LVwG-300612/17/KL/PP

Linz, 28.04.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde des Herrn R.B., x, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P.F., x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 14. Jänner 2014, Ge96-136-2012 und Ge96-136-1-2012 wegen Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (Faktum 1 und 2) nach öffentlicher mündlichen Verhandlung am 15. April 2015

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass im Spruch

-   anstelle der Wortfolge: „mit dem Versetzen eines trapez­förmigen Ziegelfertigteils“ die Wortfolge „mit der Montage von Fertigteilen“ zu treten hat und

die Zitierung des Strafbescheides zu Ge96-88-2008 zu entfallen hat,

-   bei der verletzten Rechtsvorschrift zu Faktum 1 und 2 „§ 130 Abs. 5 Z 1 ASchG“ zu zitieren ist,

-   bei der Verwaltungsstrafnorm zu Faktum 1 und 2 „§ 130 Abs. 5 Einleitung/Wiederholungsqualifikation ASchG“ zu zitieren ist und

-   der Kostenbeitrag „ 230 Euro“ zu betragen hat.

 

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von
460 Euro zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.         Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom
14. Jänner 2014, Ge96-136-2012 und Ge96-136-1-2012, wurde über den Beschwerdeführer und die Gesellschaft eine Geldstrafe von 1. 800 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden) und 2. 1.500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 130 Abs. 5 Z 1 und
§ 118 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG iVm 1. § 58 Abs. 2a erster Satz Bauarbeiterschutzverordnung – BauV und 2. §§ 58 Abs. 3 und 7 Abs. 2 Z 4 Bauarbeiterschutzverordnung – BauV verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der m. h. I. GmbH mit Sitz in M., x, Folgendes verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten hat:

 

Wie vom Arbeitsinspektorat Linz am 4. September 2012 bei einer Unfallerhebung dienstlich festgestellt und fotografisch dokumentiert wurde, hat die m. h. I. GmbH auf der Baustelle in T., x, Haus Top 1 und Top 2, Parz. Nr. x dort mehrere Arbeitnehmer mit dem Versetzen eines trapezförmigen Ziegelfertigteils für die Herstellung der Zwischenmauer zwischen Haus Top 1 und Top 2 beschäftigt und dabei nicht dafür gesorgt, dass

 

1.     die Gerüstlage mindestens 60 cm breit ist – die Breite der Gerüstlage, von der aus Montagearbeiten durchgeführt wurden, betrug zirka 50 cm
(2 Pfosten);

 

2.     diese Gerüstlage mit Wehren gemäß § 8 BauV versehen ist, obwohl dort die Absturzhöhe von etwa 2,5 m bis 3,0 m betrug, somit Absturzgefahr nach § 7 Abs. 2 Z 4 der BauV gegeben war (das ist eine Absturzgefahr an über § 7 Abs. 2 Z 1 bis 3 Bau V hinausgehenden Arbeitsplätzen, Stand­plätzen und Verkehrswegen bei einer Absturzhöhe von mehr als 2,0 m).

      Der Sonderfall des § 58 Abs. 3 zweiter Satz BauV war nicht gegeben.

 

2.         Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens bean­tragt. Begründend wurde zum Sachverhalt ausgeführt, dass der Beiziehung eines Bausachverständigen nicht Folge geleistet worden sei, und die beantragten Einvernahmen nicht erfolgt seien. Die Gerüstlage habe sehr wohl eine Breite von 60 cm aufgewiesen und den Bestimmungen entsprochen. Auch habe die Absturz­höhe im Bereich der Gerüstanlage keine zwei Meter aufgewiesen. Auch sei im Unter­nehmen des Beschwerdeführers ein taugliches Kontrollsystem eingerichtet. Turnusmäßig werden alle 14 Tage die Mitarbeiter des Unternehmens auf die Einhaltung der baurechtlichen Vorschriften geschult und werde täglich die Baustelle durch den zuständigen Bauleiter einer Überprüfung zugeführt. Auch die gegenständliche Baustelle sei am Vorfalltag kontrolliert worden. Die Lieferung der Fertigteilplatten sei gegen 12:00 Uhr vorgesehen gewesen, aus dem Beschwer­deführer nicht zurechenbaren Gründen sei die Anlieferung jedoch zwei Stunden zu früh erfolgt und habe sehr rasch die Gerüstanlage fertig gestellt werden müssen. Bereits vor Fertigstellung der Gerüstanlage habe der Kranführer mit seinen Arbeiten begonnen, ohne auf die Einwände der Mitarbeiter des Beschwer­deführers Rücksicht zu nehmen.

