LVwG-650375/2/Sch/CG

Linz, 09.06.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Schön über die Beschwerde des K. G., geb. 19.., vertreten durch W. Rechtsanwälte GmbH, Dr. H. K., Th.-S.-Straße 1, A., vom 21. April 2015 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 18. März 2015, GZ: VerkR21-95-2014, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung der Klasse AM,

 

zu Recht  e r k a n n t :

 

 

 

I.          Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene behördliche Bescheid behoben.

 

 

II.         Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding (im Folgenden: belangte Behörde) vom 18. März 2015, GZ: VerkR21-95-2014, wurde K. G. (dem Beschwerdeführer – im Folgenden kurz: Bf) die für die Klasse AM erteilte Lenkberechtigung gemäß §§ 7, 24, 25 und 29 FSG wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von 3 Monaten, gerechnet ab Rechtskraft  des Bescheides, entzogen und er aufgefordert, seinen Mopedausweis unverzüglich nach Rechtskraft des Bescheides entweder bei der Bezirkshauptmannschaft Schärding oder seiner zuständigen Polizeiinspektion abzuliefern. 

Grund für die Entziehung waren in der Begründung des Bescheides näher ausgeführte Delikte nach dem Verbotsgesetz laut Urteil des Landesgerichts Ried im Innkreis vom 4. Februar 2014, 30 Hv 40/14k-20.

 

I.2. Gegen diesen Bescheid, zugestellt am 24. März 2015, wurde durch den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers rechtzeitig Beschwerde erhoben. Diese ist von der belangten Behörde samt Verfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt worden.

Dieses hatte gemäß § 2 VwGVG durch den zuständigen Einzelrichter zu entscheiden.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z.1 VwGVG entfallen.

 

I.3. Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer mit Urteil des Geschworenengerichts beim Landesgericht Ried im Innkreis vom 4. Februar 2015 rechtskräftig wegen der Verbrechen nach § 3g Verbotsgesetz wegen Betätigung im nationalsozialistischen Sinne zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 6 Monaten verurteilt worden ist. Er wurde schuldig gesprochen, von 1.) Beginn des Jahres 2011 bis Februar 2014 an unbekannten Orten in zahlreichen Fällen, indem er Personen ausländischer Herkunft gegenüber lautstark „scheiß Ausländer“ und „Heil Hitler“ oder „vergast sie“ oder „verbrennt sie“ äußerte sowie 2.) am 2. November 2013 in R., indem er wiederholt die rechte Hand zum „Hitler-Gruß“ erhob und mehrfach „Heil Hitler“, „Sieg Heil“, „scheiß Ausländer“ und „scheiß Albaner“ schrie, sich auf andere als die in den §§ 3a bis 3f Verbotsgesetz bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinne betätigt zu haben.

 

Die belangte Behörde hat diese Verurteilung zum Anlass genommen, dem Beschwerdeführer mittels angefochtenen Bescheides seine Lenkberechtigung für die Klasse AM für die Dauer von drei Monaten, gerechnet ab Rechtskraft des Bescheides, mangels Verkehrszuverlässigkeit unter Anwendung der Bestimmungen der §§ 7, 24, 25 und 29 Führerscheingesetz (FSG) zu entziehen.

 

I.4. Dazu ist aus der Sicht des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zu bemerken, dass Zuwiderhandlungen gegen das Verbotsgesetz nicht im Deliktskatalog des § 7 Abs. 3 FSG enthalten sind. Zumal dieser allerdings ein demonstrativer ist, können demnach auch solche bestimmte Tatsachen, die dort nicht explizit aufgezählt sind, im Verein mit ihrer Wertung im Sinne des § 7 Abs.4 FSG zum Verlust der Verkehrszuverlässigkeit führen.

Hier gilt die Vorgabe des § 7 Abs. 1 Z.1 FSG – Z.2 wird im vorliegenden Fall von vornherein auszuschließen sein -, wonach eine bestimmte Tatsache zur Annahme einer solchen Sinnesart beim betreffenden Inhaber der Lenkberechtigung führt, dass angenommen werden muss, er werde die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden.

In diesem Zusammenhang vertritt die Behörde laut Bescheidbegründung die Meinung, dass die Verbrechen laut obzitiertem Urteil auf der gleichen schädlichen Neigung beruhen würden wie Gewaltdelikte im Sinne der §§ 83, 84, 85, 86 oder 87 StGB oder zumindest mit diesen vergleichbar seien. Verwiesen wurde auf den vermuteten Wunsch nach Tötung von Menschen, abzuleiten durch die Redensarten wie „vergast sie“ oder „verbrennt sie“.

Diese pönalisierten Äußerungen des Beschwerdeführers gleichzusetzen mit einer Sinnesart beim Beschwerdeführer, dass er deshalb auch durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr in Erscheinung treten würde, erscheint dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zumindest grundsätzlich schwer begründbar. Manifestiert sind zwar die nicht zu rechtfertigenden Äußerungen des Beschwerdeführers im Hinblick auf das „Vergasen“ bzw. „Verbrennen“ anderer Personen, dies allerdings als konkreten Wunsch zur Tötung von Menschen, der sich in einem entsprechend rücksichtslosen Verhalten im Straßenverkehr äußern würde, auszulegen, muss wohl verneint werden. Anhaltspunkte auf konkrete Gewalttaten des Beschwerdeführers, begründet in seiner zumindest in der Vergangenheit vorgelegenen verwerflichen Gesinnung, sind weder dem Gerichtsurteil noch dem sonstigen Akteninhalt zu entnehmen.

Dazu kommt im gegenständlichen Fall noch, dass die letzte inkriminierte Handlung laut Gerichtsurteil im Februar 2014 stattgefunden hat.

Die belangte Behörde hat die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung beginnend mit der Rechtskraft ihres Bescheides festgesetzt. Rechtskräftig wird dieser Bescheid erst, wenn ein allfälliges bestätigendes Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich dem Beschwerdeführer zugestellt wurde. Dies würde vorliegend im Monat Juni 2015 erfolgen, womit die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung begänne. Im Endeffekt wäre der Beschwerdeführer, gerechnet, wie von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verlangt, ab Ende der gesetzten bestimmten Tatsachen, also im Februar 2014, insgesamt bis in den Monat September 2015 verkehrsunzuverlässig, sohin eine Dauer von etwa 19 Monaten. Dieser lange Zeitraum wird auch nicht  dadurch relativiert, dass der Beschwerdeführer allenfalls über ein gegen ihn laufendes Ermittlungsverfahren Bescheid wusste.

Die Wertung der vom Beschwerdeführer gesetzten bestimmten Tatsachen, die anhand der Kriterien des § 7 Abs. 4 FSG zu erfolgen hat, lässt weder im Hinblick auf Verwerflichkeit, Gefährlichkeit noch eine allenfalls erst relativ kurz verstrichene Zeit die Annahme zu, dass der Beschwerdeführer – wenn überhaupt – auch zum Zeitpunkt der Entscheidung durch das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich noch für weitere drei Monate verkehrsunzuverlässig wäre.

 

 

II.) Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche, d.h. über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

 

H i n w e i s

 

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

S c h ö n