LVwG-410584/3/MS/HUE

Linz, 29.04.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Mag. Dr. Monika Süß über die Beschwerde des G M, X, vertreten durch Rechtsanwälte Mag. Dr. G M. P – Mag. Dr. R H. S, X, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 12. Februar 2015, Zl. VStV/914301367494/2014, wegen der Beschlagnahme eines Glücksspielgeräts nach dem Glücksspielgesetz

 

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und die
Beschlagnahme des Gerätes "Afric2Go, Nr. S/N 0533" aufgehoben.

 

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 12. Februar 2015, Zl. VStV/914301367494/2014, der dem Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf), O V s.r.o. und dem Finanzamt zugestellt wurde, wurde wie folgt abgesprochen:

 

"BESCHEID

 

Über die am 03.12.2014 durch Organe des Finanzamtes Grieskirchen-G im Lokal 'T W', X etabliert, gemäß § 53 Abs. 2 GSpG durchgeführte vorläufige Beschlagnahme eines Glücksspielgerätes ergeht von der Landespolizeidirektion Oberösterreich - Polizeikommissariat x gegen die Eigentümer, Inhaber und Veranstalter dieser Glücksspielgeräte folgender

 

SPRUCH

 

Gemäß § 53 Abs. 1 Zi. 1 lit. a Glücksspielgesetz BGBl.Nr. I 73/2010 wird von der Landespolizeidirektion Oberösterreich - Polizeikommissariat x zur Sicherung der Einziehung die Beschlagnahme des vorläufig beschlagnahmten Glücksspielgerätes samt darin befindlichem Geld

 

mit der Gehäusebezeichnung

  •   Afric2go, Nr. S/N0533,

angeordnet.

 

BEGRÜNDUNG

 

Am 03.12.2014 haben Organe der Finanzpolizei des Finanzamtes Grieskirchen-Wels im Lokal ‚T W‘, in X, insgesamt ein Glücksspielgerät gemäß § 53 Abs. 2

 

GSpG vorläufig in Beschlag genommen und Herrn H G eine Bescheinigung über diese Beschlagnahme ausgestellt.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass die Beschlagnahme vorzunehmen war, um sicher zu stellen, dass mit dem genannten Gegenstand nicht fortgesetzt oder wiederholt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG verstoßen wird. Es sei ein Gerät mit der im Spruch angeführten Gehäusebezeichnung betriebsbereit und eingeschaltet vorgefunden worden. Mit diesem Glücksspielgerät wurde seit mindestens 03.12.2014 wiederholt Glücksspiele in Form von vorwiegend elektronischen Glücksrädern durchgeführt. Aufgrund der in Aussicht gestellten Gewinne in der Höhe des jeweils Mehrfachen des gewählten Einsatzes, bestand der Verdacht, dass mit den Geräten durch das Veranstalten von verbotenen Ausspielungen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wurde, weil die dafür erforderliche Konzession des Bundesministerium für Finanzen nicht vorlag. Von den kontrollierenden Organen wurden daher das Glücksspielgerät gemäß § 53 Abs. 3 Glücksspielgesetz vorläufig in Beschlag genommen.

 

Weiters wurde mit der genannten Bescheinigung ein Verfügungsverbot erlassen und wurde das Glücksspielgerät amtlich versiegelt und wurde auf die Straftatbestände des Verstrickungsbruches sowie des Siegelbruches ausdrücklich hingewiesen.

 

Des Weiteren wurde der Eigentümer des Gerätes, der Veranstalter und der Inhaber aufgefordert, sich binnen vier Wochen bei der Landespolizeidirektion Oberösterreich -Polizeikommissariat x, xstraße x, x, zu melden.

Dieser Sachverhalt wurde der Landespolizeidirektion Oberösterreich - Polizeikommissariat x mit der erwähnten Bescheinigung sowie einer Niederschrift mit H G am 04.12.2014 übermittelt.

