LVwG-300352/14/PY/TK
Linz, 03.06.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Drin. Andrea Panny über die Beschwerde des Herrn D.R., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P.R., x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 14. April 2014, SV96-4-2013, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 15. April 2015
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungs-strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG iVm § 38 VwGVG eingestellt.
II. Gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 14. April 2014, SV96-4-2013, wurden über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 33 iVm § 11 Abs. 1 Z 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. 1955/189 i.d.g.F. vier Geldstrafen in Höhe von je 500 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen in Höhe von je 33 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 200 Euro vorgeschrieben.
Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:
In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen aus, dass im gegenständlichen Fall aufgrund des beschriebenen Sachverhaltes nicht von einem Werkvertrag gesprochen werden könne. Die W.T. GmbH habe die Fa. J.S. OG mit Arbeiten beauftragt und dabei versucht, ein Dienstverhältnis durch einen Werkvertrag zu umgehen. Von einer in sich geschlossenen Einheit könne aufgrund der Angaben des Herrn L. im Zuge der Kontrolle nicht gesprochen werden und sprechen auch die in der Begründung angeführten Punkte der allgemeinen Vertragsbedingungen nicht für das Tätigwerden eines selbständigen Unternehmens. Die von Herrn J.S. OG in Rechnung gestellten Leistungen gehen weit über die vorhandenen Gewerbeberechtigungen hinaus und gehören bereits in das Berufsbild des Stuckateur- und Trockenausbauers. Es stehe somit fest, dass Arbeiten in Auftrag gegeben wurden, die von dem Subunternehmer im Rahmen seiner Gewerbeberechtigung nicht hätten durchgeführt werden dürfen.
Abschließend legt die belangte Behörde ihre für die Strafbemessung maßgeblichen Gründe dar.
2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde vom 15. Mai 2014. Darin wird zusammengefasst vorgebracht, dass den gestellten Beweisanträgen, insbesondere der Einvernahme des Herrn W.E., nicht entsprochen wurden, weshalb Mangelhaftigkeit des Verfahrens in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften vorliege. Des Weiteren wird vorgebracht, dass die im Straferkenntnis angeführten Personen unbeschränkt haftende Gesellschafter der J.S. OG sind und daher aufgrund der Bestimmungen des § 2 Abs. 1 Z 2 GSVG der Pflichtversicherung nach dem GSVG unterliegen. Mit diesem Thema habe sich die belangte Behörde nicht auseinandergesetzt, weshalb das Ermittlungsverfahren jedenfalls mangelhaft blieb. Nicht richtig seien die Ausführungen der belangten Behörde, wonach die Entlohnung der durchzuführenden Arbeiten erst kurzfristig vor Ort besprochen wurde. Es wurde vielmehr bereits im Auftrag bzw. in dem gemäß dem Auftrag beiliegenden Leistungsverzeichnis die Einheitspreise für die von der J.S. OG zu erbringenden Leistungen genau festgelegt. Die Abrechnung widerspreche in keiner Weise dem Vorliegen eines Werkvertrages. Auch der Umstand, dass einem der Mitarbeiter der Fa. J.S. OG die Tätigkeit vor Ort gezeigt wurde, könne nicht zwingend abgeleitet werden, dass kein Werkvertrag vorliege. Insbesondere übersieht die belangte Behörde, dass der Auftrag nicht den einzelnen Personen, sondern der J.S. OG erteilt wurde, die die Mitarbeiter frei wählen konnte. Die Bekanntgabe der ausgewählten Mitarbeiter an die Fa. W.T. GmbH diente dazu, um überprüfen zu können, ob die auf der Baustelle anwesenden Personen zum Aufenthalt auf der Baustelle berechtigt sind, deren Auswahl oblag jedoch immer der J.S. OG. Auch die Durchführung von Baubesprechungen könne keinesfalls als Indiz für ein Dienstverhältnis und Nichtvorliegen eines Werkvertrages gewertet werden. Die belangte Behörde hebt einige Punkte aus den allgemeinen Vertragsbedingungen hervor, lasse andere jedoch weitgehend unbeachtet. Obwohl eindeutig sämtliche Merkmale eines Werkvertrages erfüllt sind, versuche die belangte Behörde das Nichtbestehen eines Werkvertrages abzuleiten.
Zudem wird eingewendet, dass die örtliche Zuständigkeit der Oö. Gebietskrankenkasse nicht gegeben ist, diese richte sich nach dem Beschäftigungsort der Versicherten und habe die belangte Behörde keinerlei Feststellungen getroffen, wo die vier Personen tätig waren und wurde bereits im Rahmen der Rechtfertigung vorgebracht, dass diese bei Bauvorhaben u.a. in W. beschäftigt wurden.
