LVwG-300488/16/BM

Linz, 28.04.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Maga. Michaela Bismaier über die Beschwerde des Herrn Dipl. Ing. H. R., vertreten durch Rechtsanwälte Dr. C. S., Mag. A. P., Mag. D. P., x, gegen das Strafer­kenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 4. November 2013, GZ: 0040688/2012, nach Durchführung mündlicher Verhandlungen am 3. Dezember 2014 und 6. Februar 2015,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 200 Euro zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I. und II.  

 

1.           Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 4. November 2013, GZ: 0040688/2012, wurde über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 10 Abs. 1 Z 4, 5 und Abs. 2 Z 1 Bauarbeitenkoordinationsgesetz (BauKG) eine Geldstrafe in der Höhe von 1.000 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 22 Stunden, verhängt. Gleich­zeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag von 100 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

 

„Der Beschuldigte, Herr DI (FH) Mag. H. R., geboren am x, hat folgende Verwaltungsübertretung als verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der W. GmbH mit dem Sitz in x, zu vertreten:

Die W. GmbH hat am 3.9.2012 als Baustellenkoordinator beim Bauvorhaben „Neubau Heizhaus, x" nicht darauf geachtet, dass die Arbeitgeber den Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan anwenden.

Am 3.9.2012 waren auf der o.a. Baustelle zwei Arbeitnehmer der Fa. M. GmbH auf den „Läufern" der Dachstuhlkonstruktion des Holzhauses mit Zimmereiarbeiten beschäftigt, ohne dass folgende im Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan für diese Dacharbeiten angeführ­ten kollektiven Schutzeinrichtungen bei Absturzgefahr vorhanden waren:

Schutznetz spannen unter Leimbinder

Schutzgerüst.“

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vom Rechtsanwalt des Bf eingebrachte Beschwerde. In dieser wird im Wesentlichen eingewendet, es bleibe im Erkenntnis die Annahme begründungslos, weshalb es sich bei der vormaligen W. GmbH um den Baustellenkoordinator gehandelt haben solle und daher die Geschäftsführer dieser Gesellschaft bestraft würden.  

Die verfahrensgegenständlichen Arbeiten seien unter Verwendung persönlicher Schutzausrüstungen durchgeführt worden. Es habe sich dabei um Arbeiten gemäß § 7 Abs. 4 BauV gehandelt. Die Aufdoppelung der Läufer sei mit einem Zeitaufwand von bloß 3 bis 4 Stunden durchgeführt worden und habe dem Schutz vor starken Regenfällen gedient. Diese Aufdoppelung sei notwendig gewesen, um die Gefälleausbildung und Ableitung der provisorischen Dachent­wässerung während der anstehenden starken Regenfälle zu gewährleisten. Schon aufgrund des geringen zeitlichen Umfangs der Arbeiten und der kurzfristig aufgetretenen Notwendigkeit sei daher gemäß § 7 Abs. 4 BauV die Anbringung von Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen entbehrlich, weil der hierfür erforderliche Aufwand unverhältnismäßig hoch gegenüber dem Aufwand für die durchzuführenden Arbeiten wäre. Die Herstellung dieser Schutzeinrichtungen hätte etwa 1,5 Tage in Anspruch genommen. Gegenüber der tatsächlichen Zeitdauer der durchgeführten Arbeiten stehe dies in keinem Verhältnis. Dazu hätte der Zweck dieser Arbeiten bei vorangegangener Herstellung der Schutzeinrichtungen nicht erreicht werden können. Es sei daher die Unterlassung der Anbringung von Schutznetz und Schutzgerüst im Sinne der Vorgaben der BauV zulässig gewesen. Für die Ausführung der Dacharbeiten zirka zwei Wochen später seien die notwendigen Schutzvorrichtungen selbstverständlich ordnungs­gemäß montiert worden. Ausgehend von dieser Zulässigkeit spiele aber der Zweck des Schutzes der sonstigen Arbeiter keine Rolle: Zur Gewährleistung der Sicherheit der Mitarbeiter anderer Firmen wären diese Arbeiten zu unterlassen gewesen, was im SIGE-Plan auch ausdrücklich angeordnet sei. Bei erster Gelegenheit seien diese Personen auch ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass Arbeiten unterhalb der bloß Vorübergehenden auf dem Dachstuhl zu unterlassen seien. Entgegen den diesbezüglichen Bestimmungen des VStG sei dem Beschuldigten die eingeholte neuerliche Stellungnahme des Arbeits­inspektorates nicht zur Kenntnis gebracht worden. Das Verfahren sei deshalb mangelhaft geblieben. Wäre diese Stellungnahme des Arbeitsinspektorates dem Beschuldigten übermittelt worden, so hätte er darauf verweisen können, dass die durch das Arbeitsinspektorat willkürlich und ohne Sachverhaltsermittlung aufgestellte Behauptung, es habe sich bei den von ihm wahrgenommenen Arbeiten nicht um solche gemäß § 7 Abs. 4 BauV gehandelt, unrichtig sei. Insbesondere wäre zum Nachweis dieses Umstandes die Einvernahme des Projektleiters M. H. als Zeuge, sowie weiters die Einholung eines SV-Gutachtens aus dem Bauwesen zum Nachweis dafür beantragt worden, dass die vom Arbeitsinspektorat wahrgenommenen Arbeiten bloß vorübergehend im Sinne des § 7 Abs. 4 BauV gewesen seien und für diese daher die Anordnung im SIGE-Plan der Anbringung kollektiver Sicherungsmaßnahmen nicht anzuwenden gewesen wäre. Überhaupt bleibe das Straferkenntnis ohne jedwede Begründung, weshalb die Behörde von den Angaben in der Anzeige des Arbeitsinspektorates bzw. jenen in Erwiderung zur Stellungnahme des Beschuldigten ausgehe. Die Behörde behaupte einfach apodiktisch, die Rechtfertigung des Beschuldigten würde nicht ausreichen, um den angeblich objektivierten Gesetzesverstoß zu widerlegen.

