppelte Gebühr eingenommen hätte, kann nicht als durch den Sinn des Gesetzes gedeckt angesehen werden. Ein echter Verlust tritt im Ergebnis für die Stadt Linz nur dann ein, wenn sich für einen kürzer als die 10-minütige Toleranzzeit parkenden Lenker de facto kein Nachfolger findet, was allerdings zur Hauptöffnungszeiten der Geschäftslokale in der Innenstadt nicht [sondern nur zu den Randzeiten, also innerhalb der letzten 30 Minuten vor Ladenschluss] anzunehmen ist.)
3. Angesichts dessen, dass im vorliegenden Fall nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Gewissheit erwiesen werden konnte, dass das KFZ des Rechtsmittelwerbers für einen länger als 10 Minuten dauernden Zeitraum abgestellt war, war der gegenständlichen Beschwerde daher im Lichte des Art. 6 Abs. 2 EMRK gemäß § 50 VwGVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 38 VwGVG i.V.m. § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.
4. Bei diesem Verfahrensergebnis entfällt nach § 52 Abs. 9 VwGVG sowohl die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Strafverfahren vor der belangten Behörde als auch zum Verfahren vor dem Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich.
V.
Revision an den Verwaltungsgerichtshof
Eine ordentliche Revision ist nicht zulässig, weil einerseits mit dem angefochtenen Straferkenntnis lediglich eine Geldstrafe von höchstens 220 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängte werden durfte (vgl. § 6 Abs. 1 OöParkGebG i.V.m. § 25a Abs. 4 Z. 1 VwGG) und andererseits im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis kann eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Eine solche Beschwerde ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.
Gegen dieses Erkenntnis kann innerhalb derselben Frist auch eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden, die durch einen bevollmächtigen Rechtsanwalt abzufassen und beim Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich einzubringen ist; die Eingabegebühr von 240 Euro ist hingegen unmittelbar an den Verwaltungsgerichtshof zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. G r o f
LVwG-400081/8/Gf/Mu vom 19. Juni 2015
Erkenntnis
Art. 7 B‑VG;
§ 2 StVO;
§ 1 OöParkGebG;
§ 6 OöParkGebG;
§ 5 ParkGebV Linz
Davon ausgehend, dass das konkrete System der Gebührenentrichtung nicht schon im OöParkGebG selbst, sondern erst in der jeweiligen ParkGebV der Gemeinde festgelegt wird, hatte schon der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in ständiger Rechtsprechung (wenngleich mit unterschiedlicher Begründung) die Auffassung vertreten, dass ein derart – wie nach der ParkGebV der Stadt Linz – konzipiertes Gebührenentrichtungssystem, bei dem ein (als ausschließlicher Nachweis für die Tilgung der Gebührenschuld dienender) Parkschein nicht schon im Vorhinein gelöst und sohin unmittelbar zum Zeitpunkt des Abstellens entwertet werden kann (bzw. muss), sondern eine zulässige Form der Gebührenentrichtung jedenfalls (auch) darin besteht, dass der Parkschein erst ex post durch Münzeinwurf in einen in einiger Entfernung platzierten Automaten erworben werden kann (vgl. z.B. § 5 ParkGebV Linz), zugleich die Gewährung einer gewissen Toleranzzeit voraussetzt, innerhalb der von einem KFZ-Lenker der Erwerb des schuldtilgenden Parktickets auch tatsächlich problemlos bewerkstelligt werden kann (vgl. z.B. VwSen-130731 vom 12. Oktober 2010; VwSen-130399 vom 7. April 2005; und VwSen-130333 vom 7. März 2003; s.a. LVwG-400056 vom 3. November 2014). Hierfür dürfte sich – wie mit Blick auf § 2 Abs. 1 Z. 27 StVO angenommen wurde – ein Zeitraum von 10 Minuten regelmäßig als ausreichend erweisen, weil mit einem solchen Intervall auch jene potentiellen, gegebenenfalls kumulativ eintretenden Beeinträchtigungen – wie etwa die Dauer der Absolvierung der Wegstrecke zum Parkscheinautomaten (unter Berücksichtigung von allfälligen Gehbehinderungen, Witterungseinflüssen etc.), die zeitliche Inanspruchnahme des Durchlesens der Bedienungsanleitung (unter Bedachtnahme auf in diesem Zusammenhang denkbare Sprach- und Verständigungsschwierigkeiten o.Ä.), die Notwendigkeit der Besorgung geeigneter Münzen in einem Geschäftslokal oder in einem Bankinstitut (z.B. durch Wechseln ausländischer Währung oder bei Nichtannahme einzelner Münzen durch den Parkscheinautomaten) – als abgedeckt erscheinen. Dass im Einzelfall ausnahms- und zugleich gerechtfertigterweise ein länger als 10 Minuten dauernder Zeitraum benötigt wurde, müsste daher jeweils vom Lenker nachvollziehbar begründet werden können.
