LVwG-410285/50/Gf/Mu

Linz, 21.05.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K !

 

 

 

 

Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hat durch seinen Einzelrichter Dr. Alfred Grof über die Beschwerde der A, vertreten durch RA Mag. Z P, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Perg vom 12. Juni 2012, Zl. Pol96-102/1-2012, wegen einer Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz

 

 

 

z u  R e c h t  e r k a n n t :

 

 

 

I.          Der Beschwerde wird gemäß § 50 VwGVG stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

 

II.         Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

 

 


 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I.

 

Vorgängiges Behörden- und Verwaltungsgerichtsverfahren

 

 

1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Perg vom 12. Juni 2012, Zl. Pol96-102/1-2012, wurde die im Zuge einer am 29. März 2012 in einem Lokal in x von Organen des Finanzamtes Linz durchgeführten Kontrolle angeordnete vorläufige Beschlagnahme von fünf Glücksspielgeräten (vier sog. „Auftragsterminals“ und ein sog. „Fun-Wechsler“) gemäß § 53 Abs. 1 Z. 1 lit. a i.V.m. § 52 Abs. 2 und i.V.m. § 53 Abs. 3 des Glücksspielgesetzes, BGBl 620/1989 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl I 76/2012 (im Folgenden: GSpG) angeordnet.

 

Dagegen hat u.a. die Beschwerdeführerin rechtzeitig eine Beschwerde an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (im Folgenden: UVS ) erhoben.

 

2. Mit Schriftsatz vom 10. August 2012 hat der UVS gemäß Art. 267 AEUV einen Vorlageantrag an den Gerichtshof der Europäischen Union (im Folgenden: EuGH) gestellt und u.a. auch das gegenständliche Beschwerdeverfahren bis zur Erledigung dieses Antrages unterbrochen.

 

Mit Urteil vom 30. April 2014, C-390/12, hat der EuGH über diesen Vorlageantrag entschieden.

 

3. Im fortgesetzten Verfahren hat das – nunmehr gemäß Art. 130 Abs. 1  Z. 1 B‑VG zuständige – Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich (im Folgenden: LVwG ) mit Erkenntnis vom 8. Mai 2014, LVwG-410269/6/Gf/Rt und LVwG-410285/4/Gf/Rt, der vorliegenden Beschwerde stattgegeben und den angefochtenen Bescheid aufgehoben.

 

Dagegen hat der Bundesminister für Finanzen eine Amtsrevision an den (Verwaltungsgerichtshof (im Folgenden: VwGH) erhoben.

 

4. Mit Erkenntnis vom 20. Jänner 2015, Zln. Ro 2014/17/0118 u. 0119, hat der VwGH dieser Revision stattgegeben und das Erkenntnis des LVwG vom 8. Mai 2014 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

 

In Bindung an die in diesem VwGH-Erkenntnis (i.V.m. den Erkenntnissen vom 15. Dezember 2014, Zl. Ro 2014/17/0121, und vom 7. Oktober 2013, Zl. 2012/17/0507) geäußerte Rechtsansicht war daher das gegenständliche Beschwerdeverfahren fortzusetzen.

 

 

 

II.

 

Fortgesetztes Verfahren – Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung

 

 

Davon ausgehend hat das LVwG am 29. April 2015 eine öffentliche Verhandlung durchgeführt, zu der AD D F als Vertreter der Amtspartei (Finanzamt Linz) sowie die Zeugin M G (Finanzpolizei Linz) erschienen sind.

 

1. Im Zuge dieser Verhandlung wurde folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

 

1.1. Zwecks Klärung der Zuständigkeit der belangten Behörde zur Erlassung des angefochtenen Bescheides wurden die Verfahrensparteien mit hg. Schreiben vom 18. Februar 2015 vorweg dazu aufgefordert, sich dazu zu äußern, ob an einem oder sämtlichen der hier gegenständlichen fünf Glücksspielgeräte ein den Betrag von 10 Euro übersteigender Einsatz pro Spiel möglich war und/oder mit diesen vorsätzlich Serienspiele veranlasst bzw. durchgeführt werden sollten.