 

Zur Einleitung des Beschlagnahmeverfahrens nach § 53 Abs. 3 GSpG hat die Landespolizeidirektion Oberösterreich - Polizeikommissariat x mit Schreiben vom 11.12.2014 den Organen der Finanzpolizei beim Finanzamt Grieskirchen-Wels den Auftrag erteilt, den Eigentümer, Inhaber und Veranstalter für die vorläufig beschlagnahmten Glücksspielgeräte festzustellen und zu befragen.

Diesem Auftrag sind die Organe der Finanzpolizei beim Finanzamt Grieskirchen - Wels trotz Urgenz vom 15.01.2015 nicht nachgekommen

 

Mit Schreiben vom 16.12.2014 hat die Rechtsanwaltskanzlei Mag. Dr. G M. P und Mag. Dr. R H. S bekannt gegeben, dass G M, X, wh. x, Eigentümer des gegenständlichen Glücksspielgerätes sei und ersucht, alle Schriftstücke zu Händen des ausgewiesenen Vertreters zu senden. Mit den gegenständlichen Glücksspielgeräten könnten keine verbotenen Ausspielungen erfolgen und es handle sich um keine Glücksspielapparate.

 

Es waren keine weiteren Verfahrensschritte notwendig, zumal die Aktenlage als ausreichend für die Entscheidung der Behörde anzusehen war.

 

Die Landespolizeidirektion Oberösterreich - Polizeikommissariat x hat folgende rechtliche Beurteilung vorgenommen:

 

Gemäß § 1 Abs. 1 Glücksspielgesetz ist ein Glücksspiel im Sinne dieses Bundesgesetzes ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegenden vom Zufall abhängt.

 

Bei den auf dem vorläufig beschlagnahmten Glücksspielgerät angebotenen Spielen handelt es sich um ein elektronisches Glücksrad. Die Spiele waren deshalb als Glücksspiele im Sinne des § 1 Abs. 1 Glücksspielgesetz anzusehen, weil den Spielern keinerlei Möglichkeiten geboten wurde, bewusst auf das Zustandekommen eines bestimmten Spielergebnisses Einfluss zu nehmen. Die Spieler konnten nur einen Einsatz und den dazugehörigen Gewinnplan auswählen und die Start-Taste betätigen.

 

Bei dem elektronischen Glücksrad wurde nach Eingabe einer Münze oder eines Geldscheines der Betrag in Münzen gewechselt, wobei auf Grund der Anzeige am Gerät ein Restbetrag in dieser Höhe im Gerät verbleibt. Bei Betätigen der Musikabspieltaste wird ein vorher ausgewähltes Lied zur Gänze abgespielt. Nur durch Zufall bleibt ein im Hintergrund laufender Lichtstrahl zwischen den Musiktiteln bei einer Zahl stehen. Diese Zahl bedeutet einen Multiplikationsfaktor. Entsprechend dem gewählten Vervielfachungs­faktor wird ein Betrag in Form von Euro-Münzen in die am Gehäuse des Gerätes angebrachte Geldlade ausgeworfen. Der Spieler hatte darauf die Möglichkeit die Ausfolgung des zurückbehaltenen Betrages oder kaufen eines Musiktitels zu wählen. Beim Kaufen von Musiktitel wird in Abhängigkeit vom gewählten Vervielfachungsfaktor ein bis vier Musiktitel abgespielt oder der entsprechende Geldbetrag in Münzen ausbezahlt. Unmittelbar nach diesem Vorgang erfolgte automatisch ein Beleuchtungs­umlauf am Glücksrad, welcher mit dem zufälligen Stillstand auf einem der zahlreichen Felder am Glücksrad endete, welches beleuchtet blieb. War nach dem Beleuchtungs­umlauf ein Betragsfeld markiert, wurde der Wert nach neuerlicher Geldeingabe in der Höhe des gewählten Faktors ausgezahlt. Die Beleuchtungsfunktion wurde vom Spiel­programm automatisch durchgeführt und der Spieler hatte keine Möglichkeit auf das Zustandekommen des Ergebnisses Einfluss zu nehmen.

