LVwG-550429/15/Wg - 550430/2

Linz, 07.05.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Mag. Wolfgang Weigl über die Beschwerde des P. W. und des M. W., beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W. M. P., x, x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 10. Dezember 2014,
GZ: WR10-330-2013, betreffend Zurückweisung eines Entschädigungsantrages gemäß § 68 Abs. 1 AVG (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde M.),

 

I.         folgenden Beschluss gefasst: Die Beschwerde des M. W. wird gemäß § 31 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) zurückgewiesen.

 

II.       sowie zu Recht erkannt: Der Beschwerde des P. W. wird stattgegeben. Der bekämpfte Bescheid wird hinsichtlich der Zurückweisung des Entschädigungsantrages des P. W. behoben und die Angelegenheit insoweit zur Sachentscheidung an die Bezirkshauptmann­schaft Vöcklabruck zurückverwiesen.

 

III.     Gegen Spruchabschnitt I. ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4
B-VG unzulässig. Gegen Spruchabschnitt II. ist die ordentliche Revision dagegen zulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.           Sachverhalt:

 

1.1.      P. W. ist im verfahrensgegenständlichen Bereich der x (km x und x) Fischereiberechtigter. M. W. ist nicht Fischereiberechtigter, sondern „Bewirtschafter“.

 

1.2.      Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck (im Folgenden: belangte Behörde) erteilte der mitbeteiligten Partei (mP) in Spruchabschnitt I. des Bescheides vom 16. Dezember 2013, GZ: WR10-330-2013, gemäß §§ 12, 15, 33d, 41 ff u.a. des Wasserrechtsgesetzes (WRG) iVm der Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich, Sanierungsprogramm für Fließgewässer die wasserrechtliche Bewilligung für die Herstellung der Durchgängigkeit der Sohlrampen bei km x und x an der x bei Einhaltung näher genannter Nebenbestimmungen. Eine Entschädigung des Fischereiberechtigten wurde nicht festgesetzt. In Auflagepunkt 30. wurde aber angeordnet: „Zur Ermittlung des allfälligen fischereiwirtschaftlichen Nachteiles durch den Entfall der x ist mindestens 1 Jahr nach Abschluss der Bauarbeiten im gleichen Abschnitt (siehe Pkt. 12.) eine elektronische Beweissicherung mit Erhebung des Fischbestandes vorzunehmen. Die allfällige Differenz der beiden Befischungen ist als Grundlage für die Ermittlung der Fischereientschädigung heranzuziehen.“ Die wasserrechtliche Bewilligung ist mit dem Erkenntnis des Oö. Landesverwal­tungsgerichtes vom 1. September 2014, GZ: LVwG-550147/38/Wg/AK und LVwG-550148/37/Wg/AK, in Rechtskraft erwachsen.

 

1.3.      Zwischenzeitig - noch während des vor dem Oö. Landesverwaltungs­gericht  anhängigen Beschwerdeverfahrens - hatten P. und M. W. mit Eingabe vom 4. August 2014 bei der belangten Behörde den Antrag gestellt, den Bescheid „zu WR10-330-2013“ im Sinne des § 15 iVm § 117 WRG zu ergänzen und über die zustehende Entschädigung abzusprechen.

 

1.4.      Die belangte Behörde wies dieses Ansuchen mit Bescheid vom
10. Dezember 2014, GZ: WR10-330-2013, gemäß § 68 Abs. 1 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) iVm dem Bescheid vom
16. Dezember 2013 sowie dem Erkenntnis des Oö. Landesverwaltungsgerichtes vom 1. September 2014 wegen entschiedener Sache zurück, weil mit der erwähnten Auflage Nr. 30 eine negative Entschädigungsfestsetzung vorliege.

 

1.5.      Dagegen richtet sich die Beschwerde vom 2. Februar 2015. Begründend wird darin zusammengefasst argumentiert, die von der belangten Behörde vertretene Auffassung, eine „Nichtfestsetzung“ unterliege der sukzessiven Gerichtszuständigkeit, sei unzutreffend. Die belangte Behörde hätte über den Antrag auf Entschädigung eine Sachentscheidung treffen müssen. 