Abschließend wird vorgebracht, dass durch die Abfassung des Spruches der belangten Behörde ein Dauerdelikt vom 23. Juli 2012 bis zum Datum des Straferkenntnisses, dem 14. April 2014 vorgeworfen wird, obwohl hinsichtlich dieses Zeitraumes keinerlei Feststellungen getroffen wurden.
3. Mit Schreiben vom 28. Mai 2014 legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Landesverwaltungsgericht vor. Dieses ist zur Entscheidung gemäß § 2 VwGVG durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin berufen.
4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 15. April 2015. An dieser haben der Bf mit seinem Rechtsvertreter, eine Vertreterin der belangten Behörde sowie ein Vertreter der am Verfahren beteiligten Organpartei teilgenommen. Als Zeugen wurden der Kontrollbeamte der Finanzpolizei Herr M.-K., Herr L.J. sowie Herr W.E. einvernommen.
4.1. Das Landesverwaltungsgericht geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:
Der Bf ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der W.T. GmbH mit Sitz in A., x (in der Folge: Fa. W.). Das Unternehmen ist in den Sparten Stuckateur und Trockenbau, Kälte-, Wärme-, Schallisolierungen sowie Tischlergewerbe tätig und beschäftigt rund 45 Mitarbeiter/innen. Für die termingerechte Bauabwicklung sind die vier im Unternehmen beschäftigten Bauleiter, die kostenstellenverantwortlich sind, berechtigt, Ausführungsarbeiten an Subunternehmer weiterzugeben. Dafür liegen in der Firma Standardvereinbarungen mit allgemeinen Vertragsbedingungen auf. In diesen werden insbesondere die jeweiligen Auftragnehmer, Leistungsverzeichnisse, die vorgesehenen Ausführungsdaten, das Bauvorhaben sowie die Auftragssumme festgelegt. Die Subunternehmer werden zudem verpflichtet der Fa. W. die auf den Baustellen eingesetzten Monteure bekanntzugeben. In den allgemeinen Vertragsbedingungen ist zudem enthalten, dass eine Weitergabe der Arbeiten an Subunternehmer nur in Sonderfällen mit ausdrücklicher schriftlicher Genehmigung erfolgen darf und die Subfirmen nach außen nur nach ausdrücklicher Genehmigung in Erscheinung treten dürfen. Des Weiteren enthalten die allgemeinen Vertragsbedingungen unter Punkt 6. den Passus, dass das Subunternehmen an die Fa. W. oder deren Vertreter bzgl. des herzustellenden Gewerks weisungsgebunden und verpflichtet ist, nach Aufforderung der
Fa. W. der Anzahl ihrer Monteure zu verstärken. Des Weiteren müssen Gewerbescheine, Firmenbuchauszug der Subunternehmer, die entsprechenden Finanzamtsbestätigungen sowie Bestätigungen der Gebietskrankenkasse vorgelegt werden. Beistellung von Baustelleneinrichtungen erfolgt zu den Bedingungen der entsprechenden Baustellenordnung. Werkzeuge, Leitern, Gerüste etc. sind von den Subunternehmern beizustellen und in den Einheitspreisen enthalten. Zudem werden Haftungs- und Pönalstrafen festgelegt und der Abrechnungsmodus vereinbart.