Es erweise sich sohin insgesamt der dem Beschuldigten zur Last gelegte Vorwurf nicht als berechtigt. Zum Nachweis werde die zeugenschaftliche Einvernahme des M. H., sowie die Einholung eines SV-Gutachtens aus dem Bauwesen beantragt. Darüber hinaus sei die verhängte Strafe unangemessen hoch. Es bestehe keinerlei Anlass, beide Geschäftsführer zu bestrafen. Vom Arbeits­inspektorat sei insgesamt bloß die Verhängung einer Strafe von 1.000 Euro begehrt worden, die Strafe sei in Relation dazu offenkundig überschießend. Darüber hinaus seien beide Beschuldigte unbescholten, sodass eine Strafe jedenfalls am unteren Ende des Strafrahmens und nur gegen einen der beiden Geschäftsführer zu verhängen gewesen wäre. Es werde daher der Antrag gestellt, der Berufung möge Folge gegeben, das erstinstanzliche Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt werden.

 

3. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Landesverwaltungsgericht Ober­österreich (LVwG) vorgelegt.

 

4. Das LVwG hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie Durchführung mündlicher Verhandlungen am 3.12.2014 und 6.2.2015, an denen der Beschwerdeführer und sein Anwalt sowie ein Vertreter des Arbeits­inspektorates teilgenommen haben und gehört wurden. Als Zeugen wurden Herr Dipl.-Ing. H. vom Arbeitsinspektorat Linz sowie Herr M. H. ein­vernommen.  

 

4.1.      Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

 

Der Bf ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der (vormals) W. GmbH mit (ehemals) Sitz in x.

Bei der von der N. GmbH geführten Baustelle „Neubau Heiz­haus, x“ war die W. GmbH Baustellenkoordinator. Von dieser wurde auch der Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan (SIGE-Plan) erstellt, welcher dem Arbeitsinspektorat Linz von der N. GmbH auch vorgelegt wurde.

Der SIGE-Plan ist unterteilt in „Maßnahmen zur Baustellenordnung“, „Allgemeine Gefährdung und Maßnahmen im Umfeld der Baustelle“, „Kollektive Schutz­einrichtungen“ und „Maßnahmenkatolog - Schutzvorkehrungen während der Bauphase.“ Unter Punkt „Kollektive Schutzeinrichtungen“ wird als mögliche Gefährdung „Absturz bei Dacharbeiten“ und als Sicherungsmaßnahmen u.a. „Schutzgerüst gegen Absturz“ sowie „Schutznetz spannen unter Leimbinder“ angeführt.

Am 3.9.2012 waren auf der gegenständlichen Baustelle zwei Arbeitnehmer der Firma M. GmbH auf den „Läufern“ der Dachstuhlkonstruktion des zur Baustelle gehörenden Heizhauses mit Arbeiten beschäftigt. Die im
SIGE-Plan angeführten kollektiven Schutzeinrichtungen wie „Schutznetz spannen unter Leimbinder“ und „Schutzgerüst“ waren nicht vorhanden, obwohl Absturz­gefahr gegeben war. Im Konkreten wurde eine Aufdoppelung der „Läufer“ der Dachstuhlkonstruktion vorgenommen, um ein entsprechendes Gefälle für die Ableitung der Dachwässer herzustellen. Eine solche Gefälleausbildung war für die fachgerechte Ausführung der Dachkonstruktion erforderlich. Zum Schutz vor Regenfällen wurde von den Arbeitnehmern zum Tatzeitpunkt am Dach eine Folie angebracht; zur Ableitung der gesammelten Regenwässer war ebenfalls die Aufdoppelung der „Läufer“ zur Herstellung eines Gefälles notwendig.