 

[…]

 

Die gegenständlichen Glücksspielgeräte sind entsprechend dieser Definition Ihnen rechtlich zuzuordnen und Sie sind somit zweifelsfrei Eigentümer dieser Glücksspielgeräte, da Sie die beliebige Verfügungsgewalt über diese Glücksspielgeräte haben.

 

Die Eigentümer, Inhaber und Veranstalter des gegenständlichen Glücksspielgerätes haben seit 03.12.2014 das im Spruch angeführte Glücksspielgerät im angeführten Lokal ‚T W‘ selbständig zur Erzielung von Einnahmen betrieben. Die angeführten Beteiligten haben daher Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Glücksspielgesetz veranstaltet, da sie als Unternehmer Glücksspiele veranstaltet haben, bei denen die Spieler eine vermögenswerte Leistung mit der Teilnahme am Glücksspiel erbracht haben und eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt worden ist. Da für diese Ausspielungen keine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz erteilt worden ist und eine Ausnahme gemäß § 4 Glücksspielgesetz nicht vorlag, waren diese Ausspielungen verboten.

 

Von den Organen der Finanzpolizei wurden an den Glücksspielgeräten Testspiele durchgeführt und auf Grund der bei den Testspielen getätigten Einsätze und der dazu in Aussicht gestellten Gewinne war in Verbindung mit der festgestellten Betriebsdauer der Eingriff in das Glücksspielmonopol des Bundes erwiesen sowie der hinreichend begründete Verdacht eines fortgesetzten Verstoßes gegen § 52 Abs. 1 Zi. 1 GSpG gerechtfertigt.

 

Es besteht daher der Verdacht, dass mit dem angeführten Glücksspielgerät in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wurde und Verwaltungsübertretungen gemäß § 52 Abs. 1 Zi. 1 Glücksspielgesetz begangen wurden.

 

[…]

 

Wie bereits angeführt wurde, bestand der Verdacht, dass mit den vorläufig beschlag­nahmten Glücksspielgeräten in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wurde und gegen die Bestimmung des § 52 Abs. 1 Zi. Glücksspielgesetz verstoßen wurde. Die Organe der Abgabenbehörde waren daher befugt, die Glücksspielgeräte aus eigener Macht vorläufig in Beschlag zu nehmen.

 

[…]

 

Von der Landespolizeidirektion Oberösterreich - Polizeikommissariat x wurde daher die Beschlagnahme des vorläufig beschlagnahmten Glücksspielgerätes gemäß § 53
Abs. 1 Zi. 1 lit. a Glücksspielgesetz zur Sicherung der Einziehung angeordnet, weil für diese die Einziehung gemäß § 54 Abs. 1 Glücksspielgesetz vorgesehen ist und der begründete Verdacht besteht, dass mit diesem Glücksspielgerät, mit dem in das Glücks­spielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine Bestimmung des § 52 Abs. 1 Glücksspielgesetz verstoßen wird.

 