Im Juli 2012 schloss Herr W.E., Bauleiter der Fa. W., mit der
Fa. J.S. OG, x, x, namens der Fa. W. einen Auftrag zur Herstellung von Trockenbauarbeiten beim Bauvorhaben B. über eine Auftragssumme von ca. 4.000 Euro, exkl. MwSt. ab. Als Ausführungsfrist wurde Juli 2012 bis September 2012 festgelegt. Als verantwortlicher Vorarbeiter für die Dienst- und Fachaufsicht der Fa. J. wurde Herr L.J. benannt. Als ausführende Monteure wurden Herr L.L., Herr T.K., Herr R.K. und Herr D.F. angeführt. Bei diesen Personen handelt es sich um unbeschränkt haftende Gesellschafter der Fa. J. Die Fa. J. verfügt über eine Gewerbeberechtigung für das Gewerbe „Verspachteln von Decken und Wände aller Art“ sowie „Aufstellen und Montieren von mobilen, statisch belanglosen Trenn- und Ständerwänden“. Die von der Fa. J. mit der Fa. W. abgerechneten Arbeiten umfassten über die Gewerbeberechtigungen hinausgehende Tätigkeiten des reglementierten Gewerbes „Stuckateur- und Trockenausbauer, eingeschränkt auf Trockenausbau“. Eine Zusammenarbeit zwischen Mitarbeiter der Fa. W. und der Fa. J. fand nicht statt. Des Weiteren ist nicht zweifelsfrei feststellbar, dass seitens der Fa. W. eine über die Überprüfung der ordnungsgemäßen Erfüllung der vereinbarten Leistung hinausgehende Beaufsichtigung und Leitung der von der Fa. J. eingesetzten Monteure durch die Fa. W. vorlag. Den Monteuren der Fa. J. wurde ein Plan übergeben, auf dem der von ihnen zu errichtende Bauabschnitt gekennzeichnet war. Das erforderliche Material wurde von der Fa. W. beigestellt, das Werkzeug stellte die Fa. J. Abgerechnet wurde nach Abmaß der tatsächlichen Ausführung aufgrund zuvor festgelegter Laufmeter oder Quadratmeterpreise sowie Regiestunden.
4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom 15. April 2015. Das erkennende Mitglied des Landesverwaltungsgerichtes verkennt nicht, dass die im Beweisverfahren getätigten Aussagen des Bf sowie seines Bauleiters und des Vertreters der
Fa. J. teilweise von jenen Angaben abweichen, die bei der Erstbefragung des Vertreters der Fa. J. durch die Finanzpolizei hervorgekommen sind. Dazu ist jedoch anzuführen, dass auch das befragte Kontrollorgan einräumte, dass bei einzelnen Fragestellungen der konkret gemeinte Sinngehalt beim Befragten möglicherweise nicht erkennbar war. Dem gegenüber schilderten sowohl der Bf als auch der zuständige Bauleiter und der vor dem Landesverwaltungsgericht befragte Zeuge L.J. schlüssig und nachvollziehbar den Ablauf des Geschehens. Aus den von ihnen geschilderten gelebten Vertragsverhältnissen ist jedoch nicht ableitbar, dass die im Straferkenntnis angeführten Personen bei ihrer Tätigkeit in persönlicher oder wirtschaftlicher Abhängigkeit zum vom Bf vertretenen Unternehmen tätig wurden. Insbesondere der Zeuge J. vermittelte bei seiner Befragung einen sehr glaubwürdigen Eindruck und schilderte die Abläufe entsprechend dem tatsächlichen Geschehen. In Zusammenschau seiner Angaben sowie der Aussagen des Zeugen E. sowie des Bf kann weder ein Zusammenwirken des Personals der Fa. W. mit der Fa. J. auf der Baustelle, noch eine laufende Beaufsichtigung und Anleitung der Arbeitnehmer der Fa. J. durch die Fa. W. festgestellt werden. Es kam auch nicht hervor, dass die Fa. W. individuelle Maßnahmen gegen die Arbeiter der Fa. J. erlassen konnte. Auch der Umstand, dass die zwischen den beiden Unternehmen abgerechneten Arbeiten – nach Angabe der Wirtschaftskammer – über die vorliegenden Gewerbeberechtigungen der Fa. J. hinausgingen und eigentlich Trockenbauarbeiten darstellten, sind als Indiz dafür zu werten, dass von der
Fa. J. eine in sich geschlossene Einheit ausgeführt und zur Abrechnung gebracht wurde.
5. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:
5.1. Gemäß § 4 Abs. 2 erster Satz ASVG ist Dienstnehmer im Sinn dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbstständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.
Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG, haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.
Gemäß § 111 Abs. 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes
- Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder
- Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder
- Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder
- gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.
§ 111 Abs. 2 ASVG besagt: Die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar
- mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,
- bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,
sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf
365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.
Gemäß § 539a Abs. 1 ASVG ist für die Beurteilung von Sachverhalten nach dem ASVG in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (z.B. Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend. Durch den Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten nach bürgerlichem Recht können Verpflichtungen nach dem ASVG, besonderes die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden
(§ 539a Abs .2 ASVG). Ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer, den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre (§ 539a Abs. 3 ASVG).
5.2. Dienstnehmer im Sinn des ASVG ist nach § 4 Abs. 2 ASVG, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber dem Merkmal einer selbständigen Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. Ob bei einer Beschäftigung die Merkmale persönlicher Abhängigkeit des Beschäftigten vom Empfänger der Arbeitsleistung gegenüber jenem persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG gegeben ist, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes davon ab, ob nach dem Gesamtbild dieser konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch diese Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder – wie bei anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung – nur beschränkt ist (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates des VwGH vom 10.12.1986, Slg Nr. 12325/A).
