LVwG-550461/16/Fi/MD

Linz, 30.04.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch den Senat I (Vorsitzender und Berichter: Mag. Dr. Johannes Fischer, Beisitzer: Mag. Dr. Harald Wiesinger und Dipl.-Päd. Ing. Josef Peterseil) über die Beschwerde des  M F, vertreten durch Dr. C M-L, öffentliche Notarin, gegen den Bescheid der Bezirksgrundverkehrskommission Freistadt vom 29. Jänner 2015, GZ: Agrar20-168-2014, betreffend die Versagung der Genehmigung der Eigentumsübertragung gemäß § 4 Oö. Grundverkehrsgesetz (mitbeteiligte Parteien: J F und M F)

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der angefochtene Bescheid wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Eingabe vom 28. November 2014 beantragte M F (im Folgenden: Bf) die grundverkehrsbehördliche Genehmigung der Übertragung des Eigentumsrechts an dem aufgrund der Vermessungsurkunde des Zivilgeometers Dipl. Ing. R W vom 08. Juli 2014, GZ: X, neu gebildeten Grundstück Nr. X der Liegenschaft EZ X, Grundbuch X, im Ausmaß von 426 m2, durch J und M F aufgrund des Schenkungsvertrags vom 21. November 2014.

 

I.2. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 29. Jänner 2015, GZ: Agrar20-168-2014, versagte die Bezirksgrundverkehrskommission Freistadt (im Folgenden: belangte Behörde) die Genehmigung der Eigentumsübertragung im Wesentlichen mit der Begründung, dass eine landwirtschaftliche Fläche ohne Notwendigkeit der landwirtschaftlichen Nutzung entzogen werde bzw. dass durch die Ausformung des Grundstücks eventuell zukünftig eine Bewirtschaftungserschwernis entstehe und eine Genehmigung den Zielen des Oö. GVG widersprechen würde.

 

I.3. Gegen diesen Bescheid erhob der Bf durch seine Rechtsvertreterin mit Schriftsatz vom 27. Februar 2015 eine näher begründete Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und den Schenkungsvertrag vom 21. November 2014 über das verfahrensgegenständliche Grundstück zu genehmigen.

  

I.4. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 06. März 2015, eingelangt am 10. März 2015, wurde dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsakt vorgelegt.

 

II.1. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens wird (in Ergänzung zu Punkt I.) folgender Sachverhalt als erwiesen angenommen:

 

Beim verfahrensgegenständlichen Grundstück Nr. X der Liegenschaft EZ X, KG X, handelt es sich nicht um ein Waldgrundstück, sondern um eine landwirtschaftlich genutzte Grundfläche (Antrag vom 28. November 2014; Bescheid vom 29. Jänner 2015; Grundbuchsauszug; DORIS-Auszug).

 

In der Sitzung der belangten Behörde vom 29. Jänner 2015, in welcher der dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegende Beschluss über die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung samt Begründung gefasst wurde, war unter anderem Dipl. Ing. G F als forsttechnischer Sachverständiger anwesend (Sitzungsprotokoll vom 29. Jänner 2015).

 

II.2. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus den im Akt befindlichen Unterlagen, insbesondere aus den jeweils in Klammer angeführten Beweismitteln.

 

III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

III.1. Rechtsvorschriften (in der jeweils maßgeblichen Fassung):

 

§ 26 Oö. Grundverkehrsgesetz 1994 (Oö. GVG):

„(1) Der Bezirksgrundverkehrskommission gehören als Mitglieder an:

1. der Vorsitzende, der ein unter der Diensthoheit des Landes stehender rechtskundiger Verwaltungsbediensteter des Aktivstandes sein muss;

2. ein landwirtschaftlicher Sachverständiger;

3. ein Vertreter der Landwirtschaftskammer für Oberösterreich;

4. ein Vertreter der Wirtschaftskammer Oberösterreich;

5. ein Vertreter der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich.

(2) Hat eine Grundverkehrskommission über Rechtserwerbe zu entscheiden, die Waldgrundstücke zum Gegenstand haben, so ist sie durch einen von der Landesregierung bestimmten Sachverständigen für forsttechnische Angelegenheiten, dem alle Rechte und Pflichten eines Mitgliedes zukommen, zu verstärken.

[...]“

 

§ 31 Abs. 4 Oö. Grundverkehrsgesetz 1994 (Oö. GVG):

„Die Grundverkehrskommissionen sind vom Vorsitzenden nach Bedarf schriftlich unter Angabe der Verhandlungsgegenstände zu Sitzungen einzuberufen. Die Sitzungen sind nicht öffentlich. Die Grundverkehrskommissionen sind nur bei Anwesenheit des Vorsitzenden (Stellvertreters) und von mindestens der Hälfte aller Mitglieder (Ersatzmitglieder) beschlußfähig. Für einen Beschluß ist einfache Stimmenmehrheit erforderlich. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag. Mitteilungen über den Inhalt einer Verhandlung, insbesondere über die Abstimmung, sind nicht zulässig.“

 

§ 27 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG):

„Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.“

 

III.2. Gemäß § 31 Abs. 6 Oö. GVG hat das Landesverwaltungsgericht durch Senat zu entscheiden.