 

1.6.      Das Oö. Landesverwaltungsgericht wahrte unter Hinweis auf das Erkennt­nis des Verfassungsgerichtshofes vom 11. März 2015, GZ: E 1193/2014-15, das Parteiengehör. Daraufhin präzisierte P. W. seine Beschwerde. Er beantragt die Behebung des bekämpften Bescheides und Zurückverweisung seines Entschädigungsantrages zur Sachentscheidung.  Die Bf verzichteten unter Zugrundelegung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom
11. März 2015  auf die Durchführung einer Verhandlung, was mP und belangte Behörde zustimmend zur Kenntnis nahmen.

 

2.           Beweiswürdigung:

 

2.1.      zu 1.1.: Unstrittig ist, dass P. W. im verfahrensgegen­ständlichen Bereich der x Fischereiberechtigter ist. M. W. ist nicht Fischereiberechtigter, sondern „Bewirtschafter“.

 

2.2.      zu 1.2. bis 1.6.: Der relevante Sachverhalt beschränkt sich im Übrigen auf die Darstellung des Verfahrensablaufes und des Parteivorbringens.

 

3.           Rechtliche Beurteilung:

 

3.1.      Der maßgebliche Sachverhalt (1.) ergibt sich bereits aus dem Akteninhalt und ist unstrittig. Im Einverständnis der Parteien (§ 24 Abs. 3 letzter Satz VwGVG) wurde keine Verhandlung durchgeführt.

 

3.2.      Zur Beschwerde des M. W. (Spruchabschnitt I.):

 

3.2.1. Das Fischereirecht ist das ausschließliche Recht, in jenen Gewässern, auf die sich dieses Recht räumlich erstreckt (Fischwässer), Fische, Muscheln und Krustentiere u.a.m. zu hegen und zu fangen (so - u.a. - OGH 9.11.1899,
GlUNF 745). Fischwässer sind für die Fischereibewirtschaftung geeignete natürliche oder künstliche Gerinne und Wasseransammlungen; das Vorhan­densein von Fischen allein macht ein Gewässer noch nicht zum Fischwasser. Nicht als Fischwässer gelten i.d.R. Quellabflüsse, Zierteiche, Fischzuchtanlagen u.dgl. Der Fischereiberechtigte muss nicht auch zur Fischereiausübung berechtigt sein. Den Schutz des § 15 Abs. 1 genießt aber nur der Fischereiberechtigte selbst, nicht auch der Fischereiausübungsberechtigte (vgl. Oberleitner/Berger,
WRG-ON 1.02 § 15 Rz 2
).

 

3.2.2. Parteistellung und Beschwerdelegitimation kommt damit nur P. W. als Fischereiberechtigtem zu. M. W. ist nicht Fischerei­berechtigter. Dessen Entschädigungsantrag und Beschwerde sind damit als unzulässig zurückzuweisen.

 


 

3.3.      Zur Beschwerde des P. W. (Spruchabschnitt II.):

 

3.3.1. Die belangte Behörde stützt ihre Rechtsansicht auf die ständige Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur bis 31. Dezember 2013 geltenden Rechtslage (vgl. VwGH vom 10. Juni 1997, GZ: 96/07/0205 u.v.a. und dem folgend das Erkenntnis des Oö. Landesverwaltungsgerichtes  vom
1. September 2014, GZ: LVwG-550147/38/Wg/AK und LVwG-550148/37/Wg/AK, RZ 35). Aus dem zwischenzeitig vorliegenden Erkenntnis des Verfassungsge­richts­hofes vom 11. März 2015, GZ: E 1193/2014-15, ergibt sich für die seit
1. Jänner 2014 geltende Rechtslage aber Folgendes: Einem Bescheid, in dessen Spruch expressis verbis ausschließlich eine wasserrechtliche Bewilligung unter Auflagen erteilt wird, darf aus Rechtsschutzerwägungen keine (implizite) negative Erledigung von Entschädigungsbegehren Betroffener gemäß Abs. 4 leg.cit. unterstellt werden. Die sukzessive Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte setzt gemäß § 117 Abs. 4 WRG 1959 eine "Entscheidung" der Wasser­rechtsbehörde über das Entschädigungsbegehren voraus; für den Fall der Verlet­zung der Pflicht der Wasserrechtsbehörde, über Entschädigungsbegehren zu entscheiden, ist keine Zuständigkeit der Gerichte festgelegt.

