LVwG-410546/3/WEI/BZ
Linz, 29.05.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung (nunmehr: Beschwerde) der A.W., geb. x, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. F.W., x, x, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Linz-Land vom 24. Oktober 2012, GZ: Pol96-44-2012, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Glücksspielgesetz zu Recht erkannt:
I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) iVm § 38 VwGVG eingestellt.
II. Gemäß § 52 Abs 9 VwGVG und § 66 Abs 1 VStG hat die Beschwerdeführerin weder einen Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht noch einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land (im Folgenden: belangte Behörde) vom 24. Oktober 2012, GZ: Pol96-44-2012, wurde über die Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) eine Geldstrafe von insgesamt 10.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 152 Stunden) wegen einer Übertretung nach § 52 Abs 1 Z 1 GSpG, BGBl. Nr. 620/1989 idgF, verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von 1.000 Euro vorgeschrieben.
Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:
„Sie haben es als das zur Vertretung nach außen berufene Organ der P. GmbH in G., x, gemäß § 9 Abs. 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass, wie bei einer Kontrolle des Finanzamtes Linz am 12.1.2012, um ca. 10.00 Uhr festgestellt wurde, sich diese Gesellschaft von 12.7.2011 bis zum Zeitpunkt der Kontrolle, jedenfalls aber am 12.1.2012 um ca. 10.00 als Eigentümerin der in den im Lokal ‚K. S.‘ in x., x, aufgestellten im Folgenden angeführten acht Glücksspielautomaten befindlichen Banknotenleser an den mit diesen Geräten wiederholt durchgeführten Glücksspielen in Form von Walzenspielen, bei denen die Spieler einen Einsatz von zumindest € 0,20 und höchstens € 5,50 bzw. € 6,00 erbrachten und ihnen im Gegenzug ein Gewinn in Aussicht gestellt wurde, wofür weder eine Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG erteilt wurde und auch keine Ausnahme iSd. § 4 GSpG vorlag, und damit an zur Teilnahme vom Inland aus verbotenen Ausspielungen iSd. § 2 Abs. 4 beteiligt hat:
1. K. Auftragsterminal (Gehäusebezeichnung), Seriennummer x
2. K. Auftragsterminal (Gehäusebezeichnung), Seriennummer x
3. K. Auftragsterminal (Gehäusebezeichnung), Seriennummer x
4. K. Auftragsterminal (Gehäusebezeichnung), Seriennummer x
5. K. Auftragsterminal (Gehäusebezeichnung), Seriennummer x
6. K. Auftragsterminal (Gehäusebezeichnung), Seriennummer x
7. K.Auftragsterminal (Gehäusebezeichnung), Seriennummer x
8. K. (Gehäusebezeichnung), Seriennummer x“
I.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende rechtzeitige Berufung (nunmehr Beschwerde) vom 29. Oktober 2012, mit der die ersatzlose Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt werden.
I.3. Mit Schreiben vom 15. November 2012 übermittelte die belangte Behörde unter gleichzeitiger Vorlage der Berufung den bezughabenden Verwaltungsakt.
I.4. Der Oö. Verwaltungssenat hat mit Schreiben vom 20. Februar 2013 Anzeige gemäß § 78 Abs 1 StPO an die zuständige Staatsanwaltschaft wegen Verdachts einer gemäß § 168 StGB gerichtlich strafbaren Handlung erstattet und das anhängige Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 30 Abs 2 VStG ausgesetzt.
Mit Schreiben vom 26. April 2013 wurde der UVS Oö. von der zuständigen Staatsanwaltschaft davon benachrichtigt, dass das Ermittlungsverfahren gegen die Beschuldigte gemäß § 190 Z 1 StPO aus dem Grund des § 57 StGB (Verjährung der Strafbarkeit) eingestellt wurde.
I.5. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der belangten Behörde (einschließlich der Schriftsätze der Parteien). Von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung wurde abgesehen.
I.6. Gemäß § 51c VStG in der zum Zeitpunkt der Entscheidung maßgeblichen Fassung entschied der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil hier eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde – durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige 9. Kammer mit Entscheidung vom 29. Mai 2013, VwSen-360061/7/WEI/ER/Ba, und gab der Berufung der Bf statt, hob das angefochtene Straferkenntnis auf und stellte das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG ein.
In rechtlicher Hinsicht führte der Verwaltungssenat auszugsweise wie folgt aus:
„4.2. Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist im Lichte des verfassungsrechtlichen Doppelbestrafungs- und -verfolgungsverbotes gemäß Art 4 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK (ZPzEMRK) von einer stillschweigenden Subsidiarität der allenfalls anzuwendenden glücksspielgesetzlichen Verwaltungsstrafbestimmung gegenüber dem gerichtlichen Straftatbestand des § 168 StGB auszugehen (vgl VwGH 8.9.2009, Zl. 2009/17/0181; VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134; VfSlg 15.199/1998). Daraus folgt, dass eine Bestrafung nach der Verwaltungsstrafbestimmung dann zu unterbleiben hat, wenn sich der Täter nach dem § 168 StGB strafbar gemacht hat. Auch der Wegfall der Strafbarkeit nach dem primär heranzuziehenden Tatbestand infolge Eintritt eines Strafaufhebungsgrundes könne nicht die Anwendbarkeit des subsidiären Straftatbestandes (neu) begründen, handelt es sich bei dieser Form der Konkurrenz doch um die Verdrängung des subsidiären Tatbestandes durch den vorrangig anzuwendenden (so VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134).
Ob eine Tat den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung erfüllt, ist grundsätzlich als Vorfrage iSd. § 38 AVG zu beurteilen, wobei die Behörde im Zweifelsfall die Verfahrensvorschrift des § 30 Abs 2 VStG zu beachten hat (vgl. VwGH 22.03.1999, Zl. 98/17/0134; VwGH vom 22.08.2012, Zl. 2012/17/0156 unter Hinweis auf VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0233). Dabei ist die Behörde an einen strafgerichtlichen Einstellungsbeschluss nicht gebunden, sondern hat iSd ständigen Rechtsprechung des VwGH selbst zu beurteilen, ob ein vom Gericht zu ahndender Tatbestand vorlag (vgl etwa VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0233 unter Hinweis auf VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134).
4.3. Mit der Glücksspielgesetz-Novelle 2008, BGBl I Nr. 54/2010, wurde in § 52 Abs. 2 GSpG eine ausdrückliche Zuständigkeitsklausel zur Abgrenzung zwischen verwaltungsbehördlicher und gerichtlicher Strafbarkeit eingefügt. Danach handelt es sich dann, wenn im Zusammenhang mit der Teilnahme an einer Ausspielung (mit oder ohne Glücksspielautomaten) von einem Spieler vermögenswerte Leistungen von über 10 Euro pro Spiel geleistet werden, schon ex lege nicht mehr um ‚geringe Beträge‘ iSd § 168 Abs 1 StGB, sodass insoweit ‚eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz [GSpG] hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück[tritt]‘.
Mit Erkenntnis vom 22. August 2012, Zl. 2012/17/0156, hat der Verwaltungsgerichtshof dazu festgehalten, dass die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Gerichten und Verwaltungsbehörden nach den für die Spiele geleisteten Einsätzen zu erfolgen habe, da § 52 Abs. 2 GSpG auf die Leistung eines Einsatzes von mehr als 10 Euro in einem einzelnen Spiel abstelle. Eine Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit gegenüber dem gerichtlichen Straftatbestand ergebe sich daher nur für die Veranstaltung von Spielen, bei denen der Einsatz 10 Euro übersteigt.