 

3.         Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land als belangte Behörde hat die Beschwerde samt den bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem OÖ. Landes­verwaltungsgericht mit 18. Februar 2015 vorgelegt. Die behauptete Verletzung von Verfahrensvorschriften und unrichtigen Sachverhaltsfeststellungen sowie die behauptete unrichtige rechtliche Beurteilung liege nicht vor. Es wurde daher die Abweisung der Beschwerde beantragt.

 

4.         Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 15. April 2015, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden und mit Ausnahme der belangten Behörde erschienen sind. Weiters wurden die Zeugen DI A.H. und H.G. geladen und einvernommen. Der Zeuge G.B. konnte nicht geladen werden, da eine ladungsfähige Adresse nicht bekannt ist und nicht ausgeforscht werden konnte.

 

4.1.      Folgender Sachverhalt steht aufgrund des Beweisverfahrens als erwiesen fest und wird der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

Auf der Baustelle in T., x, Haus Top 1 und 2, Parz. Nr. x, Doppelreihenhaus, ist ein Arbeitnehmer der m. h. I. GmbH mit Sitz in M., x, beim Versetzen eines trapezförmigen Ziegelfertigteils zur Herstellung der Zwischenmauer zwischen Haus 1 und 2 am 3. September 2012, verunfallt.

Die diesbezügliche Unfallerhebung fand am 4. September 2012 auf der Baustelle durch das Arbeitsinspektorat Linz, DI H., statt und wurde dabei festgestellt, dass auch am 4. September 2012 Arbeitnehmer der m. h. I. GmbH beim Haus Top 1 und 2 ebenfalls wieder mit den Montage­arbeiten von Fertigteilen, nämlich dem Versetzen von Ziegelfertigteilen für die Zwischenmauer, Giebelmauer, beschäftigt waren. Dabei wurde ein Gerüst verwendet, welches lediglich die Breite von zwei Pfosten zu je 25 cm, also insgesamt zirka 50 cm als Gerüstlage aufwies. Das Gerüst war mit keinen Wehren versehen, obwohl Absturzgefahr bestand und die Absturzhöhe mehr als 2,5 m betrug. Das Gerüst wurde unverändert wie am 3. September 2012 auch am 4. September 2012 verwendet. Die Wehren wurden deshalb nicht angebracht weil sie beim Aufstellen der Wände hinderlich gewesen wären. Der Gerüstbelag befand sich in Raumhöhe des Obergeschoßes und, da noch eine Ziegellage fehlte, etwa in zirka 2,5 bis 2,7 m Höhe.

Der Beschwerdeführer ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der m. h. I. GmbH.

Zuständiger Bauleiter war G.B. Dieser hat die Baustellen jeweils bei der Baubesprechung auch kontrolliert, ob Anweisungen eingehalten wurden. Die konkrete Baustelle hat er am vorausgegangenen Freitag gesehen und keine Beanstandungen vorgenommen. Zu diesem Zeitpunkt war sie hinsichtlich Gerüst und Wehren schon so eingerichtet, wie das Gerüst dann auch am Montag
3. September und am Dienstag 4. September 2012 verwendet wurde. Bei der Besichtigung am Freitag durch Herrn B. war ein Schutzgeländer bzw. eine Umwehrung kein Thema. Am 3. und 4. September 2012 bis zur Kontrolle durch die Arbeitsinspektion war der Bauleiter nicht auf der Baustelle. Es hat daher keine diesbezüglichen konkreten Anweisungen gegeben. Der zuständige Vorarbeiter hat, da Umwehrungen eher hinderlich gewesen wären, selber ent­schieden, dass keine Umwehrungen angebracht werden. Der zuständige Vorarbeiter ist dann auch am 3. September 2012 verunfallt und wurde schwer verletzt. Er war 23 Jahre als Maurer tätig. Nunmehr ist er nicht mehr bei der Firma m. h. I. GmbH beschäftigt.

