LVwG-600755/13/Kof/BD
Linz, 01.06.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Mag. Josef Kofler über den Antrag des Herrn Mag. M T, geb. 1963, vertreten durch T & F Rechtsanwälte-Partnerschaft, betreffend die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der am 31. März 2015 durchgeführten mündlichen Verhandlung den
B E S C H L U S S
gefasst:
I.
Gemäß § 33 VwGVG wird der Antrag auf Wiedereinsetzung
in den vorigen Stand als unbegründet abgewiesen.
II.
Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs.4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Zu I.:
Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit Straferkenntnis vom
17. Februar 2015, GZ: VerkR96-12667-2014 über den nunmehrigen Antragsteller (ASt) wegen einer näher bezeichneten Verwaltungsübertretung nach
§ 52 lit.a Z10a iVm § 99 Abs.2e StVO eine Geldstrafe – Ersatzfreiheitsstrafe – verhängt und einen Verfahrenskostenbeitrag vorgeschrieben.
Gegen dieses Straferkenntnis hat der ASt innerhalb offener Frist eine begründete Beschwerde erhoben.
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in diesem Verwaltungsstraf-verfahren am 31. März 2015 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt.
Zu dieser mVh sind sowohl der Bf, als auch dessen Rechtsvertreter – trotz rechtzeitiger und ordnungsgemäßer Ladung – unentschuldigt nicht erschienen.
Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 31. März 2015, LVwG-600755/8 wurde die vom ASt erhobene Beschwerde gemäß § 50 VwGVG
als unbegründet abgewiesen.
Der ASt hat mit Eingabe vom 24. April 2015 an das LVwG OÖ. den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt und vorgebracht, er habe eine Rechtsanwaltskanzlei in Linz – im Folgenden „Substitutionskanzlei“ – mit seiner Vertretung bei der oa. mVh beauftragt.
Eine Kanzleimitarbeiterin dieser „Substitutionskanzlei“, Frau BMS habe dem ASt telefonisch zugesagt, dass am 31. März 2015 für die beim LVwG OÖ. anberaumte mVh ein Rechtsvertreter der Substitutionskanzlei teilnehmen werde.
In weiterer Folge habe der ASt am 30. März 2015 – somit am Tag vor der mVh – die Unterlagen an die „Substitutionskanzlei“, Frau BS per E-Mail übermittelt.
Frau BS habe die Unterlagen auch erhalten und in weiterer Folge
an die Rechtsanwaltsanwärterin, Frau Mag. CL übermittelt.
Frau Mag. CL befand sich jedoch am 30. März 2015 in Krankenstand und
hat diese Nachricht nicht rechtzeitig erhalten. –
Dies sei für Frau BS – mangels Abwesenheitsnotiz – nicht erkennbar gewesen.
Aus diesem Grund habe an der am 31. März 2015 beim LVwG OÖ.
durchgeführten mVh kein Rechtsvertreter des ASt teilgenommen.
Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Richter (Art. 135 Abs.1 1.Satz B-VG) erwogen:
Der ASt ist selbständiger Rechtsanwalt und wird von „seiner Rechtsanwalts-kanzlei“ vertreten. –
Im gegenständlichen Verfahren betreffend die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist eine mVh nicht erforderlich, da der ASt diese nicht beantragt hat;
VwGH vom 28.04.2004, 2003/03/0017
Das Verschulden eines als Substituten des bevollmächtigten Rechtsanwaltes
und damit als Vertreter der Partei selbst einschreitenden Rechtsanwalts ist dem Verschulden der Partei gleichzuhalten;
VwGH-Beschluss vom 28.03.2008, 2008/12/0031 mit Vorjudikatur.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs trifft
das Verschulden des Parteienvertreters die von diesem vertretene Partei.