In diesem Erkenntnis äußerte sich der Verwaltungsgerichtshof allerdings bloß zu einer der beiden Voraussetzungen des Straflosigkeitsmerkmals der 2. Variante im letzten Gliedsatz des § 168 Abs 1 StGB (‚oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge‘). Da die Wendung ‚geringe Beträge‘ lediglich eine der beiden kumulativen Voraussetzungen für die in § 168 Abs. 1 letzter Teilsatz StGB normierte Straffreiheit bildet, ist auch von einer gerichtlichen Strafbarkeit hinsichtlich jener Glücksspiele auszugehen, bei denen die Einsätze pro Einzelspiel zwar unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze liegen, die aber nicht ‚bloß zum Zeitvertreib‘ gespielt werden. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, welcher sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. März 1999, Zl. 98/17/0134, angeschlossen hatte, etwa dann der Fall, wenn der Spielveranstalter vorsätzlich Serienspiele veranlasst oder zu solchen Gelegenheit bietet (vgl OGH 3.10.2002, Zl. 12 Os 49/02; OGH 2.7.1992, Zl. 15 Os 21/92; OGH 22.8.1991, Zl. 15 Os 27/91). Da somit eine Strafbarkeit gemäß § 168 StGB auch dann gegeben sein kann, wenn zwar Einsätze von unter 10 Euro pro Einzelspiel geleistet werden, es sich aber um Serienspiele iSd OGH-Judikatur handelt, ist in diesen Fällen hinsichtlich des Verhältnisses zu den Verwaltungsstraftatbeständen des GSpG nicht auf § 52 Abs. 2 GSpG, sondern auf die eingangs zitierte Judikatur zurückzugreifen, der zufolge eine allenfalls anzuwendende glücksspielgesetzliche Verwaltungsstrafbestimmung hinter den gerichtlichen Straftatbestand des § 168 StGB stillschweigend zurücktritt.
Auch der renommierte Verfassungsrechtler Heinz Mayer vertritt in seinem Beitrag: ‚Das Verbot der Doppelbestrafung im Glücksspielrecht‘, ecolex 2013, Seiten 80 ff, die Auffassung, dass mit dem § 52 Abs 2 GSpG nur das Merkmal ‚geringe Beträge‘ im § 168 Abs 1 StGB präzisiert wurde. Nach Analyse der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs (VfSlg 15199 und VfSlg 18.833) betreffend Vermeidung eines Verstoßes gegen das Doppelbestrafungsverbot durch verfassungskonforme Interpretation hält Mayer dem zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 22. August 2012 mit Recht kritisch entgegen (vgl ecolex 2013, 81 f):
‚Wenn der VwGH im Erk v 22.8.2012 (FN 5: VwGH 22.8.2012, 2012/17/0156) nunmehr die Subsidiarität nur insoweit gelten lassen will, als es ausschließlich um Einsätze von mehr als Euro 10,- geht, so verkennt er die verfassungsrechtliche Bedeutung des Doppelbestrafungsverbots und das Erk des VfGH VfSlg 15.199. Folgt man dem VwGH, so hätte § 52 Abs 2 GSpG eine Doppelbestrafung dort ermöglicht, wo sie nach früherer Rechtslage nicht möglich war; dies lediglich deshalb, weil § 52 Abs 2 GSpG nunmehr den Begriff des ‚geringen Betrages‘ des § 168 Abs 1 StGB definiert. Diese Auffassung ist unzutreffend; sie kann sich weder auf den Gesetzestext noch auf die Gesetzesmaterialien stützen. Die ErläutRV (FN 6: 658 BlgNR 14. GP 8) zur GSpG-Nov 2008 (FN 7: BGBl I 2010/54) zeigen deutlich, dass der Gesetzgeber beabsichtigte, der Rsp des VfGH Rechnung zu tragen und eine subsidiäre Kompetenz der Verwaltungsstrafbehörde zu normieren.
Die vom VwGH im Erk 22.8.2012 (FN 8: VwGH 22.8.2012, 2012/17/0156) gewählte Auslegung des § 52 Abs. 2 GSpG unterstellt dieser Bestimmung einen verfassungswidrigen Inhalt, indem sie nicht nur diese Bestimmung verkennt, sondern auch die Reichweite des verfassungsrechtlichen Doppelbestrafungsverbots gem Art 4 Abs 1 7. ZP. Die vom VwGH in diesem Erk vertretene Rechtsansicht macht es im Ergebnis ausschließlich vom Verhalten eines von ihm nicht beeinflussbaren Dritten abhängig, ob ein Veranstalter nur vom Gericht oder zusätzlich auch von der Verwaltungsbehörde bestraft wird; eine solche Auslegung scheint auch unsachlich und damit gleichheitswidrig.
Zuletzt ist darauf hinzuweisen, dass die im Erk VwGH 22. 8. 2012 vertretene Auffassung in Konflikt mit der Rsp des OGH im Falle von Serienspielen gerät; in diesen Fällen nimmt der OGH auch bei geringen Einsätzen eine Strafbarkeit gem § 168 StGB an (FN 9: Vgl OGH 14.12.1982, 9 Os 137/82; 22.8.1991, 15 Os 27/91; 3.10.2002, 12 Os 49/02 EvBl 2003/22).‘
4.4. Gemäß § 22 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 ist, soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, eine Tat als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.
Mit dem am 1. März 2013 in Kraft getretenen § 22 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013, der mangels anderslautender Übergangsbestimmung auch für den vorliegenden Fall maßgeblich ist, soll nach dem Willen des Gesetzgebers nunmehr eine generell subsidiäre verwaltungsbehördliche Strafbarkeit normiert werden und eine Tat ‚als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar sein, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet‘ (vgl Erl RV BGBl I Nr. 33/2013, 2009 BlgNR 24. GP, Seite 20 ‚Zu Z 4 (§ 22 samt Überschrift)‘.
Aus dem § 22 Abs 2 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 ergibt sich nunmehr, dass sowohl Taten, die zueinander in Realkonkurrenz stehen (‚Hat jemand durch mehrere selbstständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen‘) als auch Taten, die zueinander in echter Idealkonkurrenz stehen (‚oder fällt eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen‘), entweder von einer oder von mehreren Verwaltungsbehörden nebeneinander zu bestrafen sind.
Auf Grund der in der Neufassung des § 22 Abs 1 VStG generell vorgesehenen ausdrücklichen Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit gegenüber Gerichtsdelikten ist konsequenter Weise die in der alten Fassung des § 22 Abs 2 VStG noch enthaltene Bestimmung, nach der auch beim Zusammentreffen von Verwaltungsübertretungen mit von einem Gericht zu ahndenden strafbaren Handlungen die Strafen nebeneinander zu verhängen waren, entfallen.
Offenbar im Interesse der Rechtssicherheit zwecks zuverlässiger Vermeidung einer verfassungsrechtlichen Konfliktlage soll eine Tat ganz allgemein nur mehr dann als Verwaltungsübertretung strafbar sein, wenn sie nicht auch – wenn auch nur teilweise - den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Auf diese Weise können auch schwierige Auslegungsfragen im Zusammenhang mit einer bisher nur stillschweigend anzunehmenden Subsidiarität (vgl etwa ‚same essential elements‘ - Doktrin des VfGH) vermieden und die Verwaltungsbehörden entlastet werden.
Im richtungweisenden Erkenntnis vom 11. Mai 1998, Zl. 98/10/0040 (= VwSlg 14890 A/1998) hat der Verwaltungsgerichtshof unter Auswertung von Vorjudikatur für eine ausdrückliche Subsidiaritätsklausel betreffend eine Tat, die den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, ausgesprochen, dass es nicht erforderlich sei, dass das verdrängende und das verdrängte Delikt die gleiche Angriffsrichtung haben und dass die Subsidiarität auch dann greife, wenn der Gerichtstatbestand nicht allein durch die verwaltungsstrafrechtlich relevanten Elemente des Verhaltens, sondern erst durch Hinzutreten weiterer Sachverhaltselemente erfüllt werde.
Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, dass die zunächst vom Verfassungsgerichtshof in VfSlg 15199/1998 und anschließend auch vom Verwaltungsgerichtshof (VwGH 22.03.1999, Zl. 98/17/0134) angenommene verfassungskonforme Interpretation im Wege der stillschweigenden Subsidiarität der Bestimmungen des Glücksspielgesetzes gegenüber dem § 168 StGB nunmehr ex lege durch die generelle ausdrückliche Subsidiarität nach dem § 22 Abs 1 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 nicht nur abgesichert wurde, sondern der (bedingungslose) Vorrang des konkurrierenden Gerichtsdelikts im Sinne von VwSlg 14890 A/1998 nunmehr durch ausdrückliche gesetzliche Subsidiarität angeordnet worden ist. Dies bedeutet weiter im Ergebnis, dass bei Glücksspielen (verbotenen Ausspielungen) mit Einsätzen über 10 Euro, mögen sie auch mit solchen darunter einhergehen, sowie bei Glücksspielen, die nicht bloß zum Zeitvertreib (Serienspiele) gespielt werden, jedenfalls eine die Verwaltungsdelikte ausschließende gerichtliche Strafbarkeit anzunehmen ist.
4.5. Da beim Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren – wie unter Punkt 2.1. dargelegt – der begründete Verdacht einer Strafbarkeit gemäß § 168 StGB entstanden ist, war der Oö. Verwaltungssenat verpflichtet, gemäß § 78 Abs 1 StPO Anzeige an die Staatsanwaltschaft zu erstatten und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 30 Abs 2 VStG bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Gerichts auszusetzen (vgl VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0233; VwGH 8.9.2009, Zl. 2009/17/0181). Ab dem Zeitpunkt des Bestehens von Zweifeln an der verwaltungsbehördlichen Zuständigkeit stand aber jede weitere Ermittlungstätigkeit seitens des Oö. Verwaltungssenates nicht nur im Widerspruch zu § 30 Abs 2 VStG, sondern auch zu Art. 4 7. ZPzEMRK, der neben einem Doppelbestrafungs- auch ein Doppelverfolgungsverbot normiert.
Der Verfassungsgerichtshof hat sich in seinem zum Doppelbestrafungsverbot ergangenen Erkenntnis vom 2. Juli 2009, B 559/08, mit der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 4
7. ZPzEMRK, besonders mit dem Urteil der Großen Kammer vom 10. Februar 2009, Bsw. Nr. 14939/03, im Fall Zolotukhin, näher auseinandergesetzt und dabei weiterhin die ‚same essential-elements‘-Doktrin vertreten. In diesem Zusammenhang stellt der Verfassungsgerichtshof im Abschnitt III.7. seines Erkenntnisses auf die Prüfung ab, ob der Beschwerdeführer für dasselbe (in den wesentlichen Elementen) strafbare Verhalten, für das er bereits rechtskräftig freigesprochen oder verurteilt wurde, neuerlich verfolgt oder bestraft wurde. Dabei sei – unter Hinweis auf Materialien zur EMRK und Judikatur des EGMR – eine Entscheidung iSd Art 4 7. ZPzEMRK dann ‚rechtskräftig‘, wenn sie unwiderruflich sei, was im Wesentlichen der Fall ist, wenn keine Rechtsmittel (mehr) zur Verfügung stehen. Eine Einstellung gemäß § 227 StPO nach Zurückziehung des Strafantrags der Staatsanwaltschaft wurde vom Verfassungsgerichtshof als ein solcher ‚Freispruch‘ iSd des Art 4 7. ZPzEMRK gewertet.
In der reformierten StPO mit ihrem neu geregelten Vorverfahren ohne Untersuchungsrichter kommen dem öffentlichen Ankläger in seiner neuen Rolle als Organ der Gerichtsbarkeit (vgl Art 90a B-VG) auch erweiterte Befugnisse zur Einstellung des Strafverfahrens (§§ 190 ff StPO) und zum Rücktritt von der Verfolgung (§§ 198 ff StPO) zu. Die Möglichkeit der Fortführung eines Ermittlungsverfahrens nach staatsanwaltschaftlicher Einstellung ist nunmehr in § 193 StPO genau geregelt. Dabei ergibt sich aus § 193 Abs. 2 StPO, dass die Staatsanwaltschaft eine Fortführung von nach den §§ 190 oder 191 beendeten Ermittlungsverfahren nur unter weiteren in Ziffer 1 oder 2 genannten Voraussetzungen anordnen kann und dies außerdem nur möglich ist, solange die Strafbarkeit der Tat nicht verjährt ist. Ein Antrag des Opfers an das Gericht auf Fortführung des Ermittlungsverfahrens ist gemäß § 195 StPO ebenfalls nur zulässig, solange nicht Strafbarkeitsverjährung eingetreten ist.
4.6. Wie unter Punkt 2.2. dargelegt, stellte die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gegen die Beschuldigte gemäß § 190 Z 1 StPO aus dem Grund der Verjährung ein. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs hat die Verwaltungsbehörde im Falle einer Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens die Frage, ob ein vom Gericht zu ahndender Tatbestand vorlag, selbstständig zu beurteilen (vgl ua VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0233 unter Hinweis auf VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134). Diese Verpflichtung trifft im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren somit den UVS Oberösterreich.
4.6.1. Am 5. November 2011 wurde in einer LeiterInnenbesprechung bei der Oberstaatsanwaltschaft Linz die grundsätzliche Anwendbarkeit der Serienspieljudikatur des OGH und damit des § 168 StGB auf Sachverhalte betreffend Geräte, die mit ‚Automatic-Start-Tasten‘ ausgestattet sind, ausdrücklich bestätigt.
Durch die Erläuterungen zur Fotodokumentation der mit dem gegenständlichen Gerät vorgenommenen Probespiele ist eindeutig belegt, dass das gegenständliche Gerät mit einer ‚Automatik-Start-Tasten‘ ausgestattet ist. Dies indiziert – wie bereits im Anzeigeschreiben vom 20. Februar 2013 dargelegt – die gerichtliche Strafbarkeit des Betriebs dieser Geräte aufgrund der Möglichkeit, damit Serienspiele zu veranstalten. Diese Schlussfolgerung wurde nicht zuletzt durch die Feststellung der Organe der Abgabenbehörde in deren im Akt befindlichen Anzeige vom 27. Jänner 2012 bestätigt, wonach ‚[b]ei Auslösung des Spiels im Wege der Automatic-Start-Taste [...] diese Taste nur einmal betätigt werden [muss] um die beschriebenen Abläufe sehr rasch kontinuierlich hintereinander ablaufen zu lassen. Der wechselnde Vorgang von Einsatzabbuchung vom Spielguthaben und Walzenlauf erfolgt so lange fortgesetzt nacheinander, bis das Spielguthaben verbraucht ist, der Einsatz höher als das Spielguthaben ist oder die Taste erneut betätigt wird.‘.
4.6.2. Aufgrund der eindeutig belegten Ausgestaltung der Geräte mit einer ‚Automatic-Start-Taste‘ und der beschriebenen Funktionsweise dieser Taste werden nach Auffassung der erkennenden Kammer des Oö. Verwaltungssenats erwerbsmäßig Serienspiele veranlasst bzw. ermöglicht und ist somit die oben zitierte Serienspieljudikatur des OGH weiterhin anzuwenden. Dies insbesondere deshalb, weil im gegenständlichen Fall das Veranstalten von Ausspielungen in Form von Walzenspielen geahndet wurde, die mit einer ‚Automatic-Start-Taste‘ ausgelöst werden können.
