LVwG-000065/18/FP/SA

Linz, 23.04.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Pohl über die Beschwerde des M A, geb. 21.4.1989, vertreten durch Dr. P F, Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding, Stefan-Fadingerstraße 2-4, 4070 Eferding vom 24. Juli 2014 GZ: SanRB96-29-2013, wegen eines Verstoßes gegen lebensmittelrechtliche Bestimmungen, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 VStG eingestellt.

 

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 8 und 9 VwGVG entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen. Zudem hat der Beschwerdeführer keine Kosten der Lebensmitteluntersuchung gem. § 71 Abs. 3 LMSVG zu bezahlen.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1.  Mit Straferkenntnis vom 24. Juli 2014 warf die belangte Behörde dem Beschwerdeführer Nachstehendes vor:

 

Am 7. Februar 2013 um 12.00 Uhr wurde vom Aufsichtsorgan gemäß § 35 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz – LMSVG bei einer Kontrolle im Betrieb U Handelsgesellschaft m.b.H. & Co. KG.,  an der Donau, eine amtliche Probe „Pfeffermakrelen Filet“ entnommen und an die Österr. Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit, Institut für Lebensmitteluntersuchung Linz, überbracht. Die entnommene Probe wurde in der SB-Kühlvitrine Feinkost für den Verkauf bereitgehalten. Die verpackte Ware wurde daher im Sinne des § 3 Z 9 LMSVG in den Verkehr gebracht.

 

Die Untersuchung hat ergeben, dass bei der vorliegenden Teilprobe 1 das vorgeschriebene Kennzeichnungselement (Name und Anschrift der erzeugenden/verpackenden Unternehmung) fehlte.

 

Weiters wurden keine Angaben über die empfohlenen Lagerbedingungen gemacht.

Eine Ware der vorliegenden Art ist nur bei gekühlter Lagerung bis zum angegebenen Zeitpunkt (14.02.2013 bzw. 21.02.2013) haltbar.

 

Die Untersuchung hat weiters noch ergeben, dass bei der vorliegenden Probe das vorgeschriebene Kennzeichnungselement (Zutaten) unvollständig war. Bei der vorliegenden Probe fehlte bei beiden Teilproben das Wort „Zutaten“.

 

Sie haben dadurch als verantwortlicher Category Manager der Firma U Handelsgesellschaft m.b.H. & Co.KG. folgende Rechtsvorschriften verletzt:

 

§ 4 Abs. 1 Z 2, 6 und 7 Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung (LMKV) idgF iVm§ 6 Abs. 1 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz (LMSVG) BGBl.Nr. 13/2006 idgF

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird gemäß § 90 Abs. 3 Z 2 (Strafrahmen bis zu 20.000 Euro im Fall der Uneinbringlichkeit eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen) LMSVG über Sie folgende Geldstrafe verhängt:

 

Geldstrafe: Euro 150,--

    Ersatzfreiheitsstrafe im Nichteinbringungsfall 7 Stunden

 

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) zu zahlen:

als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe.

Euro 15,--

 

Gemäß § 64 Abs. 3 des Verwaltungsstrafgesetzes haben Sie außerdem die entstandenen Barauslagen für die Untersuchungskosten der Lebensmitteluntersuchungsanstalt Linz, 4020 Linz, Wieningerstraße 8, vom 1.3.2013, Rechnungsnummer: 13-x, Auftragsnummer: x (400……..), in folgender Höhe zu ersetzen:

Euro 79,--

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe, Barauslagen) beträgt daher Euro 244,--

 

 

Nach Zitierung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen begründete die belangte Behörde zusammengefasst wie folgt:

 

Die Untersuchung einer in einem Betrieb der Arbeitgeberin des Beschwerdeführers entnommene amtliche Probe Pfeffermakrelenfilet, welche in einer Kühlvitrine zum Verkauf bereitgehalten und damit in Verkehr gebracht worden sei, habe ergeben, dass das gemäß § 4 Abs. 1 Z 2 LMKV geforderte Kennzeichnungselement Name und Anschrift der verpackenden Unternehmung gefehlt habe. Weiters habe das vorgeschriebene Kennzeichnungselement über Lagerbedingungen „gekühlt lagern“ gefehlt. Gemäß § 4 Abs. 1 Z 7 LMKV sei dem Zutatenverzeichnis eine geeignete Bezeichnung, das Wort „Zutaten“ enthaltend voranzustellen. Auch dies habe gefehlt.

Der Rechtsvertreter der U Handelsgesellschaft m.b.H und Co.KG. habe mit Schreiben vom 30.10.2013 den Beschwerdeführer als Verantwortlichen für den Bereich „Category-Management“ bekanntgegeben. In seinem Einspruch gegen die Strafverfügung vom 29.11.2013 habe der Beschwerdeführer außer Streit gestellt, dass er verantwortlicher Beauftragter für den Bereich „Category-Management“ sei.

 

Die Mängel in der Kennzeichnung am Klebeetikett der Pfeffermakrelenfilets, sowie die allgemeine Verantwortlichkeit des Category-Managers für die Richtigkeit der Angaben sei nicht bestritten worden. Es sei vorgebracht worden, dass der Entwurf der eingespeisten Daten noch nicht freigegeben gewesen sei, jedoch aufgrund eines technischen Fehlers der Computersoftware diese Entwurfsdaten bereits in der Filiale, in welcher das verfahrensgegenständliche Produkt aufgefunden worden sei, abgerufen werden hätte können.