 

1.1.1. In ihrer Stellungnahme vom 3. März 2015, Zln. Pol96-64/1-2012 u. Pol96-102/1-2012, hat die belangte Behörde dazu ausgeführt, dass aufgrund der do. Aktenlage nicht festgestellt werden könne, ob ein Spieleinsatz von über 10 Euro pro Spiel möglich gewesen sei. Hinsichtlich der Frage der Möglichkeit von Serienspielen sei in einem Verhandlungsprotokoll des LVwG (vom 28. Jänner 2015 zu LVwG-410438 und LVwG-410439) nach Befragung des Erstbeschwerde-führers festgehalten worden, dass sämtliche seiner Walzengeräte – und sohin wohl auch die verfahrensgegenständlichen – standardmäßig mit einer sog. „Auto-Start“-Taste ausgestattet seien. Allerdings seien in dieser Verhandlung keine Feststellungen zu der Frage getroffen worden, welche Geräte konkret über eine solche Taste verfügen würden.

 

1.1.2. Das Finanzamt Linz hat in seiner Äußerung vom 3. März 2015, Zl. 046/72582/58/2012, unter Hinweis auf die im Zuge der Lokalkontrolle erstellte Dokumentation vorgebracht, dass an allen fünf verfahrensgegenständlichen Geräten jeweils Testspiele mit weniger als 10 Euro Einsatz pro Spiel durchgeführt worden seien und eine Einsatzmöglichkeit von über 10 Euro nicht habe festge-stellt werden können. Bei den vier Auftragsterminals sei jeweils eine funktions-fähige „Auto-Start“-Taste“ vorhanden gewesen; beim fünften Gerät habe es sich hingegen um einen sog. „Fun-Wechsler“ gehandelt, der lediglich mit einem Einsatz von 1,00 Euro habe bespielt werden können und nicht mit einer Serien-spieltaste ausgestattet gewesen sei.

 

1.1.3. Der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin hat in seiner Äußerung vom 10. März 2015 mitgeteilt, dass die Rechtsmittelwerberin schon seit 15 Jahren von ihrer Firma keinen Gebrauch mehr gemacht und dies bereits sowohl der belangten Behörde als auch der Staatanwaltschaft Linz mitgeteilt habe. Außerdem sei sie von der Behörde auch nicht darüber informiert worden, welche konkreten Geräte sichergestellt worden seien. Da die Geräte jedenfalls nicht in ihrem Eigentum stünden, könne sie auch keine Angaben hinsichtlich möglicher Höchsteinsätze etc. machen.

 

In einer ergänzenden schriftlichen Stellungnahme vom 29. April 2015 wurde dieses Vorbringen dahin präzisiert, dass sich an den beschlagnahmten Geräten wohl noch das Firmenlogo der Beschwerdeführerin befunden haben dürfte, sie aber tatsächlich schon seit 15 Jahren – und damit auch zum Vorfallszeitpunkt – keinesfalls mehr Eigentümerin der beschlagnahmten Geräte war.

 

Daher dürfte der angefochtene Bescheid an eine de facto gar nicht betroffene Person ergangen sein.

 

1.1.4. Mit Schriftsatz vom 23. April 2015, Zln. Pol96-64/1-2012 u. Pol96-102/1-2012, hat die belangte Behörde mitgeteilt, dass hinsichtlich der verfahrens-gegenständlichen Geräte ein weiterer Beschlagnahmebescheid – und zwar gegen den Lokalbetreiber (F B) – erlassen wurde (vom 12. Juni 2012, Zl. Pol96-62/1-2012) und dieser von jenem Adressaten unbekämpft geblieben ist; die Beschlagnahmeanordnung sei daher bereits in Rechtskraft erwachsen, sodass die gegenständlichen Beschwerdeverfahren wegen res iudicata einzustellen seien.

 

1.1.5. Die einvernommene Zeugin gab an, dass sie im Zuge der damaligen Kontrolle nur für die Erstellung von Niederschriften zuständig gewesen ist, wobei aus den diesbezüglichen Aufzeichnungen hervorgeht, dass die Geräte jeweils mit Einsätzen von weniger als 10 Euro pro Spiel bespielt wurden; ob auch mit einem höheren Einsatz hätte gespielt werden können, wusste sie nicht.