Im gegebenen Zusammenhang liegt zumindest der strafbare Versuch einer gemäß § 168 StGB iVm § 15 StGB mit gerichtlicher Strafe bedrohten Glücksspielveranstaltung vor, da allein schon das unternehmerische Zugänglichmachen ebenso wie das Aufstellen bzw. zur Verfügung stellen von Glücksspielgeräten eine Versuchshandlung iSd § 15 Abs 2 StGB hinsichtlich des Tatbildes der Förderung einer Glücksspielzusammenkunft (vgl dazu § 168 Abs 1 StGB 2. Tatbildvariante) und überhaupt das vorsätzliche Verschaffen einer Spielgelegenheit – etwa durch den ‚Spielautomatenaufsteller‘ oder einen ‚die Gewinnabgeltung besorgenden Gastwirt‘ (Kirchbacher/Presslauer in WK² § 168 Rz 14 uHa Rainer, SbgK § 168 Rz 12) – auf mit ‚Automatic-Start-Taste‘ ausgestatteten Glücksspielgeräten schon vor dem ersten Spielgeschehen den strafbaren Versuch der Veranstaltung von Serienglücksspielen im Sinne der 1. Tatbildvariante des § 168 Abs 1 StGB darstellt (vgl allgemein zu den Begehungsweisen Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 168 Rz 14 ff, die etwa die Förderung einer Glücksspielzusammenkunft schon ‚durch Beistellung entsprechender Räume oder Spielutensilien, durch Werbung oder durch sonstige Dienstleistungen‘ bejahen, und Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB3 §168 Rz 9 ff). Allein der Umstand des zur Verfügung Stellens derartiger Geräte stellt bei entsprechendem Tatvorsatz somit jedenfalls schon den strafbaren Versuch der Förderung einer Glücksspielzusammenkunft (§ 168 Abs 1 2. Tatbildvariante) sowie allenfalls auch die strafbare Beteiligung am Versuch der Veranstaltung eines Glücksspiels (§ 168 Abs 1 1. Tatbildvariante) dar.
Mit anderen Worten: Bereits durch die Beistellung, betriebsbereite Aufstellung und öffentliche Zugänglichmachung eines mit ‚Automatic-Start-Taste‘ ausgestatteten Glücksspielgeräts, bei dem sämtliche der angezeigten Spiele mit dieser Taste ausgelöst werden können, wird der strafbare Versuchsbereich der Tatbilder des § 168 Abs 1 StGB als Ausführungshandlung oder zumindest ausführungsnahe Handlung in Bezug auf die Veranstaltung von Serienglücksspielen und die Förderung der Abhaltung von Serienglücksspielen beschritten. Die im Rahmen eines Verwaltungsstrafverfahrens nach § 52 Abs 1 Z 1 GSpG noch theoretisch denkbare zusätzliche Anlastung einzelner Glücksspiele mit Einsätzen unter 10 Euro würde zwangsläufig zu einer im Grunde der Subsidiarität des Verwaltungsstraftatbestands verfassungsrechtlich unzulässigen Doppelgleisigkeit führen, weshalb insofern eine Abgrenzbarkeit des maßgeblichen Sachverhalts nach Einzelspielen für die Frage der Identität der Tat zwingend ausscheidet.
Darüber hinaus ist nach den gegebenen Umständen zu erkennen, dass die Bw im Sinne des § 5 Abs 1 2. Halbsatz StGB die Verwirklichung des Tatbildes ernstlich für möglich gehalten und sich damit auch abgefunden hat:
Schon die Tatsache, dass auf den mit ‚Automatic-Start-Taste‘ ausgestatteten Glücksspielgeräten Glücksspiele im Sekundentakt ablaufen zeigt ganz offensichtlich, dass solche Ausspielungen sowohl vom Veranstalter als auch vom Lokalbetreiber und Inhaber ebenso wie von sonstigen unternehmerisch Beteiligten (etwa dem beteiligten Geräteeigentümer) in gewinnbringender Absicht beigestellt, betrieben bzw. veranstaltet werden. Dies indiziert mindestens den erforderlichen dolus eventualis in Bezug auf die beiden Tatbilder des § 168 Abs 1 StGB. So ist im Regelfall davon auszugehen, dass Veranstalter und/oder Lokalbetreiber ebenso wie sonstige unternehmerisch Beteiligte (etwa der beteiligte Geräteeigentümer) es für möglich halten und sich auch damit abfinden, dass mit der Verschaffung einer Spielgelegenheit bzw. der Zugänglichmachung von entgeltlichen Glücksspielen auf entsprechend ausgestatteten Geräten ebenso wie schon mit der erwerbsmäßigen Beistellung solcher Geräte auf unrechtmäßige (monopolwidrige) Art und Weise Geld verdient wird. Dementsprechend gehen auch Kirchbacher/Presslauer im Wiener Kommentar zum StGB (vgl dieselben in WK² § 168 Rz 13) unter Hinweis auf eine ‚realistische Sicht‘ davon aus, dass wohl ‚jedem Automatenbetreiber, der keine Vorkehrung gegen 'Serienspiele' trifft, ein entsprechender dolus eventualis unterstellt werden‘ müsse. Beim Einsatz von Glücksspielgeräten mit ‚Automatic-Start-Taste‘ werden aber sogar nicht nur keine Vorkehrungen gegen Serienspiele getroffen, sondern solche Serienspiele geradezu provoziert. Im Fall der Betätigung der "Automatic-Start-Taste" durch den Spieler wird – wie oben dargelegt – der wechselnde Vorgang der Einsatzabbuchung mit anschließendem Walzenlauf so lange selbsttätig fortgesetzt, bis das gesamte Spielguthaben verbraucht, der Einsatz höher als das (verbleibende) Spielguthaben ist oder die Taste erneut betätigt wird.
4.7. Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt ist nach der selbstständigen Beurteilung und – nicht zuletzt auch im Lichte des Ergebnisses der zitierten LeiterInnenbesprechung bei der Oberstaatsanwaltschaft Linz – grundsätzlich dem Tatbestand des § 168 Abs 1 StGB zu unterstellen und nach dem § 168 Abs 1 iVm. § 15 Abs 2 StGB gerichtlich strafbar.
Aus der in weiterer Folge von der zuständigen Staatsanwaltschaft gemäß § 190 Z 1 StPO aus dem Grund der Verjährung gemäß § 57 StGB verfügten Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens ergibt sich, dass eine Verfolgung der Beschuldigten wegen des Vergehens nach dem § 168 StGB infolge Eintrittes eines Strafaufhebungsgrundes unzulässig war. Da eine Verjährung freilich nur bei einer dem Grunde nach bestehenden Zuständigkeit der Gerichte eintreten kann, ist nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenat der angelastete Sachverhalt jedenfalls unter § 168 StGB zu subsumieren. Dies insbesondere vor dem Hintergrund des § 190 Z 1 1. Fall StPO, der ausdrücklich die Möglichkeit einer Verfahrenseinstellung für den Fall vorsieht, dass die Tat ‚nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht ist‘ (vgl. Nordmeyer, WK-StPO § 190 Rz. 12).
Im Hinblick auf die im vorliegenden Fall grundsätzlich gegebene gerichtliche Strafbarkeit des angelasteten Sachverhalts kann auf Grund des § 52 Abs 2 GSpG in Verbindung mit der nunmehr durch § 22 Abs 1 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 ausdrücklich geregelten generellen Subsidiarität, aber auch in Verbindung mit der vormals von den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts judizierten stillschweigenden Subsidiarität der glücksspielrechtlichen Verwaltungsstrafbestimmungen keine strafbare Verwaltungsübertretung vorliegen. Auch der Wegfall der Strafbarkeit nach dem primären Straftatbestand des
§ 168 StGB (etwa durch den Strafaufhebungsgrund der Verjährung gemäß § 57 StGB, die im vorliegenden Fall bereits am 12. Jänner 2013 eingetreten ist) kann nach der zutreffenden, eine verbotene Doppelverfolgung vermeidenden Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs die Anwendbarkeit des subsidiären Straftatbestandes des § 52 Abs 1 GSpG nicht neu begründen (vgl VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134 und VwGH 8.9.2009, Zl. 2009/17/0181).
