LVwG-650390/2/Bi
Linz, 05.06.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Bissenberger über die Beschwerde des Herrn E. J. W., T.straße 12, F., vertreten durch H. N. RAe, G.straße 4, B., vom 16. April 2015 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 2. April 2015, VerkR21-60-2015, wegen der Aufforderung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen und eine psychiatrisch-fachärztliche Stellungnahme beizubringen,
zu Recht e r k a n n t :
I.
Gemäß § 28 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und der in Beschwerde gezogene Bescheid aufgehoben.
II.
Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Zu I.:
1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid wurde der Beschwerdeführer (in Folge: Bf) gemäß §§ 24 Abs.4 und 8 FSG iVm § 14 Abs.5 FSG-GV aufgefordert, sich innerhalb von drei Monaten, gerechnet ab Zustellung des Bescheides, von der Amtsärztin der BH Freistadt hinsichtlich seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen AM und B ärztlich untersuchen zu lassen und zusätzlich zum amtsärztlichen Gutachten eine psychiatrisch-fachärztliche Stellungnahme innerhalb der oben genannten Frist beizubringen.
2. Dagegen hat der Bf fristgerecht Beschwerde gemäß § 7 VwGVG iVm Art.130 Abs. 1 Z1 B-VG eingebracht, die von der belangten Behörde ohne Beschwerdevorentscheidung dem Landesverwaltungsgericht OÖ zur Entscheidung vorgelegt wurde, das darüber gemäß Art.131 B-VG zu entscheiden hat. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erübrigte sich gemäß § 24 Abs. 2 Z1 VwGVG.
3. Der Bf macht unter Hinweis auf die Rechtsprechung des VwGH im Wesentlichen geltend, der Bescheid begründe in keiner Weise, inwiefern bei ihm begründete Bedenken bestehen sollten, dass die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung nicht mehr gegeben seien. Die belangte Behörde verweise lediglich auf seinen erstmaligen Suchtmittelkonsum im Juli 2013 und den viermaligen Kauf und Konsum von Cannabis, letztmalig im August 2014, dh vor mehr als 8 Monaten. Der Aufforderungsbescheid sei zu Unrecht erlassen worden. Dieser Umstand biete auch keine Grundlage für eine Aufforderung zur Beibringung einer psychiatrischen Stellungnahme. Beantragt wird die Aufhebung des Bescheides nach einer mündlichen Verhandlung.
4. Das Landesverwaltungsgericht OÖ hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde und in rechtlicher Hinsicht erwogen:
Gemäß § 24 Abs. 4 FSG ist, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen. Bei Bedenken hinsichtlich der fachlichen Befähigung ist ein Gutachten gemäß § 10 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung zu entziehen. Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid, mit der Aufforderung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen oder die Fahrprüfung neuerlich abzulegen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.
Gemäß § 14 Abs. 5 FSG-GV ist Personen, die alkohol-, suchtmittel- oder arzneimittelabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.
Nach der Rechtsprechung des VwGH (verst. Senat 27.1.2015, 2012/11/0233) sind Voraussetzung für die Erlassung eines Aufforderungsbescheides nach § 24 Abs.4 FSG begründete Bedenken in der Richtung, dass der Inhaber einer Lenkberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftahrzeugen derjenigen Klassen, die von seiner Lenkberechtigung erfasst werden, nicht mehr besitzt. Hiebei geht es zwar noch nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann, es müssen aber genügend begründete Bedenken in dieser Richtung bestehen, die die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen. Im Zusammenhang mit einem Suchtmittelkonsum des Inhabers einer Lenkberechtigung wäre ein Aufforderungsbescheid rechtens, wenn ausreichende Anhaltspunkte für den Verdacht bestünden, dem Betreffenden fehle infolge Suchtmittelabhängigkeit (oder wegen Fehlens der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung) die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen (vgl E 24.5.2011, 2011/11/0026, mit Hinweisen auf die Vorjudikatur).
Wie sich aus § 14 FSG-GV ergibt, berührt ein geringfügiger Suchtmittelgenuss die gesundheitliche Eignung (noch) nicht. Erst dann, wenn der Konsum zu einer Abhängigkeit zu führen geeignet ist oder wenn die Gefahr besteht, dass die betreffende Person nicht mehr in der Lage sein könnte, den Konsum so weit einzuschränken, dass ihre Fähigkeit zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht (mehr) beeinträchtigt ist, liegt ein Grund vor, unter dem Aspekt eines festgestellten – wenn auch verbotenen – Suchtmittelkonsums die gesundheitliche Eignung begründeterweise in Zweifel zu ziehen (vgl auf hiezu das erwähnte E 2011/11/0026, mwN.)
Ein Aufforderungsbescheid gemäß § 24 Abs. 4 FSG ist nur dann zulässig, wenn im Zeitpunkt seiner Erlassung (im Fall einer Berufungsentscheidung im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides) von Seiten der Behörde (nach wie vor) begründete Bedenken bestehen (vgl abermals E 2011/11/0026 und die dort zitierte Judikatur).
Aus den eigenen Aussagen des Bf ergibt sich ein Zeitraum für den Konsum von Cannabis vom Juli 2013 bis August 2014. In diesem Zeitraum kaufte er nach eigenen Aussagen viermal Cannabis und konsumierte es in Form von Joints, die er mit anderen Mitrauchern teilte, ebenso wie er bei anderen mitrauchte, was auch F. H. und P. B. bestätigten. Seit August 2014 – das sind jetzt zehn Monate – konsumierte er, wie er bei der Einvernahme am 7. Jänner 2015 angab, nichts mehr. Diesen Sachverhalt legte laut Begründung des in Beschwerde gezogenen Bescheides auch die belangte Behörde zugrunde, dh aus dem danach folgenden Zeitraum sind weitere Suchtmittelaktivitäten des Bf offensichtlich auch dort unbekannt.
Damit ist aufgrund der Anzahl der vom Bf zugestandenen Käufe im Zeitraum von 14 Monaten zweifellos von gelegentlichem Suchtmittelkonsum auszugehen und seit August 2014 kein solcher mehr als erwiesen anzunehmen. Anhaltspunkte für eine Suchtmittelabhängigkeit liegen in keiner Weise vor. Auf dieser Grundlage sind im Juni 2015 keine „begründeten“ Bedenken, der Bf könnte zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen AM und B aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr geeignet sein, abzuleiten. Aus diesen Überlegungen ist ein Aufforderungsbescheid nach § 24 Abs. 4 FSG nicht mehr zulässig, weshalb – ohne Durchführung einer Verhandlung – spruchgemäß zu entscheiden war.
Zu II.:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Bissenberger