Zum Zeitpunkt der Aufdoppelung der Läufer befand sich im Inneren des Gebäudes unter der Dachkonstruktion bereits ein Teil der maschinellen Aus­stattung für das Heizhaus und befanden sich im Inneren zum Zeitpunkt der Arbeiten auch Arbeitnehmer.

 

4.2.      Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt, den Aus­sagen des Bf und der einvernommenen Zeugen sowie der im Akt einliegenden Fotos von der Baustelle zum Zeitpunkt der Überprüfung.

 

Unbestritten ist, dass Bauherrin des Bauvorhabens „Neubau Heizhaus, x“ die N. GmbH war. Im Zuge der mündlichen Verhandlung wurde vom Bf auch zugestanden, dass die (vormals) W. GmbH die Baustellen­koordination für dieses Bauvorhaben übernommen hat (siehe Tonbandprotokoll [TBP] vom 3.12.2014, Seite 2: „Die Baustellenkoordination wurde sohin auch von der W. übernommen.“)

 

Vom Bf wird auch nicht bestritten, dass am 3.9.2012 zwei Arbeitnehmer der Firma M. GmbH mit Arbeiten auf der Dachstuhlkonstruktion des zur Baustelle gehörenden Holzhauses, nämlich im Konkreten mit der Aufdoppelung der Läufer der Dachstuhlkonstruktion, beschäftigt waren. Dies ist auch auf den im Akt einliegenden Fotos, welche vom Arbeitsinspektor zum Zeitpunkt der Überprüfung aufgenommen wurden, ersichtlich.

Aus der Zeugenaussage des M. H. geht hervor, dass zum Zeitpunkt der Dacharbeiten starke Regenfälle stattgefunden haben, die ein Abdecken der Dachstuhlkonstruktion mit Folie erforderlich machten. Vom Zeugen H. wurde bestätigt, dass sich im Inneren des Gebäudes bereits zum Teil die künftige maschinelle Ausstattung des Heizhauses befunden hat.

Vom Zeugen H. wurde auch bestätigt, dass die Aufdoppelung auch nach Entfernen der Plane bestehen blieb und für eine fachgerechte Herstellung der Gefälleausbildung, wenngleich auch mit Anpassungen, erforderlich war (siehe TBP vom 6.2.2015, Seite 2: „Die Aufdoppelung ist natürlich geblieben, wurde allerdings angepasst für die tatsächlich erforderliche Neigung des Daches“).

Das Nichtvorhandensein der kollektiven Schutzmaßnahmen wird vom Bf nicht bestritten und auch vom Zeugen H. bestätigt.

Die Einholung eines SV-Gutachtens aus dem Bauwesen war nicht erforderlich, da die durchgeführten Arbeiten vom Bf nicht in Abrede gestellt werden und die Frage der Anwendbarkeit des § 7 Abs. 4 BauV eine Rechtsfrage darstellt.

 

 

 

 

5. In der Sache hat das LVwG erwogen:

 

5.1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 22.9.2014, GZ: 0040688/2012, wurde dem Antrag des Bf auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde gegen das gegenständliche Straferkenntnis Folge gegeben. Damit begann die 15-Monatsfrist des § 51 Abs. 7 VStG neu zu laufen (VwGH 30.5.2006, 2005/06/0292).

 

5.2. Gemäß § 5 Abs. 2 Z 1 Bauarbeitenkoordinationsgesetz hat der Baustellen­koordinator darauf zu achten, dass die Arbeitgeber den Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan anwenden.

 

Nach § 10 Abs. 1 Z 4 BauKG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geld­strafe von 145 Euro bis zu 7.260 Euro zu bestrafen ist, wer als Baustellen­koordinator die Verpflichtung nach § 5 verletzt.

 

Nach § 7 Abs. 4 kann die Anbringung von Absturzsicherungen oder Schutz­einrichtungen entfallen, wenn der hierfür erforderliche Aufwand unverhältnis­mäßig hoch gegenüber dem Aufwand für die durchzuführenden Arbeiten ist und die Arbeitnehmer mittels geeigneter persönlicher Schutzausrüstung gegen Absturz gesichert sind.