Im Ergebnis ist daher die vorgeworfene Tat als Verwaltungsübertretung nicht strafbar, weil sie den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.
4.8. Darüber hinaus wäre die vorgeworfene Tat - ungeachtet der Frage der Subsidiarität des Verwaltungsstrafrechts – im Grunde der Sperrwirkung der Erledigung des gerichtlichen Strafverfahrens nicht verwaltungsbehördlich strafbar:
Gemäß § 57 Abs 3 StGB beträgt die Verjährungsfrist ein Jahr, wenn die Handlung – wie im Fall des § 168 StGB – mit nicht mehr als sechsmonatiger Freiheitsstrafe oder nur mit Geldstrafe bedroht ist. Die Tathandlung wurde im konkreten Fall am 12. Jänner 2012 gesetzt und ist somit iSd § 57 Abs 3 StGB nunmehr – wie auch die zuständige Staatsanwaltschaft festgestellt hat – jedenfalls gerichtlich verjährt. Eine Fortführung von dem nach § 190 StPO beendeten Ermittlungsverfahren ist somit ausgeschlossen, da die Strafbarkeit der Tat gegenständlich bereits verjährt ist.
Im Ergebnis kommt der verfahrensgegenständlichen staatsanwaltschaftlichen Einstellung daher jedenfalls die Bedeutung eines ‚Freispruchs‘ iSd Art. 4 7. ZPzEMRK zu.
Nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates stellt unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte im Fall Z. nunmehr auch die Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens durch den öffentlichen Ankläger in der hier vorliegenden Form eine rechtskräftige und somit ‚unwiderrufliche‘ Erledigung im weit zu verstehenden Sinn des Art 4 7. ZPzEMRK dar (vgl EGMR v. 10.2.2009, Bsw.Nr. 14939/03, RN 107 f), die eine weitere Verfolgung oder Bestrafung eines Beschuldigten wegen einer Tat, die im Wesentlichen auf ein und demselben Sachverhalt gründet, ausschließt, zumal in diesem Fall unabhängig von der Einstellungsvariante bereits Verjährung gemäß § 57 Abs 3 StGB eingetreten ist und daher eine Fortführung des Ermittlungsverfahrens gemäß dem § 193 StPO nicht mehr möglich ist. Im Ergebnis liegt daher eine mit der oa. Judikatur vergleichbare Situation vor.
Demzufolge erscheint auch die überkommene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshof (vgl zB VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0233) zur selbstständigen Beurteilung der Strafbarkeit durch die Verwaltungsbehörde im Falle eines Freispruchs vom Gerichtsdelikt vor dem Hintergrund dieser Rechtsentwicklung im Rahmen des Doppelbestrafungs- und -verfolgungsverbotes der EMRK jedenfalls teilweise überholt.
Der Oö. Verwaltungssenat hatte gegenständlich allein die vom Verfassungsgerichtshof nach Art. 4 7. ZPzEMRK geforderte Prüfung vorzunehmen, ob der Betroffene für dasselbe (in den wesentlichen Elementen) strafbare Verhalten, für das er bereits rechtskräftig freigesprochen oder verurteilt wurde, nunmehr neuerlich verfolgt oder bestraft werden soll. Im Rahmen dieser Prüfung ist die Identität der gerichtlich strafbaren Handlung (Serienspiel mit Glücksspielgeräten bzw. jedenfalls strafbarer Versuch) mit den gegenständlich angelasteten Verwaltungsdelikten aber jedenfalls zu bejahen (vgl oben Punkt 4.6).
In diesem Zusammenhang ist auch auf die jüngste Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 25.9.2012, Zl. 2012/17/0040) hinzuweisen, der zufolge hinsichtlich der ‚verbotenen Ausspielungen‘ iSd § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG auf die einzelnen ‚im Lokal aufgestellten Geräte‘ abzustellen sei; wenn aber nach dieser Rechtsprechung für eine Bestrafung nach § 52 Abs 1 Z 1 GSpG auf die einzelnen Geräte und nicht auf die einzelnen auf den Geräten jeweils verfügbaren Spiele abzustellen ist, so scheint eine Abgrenzbarkeit des maßgeblichen Sachverhaltes in Bezug auf die jeweiligen Einzelspiele von vornherein unzulässig und im Übrigen auch faktisch kaum möglich.
4.9. Da der vorliegenden Einstellung des Staatsanwaltes aufgrund der gemäß § 57 Abs 3 StGB eingetretenen Verjährung somit die Bedeutung eines Freispruchs in dieser besonderen Konstellation zukommt, war schon aus diesem Grund die weitere verwaltungsstrafrechtliche Verfolgung wegen derselben Tat nicht mehr zulässig.
Daraus ergibt sich weiter, dass der Oö. Verwaltungssenat nach der durch die zuständige Staatsanwaltschaft pauschal verfügten Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens
(= ‚final decision‘ iSd EGMR-Urteils vom 10.2.2009, Bsw.Nr. 14939/03, RN 107 f) nicht mehr befugt war, weitere Ermittlungstätigkeiten zu setzen. Davon abgesehen ist auch nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts im Falle der Tateinheit einer unter beide Strafdrohungen fallenden Handlung davon auszugehen, dass das Delikt des Glücksspieles gemäß § 168 Abs 1 StGB den Unrechts- und Schuldgehalt der einschlägigen Verwaltungsstrafbestimmung des Glücksspielgesetzes vollständig erschöpft und daher unter Berücksichtigung des Doppelbestrafungs- und Doppelverfolgungsverbotes gemäß Art 4 Abs 1 7. ZPzEMRK eine verfassungskonforme Interpretation insofern geboten ist, als eine Bestrafung nach § 168 Abs. 1 StGB eine solche nach dem Glücksspielgesetz wegen desselben Verhaltens ausschließt (vgl VfSlg 15.199/1998; VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134; VwGH 8.9.2008, Zl. 2009/17/0181). Mit Blick auf das erwähnte Doppelverfolgungsverbot hat daher überdies auch bereits jede weitere Verfolgung der Beschuldigten zu unterbleiben.
Dieses Ergebnis wird im Übrigen auch durch die jüngste Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zum Grundsatz ‚ne bis in idem‘ vom
11. Dezember 2012, A. et al v. A., bestärkt. In diesem Fall wurde in der rechtskräftigen strafrechtlichen Erstentscheidung keinerlei (detaillierte) Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts getroffen, anhand derer beurteilt werden hätte können, ob das zweite Verfahren dieselben oder im Wesentlichen übereinstimmende Fakten betraf. Unter Hinweis auf das Urteil im Fall Z. konstatierte der Gerichtshof, dass in einer solchen Fallkonstellation von einer Vermutung für eine – unzulässige – zweifache Bestrafung, die sich auf dieselben Vorgänge bezieht, auszugehen ist. Im Zweifel geht der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte somit zugunsten des Betroffenen von einem identischen oder im Wesentlichen gleichen Sachverhalt aus. Schon allein aufgrund der von der Staatsanwaltschaft im vorliegenden Fall pauschal ausgesprochenen Verfahrenseinstellung gegenüber der Beschuldigten stellte somit jede weitere verwaltungsstrafbehördliche Verfolgung eine Verletzung des Art. 4 7. ZPzEMRK dar.