Der konkrete Verdacht des Eingriffes in das Glücksspielmonopol des Bundes, ergab sich dadurch, weil bei dem betreffenden Glücksspielgerät vorwiegend elektronische Glücksräder angeboten wurden. Die Spiele waren deshalb als Glücksspiele im Sinne des § 1 Abs. 1 Glücksspielgesetz anzusehen, weil den Spielern keinerlei Möglichkeiten geboten wurde, bewusst auf das Zustandekommen eines bestimmten Spielergebnisses Einfluss zu nehmen. Die Spieler erwarben durch den Einwurf einer 1-Euro-Münze die Chance, bei Aufleuchten einer entsprchenden Zahl durch Einwurf eines weiteren Euro den angezeigten Gewinn zu realisieren. Da bei Aufleuchten einer Zahl nach Einwurf einer weiteren 1-Euro-Münze der Gewinn in der Höhe Zwischen € 2,-- und € 20,-- zu realisieren ist, liegt ein aus zwei Teilen bestehendes Spiel vor, dessen Ausgang vom Spieler nicht beeinflusst werden kann. Das über einen Gewinn entscheidende Aufleuchten eines Symbols wird vom Gerät selsttätig herbeigeführt. Dass im zweiten Teil des Spiels für den Spieler kein Risiko mehr vorhanden ist, sondern das Einwerfen eines weiteren Euro jedenfalls zur Auszahlung des angezeigten Betrages führt, ändert nichts daran, dass der Spieler zu Beginn des Spiels, das ihm die Gewinnchance bietet, den Ausgang nicht vorhersehen und ihn auch nicht beeinflussen kann. Diese Glücksspiele wurden in Form einer Ausspielung von einem Unternehmer veranstaltet, der nicht über die dafür erforderliche Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz verfügte. Somit wurde fortgesetzt gegen die Bestimmung des § 52 Abs. 1 Zi. 1 Glücksspielgesetz verstoßen. Es sind somit die gesetzlichen Voraussetzungen sowohl für die vorläufige Beschlagnahme der Spielapparate nach § 53 Abs. 2 Glücksspielgesetz als auch die Beschlagnahme der Glücksspielapparate durch die Landespolizeidirektion Oberösterreich - Polizeikommissariat x gemäß § 53 Abs. 1 Glücksspielgesetz vorgelegen. Der Eingriff in das Eigentumsrecht erfolgte daher in einem Fall und in der Art wie durch das Glücksspielgesetz bestimmt und steht daher im Einklang mit Artikel 5 des Staatsgrundgesetzes vom 21.12.1867, RGBl. Nr. 142 i.d.F. BGB. Nr. 684/1988 über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger.

 

Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes und der durchgeführten Ermittlungen war für die erkennende Behörde erwiesen, dass die gesetzlichen Vorausaussetzungen für eine Beschlagnahme vorliegen, sodass spruchgemäß zu entscheiden war."

 

 

I.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende rechtzeitige Beschwerde, in der die Aufhebung der Beschlagnahme und die Ausfolgung des Geräts an den Bf beantragt wird. Begründend wird unter Hinweis auf die Judikatur des Oö. LVwG, auf  das "Gutachten F M", der Beurteilung der Stabsstelle Finanzpolizei und des Amtes der Oö. Landesregierung ausgeführt, dass es sich gegenständlich nicht um ein Glücksspielgerät sondern um einen mehrstufigen Dienstleistungsautomaten für Geldwechselfunktion und entgelt­licher Musikunterhaltung/Musikdownloads handle. Das Gerät liefere dem Kunden für den Einwurf ein Wertäquivalent in Form eines Musiktitels. Eine Verlust­möglichkeit bestehe für den Kunden nicht, da für jeden eingeworfenen 1-Euro-Betrag ein Musiktitel ausgegeben werde. Die Gegenleistung sei dem Einwurf adäquat und marktüblich. Die einzelnen Musikstücke würden ungekürzt wiedergegeben und hätten eine Spieldauer von 3 bis 5 Minuten, sodass dieselbe Situation vorliege, wie bei anderweitigen entgeltlichen Musikdownloads. Beim Erwerb von Musiktiteln könne der Kunde vom Gerät einen Bonus in Form weiterer Musiktitel erhalten. Dieser Bonus werde vom Gerät dem Einwurf hinzugezählt. Die Vergabe eines derartigen Bonus sei kein Glücksspiel, da der Kunde hiefür keinen Einsatz zu leisten habe. Er erhalte den Bonus fallwiese als kostenlose Zugabe. Weiters bestehe für den Kunden keine Verlustmöglichkeit, da für jeden Einsatz ein adäquates Wertäquivalent ausgegeben werde, nämlich Musiktitel zum Anhören oder als Download mit der Berechtigung zur weiteren nichtgewerblichen Nutzung dieser Musik. Das beschlagnahmte Gerät stimme mit dem in den angeführten Entscheidungen des Oö. LVwG vollständig überein. Da in jedem Fall eine wertäquivalente Gegenleistung geboten werde, finde keine zweistufige Ausspielung mehr statt. Zudem liege Unionrechtswidrigkeit des GSpG vor.    