Der Beschwerdeführer wurde von den Arbeitnehmern auf der Baustelle nicht bewusst wahrgenommen. Am 3. September 2012 war der Beschwerdeführer hingegen nicht auf der Baustelle, wohl aber nach seinen Angaben an dem davor liegenden Samstag, an dem er auch die vorgefertigten Gerüstlagen vorgefunden hat. Nach seinen Angaben hat er am Montag in der Früh dem Bauleiter die Mängel der Gerüstbelege dargetan und die fehlende Umwehrung bemängelt. Der Bauleiter hat die Mängel dem Polier weiter gegeben. Nach dem Unfall am
3. September 2012 bis zum 4. September 2012 war der Beschwerdeführer nicht auf der Bau­stelle. Schutzmaßnahmen bzw. Sicherheitsmaßnahmen werden für spezielle Situationen mit dem Bauleiter besprochen, ansonsten weiß der Vorarbeiter Bescheid und ist vor Ort für die Baustelle verantwortlich. Er entscheidet, welche Schutzmaßnahmen auf der Baustelle getroffen werden. Eine Schulung und Unterweisung erhielt der Vorarbeiter nachweislich am 28. Februar 2011. Dabei werden auch Gerüste und Sicherheitskleidung bzw. persönliche Schutzausrüstung besprochen.

 

4.2.      Dieser Sachverhalt ist aufgrund der im Akt aufliegenden Fotos, die die Situation sowohl vom 3. September als auch vom 4. September 2012 wieder­geben, erwiesen. Weiters ist der Sachverhalt auch aufgrund der einhelligen Zeugenaussagen erwiesen. Diese bestätigen klar und widerspruchslos die aus den Fotos ersichtliche Situation. Insbesondere der einvernommene Vorarbeiter stellte die Arbeitssituation klar und deutlich dar. Er bestätigte sowohl die Absturzhöhe von jedenfalls 2,5 m sowie dass weder eine Umwehrung vorhanden noch die Gerüstlage breiter als 50 cm war. Dazu brachte er vor, dass nach seiner Meinung diese 50 cm Gerüstlagenbreite ausreichte, da anschließend die Breite der Giebelwand zirka 55 cm betrug und an der gegenüberliegenden Seite der Giebeltrennwand ebenfalls eine gleichartige Gerüstlage mit der Breite von 50 cm aufgebracht war. Allerdings wurde zu den genannten Tagen die Giebeltrennwand errichtet und verwendeten die Arbeitnehmer jeweils die genannte Gerüstlage. Weitere Beweise waren hingegen nicht mehr aufzunehmen. Insbesondere war das Ausmessen der Baustelle bzw. die Einhebung der entsprechenden Baupläne bzw. die Beiziehung eines bautechnischen Sachverständigen nicht erforderlich, da sowohl aus den Fotos die Gesamtsituation erkennbar war, als auch aus den Zeugenaussagen klar die Absturzhöhe mit höher als 2 m angegeben und erklärt wurde. Im Übrigen entspricht es auch der Lebenserfahrung, dass die Raumhöhe eines Geschoßes im Rohmaß also ohne Bodenaufbau wie Estrich usw. und auch ohne Putz höher als 2 m ist.

Im Übrigen wurde vom Kontrollorgan eindeutig nachgewiesen, dass die vorge­worfene Baustellensituation auch am 4. September 2012 bestanden hat. Dies war auch Gegenstand des Straferkenntnisses.