Da dem OöParkGebG jedoch klar zu entnehmen ist, dass auch bereits das „Halten“ i.S.d. § 2 Abs. 1 Z. 27 StVO, d.i. eine nicht durch die Verkehrslage oder durch sonstige wichtige Umstände erzwungene Fahrtunterbrechung bis zu zehn Minuten oder für die Dauer der Durchführung einer Ladetätigkeit, prinzipiell der Gebührenpflicht unterliegt (vgl. § 1 Abs. 1 und 2 OöParkGebG), erhebt sich sohin aus rechtstheoretischer Sicht die Fragestellung nach der dogmatischen Qualifikation des gedanklich davon zu unterscheidenden 10-Minuten-Intervalls, das dem KFZ‑Lenker zur Besorgung des Parkscheins zu gewähren ist.
Wenn der Gesetzgeber die Gebührenpflicht mit dem Zeitpunkt des Abstellens beginnen lässt, zugleich jedoch ein System der ex-post-Besorgung des Parkscheins (wie z.B. gemäß § 5 ParkGebV Linz) nicht ausgeschlossen hat, so muss insgesamt davon ausgegangen werden, dass damit während jenes Zeitraumes, der zum Lösen das Parktickets benötigt wird, jedenfalls eine Strafbarkeit nicht in Betracht kommen kann: Würde nämlich eine objektiv nicht erfüllbare Rechtspflicht pönalisiert, widerspräche eine derartige Bestimmung ganz offensichtlich dem Sachlichkeitsgebot des Gleichheitsgrundsatzes des Art. 7 B‑VG.
Die Strafbestimmung des § 6 Abs. 1 lit. a OöParkGebG ist daher – verfassungskonform interpretiert – so zu lesen, dass eine Verkürzung bzw. Hinterziehung der Parkgebühr in Bezug auf Gemeinden, die de facto ein System der ex-post-Besorgung des Parkscheins eingeführt haben, erst dann vorliegt, wenn jener Toleranzzeitraum, der dem KFZ-Lenker hierfür denklogisch gewährt werden muss, bereits verstrichen ist.
Aus rechtstheoretischer Sicht ist allerdings klärungsbedürftig, ob es sich bei diesem 10-Minuten-Intervall um ein in § 6 Abs. 1 lit. a OöParkGebG nicht explizit angeführtes, zu den in dieser Bestimmung genannten hinzutretendes Tatbestandsmerkmal oder um eine zusätzliche, schon von vornherein nicht zum gesetzlichen Tatbild zählende und sohin auch verschuldensunabhängige objektive Bedingung der Strafbarkeit handelt. Im ersteren Fall bestünde der (objektive) Tatbestand demnach aus den sechs Einzelelementen „Abstellen“, „mehrspurig“, „Kraftfahrzeug“, „gebührenpflichtige Zone“, „kein gültiger Parkschein“ und „Überschreiten des 10-Minuten-Intervalls“, wobei eine Strafbarkeit des Lenkers erst dann gegeben ist, wenn der Schuldvorwurf (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) auf sämtliche dieser Tatbildmerkmale bezogen werden kann; im anderen Fall würde das „Überschreiten des 10-Minuten-Intervalls“ hingegen kein eigenständiges Tatbestandselement bilden, sodass lediglich die übrigen fünf Elemente vom Verschulden umfasst sein müssten; trifft dies zu, so läge eine tatbestandsmäßige Handlung vor, die jedoch erst dann strafbar wird, wenn bzw. sobald – und unabhängig von jeglichem Verschulden – die Bedingung des „Ablaufs des 10-Minuten-Intervalls“ erfüllt ist.