 

Nach § 87 Abs. 2 BauV müssen bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung bis zu 20 Grad und einer Absturzhöhe von mehr als 3,00 m Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen gemäß §§ 7, 8, 9 und 10 vorhanden sein.

 

Gemäß § 87 Abs. 5 BauV darf in folgenden Fällen bei Arbeiten auf Dächern das Anbringen von Schutzeinrichtungen nach Abs. 2 und 3 entfallen, sofern die Arbeitnehmer durch geeignete persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz gesichert sind:

1.   Bei geringfügigen Arbeiten wie Reparatur- oder Anstricharbeiten, die nicht länger als einen Tag dauern, oder

2.   bei Arbeiten am Dachsaum, wenn nicht gleichzeitig oder aufeinander­folgend auch an der Dachfläche Arbeiten durchgeführt werden, sowie bei Arbeiten im Giebelbereich.

 

5.3. Vorweg ist auszuführen, dass dem Bf nicht vorgeworfen wird, Arbeiten auf einem Dach vorgenommen zu haben, ohne entsprechende Schutzmaßnahmen eingerichtet zu haben, sondern vielmehr als handelsrechtlicher Geschäftsführer der (vormals) W. GmbH, welche die Baustellenkoordination beim Bauvorhaben „Neubau Heizhaus, x“ übernommen hat, nicht darauf geachtet zu haben, dass die Arbeitgeber den Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan anwenden. Konkret hat es sich dabei um die Firma M. GmbH als Arbeitgeber gehandelt, welche bei der gegenständlichen Baustelle zwei Arbeitnehmer mit Dacharbeiten zum Tatzeitpunkt beschäftigt hat.

Zu prüfen war im gegenständlichen Fall daher, welche konkreten Schutz­einrichtungen für Dacharbeiten im SIGE-Plan vorgeschrieben waren und ob diese jeweiligen Schutzeinrichtungen eingehalten wurden.

Unbestritten ist, dass die W. GmbH bei der gegenständlichen Baustelle die Baustellenkoordination übernommen hat und auch ein SIGE-Plan hierfür erstellt worden ist. Fest steht auch und wird vom Bf nicht bestritten, dass dieser SIGE-Plan für Dacharbeiten als kollektive Schutzeinrichtungen ein „Schutzgerüst gegen Absturz“ sowie „Schutznetz spannen unter Leimbinder“ vorgesehen hat.

Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens besteht kein Zweifel daran, dass zum Tatzeitpunkt bei der in Rede stehenden Baustelle Arbeitnehmer der M. GmbH mit Dacharbeiten beschäftigt waren und die im Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan vorgesehenen Schutzeinrichtungen wie „Schutznetz spannen unter Leimbinder“ und „Schutzgerüst“ nicht vorhanden waren.

 

Vom Bf wird nun eingewendet, dass es sich bei den vorgenommenen Dacharbeiten nicht um solche Dacharbeiten gehandelt habe, die der SIGE-Plan erfasse.

Vielmehr habe es sich dabei um kurzfristige Arbeiten im Sinne des § 7 Abs. 4 BauV gehandelt, bei denen die Anbringung von Schutzeinrichtungen entfallen könne.

 

Dieses Vorbringen ist aus mehreren Gründen nicht geeignet, das Straferkenntnis mit Erfolg zu bekämpfen:

 

Zum einen wird dem Bf – wie oben ausgeführt – nicht vorgeworfen, keine Schutzmaßnahmen getroffen zu haben, sondern als Baustellenkoordinator nicht dafür gesorgt zu haben, dass die im SIGE-Plan vorgesehenen Maßnahmen eingehalten werden. Der SIGE-Plan schreibt eben bei Dacharbeiten als kollektive Schutzeinrichtungen die Aufstellung eines Schutzgerüstes sowie das Spannen eines Schutznetzes bei Dacharbeiten vor. Im SIGE-Plan wird bei der Bezeichnung „Dacharbeiten“ weder auf die Ausführungsart, noch auf die Dauer oder den Zweck der Arbeiten abgestellt. Im Umkehrschluss kann daraus geschlossen werden, dass auch bei kurzfristigen Dacharbeiten sowie Arbeiten, die aus Sicherungsgründen vorgenommen werden, der SIGE-Plan einzuhalten ist.

Das LVwG übersieht nicht, dass das Bauarbeitenkoordinationsgesetz auf die Koordination der Arbeiten, die zur Erfüllung der einzelnen Gewerke erforderlich sind, abstellt. Nach Ansicht des LVwG gehören zur Erfüllung der Gewerke auch jene Arbeiten, die Sicherungsmaßnahmen (wie Regenabdeckung) zum Zweck haben.