           

Die Zeugen wirkten glaubwürdig und haben sich nicht widersprochen. Zweifel an der Glaubwürdigkeit ergaben sich für das OÖ. Landesverwaltungsgericht nicht. Es konnten daher ihre Aussagen, untermauert durch die vorhandenen Fotos, der Entscheidung zugrunde gelegt werden.

 

Laut Mitteilung der Staatsanwaltschaft Linz vom 1. Oktober 2012 wurde das Verfahren zu 43 BAZ 714/12n gemäß § 190 Z 1 erster Fall StPO eingestellt.

 

5.         Hierüber hat das Landesveraltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

5.1.      Gemäß § 130 Abs. 5 Z 1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG (in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung) begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.250 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in nach dem 9. Abschnitt weiter geltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

Gemäß § 118 Abs. 3 ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung (BauV), als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

Gemäß § 58 Abs. 2a Bauarbeiterschutzverordnung – BauV müssen Gerüstlagen mindestens 60 cm breit sein.

Gemäß § 58 Abs. 3 BauV müssen bei Absturzgefahr nach § 7 Abs. 2 Z 2 oder 4 die Gerüstlagen mit Wehren gemäß § 8 versehen sein.

Gemäß § 7 Abs. 2 Z 4 BauV liegt Absturzgefahr an sonstigen Arbeitsplätzen, Standplätzen und Verkehrswegen bei mehr als 2,0 m Absturzhöhe vor.

 

5.2.      Im Grunde des festgestellten Sachverhaltes wurde auf der genannten Baustelle am 4. September 2012 durch Arbeitnehmer der m. h. I. GmbH, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer der Beschwerdeführer ist, Arbeiten durchgeführt und dabei ein Gerüst verwendet, dessen Gerüstlage lediglich eine Breite von 50 cm aufweist und das Gerüst mit keinen Wehren versehen war. Es wurde daher der objektive Tatbestand sowohl zu Faktum 1 als auch Faktum 2 erfüllt. Die Absturzhöhe betrug mindesten 2 m. Dies ergab sich eindeutig aus dem Beweisverfahren. Als verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer hat der Beschwerdeführer gemäß § 9 Abs. 1 VStG die Über­tretungen auch strafrechtlich zu verantworten.

Tateinheit im Sinn nur eines Deliktes liegt hingegen nicht vor, weil nach § 22 VStG, welcher auch im Beschwerdeverfahren anzuwenden war, die Nicht­beachtung eines Gebotes jeweils ein gesondertes Delikt darstellt und gesondert unter Strafe zu stellen ist. Sowohl die Nichterfüllung der Mindestbreite der Gerüstlage als auch das Fehlen der erforderlichen Wehren stellt für sich allein jeweils eine Verwaltungsübertretung dar und war daher mit gesonderter Strafe zu behängen.

 

5.3.      Der Beschwerdeführer bestreitet ein Verschulden und wendet ein Schulungs- und Kontrollsystem ein sowie auch gegenständlich getroffene Anweisungen. Dieses Vorbringen kann den Beschwerdeführer jedoch nicht entlasten.

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, weshalb gemäß § 5 Abs. 1 VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten ausreicht und Fahrlässigkeit ohne weiteres vermutet wird, sofern der Beschwerdeführer keinen Entlastungsnachweis erbringt. Dies hat er durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln und die Stellung konkreter Beweisanträge zu machen.

Beweismittel wurden nicht vorgelegt und konkrete Beweisanträge nicht gestellt. Hinsichtlich des Vorbringens des Beschwerdeführers ist der Beschwerdeführer auf die in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichts­hofes hinzuweisen. Insbesondere reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer „Oberaufsicht" nicht aus. Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. Der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die   Erteilung   entsprechender  Weisungen   und   auf stichprobenartige Überprüfungen genügt nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem (VwGH v. 23.5.2006, 2005/02/0248). Insbe­sondere bemängelt der Verwaltungs­gerichtshof, dass der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft hätte. „Gerade für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb auf Grund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen, hat das entsprechende, vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem Platz zu greifen. Im Beschwerdefall zeigt jedoch das eigenmächtige Verhalten des verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der hg. Judikatur vorhanden war."