Dabei stellt ein einem Rechtsanwalt widerfahrendes Ereignis einen Wiedereinsetzungsgrund für die Partei nur dann dar, wenn dieses Ereignis für den Rechtsanwalt selbst unvorhergesehen oder unabwendbar war und es sich hiebei höchstens um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Ein bevollmächtigter Vertreter hat die Organisation seines Kanzleibetriebes
so einzurichten, dass auch die richtige Vormerkung und Wahrnehmung von Terminen und damit die fristgerechte Setzung von Prozesshandlungen nach menschlichem Ermessen gesichert ist.
Der Wiedereinsetzungswerber – oder sein Vertreter – darf nicht die im Verkehr mit Gerichten und Verwaltungsbehörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und demnach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben; dabei ist an rechtskundige Personen ein strengerer Maßstab anzulegen als an rechtsunkundige oder bisher noch nie an einem gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen;
Die Einhaltung von Fristen erfordert größtmögliche Sorgfalt. VwGH – Beschluss vom 18.09.2013, 2013/03/0094 mit zahlreichen Judikaturhinweisen.
Im vorliegenden Fall hat der ASt bzw. „seine Rechtsanwaltskanzlei“ mit einer Mitarbeiterin, nicht jedoch mit einem Rechtsanwalt/einem Rechtsanwaltsanwärter der Substitutionskanzlei telefoniert.
In der Substitutionskanzlei ist/sind nur ein Rechtsanwalt oder allenfalls ein Rechtsanwaltsanwärter – nicht jedoch alle übrigen Mitarbeiter – berechtigt, einen derartigen Auftrag anzunehmen –
hier Teilnahme an der vom LVwG OÖ. für den 31. März 2015 anberaumten mVh.
Dass der ASt bzw. „seine Rechtsanwaltskanzlei“ – noch dazu am Tag vor der mVh – nur mit einer Mitarbeiterin, nicht jedoch mit einem dafür zuständigen Rechtsanwalt oder Rechtsanwaltsanwärter in der Substitutionskanzlei Kontakt aufgenommen hat, ist als grobe Fahrlässigkeit zu werten.
Die Mitarbeiterin in der Substitutionskanzlei, Frau BMS, welche dem ASt die Zusage gab, an der mVh werde ein Rechtsvertreter teilnehmen, hat somit eigenmächtig gehandelt – dies wird ebenfalls als grobe Fahrlässigkeit gewertet.
Die Mitarbeiterin in der Substitutionskanzlei, Frau BS, hat am Tag vor der mVh den Auftrag an die Rechtsanwaltsanwärterin, Frau Mag. CL, weitergegeben, ohne sich zu überzeugen, dass dieser Auftrag Frau Mag. CL tatsächlich erreicht und auch angenommen wird. –
dies ist wiederum als grobe Fahrlässigkeit zu werten.
Zusammengefasst liegen betreffend den Antrag auf Wiedereinsetzung
in den vorigen Stand insgesamt drei Fälle von „grober Fahrlässigkeit“ vor:
· Der ASt – dieser ist selbständiger Rechtsanwalt – bzw. „seine Rechtsanwalts-kanzlei“ haben am Tag vor der mVh nur mit einer Mitarbeiterin, nicht jedoch mit einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwaltsanwärterin in der Substitutionskanzlei telefoniert und sich nicht davon überzeugt, dass eine „befugte Person“ diesen Auftrag tatsächlich annimmt.
· Die Mitarbeiterin in der Substitutionskanzlei hat den Auftrag angenommen, obwohl diese dazu gar nicht berechtigt war – dies obliegt ausschließlich einem Rechtsanwalt oder allenfalls einem Rechtsanwaltsanwärter.
· Die Mitarbeiterin in der Substitutionskanzlei hat den Auftrag an eine Rechtsanwaltsanwärterin – diese war im Krankenstand – weitergegeben, ohne sich zu vergewissern, dass dieser Auftrag ankommt und angenommen wird.
Der Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war somit gemäß § 33 VwGVG als unbegründet abzuweisen.
Zu II.:
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage iSd
Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung.
Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim VfGH und/oder einer außerordentlichen Revision beim VwGH.
Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision
müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung
einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim VwGH einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Josef Kofler