Als ein typisches Beispiel für eine objektive Bedingung der Strafbarkeit gilt im gerichtlichen Strafrecht etwa das Vorliegen von Reziprozität (vgl. § 318 Abs. 2 StGB) im Zusammenhang mit den Delikten des hochverräterischen Angriffes gegen einen fremden Staat (§ 316 StGB) oder der Herabwürdigung fremder Symbole (§ 317 StGB; vgl. dazu A. Tipold, in: F. Höpfel – E. Ratz, Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch, 2. Aufl., Wien 2009, RN 2 ff zu § 318 StGB, m.w.N.): Denn deshalb, weil der Aspekt der Gegenseitigkeit ausschließlich auf Usancen im zwischenstaatlichen Rechtsverkehr fußt, jedoch nicht zum eigentümlichen Wesen der in den §§ 316 und 317 StGB als Unrecht apostrophierten Handlungen zählt, verkörpert dieser kein Tatbestandsmerkmal, sondern eine von der inneren Tatseite des Delinquenten völlig losgelöste objektive Bedingung der Strafbarkeit.
Analog dazu verhält sich auch die Konzeption des § 6 Abs. 1 lit. a OöParkGebG dann, wenn diese Bestimmung in einen spezifischen Konnex zu einem Gebührenentrichtungssystem wie nach § 5 ParkGebV Linz tritt: Nach § 6 Abs. 1 lit. a OöParkGebG besteht das Wesen des dadurch pönalisierten Tatunrechts nämlich nur in einer (allenfalls bloß versuchten) Verkürzung bzw. Hinterziehung der Parkgebühr. Davon unabhängig ergibt sich aber für den Fall, dass sich eine Gemeinde auf Grund der gesetzlichen Ermächtigung des § 1 Abs. 1 OöParkGebG dazu entschieden hat, die Gebührenentrichtung (auch bzw. vornehmlich) verordnungsmäßig in der Form auszugestalten, dass der hierfür erforderliche Parkschein zeitlich erst nach dem – die pönalisierte Gebührenpflicht bereits begründenden – Abstellen gelöst werden kann, die rechtliche Notwendigkeit, dem Lenker eine adäquate Frist zur faktischen Bewerkstelligung des Parkscheinausdruckens zuzugestehen. Dieser Umstand bildet aber mit dem Tatbestand der Verkürzung bzw. Hinterziehung der Parkgebühr keine zwingende (bzw. wesenseigene) Einheit, sondern nimmt lediglich auf eine systembedingt-verrechnungstechnische Besonderheit (Gebührenentrichtungsvariante) Bedacht. Dies spricht im Ergebnis dafür, den „Ablauf des 10-Minuten-Intervalls“ rechtsdogmatisch nicht als Tatbestandsmerkmal, sondern als eine objektive Bedingung der Strafbarkeit (vgl. dazu allgemein M. Burgstaller, in: F. Höpfel – E. Ratz, Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch, 2. Aufl., Wien 2001, RN 14 zu § 7 StGB; F. Plöchl, in: F. Höpfel – E. Ratz, Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch, 2. Aufl., Wien 2013, RN 10 f zu § 287 StGB; E. Steininger, Strafrecht – Allgemeiner Teil, Bd. I, 2. Aufl., Wien 2013, 399 ff; H. Fuchs, Österreichisches Strafrecht – Allgemeiner Teil I, 7. Aufl., Wien 2008, 220 ff; O. Leukauf – H. Steininger, Kommentar zum Strafgesetzbuch, 3. Aufl., Eisenstadt 1992, 18) zu qualifizieren.
Im Ergebnis ist daher jedenfalls festzuhalten, dass in gebührenpflichtigen Kurzparkzonen die Gebührenschuld prinzipiell bereits mit dem Zeitpunkt des Abstellens des KFZ entsteht; in Bezug auf Gemeinden, die (allenfalls alternativ) ein derartiges Zahlungssystem eingerichtet haben (vgl. z.B. § 5 ParkGebV Linz), dass der die Gebührenentrichtung bewirkende Parkschein (zulässigerweise) erst nach dem Abstellen des Fahrzeuges gelöst werden kann, ist § 6 Abs. 1 lit. a OöParkGebG allerdings systemimmanent dahin auszulegen, dass eine Strafbarkeit des Lenkers erst eintritt, nachdem die ihm bis zum Lösen des Parkscheins eingeräumte 10-minütige Toleranzzeit verstrichen ist.