 

III.3. Das Verwaltungsgericht hat nach § 27 VwGVG die Unzuständigkeit der belangten Behörde von Amts wegen aufzugreifen, auch wenn sie weder im Verfahren eingewendet noch in der Beschwerde geltend gemacht wurde (vgl. Pabel, Das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, in Fischer/Pabel/N. Raschauer (Hrsg.), Handbuch der Verwaltungsgerichtsbarkeit Rz. 45; Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 Rz 845; Fister in Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren § 27 Anm. 4).

 

Ein Kollegialorgan ist als unzuständige Behörde anzusehen, wenn es nicht in der nach dem Gesetz vorgeschriebenen Besetzung entscheidet; das trifft dann zu, wenn entweder bei der Entscheidung nicht die vorgeschriebene Zahl von Mitgliedern mitgewirkt hat oder Personen daran beteiligt waren, die als Mitglieder von der Mitwirkung ausgeschlossen waren oder bei denen es sich nicht um Mitglieder handelte (vgl. VwGH 23.11.2001, 98/02/0259; 14.10.2011, 2008/09/0125). Darüber hinaus verletzt die Entscheidung einer an sich zuständigen, aber nicht dem Gesetz entsprechend zusammengesetzten Kollegialbehörde das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (VfSlg. 14.499/1996 m.w.N.).

 

Eine solche Unzuständigkeit liegt im Beschwerdefall vor, da die angefochtene Entscheidung der belangten Behörde nicht in der von § 26 Abs. 1 Oö. GVG vorgeschriebenen Zusammensetzung getroffen wurde:

 

Die Bezirksgrundverkehrskommission ist unter anderem dann nicht richtig zusammengesetzt, wenn ein forsttechnischer Sachverständiger entgegen § 26 Abs. 2 Oö. GVG bei der Beschlussfassung über einen Rechtserwerb, der kein Waldgrundstück zum Gegenstand hat, anwesend ist (vgl. LGVK 19.11.2013, Agrar-900.663/12-2013-Rt/Ti). Da es sich beim gegenständlichen Grundstück um eine landwirtschaftlich genutzte Grundfläche handelt, hätte sich der forsttechnische Sachverständige Dipl. Ing. F an der Sitzung vom 29. Jänner 2015, in welcher der dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegende Beschluss gefasst wurde (Unterschrift am Beschlussbogen), nicht beteiligen dürfen. 

  

III.4. Es waren daher der angefochtene Bescheid wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde ersatzlos aufzuheben und die verfahrensgegenständliche Angelegenheit der Bezirksgrundverkehrskommission Freistadt, die in richtiger Zusammensetzung zu entscheiden hat, zu retournieren (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 68 Rz. 111).

 

III.5. Von der Durchführung einer Verhandlung konnte abgesehen werden, da bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der in Beschwerde gezogene Bescheid ersatzlos aufzuheben war (vgl. § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG).

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Beurteilung eines nicht dem Gesetz entsprechend zusammengesetzten Kollegialorgans als unzuständige Behörde stützt sich auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. die in Punkt III. zitierte Judikatur).

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Dr. Johannes Fischer

Hinweis:

Dieses Dokument wurde amtssigniert. Informationen zur Prüfung der elektronischen Signatur und des Ausdrucks finden Sie unter: „https://www.lvwg-ooe.gv.at/Das Gericht/Amtssignatur des OÖ. LVWG“.

 

 

LVwG-550461/16/Fi/MD vom 30. April 2015

Erkenntnis


OöGVG §26

Rechtssatz:


Die Bezirksgrundverkehrskommission ist u.a. dann nicht richtig zusammengesetzt, wenn ein forsttechnischer Sachverständiger entgegen § 26 Abs. 2 OöGVG bei der Beschlussfassung über einen Rechtserwerb, der kein Waldgrundstück zum Gegenstand hat, anwesend ist. Da es sich beim verfahrensgegenständlichen Grundstück um eine landwirtschaftlich genutzte Fläche handelt, hätte sich der forsttechnische Sachverständige an jener Sitzung, in der der dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegende Beschluss gefasst wurde, nicht beteiligen dürfen. Daher war der bekämpfte Bescheid wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde ersatzlos aufzuheben.


Beschlagwortung:

Grundverkehr; Waldgrundstück; landwirtschaftlich genutztes Areal; forsttechnischer Sachverständiger; Enthaltung; Bescheidaufhebung, ersatzlose.