Für das Vorliegen der persönlichen Abhängigkeit sind – im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem arbeitsrechtlichen Verständnis dieses Begriffes – als Ausdruck der weitgehenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch seine Beschäftigung nur seine Bindung an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit engverbundene (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht unterscheidungskräftige Kriterien zur Abgrenzung von anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung, während das Fehlen anderer (im Regelfall freilich auch vorliegender) Umstände (wie z.B. die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein in das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Empfängers der Arbeitsleistung) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt.
Grundvoraussetzung für die Annahme persönlicher Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG und damit eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ist stets die persönliche Arbeitspflicht. Fehlt sie, dann liegt ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht vor. Persönliche Arbeitspflicht ist (u.a.) dann nicht gegeben, wenn demjenigen, dessen Leistungserbringung zu beurteilen ist, eine generelle Vertretungsbefugnis bei Erbringung dieser Leistung eingeräumt ist. Die wirtschaftliche Abhängigkeit, die nach der Rechtsprechung ihren sinnfälligen Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall für den Betrieb wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmitteln findet, ist bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit (VwGH vom 4. September 2013, Zl. 2012/08/0310).
Ein Werkvertrag liegt vor, wenn die Verpflichtung zur Herstellung eines Werks gegen Entgelt besteht, wobei es sich um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit halten muss. Der Werkvertrag begründet grundsätzlich ein Zielschuldverhältnis. Die Verpflichtung besteht darin, die genau umrissene Leistung – in der Regel bis zu einem bestimmten Termin – zu erbringen. Mit der Erbringung der Leistung endet das Vertragsverhältnis. Das Interesse des Bestellers und die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind lediglich auf das Endprodukt als solches gerichtet. Für einen Werkvertrag essentiell ist ein „gewährleistungstauglicher“ Erfolg der Tätigkeit, nach welchem die für den Werkvertrag typischen Gewährleistungsansprüche bei Nichtherstellung oder mangelhafter Herstellung des Werkes beurteilt werden können (VwGH vom 23. Mai 2007, Zl. 2005/08/0003, vom
11. Dezember 2013, Zl. 2011/08/0322).
In Abwägung dieser von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze konnte der Bf im Beschwerdeverfahren darlegen, dass es sich bei den gegenständlichen Arbeiten um Leistungen in Erbringung eines zwischen der Fa. W. und der
Fa. J. abgeschlossenen Werkvertrags handelte. Auch wenn die Tätigkeiten offenbar über den Umfang der vorgelegten Gewerbeberechtigungen der Fa. J. hinausgingen und – wie auch von der Wirtschaftskammer bestätigt wurde – Leistungen des klassischen Trockenbaus abgerechnet (und nach dem Beweisergebnis auch tatsächlich erbracht) wurden, so ändert dieser Umstand nichts daran, dass allein aus dem Tätigwerden über die gewerberechtliche Berechtigung hinaus nicht eine unselbständige Beschäftigung zwingend abzuleiten ist. Vielmehr spricht der Umstand, dass umfangreiche Trockenbauleistungen erbracht wurden, für das Vorliegen eines Werkvertrages. Zudem war festzustellen, dass arbeitsbezogene Weisungen seitens des vom Bf vertretenen Unternehmens an die im Spruch des Straferkenntnisses angeführten Arbeiter nicht erfolgten und sind auch laufende begleitende Kontrollen deren Tätigkeit sowie eine Zusammenarbeit mit Arbeitern der Fa. W. auf der Baustelle nicht hervorgekommen. Des Weiteren konnten auch Bindungen der angeführten Arbeiter an von der
Fa. W. vorgegebene Arbeitszeiten und auch keine sonstige organisatorische Eingliederung der Arbeiter in das vom Bf vertretene Unternehmen festgestellt werden. Im Hinblick auf die von den Zeugen L.J. und W.E. im Wesentlichen übereinstimmend geschilderten gelebten Vertragsverhältnisse auf der Baustelle kann daher der von der belangten Behörde erhobene Tatvorwurf, die angeführten Arbeiter hätten ihre Tätigkeit in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit von der Fa. W. erbracht, nicht weiter aufrecht erhalten werden.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
II. Der Kostenausspruch ist in den angeführten gesetzlichen Bestimmungen begründet.
III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Andrea Panny