Zielte daher vor diesem Hintergrund die Absicht des Fahrzeuglenkers – wie im vorliegenden Fall jene des Beschwerdeführers – (z.B. aus dem Motiv heraus, dass der Vorgang der Gebührenentrichtung ohnehin einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen würde als die bloße Abholung der vorbestellten Ware, sodass der konkrete Parkplatz bei Nichtzahlung der Gebühr von ihm gesamthaft besehen ohnehin für einen vergleichsweise kürzeren Zeitraum beansprucht bzw. der Absicht des Gesetzgebers entsprechend wieder früher für einen nachfolgenden Interessenten zur Verfügung stehen und dadurch dessen Umschlaghäufigkeit gesteigert würde) von vornherein darauf ab, wegen vorhersehbarer Nichtüberschreitung der Toleranzgrenze überhaupt keine Gebühr entrichten zu wollen, so hat der Rechtsmittelwerber dadurch – wenn man lediglich die explizite Formulierung der Strafnorm betrachtet – zwar den Unrechtstatbestand des § 6 Abs. 1 lit. a OöParkGebG verwirklicht. Wenn jedoch im Anwendungsbereich der ParkGebV Linz – d.h. einer Verordnung, mit der vornehmlich ein System des ex-post-Lösens des Parkscheines präferiert wird – eine Überschreitung der 10-minütigen Toleranzgrenze de facto nicht vorlag und damit (ein diesem Deliktstatbestand immanentes Tatbestandsmerkmal bzw.) eine dieser Strafnorm innewohnende objektive Bedingung der Strafbarkeit nicht erfüllt war, dann scheidet im Ergebnis aber eine Bestrafung des Beschwerdeführers schon aus diesem Grund prinzipiell aus.
Hätte hingegen der Rechtsmittelwerber im vorliegenden Fall unter im Übrigen gleichen Voraussetzungen, jedoch in letztlich nicht zutreffender Weise angenommen, dass die Abholung der vorbestellten Ware in kürzerer Zeit erledigt sein würde, während dieser Vorgang unvorhergesehenerweise länger dauerte, sodass die Toleranzzeit von 10 Minuten faktisch überschritten wurde, wäre allerdings auch (dieses Tatbestandsmerkmal bzw.) diese objektive Bedingung erfüllt und sohin seine Strafbarkeit prinzipiell gegeben gewesen (wenngleich sich in diesem Fall – insbesondere bei Ersttäterschaft – eine Ermahnung anstelle einer Geldstrafe deshalb als hinreichend erwiesen hätte, weil der Beschwerdeführer intentional ohnehin im Sinne der Beweggründe des Gesetzgebers gehandelt, nämlich durch ein kürzer als 30 Minuten dauerndes Abstellen die Umschlagshäufigkeit de facto erhöht hat. Dass der Stadt Linz dadurch eine Gebühr in Höhe von 1 Euro [vgl. § 2 Abs. 1 letzter Halbsatz ParkGebV Linz] entgeht, die auch jener Lenker, der von vornherein nur ein [bspw.] 5‑minütiges Abstellen plant, selbst dann hätte entrichten müssen, wenn er die bezahlte Parkzeit nicht voll ausnützt, steht dem nicht entgegen. Denn dass ein innerhalb dieser 30 Minuten nachfolgender Lenker ebenfalls eine Gebühr in Höhe von mindestens 1 Euro zu entrichten gehabt hätte, sodass die Stadt Linz für einen gewissen, sich überlappenden Zeitraum [außer in Randzeiten] die doppelte Gebühr eingenommen hätte, kann nicht als durch den Sinn des Gesetzes gedeckt angesehen werden. Ein echter Verlust tritt im Ergebnis für die Stadt Linz nur dann ein, wenn sich für einen kürzer als die 10-minütige Toleranzzeit parkenden Lenker de facto kein Nachfolger findet, was allerdings zur Hauptöffnungszeiten der Geschäftslokale in der Innenstadt nicht [sondern nur zu den Randzeiten, also innerhalb der letzten 30 Minuten vor Ladenschluss] anzunehmen ist.)
Schlagworte:
Parkgebühren; Nachträgliches Lösen des Parkscheins; objektive Zurechnung; objektive Bedingung der Strafbarkeit; Toleranzintervall; Toleranzzeitraum