 

3.3.2. Weder im Bewilligungsbescheid vom 16. Dezember 2013 noch im Erkenntnis des Oö. Landesverwaltungsgerichtes vom 1. September 2014 wurde eine Entschädigung festgesetzt. Die Behörde hätte daher über den Antrag des P. W. eine Sachentscheidung im Sinne des § 117 WRG treffen müssen.

 

3.3.3. Hat die Behörde einen Antrag zurückgewiesen, dann ist "Sache" eines Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ausschließlich die "Recht­mäßigkeit der Zurückweisung" (VwGH  vom 18. Dezember 2014, 2014/07/0002, 0003 und vom 22. Jänner 2015, GZ: Ra 2014/06/0055).

 

3.3.4. Der präzisierten Beschwerde des P. W. war daher stattzugeben. Der Bescheid vom 10. Dezember 2014 wird - soweit darin sein Entschä­digungs­antrag zurückgewiesen wird - behoben und zur Sachentscheidung an die Behörde zurückverwiesen (vgl. VwGH vom 28. August 2012, GZ: 2012/21/0159).

 

4.           Revision:

 

4.1.      Die ordentliche Revision gegen Spruchabschnitt I. ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des  Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grund­sätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsge­richtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

 

4.2.      In Spruchabschnitt II. weicht das Oö. Landesverwaltungsgericht auf Grund des zitierten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Die ordentliche Revision ist daher zulässig.

 

4.2.1. Die für wasserrechtliche Bewilligungen und damit verbundene Entschä­digungen  in § 117 WRG vorgesehene Abgrenzung von sukzessiver Kompetenz und verwaltungsgerichtlicher Zuständigkeit steht im Einklang mit Art. 94 Abs. 2 B-VG und Art. 83 B-VG. § 117 Abs. 1 WRG ordnet an, in einem Bewilli­gungsbescheid auch über allenfalls zustehende Entschädigungen zu entscheiden. Während die wasserrechtliche Bewilligung mit Beschwerde vor dem Verwaltungs­gericht zu bekämpfen ist, unterliegt die Entschädigungsanordnung gemäß § 117 Abs. 4 WRG der sukzessiven Gerichtszuständigkeit. 

 

4.2.2. Bei der Abgrenzung der Zuständigkeiten stellt es eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar,

·         ob ein - die Beschwerde gegen die wasserrechtliche Bewilligung – abwei­sendes Erkenntnis die Abweisung des Entschädigungsantrages impliziert und in der Folge gemäß der verfassungsrechtlichen Anordnung des Art. 130 f
B-VG vor dem Verwaltungsgerichtshof/Verfassungsgerichtshof oder im Wege der sukzessiven Kompetenz zu bekämpfen wäre

·         oder ob das Erkenntnis vom 1. September 2014 - wie vom Oö. Landes­verwal­tungsgericht angenommen - im Rahmen des durch die Beschwerdeanträge eingeschränkten Prüfungsauftrages (vgl. VwGH vom 27. Jänner 2015,
GZ: Ra 2014/22/0087) als Bestätigung eines Teilbescheides im Sinne des
§ 59 Abs. 1 letzter Satz AVG (vgl. VwGH vom 22. Jänner 2015,
GZ: Ra 2014/06/0055) anzusehen ist, und

·         ob die „Zurückweisung“ eines Entschädigungsansuchens durch die Behörde der sukzessiven Gerichtszuständigkeit unterliegt oder - wie von belangter Behörde, Bf und Oö. Landesverwaltungsgericht angenommen - im öffentlichen Rechtsweg mit Beschwerde zu bekämpfen ist.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen Spruchabschnitt I. besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

Gegen Spruchabschnitt II. besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer ordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzu­bringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesver­waltungs­gericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Wolfgang Weigl