 

Zum anderen enthält die BauV im 11. Abschnitt spezielle Bestimmungen für Arbeiten auf Dächern und die hierfür erforderlichen Schutzeinrichtungen (§§ 87), hingegen handelt es sich bei § 7 BauV um allgemeine Bestimmungen für Arbeiten mit Absturzgefahr. Die besondere Schutzvorschrift des § 87 BauV ist sohin im Verhältnis zur allgemeinen Vorschrift des § 7 BauV die speziellere Norm. Die Anwendung des § 7 Abs. 4 BauV war daher im gegenständlichen Fall schon aus diesem Grund ausgeschlossen. Abgesehen davon waren nach dem Ergebnis des Beweisverfahrens die zum Tatzeitpunkt vorgenommenen Dacharbeiten auch zur Erfüllung des Gewerkes, nämlich zur Herstellung der endgültigen Dachkonstruktion, erforderlich und wurden nicht ausschließlich für die Folien­abdeckung zum Schutz vor Regenfällen vorgenommen. Demgemäß kann nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei den gegenständlichen Arbeiten lediglich um kurzfristige Arbeiten mit wenig Aufwand im Verhältnis zur Herstellung der Schutzeinrichtungen gehandelt hat und hätten jedenfalls die im SIGE-Plan angeführten Schutzeinrichtungen verwendet werden müssen.

 

Der objektive Tatbestand der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung erfüllt.

 

5.4. Zum Verschulden ist auszuführen, dass die dem Beschuldigten angelastete Tat ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG darstellt, Zu dessen Strafbarkeit, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmten, Fahrlässigkeit genügt. Fahrlässigkeit ist nach der zitierten Gesetzesstelle bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne Weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bf dabei initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen oder durch Beibringen von Beweismitteln zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus.

 

Ein solcher Entlastungsnachweis wurde vom Bf nicht geführt, insbesondere wurde nicht einmal ansatzweise ein Kontrollsystem dargelegt.

 

Der Bf hat die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung sohin auch in sub­jektiver Hinsicht zu verantworten.

 

 

 

 

6. Zur Strafhöhe ist auszuführen:

 

6.1. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs­gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

6.2. Von der belangten Behörde wurde im angefochtenen Straferkenntnis eine Geldstrafe in der Höhe von 1.000 Euro bei einem Strafrahmen von 145 Euro bis 7.260 Euro verhängt. Bei der Strafbemessung wurden die von der belangten Behörde geschätzten persönlichen Verhältnisse, nämlich ein monatliches Nettoeinkommen von 2.000 Euro und keine Sorgepflichten herangezogen. Als strafmildernd wurde die bisherige Unbescholtenheit des Bf gewertet, als straferschwerend wurde kein Umstand gesehen.

Festzuhalten ist, dass sich die verhängte Geldstrafe grundsätzlich im unteren Bereich des gesetzlich vorgesehenen Strafrahmens bewegt.

 

Für das LVwG ist nicht zu erkennen, dass die belangte Behörde von dem ihr zukommenden Ermessen in gesetzwidriger Weise Gebrauch gemacht hat.

Der Schutzzweck des BauKG ist darin begründet, dass die Sicherheit und der Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer auf Baustellen durch die Koordinierung bei der Vorbereitung und Durchführung von Bauarbeiten gewährleistet sein sollen. Das Bauwesen zählt zu den Bereichen mit dem höchsten Unfallrisiko, weshalb Präventivmaßnahmen zum Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeit­nehmer durch Koordinierung und Kontrolle gesetzt werden sollen.

Gegenständlich waren die Arbeitnehmer im erheblichen Maß der Absturz­gefährdung ausgesetzt. Vom Arbeitsinspektor wurde nachvollziehbar dargelegt, dass die von den Arbeitnehmern getragene persönliche Schutzausrüstung nicht zielführend war, da sie bei einem Absturz nicht gesichert hätte. Bei der Straf­bemessung ist zudem zu würdigen, dass sich unterhalb der Dachkonstruktion, also im möglichen Absturzbereich, weitere Arbeitnehmer befunden haben.    

Der Umstand, dass über den weiteren handelsrechtlichen Geschäftsführer ebenfalls eine Geldstrafe verhängt wurde, ist bei der Strafzumessung nicht zu berücksichtigen. Sowohl der Bf als auch Mag. W. sind als handelsrechtliche Geschäftsführer der (vormals) W. GmbH zur Vertretung nach außen berufene Organe dieser Gesellschaft und damit beide iSd § 9 Abs. 1 VStG für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch diese Gesellschaft verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich. 

 

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Michaela Bismaier