5. Auf Grund der – in § 52 Abs 2 GSpG teilweise normierten bzw. sich im Lichte des verfassungsgesetzlich verankerten Doppelbestrafungs- und ‑verfolgungsverbots gemäß Art. 4 des 7. ZPzEMRK stillschweigend ergebenden – Subsidiarität sowie nunmehr auch auf Grund der in § 22 Abs 1 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 gesetzlich vorgesehenen generellen Subsidiarität hat somit eine Verfolgung wegen des verdrängten Verwaltungsstraftatbestands des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG zu unterbleiben.
Im Hinblick auf die im vorliegenden Fall grundsätzlich gegebene gerichtliche Strafbarkeit des angelasteten Sachverhalts kann im Ergebnis keine strafbare Verwaltungsübertretung mehr vorliegen und war das angefochtene Straferkenntnis daher aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen.“
I.7. Gegen dieses Berufungserkenntnis des Oö. Verwaltungssenates erhob die Bundesministerin für Finanzen Bescheidbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Der Verwaltungsgerichtshof hob den Bescheid des Oö. Verwaltungssenates wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes auf.
In der Begründung führte der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf seine Entscheidungen vom 22. März 1999, Zl. 98/17/0134 und vom 9. September 2013, Zl. 2012/17/0576 zunächst aus, dass nach einer Verfahrenseinstellung oder einem freisprechenden Urteil durch die Gerichte die Verwaltungsbehörde die Frage, ob ein vom Gericht zu ahndender Tatbestand vorläge, selbstständig zu beurteilen habe.
Anschließend verwies er gemäß § 43 Abs 2 VwGG auf seine Entscheidung vom 23. Juli 2013, Zl. 2012/17/0249 und führte aus, dass keine ausreichenden Feststellungen zu den an den Geräten möglichen Höchsteinsätzen getroffen worden seien. Die zu möglichen Serienspielen getroffenen Feststellungen seien schon deshalb nicht ausreichend, weil nicht erkennbar sei, welche Beträge in welchen Zeiträumen eingesetzt bzw verspielt werden konnten (vgl. dazu auch VwGH 07.10.2013, Zl. 2013/17/0210 bis 2011).
II.1. Gemäß Art 151 Abs 51 Z 8 B-VG iVm § 50 Abs 1 Glücksspielgesetz (GSpG) ist die Zuständigkeit zur Weiterführung der gegenständlichen Verfahren auf das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich übergegangen.
Gemäß § 3 Abs 1 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG), BGBl I Nr. 33/2013 idF BGBl I Nr. 122/2013, gilt eine bis zum Ablauf des
31. Dezember 2013 erhobene Berufung gegen einen Bescheid, der vor Ablauf des 31. Dezember 2013 erlassen wurde, als rechtzeitig erhobene Beschwerde gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG.
Gemäß § 2 VwGVG entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter, soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch einen Senat vorsehen, was im Glücksspielgesetz nicht der Fall ist.
Das Verfahren kann gemäß § 3 Abs 7 Z 1 VwGbk-ÜG vom zuständigen Richter des Oö. Landesverwaltungsgerichts weitergeführt werden, weil er bereits vor dem 31. Dezember 2013 dem zuständigen Senat des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich angehört hatte.
Vorweg ist festzuhalten, dass auch im neuen System der Verwaltungsgerichtsbarkeit grundsätzlich von einer Bindungswirkung der Verwaltungsgerichte an die Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes iSd § 63 Abs 1 VwGG auszugehen ist.
II.2. Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht aufgrund der Aktenlage (Anzeige der Finanzpolizei vom 27.01.2012, Niederschrift mit Frau M.T. vom 12.01.2012 und Fotodokumentation) von dem folgenden Sachverhalt aus:
II.2.1. Aufgrund der Anzeige einer von Organen der Abgabenbehörde am
12. Jänner 2012 im Lokal mit der Bezeichnung „K. S.“ in A., x, durchgeführten Kontrolle wurden folgende Geräte aufgestellt und grundsätzlich funktionsfähig vorgefunden und in der Folge vorläufig beschlagnahmt:
FA-Nr. Gehäusebezeichnung Seriennr.
1 K. Auftragsterminal x
2 K. Auftragsterminal x
3 K. Auftragsterminal x
4 K. Auftragsterminal x
5 K. Auftragsterminal x
6 K. Auftragsterminal x
7 K. Auftragsterminal x
8 K. x
Mit diesen Geräten wurden seit 12. Juli 2011 wiederholt Spiele in Form von virtuellen Walzenspielen durchgeführt.
Aufgrund der Anzeige, der Niederschrift und der Darstellung in der Fotodokumentation stellt sich für den erkennenden Richter des Oö. Landesverwaltungsgerichts der Spielablauf der Geräte generalisierend wie folgt dar:
Bei diesen Gerätschaften konnten virtuelle Walzenspiele durchgeführt werden, bei denen für einen bestimmten Einsatzbetrag in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen Gewinne in Aussicht gestellt wurden. Nach Eingabe von Geld für das Spielguthaben, Auswahl eines Spiels und Aufrufen zur Durchführung konnte ein Spieleinsatz ausgewählt werden, dem jeweils ein entsprechender Gewinnplan mit den in Aussicht gestellten, unterschiedlich hohen Gewinnen in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen zugeordnet war. Das Spiel konnte durch die Betätigung der Starttaste ausgelöst werden. Damit wurde zunächst der gewählte Einsatzbetrag vom Spielguthaben abgezogen und danach das Walzenspiel ausgelöst. Dabei wurden die in senkrechten Reihen angeordneten Symbole so in ihrer Lage verändert, dass der optische Eindruck von rotierenden Walzen entstand. Nach etwa einer Sekunde kam der „Walzenlauf“ zum Stillstand. Ein Vergleich der neu zusammengesetzten Symbole mit den im Gewinnplan angeführten gewinnbringenden Symbolkombinationen ergab nun einen Gewinn oder den Verlust des Einsatzes, der Spielerfolg stand daher nach jedem Stillstand der Walzen in Form eines Gewinnes oder des Verlustes des getätigten Einsatzes fest. Das Spielergebnis hing ausschließlich vom Zufall ab, Spieler hatten keine Möglichkeit, bewusst Einfluss auf den Ausgang der Spiele zu nehmen (Spielbeschreibung in der Anzeige der Finanzpolizei).
Bei diesen Geräten war eine Einsatzsteigerung mit vorgeschaltetem Würfelspiel möglich. Ab einem gewählten Spieleinsatz von 0,50 Euro konnte durch fortgesetzte Bedienung einer Taste der Einsatz in Stufen weiter bis zum programmbedingt höchst möglichen Einsatz gesteigert werden. Wurde der Einsatz über den Betrag von 0,50 Euro hinaus erhöht, wurden mit jeder Tastenbetätigung in einem der kleinen, nebeneinander angeordneten Felder in unmittelbarer Nähe des Einsatzbetragsfelds am Bildschirm „Augen“ bis zu einer bestimmten Höchstzahl eingeblendet. Nach der „Augendarstellung“ bewirkte die weitere Tastenbedienung das Einblenden eines oder mehrerer Symbole. Damit wurde dem Spieler verschlüsselt der ausgewählte Einsatzwert angezeigt. Wurde ein solcher Art verschlüsselter Einsatz von mehr als 0,50 Euro vorgewählt, so musste die Starttaste so lange wiederholt hintereinander betätigt werden, bis der vorgewählte Einsatzbetrag in mehreren Teileinsatzbeträgen vollständig vom Spielguthaben abgezogen war, um das Spiel sodann auszulösen. Auf diese vorgeschalteten „Würfelspiele“ konnte nicht verzichtet werden, wenn um entsprechend hohe in Aussicht gestellte Gewinne gespielt werden sollte. Die Würfelspiele konnten nicht gesondert für sich alleine ausgewählt und zur Durchführung aufgerufen werden. Die „vorgeschalteten Würfelspiele“ stellten kein Spiel, sondern nur eine verschlüsselte Einsatzleistung in Form von Teileinsatzbeträgen dar (Spielbeschreibung in der Anzeige der Finanzpolizei).