 

I.3. Mit Schreiben vom 19. März 2015 übermittelte die belangte Behörde unter gleichzeitiger Vorlage der Beschwerde den bezughabenden Verwaltungsakt.

 

I.4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt, insbesondere in die im Akt einliegende Dokumentation und durch Einsichtnahme in das Gutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen F M vom 11. Februar 2013, das Gutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen Mag. M S vom
8. August 2013 sowie in den E-Mail-Verkehr des Amtes der Oö. Landesregierung, Direktion Inneres und Kommunales (Verwaltungspolizei), mit der Stabsstelle Finanzpolizei im Finanzministerium. Weiters wurde von der Finanzpolizei die Fotodokumentation der Kontrolle beigeschafft. Zudem erhielt das Oö. LVwG von der Finanzpolizei die Mitteilung, dass sich der Spielablauf aus der Fotodoku­mentation und den darauf befindlichen Anmerkungen ergibt und eine schriftliche Stellungnahme des bei der Kontrolle anwesenden "Sachverständigen F" nicht existiert.

 

I.4.1. Aus den vorgenannten Beweismitteln sowie aus der bisher erworbenen Erfahrung mit gleichartigen Geräten ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Zum Zeitpunkt der finanzpolizeilichen Kontrolle am 3. Dezember 2014 im Lokal "T W" in X, wurde das gegenständliche Gerät betriebsbereit vorgefunden. Im Zuge des behördlichen Verfahrens hat sich Herr G M als Eigentümer des Geräts deklariert. Das Gerät war von etwa Mitte November 2014 bis zum Tag der Beschlagnahme im gegenständlichen Lokal aufgestellt. Für dieses Gerät "Afric2Go" stand im Lokal jedenfalls ein USB-Stick zum Download der Musiktitel zur Verfügung.

 

Beim gegenständlichen Gerät mit der Gehäusebezeichnung "Afric2go" handelt es sich um ein Gerät, welches unter anderem für Geldwechselzwecke verwendet werden kann. Auf dem Gerät befinden sich eine rote und eine grüne Taste. Mittels Drücken der grünen Taste kann zunächst zwischen Stufe 1 und 2 gewechselt werden. Durch Einwerfen von Münzen oder Einführen von Banknoten in den Banknoteneinzug kommt es zur Anzeige eines entsprechenden Guthabens auf dem Kreditdisplay. Abhängig vom gewählten Multiplikator (der gewählten Stufe) können in weiterer Folge durch Drücken der roten Taste 1 oder 2 (je nach Stufe) Lieder am Automaten angehört oder auf einen USB-Stick kopiert werden, wobei im Falle des Downloads der Kunde das Recht zur nicht gewerblichen Verwendung im privaten Rahmen erwirbt. Wird die rote Taste bei Stufe 1 gedrückt, so verringert sich der Kreditstand um einen Euro, bei gewählter Stufe 2 verringert sich der Kreditstand um zwei Euro usw.

 

Während des Anhörens oder Kopierens der Musik, also bereits aufgrund des Drückens der roten Taste, kommt es automatisch zur Aktivierung eines zufalls­abhängigen Bonussystems am Gerät, bei dem der Beleuchtungsumlauf in den Zahlenfeldern in der Gerätemitte ausgelöst wird. Die Aktivierung dieses Bonus­systems erfordert keine zusätzliche vermögenswerte Leistung.

Sofern am Ende des vom Kunden nicht beeinflussbaren Beleuchtungsumlaufs ein Zahlenfeld beleuchtet bleibt, bleibt ein Guthaben auf dem Anzeigedisplay stehen, welches dem Kredit zugezählt werden kann. Das aktivierte zufallsabhängige Bonussystem ermöglicht in der Stufe 1 einen Bonus (ein weiteres Guthaben) von 2/4/6/8 oder 20, in Stufe 2 einen Bonus (ein weiteres Guthaben) in doppelter Höhe usw. Durch Drücken der grünen Taste kann der Kredit inklusive eines allfällig erzielten Bonus ausgeworfen werden.