 

1.1.6. Auf die Einvernahme weiterer Zeugen wurde von der Amtspartei deshalb einvernehmlich verzichtet, weil sich aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 10. März 2015, E 1139/2014, ohnehin zu ergeben scheint, dass der mit BGBl I 13/2014 neu gefassten Anordnung des § 52 Abs. 3 GSpG – entgegen der vom VwGH noch in den Erkenntnissen vom 15. Dezember 2014, Zln. Ro 2014/17/0120 i.V.m. Ro 2014/17/0121, geäußerten Rechtsansicht – auf Grund des in Art. 7 EMRK bzw. Art. 49 EGRC verankerten Günstigkeitsprinzips rückwirkende Kraft zukommt; diese zeitlich später ergangene VfGH-Entscheidung hebt somit nach Ansicht des LVwG die Bindungswirkung der früheren VwGH-Entscheidungen vom 15. Dezember 2014 auf. Im Ergebnis kommt es daher auch im vorliegenden Fall nicht (mehr) darauf an, welcher Höchsteinsatz an den beschlagnahmten Geräten tatsächlich möglich war.

 

2. Insgesamt resultierte daraus, dass die Beschwerdeführerin nach ihrem glaubhaften Vorbringen in keiner rechtlichen Beziehung zu den beschlagnahmten Geräten gestanden, insbesondere nicht deren Eigentümerin ist; dies blieb auch vom Vertreter der Amtspartei unbestritten.

 

 

 

III.

 

Fortgesetztes Verfahren – Rechtliche Beurteilung

 

 

1. Gemäß § 53 Abs. 1. Z. 1 lit. a GSpG (in der im vorliegenden Fall noch maßgeblichen Fassung BGBl I 76/2012) konnte die Behörde u.a. dann die Beschlagnahme von Glücksspielautomaten, von sonstigen Eingriffsgegenständen oder von technischen Hilfsmitteln anordnen, wenn der Verdacht bestand, dass mit solchen Gegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG verstoßen wird.

 

Gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG beging u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und war von der Behörde mit einer Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, der zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen veranstaltete, organisierte oder unternehmerisch zugänglich machte oder sich als Unternehmer daran beteiligte.

 

2. Im vorliegenden Fall hat sich in der öffentlichen Verhandlung ergeben, dass die Rechtsmittelwerberin in keinerlei faktischer oder rechtlicher Beziehung zu den beschlagnahmten Glücksspielautomaten stand; insbesondere ist sie nicht deren Eigentümerin.

 

Damit ließ sich sohin die entsprechend dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt geäußerte Vermutung (eines Vertreters des Lokalinhabers), dass die Beschwerdeführerin entsprechend dem auf einem Gerät angebrachten Aufkleber „Veranstalter (‚Aufsteller‘, ‚Betreiber‘)“ war (vgl. S. 3 des Aktenvermerkes des Finanzamtes Linz vom 29. März 2012), nicht verifizieren.

 

3. Bei dieser Sachlage konnte die Rechtsmittelwerberin also keine verbotenen Ausspielungen i.S.d. § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG veranstaltet haben, sodass auch kein begründeter Verdacht dahin, dass sie eine Übertretung dieser Bestimmung begangen hatte, vorlag, weshalb ihr gegenüber kein Beschlagnahmebescheid hätte erlassen werden dürfen.

 

4. Daher war der vorliegenden Beschwerde gemäß § 50 VwGVG stattzugeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.

 

 

 

IV.

 

Revision an den Verwaltungsgerichtshof

 

 

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision nicht zulässig, weil im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, da eine Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes bzw. des Verwaltungsgerichtshofes zu den im vorliegenden Fall zu lösenden Rechtsfragen weder fehlt noch uneinheitlich ist noch mit der gegenständlichen Entscheidung von dieser abgewichen wird.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis kann eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

Gegen dieses Erkenntnis kann innerhalb derselben Frist auch eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden, die durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und beim Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich einzubringen ist; die Eingabegebühr von 240 Euro ist hingegen unmittelbar an den Verwaltungsgerichtshof zu entrichten.

 

 

 

 

Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich

 

 

Dr.  G r o f