Sämtliche Geräte verfügten über einen Banknoteneinzug und über eine funktionsfähige Automatic-Start-Taste. Die Spiele konnten auch durch Betätigung der Automatic-Start-Taste ausgelöst werden. Bei Auslösung eines Spiels im Wege der Automatic-Start-Taste musste diese Taste nur einmal betätigt werden, um die beschriebenen Abläufe sehr rasch und kontinuierlich hintereinander ablaufen zu lassen. Der wechselnde Vorgang von Einsatzabbuchung vom Spielguthaben und Walzenlauf erfolgte solange fortgesetzt nacheinander, bis das Spielguthaben aufgebraucht war, der Einsatz höher als das Spielguthaben war oder die Taste erneut betätigt wurde (Spielbeschreibung in der Anzeige der Finanzpolizei; Fotodokumentation).
Auf dem Gerät mit der FA-Nr. 1 konnte unter anderem ein Spiel mit der Bezeichnung „Ring of Fire XL“ gespielt werden. Bei diesem Spiel betrug der Mindesteinsatz 0,20 Euro, wobei dazu ein Höchstgewinn von 20 Euro und 34 Supergames (SG) in Aussicht gestellt wurde. Der Maximaleinsatz betrug
5,50 Euro, wobei dazu ein Höchstgewinn in der Höhe von 20 Euro und 898 Supergames (SG) in Aussicht gestellt wurde. Auf dem Gerät mit der FA-Nr. 2 konnte unter anderem ein Spiel mit der Bezeichnung „Simply Gold“ gespielt werden. Bei diesem Spiel betrug der Mindesteinsatz 0,20 Euro, wobei dazu ein Höchstgewinn von 20 Euro und 18 SG in Aussicht gestellt wurde. Der Maximaleinsatz betrug bei diesem Spiel 5,50 Euro, wobei dazu ein Höchstgewinn von 20 Euro und 498 SG in Aussicht gestellt wurde. Auf dem Gerät mit der FA-Nr. 3 konnte unter anderem ein Spiel mit der Bezeichnung „Submarine“ gespielt werden. Bei diesem Spiel betrug der Mindesteinsatz 0,20 Euro, wobei dazu ein Höchstgewinn von 20 Euro und 14 SG in Aussicht gestellt wurde. Der Maximaleinsatz betrug 6 Euro, wobei dazu ein Höchstgewinn in der Höhe von
20 Euro und 398 SG in Aussicht gestellt wurde. Auf dem Gerät mit der FA-Nr. 4 konnte unter anderem ein Spiel mit der Bezeichnung „Simply the Best“ gespielt werden. Bei diesem Spiel betrug der Mindesteinsatz 0,20 Euro, wobei dazu ein Höchstgewinn von 12 Euro in Aussicht gestellt wurde. Der Maximaleinsatz betrug 6 Euro, wobei dazu ein Höchstgewinn in der Höhe von 20 Euro und 28 SG in Aussicht gestellt wurde. Auf dem Gerät mit der FA-Nr. 5 konnte unter anderem ein Spiel mit der Bezeichnung „Classic Seven“ gespielt werden. Bei diesem Spiel betrug der Mindesteinsatz 0,20 Euro, wobei dazu ein Höchstgewinn von 2 Euro in Aussicht gestellt wurde. Der Maximaleinsatz betrug 5,50 Euro, wobei dazu ein Höchstgewinn in der Höhe von 20 Euro und 3 SG in Aussicht gestellt wurde. Auf dem Gerät mit der FA-Nr. 6 konnte unter anderem ein Spiel mit der Bezeichnung „Demon Master“ gespielt werden. Bei diesem Spiel betrug der Mindesteinsatz 0,20 Euro, wobei dazu ein Höchstgewinn von 20 Euro und 48 SG in Aussicht gestellt wurde. Der Maximaleinsatz betrug 5,50 Euro, wobei dazu ein Höchstgewinn in der Höhe von 20 Euro und 1248 SG in Aussicht gestellt wurde. Auf dem Gerät mit der FA-Nr. 7 konnte unter anderem ein Spiel mit der Bezeichnung „Kajot Lines“ gespielt werden. Bei diesem Spiel betrug der Mindesteinsatz 0,20 Euro, wobei dazu ein Höchstgewinn von 12 Euro in Aussicht gestellt wurde. Der Maximaleinsatz betrug 5,50 Euro, wobei dazu ein Höchstgewinn in der Höhe von 20 Euro und 28 SG in Aussicht gestellt wurde. Auf dem Gerät mit der FA-Nr. 8 konnte unter anderem ein Spiel mit der Bezeichnung „The Frog King“ gespielt werden. Bei diesem Spiel betrug der Mindesteinsatz 0,20 Euro, wobei dazu ein Höchstgewinn von 20 Euro und 18 SG in Aussicht gestellt wurde. Der Maximaleinsatz betrug 6 Euro, wobei dazu ein Höchstgewinn in der Höhe von 20 Euro und 498 SG in Aussicht gestellt wurde (Angaben in der Anzeige der Finanzpolizei).
II.3. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus folgender Beweiswürdigung: Die einzelnen Feststellungen gründen vor allem auf den jeweils in Klammer angeführten Beweismitteln. Im Einzelnen ist noch Folgendes auszuführen: Die Feststellungen zum Vorhandensein der Geräte im gegenständlichen Lokal und deren Funktionsweise sowie zu den möglichen Spielen (samt möglichen Einsätzen und Gewinnen) ergeben sich aus der Spielbeschreibung in der Anzeige sowie aus der Fotodokumentation betreffend die Probespiele. Aus Sicht des erkennenden Gerichts bestehen keine ausreichenden Gründe, um an der Richtigkeit dieser Angaben zu zweifeln, sodass die diesbezüglichen Angaben der Finanzpolizei den Feststellungen zu Grunde gelegt werden konnten. Berücksichtigt man die möglichen Höchsteinsätze von 5,50 Euro pro Einzelspiel bei den Geräten mit den FA-Nrn. 1, 2 und 5 bis 7 sowie die Höchsteinsätze von 6 Euro pro Einzelspiel bei den Geräten mit den FA-Nrn. 3, 4 und 8 und die kurze Spieldauer (Walzenlauf von etwa einer Sekunde) und die Möglichkeit mehrere Spiele hintereinander zu spielen (insbesondere bei Betätigung der Automatic-Start-Tasten), so ergibt sich daraus, dass innerhalb weniger Minuten deutlich mehr als 10 Euro insgesamt (bei mehreren Einzelspielen zusammengerecht) eingesetzt werden konnten. Angesichts der Funktionsweise der Geräte, insbesondere Automatic-Start-Tasten, und der günstigen Relation zwischen Einzeleinsatz und dem höchstmöglichen Gewinn (von zumindest 1:60 bis 1:2500 bei den Geräten mit der FA-Nr. 1 bis 4 und 6 bis 8) bei den festgestellten Mindesteinsätzen bei der Probebespielung durch die Finanzpolizei) ist bei lebensnaher Betrachtungsweise davon auszugehen, dass sich die Bf damit abfand, dass Spieler die verfahrensgegenständlichen Geräte für mehrere Spiele in Serie nutzen und nicht bloß zum Zeitvertreib, sondern mit gewinnsüchtiger Absicht die Geräte spielen (vgl auch Kirchbacher in WK2 StGB § 168 Rz 13, wonach „eine realistische Sicht zur Frage [führt], ob nicht jedem Automatenbetreiber, der keine Vorkehrung gegen ‚Serienspiele‘ trifft, ein entsprechender dolus eventualis unterstellt werden müsste“). Dafür, dass Spieler gerade mit gewinnsüchtiger Absicht spielen, spricht auch, dass sie bei den Geräten keinen Einfluss auf die Spielergebnisse nehmen konnten und insbesondere bei selbstständigem Ablauf von mehreren Spielen hintereinander kein besonderer Unterhaltungswert erkennbar ist, der Anlass zum Spielen zum bloßen Zeitvertreib geben könnte.
III. Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 GSpG in der zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs 2 daran beteiligt.
Nach § 168 Abs 1 StGB ist derjenige mit einer Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder mit einer Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, der "ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, [...] es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird".
IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:
IV.1. Aus der im gegenständlichen Verfahren ergangenen Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes bzw aus dem gemäß § 43 Abs 2 VwGG unter anderem erfolgten Verweis auf das Erkenntnis vom 23. Juli 2013, Zl. 2012/17/0249, ergibt sich, dass bei Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen ordentlicher Gerichtsbarkeit (§ 168 StGB) und verwaltungsstrafrechtlicher Strafbarkeit gemäß § 52 GSpG in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung des GSpG unter Berücksichtigung des Verbots der Doppelbestrafung gemäß Art 4 Abs 1 7. ZPEMRK grundsätzlich darauf abzustellen ist, ob derjenige, der eine Ausspielung etwa mit einem Glücksspielapparat oder Glücksspielautomaten bzw mit einem darauf installierten Programm veranstaltet, organisiert, anbietet, unternehmerisch zugänglich macht oder sich daran beteiligt, dabei Einsätze von höchstens 10 Euro oder mehr als
10 Euro ermöglicht bzw ob Serienspiele veranlasst wurden. Entscheidend für die Abgrenzung ist daher, ob die auf den Glücksspielgeräten installierten Spielprogramme Spiele mit einem Einsatz von über 10 Euro ermöglichen, das heißt, welcher mögliche Höchsteinsatz an den verfahrensgegenständlichen Glücksspielautomaten jeweils geleistet werden kann, und, ob Serienspiele veranlasst werden können. Dies bedeutet im Ergebnis, dass bei Glücksspielen (verbotenen Ausspielungen) mit Einsätzen über 10 Euro, mögen sie auch mit solchen darunter einhergehen, sowie bei Glücksspielen, die nicht bloß zum Zeitvertreib (Serienspiele) gespielt werden, jedenfalls eine die Verwaltungsdelikte ausschließende gerichtliche Strafbarkeit anzunehmen ist.
IV.2. Gemäß § 52 Abs 3 GSpG in der seit 1.3.2014 geltenden Fassung BGBl I Nr. 13/2014 ist nur nach den Verwaltungsstrafbestimmungen des § 52 GSpG zu bestrafen, wenn durch eine Tat sowohl der Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 52 GSpG als auch der Tatbestand des § 168 StGB verwirklicht werden. Diese Bestimmung stand aber im Zeitpunkt der Erlassung des bekämpften Straferkenntnisses der belangten Behörde noch nicht in Geltung. Eine Heilung einer allenfalls vorliegenden Unzuständigkeit der als erste Instanz entscheidenden Verwaltungsbehörde ist gesetzlich nicht vorgesehen und kommt nicht in Betracht. Bei Überprüfung der Frage, ob jene Verwaltungsbehörde, die als erste Instanz entschieden hat, auch tatsächlich zur Entscheidung zuständig war, ist die Zuständigkeitsvorschrift heranzuziehen, die im Zeitpunkt der Entscheidung durch die erstinstanzliche Behörde in Geltung stand. Entscheidend ist daher, dass im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides der belangten Behörde noch die Zuständigkeitsvorschriften gemäß § 52 Abs 2 GSpG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 13/2014 galten (vgl VwGH 15.12.2014, Zl. Ro 2014/17/0121). Die Zuständigkeit der eingeschrittenen belangten Behörde kann nicht nachträglich auf § 52 Abs 3 GSpG in der Fassung der Novelle BGBl I Nr. 13/2014 gestützt werden, die Anwendung des § 52 Abs 3 GSpG in der Fassung der Novelle BGBl I Nr. 13/2014 kann auch nicht im Wege des § 1 Abs 2 VStG begründet werden (VwGH 27.02.2015, Zl. Ro 2014/17/0135).
IV.3. Unter Berücksichtigung der oben dargestellten Rechtslage ist daher hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Geräte mit den FA-Nrn. 1 bis 8 Folgendes auszuführen: Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass Serienspiele ermöglicht bzw veranlasst wurden, zumal der Banknoteneinzug potentielle Spieler dazu verleitet höhere Beträge einzuspeisen und der fragliche Unterhaltungswert bei den Walzenspielen jedenfalls bei Betätigen der Automatic-Start-Taste zu Gunsten des Gewinnstrebens völlig in den Hintergrund tritt, da der wechselnde Vorgang von Einsatzabbuchen vom Spielguthaben und Walzenlauf solange nacheinander automatisch abläuft, bis das Spielguthaben verbraucht ist, der Einsatz höher als das Spielguthaben ist oder die Taste erneut betätigt wird und der Blick der Spieler bei den im Sekundentakt monoton ablaufenden Walzenspielen wohl vorwiegend auf den sich verändernden Stand des Spielguthabens gelenkt wird (vgl auch OGH Zl. 6 Ob 118/12i: „Der Unterhaltungswert tritt – insbesondere bei Betätigen der 'Automatiktaste' – zu Gunsten des Gewinnstrebens völlig in den Hintergrund.“). Mittels bloß einmaliger Betätigung der Automatic-Start-Taste konnte im Übrigen auch eine Vielzahl von Walzenläufen in Serie bewirkt werden, bei denen (auch bei Einzeleinsätzen von weniger als 10 Euro pro einzelnem „Walzenlauf“) insgesamt (bei mehreren „Walzenläufen“ zusammengerechnet) deutlich mehr als 10 Euro innerhalb weniger Minuten eingesetzt werden konnten. Die Bf fand sich auch damit ab, dass Spieler die verfahrensgegenständlichen Geräte für mehrere Spiele in Serie nutzen, dabei auch insgesamt mehr als 10 Euro einsetzen und nicht bloß zum Zeitvertreib, sondern mit gewinnsüchtiger Absicht die Geräte spielen. Sie handelte daher insoweit auch vorsätzlich. Überdies bestanden bei den Geräten mit den FA-Nrn. 1 bis 4 und 6 bis 8 äußerst günstige Einsatz-Gewinn-Relationen: Vom OGH (20.04.1983, Zl. 11 Os 39/83) wurde bereits ein Verhältnis von 1:60 als günstige Relation zwischen dem maximalen Einzeleinsatz und dem höchstmöglichen Gewinn beurteilt, die die Möglichkeit eines besonderen Anreizes für Serienspiele mit gewinnsüchtiger Absicht indiziert. Gegenständlich bestanden aber schon entsprechend den bei der Probebespielung festgestellten Mindesteinsätzen samt den dazu in Aussicht gestellten Höchstgewinnen bei den verfahrensgegenständlichen Geräten noch günstigere Relationen von zumindest 1:60 bis 1:2.500. Aus dem Sachverhalt ergibt sich daher die vorsätzliche Ermöglichung bzw Veranlassung von Serienspielen. Es lag somit im Zeitpunkt der Entscheidung durch die belangte Behörde hinsichtlich sämtlicher Geräte eine gemäß § 168 StGB strafbare Glücksspielveranstaltung vor.
V. Im Ergebnis war daher der angefochtene Bescheid wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG iVm § 38 VwGVG einzustellen.
Bei diesem Ergebnis war der Bf gemäß § 52 Abs 9 VwGVG und § 66 Abs 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht vorzuschreiben.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. W e i ß