 

Laut den Feststellungen der Finanzpolizei war der jeweils abgespielte Musiktitel nicht hörbar, da ein am Gerät angesteckter USB-Stick dies verhindert hat. Erst nach Abziehen dieses USB-Sticks war Musik (leise) hörbar und wurde weiters festgestellt, dass Musiktitel auf das Speichermedium geladen worden sind.  

 

In einem an die Afric2go GmbH gerichteten Schreiben des Amtes der Oö. Landesregierung, Direktion Inneres und Kommunales, vom 7. März 2013 wird mitgeteilt, dass nach "telefonischer Rücksprache und eingeholter Stellungnahme […] vom Bundesministerium für Finanzen […] mitgeteilt [wurde], dass der Automat Afric2go, unter der Voraussetzung, dass diese Automaten so wie in den vorgelegten Sachverständigengutachten betrieben werden, als Musikautomaten (Musicbox) einzustufen sind."

 

Der festgestellte Spielablauf stimmt mit der Beschreibung im Gutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen F M vom 11. Februar 2013 im Wesentlichen überein.

 

Im E-Mail-Verkehr des Amtes der Oö. Landesregierung, Direktion Inneres und Kommunales (Verwaltungspolizei), mit der Stabsstelle Finanzpolizei im Finanz­ministerium hat der Leiter der Stabsstelle Finanzpolizei im Finanzministerium mit E-Mail vom 28. Februar 2013 mitgeteilt, dass das Gerät mit der Bezeichnung "Afric2go" als Musikautomat einzustufen sei, wenn es so wie im aktenkundigen Gutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen F M vom
11. Februar 2013 (Basisgutachten) betrieben wird.

 

Nach diesem Basisgutachten liegt beim "Afric2go" ein mehrstufiger Dienst­leistungsautomat vor. Er kann als Geldwechsler oder als Musikautomat ver­wendet werden. Im Gerät sind 121 nummerierte Titel afrikanischer Musik gespeichert, an denen die Afric2go GmbH die Rechte zur Veröffentlichung hat und die periodisch erneuert werden, um laufend ein attraktives Musikprogramm zu bieten. Die Musiktitel werden in akzeptabler Qualität abgespielt, dauern drei bis fünf Minuten und können nicht unterbrochen oder abgebrochen werden. Folgender Ablauf der wesentlichen Funktionen wird im Gutachten beschrieben:

 

Durch die Betätigung der grünen "Rückgabe/Wählen" Taste kann die Stufe 1 (ein Lied) oder Stufe 2 (zwei Lieder) gewählt werden. Mittels Münzeingabe oder des Banknoteneinzuges muss ein Guthaben auf dem Kreditdisplay hergestellt werden. Durch Drücken der roten "Musik kopieren/hören"-Taste können die Musiktitel gespielt werden. Der Preis für ein Musikstück beträgt je 1 Euro. Zur Auswahl können die im Gerät gespeicherten Musiktitel, die im linken Display am Gerät angezeigt werden, durch kurzes Drücken der roten "Musik hören/ kopieren"-Taste hintereinander, aufgerufen werden und danach ist die Wahl durch langes Drücken dieser Taste zu bestätigen. Bei Stufe 2 erfolgt die Auswahl der Musiktitel analog in zwei Stufen. Dies stellt auch die Auswahl des Einsatzes von 1 Euro oder 2 Euro dar.

 

Abhängig von der gewählten Stufe (Multiplikator) können in weiterer Folge 1 oder 2 Lieder usw. angehört werden. Alternativ besteht die Möglichkeit zum Download der Musikstücke (als mp3-Datei) mit einem USB-Stick, der zu Beginn am USB 2.0-Steckplatz unter dem Display zur Liederanzeige angesteckt werden muss. In diesem Fall erfolgt ein Download auf den USB-Stick durch Drücken der roten "Musik hören/kopieren"–Taste.