Im Sinn dieser Judikatur reichen daher die vom Beschwerdeführer angeführten Schulungen und Unterweisungen nicht aus, sondern es ist auch eine lückenlose Kontrolle dahingehend durchzuführen, dass diese Schulungen und Unterweisungen auch tatsächlich eingehalten werden. Es hätten daher Maßnahmen aufgezeigt und nachgewiesen werden müssen, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. So verlangt der Verwaltungsgerichtshof, dass für die Darstellung eines wirksamen Kontrollsystems es erforderlich ist, aufzuzeigen, welche Maßnahmen im Einzelnen der unmittelbar Übergeordnete im Rahmen des Kontrollsystems zu ergreifen verpflichtet war, um durchzusetzen, dass jeder in dieses Kontrollsystem eingebundene Mitarbeiter die arbeitnehmerschutz­rechtlichen Vorschriften auch tatsächlich befolgt und welche Maßnahmen schließlich der an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende Anordnungs­befugte vorgesehen hat, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, d.h. sicherzustellen, dass die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung arbeitnehmerschutz­rechtlicher Vorschriften auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt also an die unterste Hierarchieebene gelangen und dort auch tatsächlich befolgt werden (VwGH v. 30.9.2014, Ra 2014/02/0045).

 

Im Sinne dieser Judikatur konnte der Beschwerdeführer hingegen ein lückenloses Kontrollsystem nicht nachweisen. Insbesondere hat der Sachverhalt ergeben, dass am Unfalltag bzw. am Tattag (4.9.2012) der Beschwerdeführer nicht auf der Baustelle war und keine Kontrolle durchgeführt hatte. Insbesondere hat er fallbezogen nicht kontrolliert, ob die von ihm behauptete am 3. September 2012 vor dem Unfall durchgeführte Bemängelung und Anweisung an den Bauleiter auch tatsächlich ausgeführt wurden. Er hat sich auf der Baustelle nicht mehr vergewissert, ob seine Anweisungen auch eingehalten werden. Darüber hinaus gab der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung selbst an, über die konkreten Bestimmungen hinsichtlich Schutzeinrichtungen nicht Bescheid zu wissen. Darüber hinaus führt auch das Vorbringen des Beschwerdeführer, dass im Übrigen Schulungen des Vorarbeiters vorhanden waren und der Vorarbeiter über die nötigen Sicherheitsbestimmungen Bescheid wisse, nicht zum Erfolg, da der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur auch ausführt, dass es „kein Vertrauen darauf geben kann, dass die eingewiesenen, laufend geschulten und ordnungsgemäß ausgerüsteten Arbeitnehmer die Arbeitnehmerschutzvorschriften einhalten (vgl. auch das Erk. vom 24.5.2013, Zl. 2012/02/0072)“. Hingegen ist entgegenzuhalten, dass der zuständige Bauleiter nach den Angaben des Vorarbeiters noch einige Tage vor Inangriffnahme der Arbeiten das Gerüst und den Gerüstbelag gesehen hat und keine Mängel festgestellt hat und keine Anweisungen hinsichtlich des Gerüstes gegeben hat. Es konnte daher ein lückenloses Kontrollnetz nicht dargelegt werden.

Es war daher von schuldhaftem, nämlich fahrlässigen Verhalten auszugehen.