 

Mit dem jeweiligen Drücken der roten Taste zum Abspielen oder Kopieren eines Musiktitels wird ein Zufallsgenerator aktiviert, der zu einem vom Spieler nicht beeinflussbaren Beleuchtungsumlauf führt, wobei ein allfällig erlangter Bonus durch Aufleuchten eines entsprechenden Zahlensymbolfeldes (2/4/6/8/20) sowie der Displayanzeige "Rabatt" mit Angabe der Zahl im Anzeigedisplay für Musiktitel ersichtlich ist. Durch Drücken einer beliebigen Taste wird der angezeigte "Rabatt" dem Kredit zugezählt.

 

Ein Kreditguthaben inklusive eines allfällig erzielten "Rabattes" kann jederzeit durch Drücken der grünen "Rückgabe/Wählen"-Taste in Münzen und durch Drücken der orangen Wechseltaste in 10 Euro-Banknoten ausgeworfen werden.

 

Nach der schlüssigen Ansicht des Gutachters handelt es sich um einen Dienst­leistungsautomat für Geldwechselzwecke und zur Musikunterhaltung bzw. für den Musikdownload gegen Entgelt. Das im Modus Musikunterhaltung integrierte zufallsabhängige Gewinnspiel erfordert keine zusätzliche vermögenswerte Leistung, weshalb keine Verlustsituation beim Kunden eintreten kann, der für einen Euro jeweils ein Musikstück erhält.

 

Aus den Erhebungen der Finanzpolizei ergibt sich, dass am Gerät ein USB-Stick angesteckt war. Durch das Anstecken des USB-Sticks und dem damit erfolgten Downloaden eines Musiktitels wird der an der linken Gehäuseseite angebrachte kleine Lautsprecher gleichzeitig deaktiviert. Die Finanzpolizei bestätigt mit diesen Ausführungen, dass ein Download der Musiktitel auf einem angesteckten USB-Stick möglich war.

Schon aus der Wahrnehmung der Finanzpolizei steht fest, dass zumindest ein USB-Stick zum Download der Musiktitel vorhanden war.

 

Zumal damit zumindest ein USB-Stick vorhanden war, wurde den Kunden damit zweifelsfrei die Möglichkeit geboten, diesen zu nutzen, um die erworbenen digitalen Musikstücke zu speichern. Dass der am Gerät vorgefundene USB-Stick tatsächlich dazu verwendet wurde, erworbene Lieder zu speichern, beweist die Tatsache, dass nach den Erhebungen der Finanzpolizei durch das Anbringen des USB-Sticks beim Herunterladen der Musiktitel der am Gerät angebrachte Lautsprecher deaktiviert wurde. Ungeachtet dessen erwirbt der Kunde jedenfalls die Berechtigung, das gekaufte Lied zu speichern. Der zu leistende Betrag von einem Euro pro Lied entspricht – dem Gutachten von Mag. S zufolge – jedenfalls dem marktüblichen Wert.

 

Die Tatsache, dass wegen des permanent angesteckten USB-Sticks der Laut­sprecher dauerhaft außer Kraft gesetzt wurde ändert daran nichts.

 

Aufgrund der Beschreibung der Finanzpolizei, insbesondere des Aktenvermerks und der Dokumentation des Testspiels vom 3. Dezember 2014 sowie den Aus­führungen in der Beschwerde des Bf vom 19. Februar 2015, besteht an der im Wesentlichen Gleichartigkeit der Funktion und Ausstattung des verfahrens­gegenständlichen Geräts mit jenen im zitierten Basisgutachten dargestellten Geräten mit der Gehäusebezeichnung "Afric2go" kein Zweifel.

 

Dem E-Mail-Verkehr der IKD (Verwaltungspolizei) mit der Stabsstelle Finanz­polizei ist ein weiteres Gutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen Mag. M S vom 8. August 2013 zu entnehmen. Darin wird die Frage behandelt, ob der Verkauf eines Musikstückes in digitaler Form (mp3-Dateien) zum Preis von 1 Euro an Endkonsumenten als marktüblich anzusehen ist. Nach Auswertung der Angebote von fünf Musikhändlern im Internet ergaben sich meist Preise von 0,99 oder 1,29 Euro pro Musiktitel. Die Preise verschiedener Musikgenres unterscheiden sich dabei im Allgemeinen nicht. Kürzlich erschienene und populäre Musiktitel seien tendenziell etwas teurer. Im Ergebnis hielt der Gutachter den Verkauf eines Musiktitels in digitaler Form an den Endkonsumenten um 1 Euro für marktüblich, was – insbesondere aufgrund der Auswertung der Angebote von mehreren Musikhändlern im Internet – plausibel erscheint.

 

I.4.2. Diese Feststellungen ergeben sich aus dem schlüssigen und nachvoll­ziehbaren Aktenvermerk der Finanzpolizei samt Dokumentation des Probespiels mit Fotoaufnahmen und den Angaben von Herrn H G in der Niederschrift vom 3. Dezember 2014.

 

I.5.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

Gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 lit.a) Glücksspielgesetz (GSpG, BGBl 620/1989, zuletzt geändert durch BGBl. I 13/2014) kann die Behörde die Beschlagnahme von Glücksspielautomaten, sonstigen Eingriffsgegenständen und technischen Hilfs­mitteln anordnen, und zwar sowohl wenn der Verfall als auch wenn die Einziehung vorgesehen ist, wenn der Verdacht besteht, dass mit Glücks­spielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG verstoßen wird.

 

Gemäß § 54 Abs. 1 GSpG sind Gegenstände, mit denen gegen Bestimmungen des § 52 Abs. 1 leg.cit. verstoßen wird, zur Verhinderung weiterer Verwaltungs­übertretungen nach den Bestimmungen des § 52 Abs. 1 leg.cit. einzuziehen, es sei denn, der Verstoß war geringfügig.

 

Gemäß § 52 Abs. 4 letzter Satz GSpG unterliegen Gegenstände, mit deren Hilfe eine verbotene Ausspielung iSd § 2 Abs. 4 GSpG durchgeführt oder auf andere Weise in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, sofern sie nicht gemäß § 54 leg.cit. einzuziehen sind, dem Verfall.

 

Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe zu bestrafen, "wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt".

 

§ 52 Abs. 3 GSpG lautet: Ist durch eine Tat sowohl der Tatbestand der Verwal­tungsübertretung nach § 52 als auch der Tatbestand des § 168 StGB ver­wirklicht, so ist nur nach den Verwaltungsstrafbestimmungen des § 52 zu bestrafen.

 

Gemäß § 2 GSpG sind Ausspielungen Glücksspiele,

1. die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und

2. bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammen­hang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und

3. bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermö­genswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

 

Gemäß § 2 Abs. 4 GSpG sind Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 ausgenommen sind, verboten.

 

I.5.2. Betreffend des gegenständlichen Geräts "Afric2Go" ist zu schließen, dass durch die Möglichkeit des Herunterladens der Musikstücke auf einen USB-Stick, welcher im Lokal vorhanden war, in Summe gesehen für die Leistung von 1 Euro ein Wertäquivalent vorhanden ist und daher eine Einsatzleistung iSd GSpG nicht vorliegt. Der Kunde konnte vielmehr vergleichbar mit gängigen sonstigen "Downloadportalen" (iTunes, Amazon etc.) Musik erwerben und diese auch für nichtgewerbliche Zwecke weiter verwenden. Für den gleichläufig erfolgten Lichterkranzlauf war vom Kunden kein weiterer Einsatz mehr zu leisten. Insofern ist in Anlehnung an die Rechtsansicht der dem Finanzministerium zurechenbaren Stabsstelle der Finanzpolizei davon auszugehen, dass keine Ausspielungen iSd
§ 2 GSpG stattgefunden haben.

 

Aus diesem Grund war der Beschwerde stattzugeben und die Beschlagnahme des gegenständlichen Geräts aufzuheben.

 

 

Zu II. Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist zulässig, da im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Dies insbesondere weil zur Frage der Einstufung von Geräten mit der Bezeichnung "Afric2go" – Musikautomat in glücksspielrechtlicher Hinsicht noch keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs existiert.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer ordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Dr. Süß