 

5.4.   Gemäß § 19 Abs. 1 VStG idF. BGBl. I Nr. 33/2013, in Geltung ab 1. Juli 2013, sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des straf­rechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermes­sensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechts­verfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nach­prüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde hat bei ihrer Strafbemessung ein monatliches Nettoein­kommen von 3.000 Euro, die Sorgepflicht für ein Kind und Betriebsvermögen zugrunde gelegt. Weiters hat sie bei der Strafbemessung drei rechtskräftige Vorstrafen als erschwerend gewertet. Sie hat bei der Strafbemessung auch die Dauer des Strafverfahrens berücksichtigt.

 

Zur Strafhöhe hat der Beschuldigte auch in der Beschwerde keine mildernden Umstände vorgebracht. Es sind daher für die Strafbemessung keine zu berücksichtigenden Umstände aufzunehmen. In Anbetracht des Umstandes, dass einschlägige rechtskräftige Vorstrafen bestehen, war vom erhöhten Strafsatz für die Wiederholungstat auszugehen. Entgegen den Ausführungen der belangten Behörde richtet sich aber die Strafe gemäß § 1 VStG nach der zum Tatzeitpunkt geltenden Strafnorm, sofern die durch den Gesetzgeber geänderte Strafnorm nicht für den Beschuldigten günstiger ist. Es ist daher von einem niedrigeren Strafsatz auszugehen. Im Hinblick auf die Tatwiederholungen hingegen waren die je Delikt verhängten Geldstrafen aber noch immer im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens gelegen und daher nicht als überhöht zu bezeichnen. Vielmehr sind die jeweils verhängten Geldstrafen und Ersatzfreiheitsstrafen jedenfalls tat- und schuldangemessen und auch den persönlichen Verhältnissen des Beschuldigten angepasst. Besonders erschwerend war aber – wie auch die Amtspartei vorbrachte – zu berücksichtigen, dass trotz eines Unfalles am Vortag, also am 3. September 2012, die Sicherheitseinrichtungen nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend eingerichtet wurden, sondern unter den gleichen gesetzwidrigen Verhältnissen am 4. September 2012 weiter gearbeitet wurde. Auch fand zwischen Unfall und dem nunmehr unter Strafe gestellten Sachverhalt keine Kontrolle oder Anweisung des Beschwerdeführers statt. Dies spricht für eine erhöhte Sorglosigkeit des Beschwerdeführers. Es war besonders zu berück­sichtigen, dass trotz des schweren Unfalles unter den gleichen Gegebenheiten keine Maßnahmen getroffen wurden, um die Sicherheit der Arbeitnehmer zu gewährleisten. Vielmehr wurde die Sicherheit der Arbeitnehmer bei der Fortsetzung ihrer Tätigkeit wieder in erhöhtem Maße gefährdet. Es kann daher nicht gefunden werden, dass die Geldstrafen und Ersatzfreiheitsstrafen überhöht sind. Sie waren daher zu bestätigen.

Geringfügigkeit des Verschuldens liegt hingegen nicht vor, da das Verhalten des Beschuldigten nicht weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldrechtsgehalt der Tat zurückbleibt. Es fehlt daher an einer kumulativen Voraussetzung nach § 45 Abs. 1 Z 4 VStG. Auch war ein Überwiegen der Milderungsgründe nicht festzustellen und daher nicht mit außerordentlicher Milderung nach § 20 VStG vorzugehen.

 

5.5.   Da die Art der Tätigkeit kein wesentliches Tatbestandsmerkmal ist, konnte eine Richtigstellung des Spruches auch außerhalb der Verfolgungsverjährungs­frist durchgeführt werden.

Die Spruchpunkte B (Haftung der m. h. I. GmbH gemäß § 9 Abs. 7 VStG) und C betreffend Einstellung des Strafverfahrens hinsichtlich eines Faktums wurden nicht bekämpft und sind in Rechtskraft erwachsen.

 

6.      Weil die Beschwerde keinen Erfolg hatte, hat der Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerde­verfahrens in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafen, das sind ins­gesamt 460 Euro, zu leisten.

 

7.     Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Der Entscheidung kommt keine über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu (VwGH 24.4.2014, Ro 2014/01/0014).

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Ilse Klempt