Nach Ansicht der belangten Behörde sei es im Bereich des Möglichen, dass aufgrund eines technischen Fehlers in der Computersoftware, noch im Entwurfsstadium eingespeiste Daten bereits abgerufen werden könnten. Da jedoch insbesondere bei der Unterbrechung der Kühlkette Pfeffermakrelenfilets vor Ablauf der angeführten Haltbarkeit verderben würden, sei höchste Sorgfalt geboten.

Grundsätzlich reiche für ein Verschulden fahrlässiges Verhalten. Bei sogenannten Ungehorsamsdelikten würde die Fahrlässigkeit gemäß § 5 Abs. 1 VStG vermutet. Ein erfahrener, umsichtiger und sorgfältig arbeitender Category-Manager hätte bei der Eingabe der Entwurfsdaten zumindest sofort den Hinweis: „gekühlt lagern haltbar bis…“ etc. sowie das Wort „Zutaten“ auf dem Kennzeichenetikett vermerkt.

Diese gebotene Sorgfalt habe der Beschwerdeführer jedoch außer Acht gelassen, indem er, wenn auch nur fahrlässig, sogar einfachste Kennzeichnungsmerkmale im Entwurf nicht aufgenommen habe. Er könne sich daher nach Ansicht der Behörde nicht auf einen Computersoftware-Fehler berufen. Der Beschwerdeführer habe es daher zu verantworten, dass Pfeffermakrelenfilets im Sinne des § 3 Z 9 LMSVG in den Verkehr gebracht worden seien, welche nicht den Anforderungen der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung (LMKV) entsprochen haben.

 

I.2. Mit Schriftsatz vom 07.08.2014 erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde gegen das Straferkenntnis und brachte zusammengefasst und sinngemäß vor:

Er habe den Vorgesetzten des Beschwerdeführers als Zeugen namhaft gemacht. Der Beschwerdeführer habe das genannte Produkt niemals in Verkehr gebracht. Das einzige Fehlverhalten, das ihm zum Vorwurf gemacht hätte werden können, bestehe darin, in das sogenannte Waage-System Daten eingespeist zu haben, die den Vorschriften des Lebensmittelkennzeichnungsrechts widersprochen haben. Die Einspeisung der Daten sei jedoch erst vollendet, wenn der Beschwerdeführer die entsprechende Freigabetaste betätige. Tatsache sei, dass der Beschwerdeführer die eingespeisten Daten noch nicht freigegeben habe. Gerade zu diesem Beweiszweck sei der vorgesetzte Mitarbeiter des Beschwerdeführers als Zeuge namhaft gemacht worden. Bei Einvernahme des Zeugen wäre die bescheiderlassende Behörde zum Ergebnis gelangt, dass ein In-Verkehr-Bringen der Ware noch nicht möglich gewesen wäre und ein solches vom Beschwerdeführer auch nicht erwartet werden hätte können. Unter normalen Voraussetzungen könne die Filiale vor Ort auf die Daten erst zugreifen, wenn diese freigegeben seien. Aufgrund eines technischen Gebrechens, ein solches habe die bescheiderlassende Behörde dem festgestellten Sachverhalt auch zugrunde gelegt, seien nicht freigegebene Daten außer Haus gelangt. Um dieses Vorbringen zu beweisen habe der Beschwerdeführer einen Sachverständigen aus dem EDV-Bereich als Beweismittel beantragt. Die belangte Behörde sei aber ohnehin dem Vorbringen des Beschwerdeführers gefolgt. Sie hätte zum Ergebnis gelangen müssen, dass dem Beschwerdeführer kein fahrlässiges Verhalten zum Vorwurf gemacht werden hätte können, zumal ihn für ein technisches Gebrechen im EDV-System kein Verschulden treffe. Der Beschwerdeführer würde mit keinem In-Verkehr-Bringen in Zusammenhang stehen. Das In-Verkehr-Bringen erfolge durch die Mitarbeiter der Filiale in A..

 

I.3. Mit Schreiben vom 23. Dezember 2014 forderte das Gericht den Bf auf, einen Nachweis über die Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten, insbesondere dessen Zustimmung sowie eine Darstellung des seiner Verantwortung unterliegenden, klar abgegrenzten Bereichs und der diesbezüglichen Anordnungsbefugnis, vorzulegen.

 

I.4. Mit Schriftsatz vom 29. Jänner 2015 legte der Bf eine Beweisurkunde vom 1.9.2012 vor, welche nachstehenden Inhalt aufwies:

 

„Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten gem. § 9 Abs. 2 u. 3 VStG hinsichtlich folgender Oberwarengruppen (OWG):

300 Feinkost Waage Wertartikel

301 Feinkost Wurst Wertartikel

600 Wurst SB

601 Wurst BED

700 Fleisch/Fisch/Geflügel

800 Käse BED

801 Käse SB

 

 

zur Einhaltung sämtlicher gesetzlichen, lebensmittelrechtlichen und verwaltungsrechtlichen Bestimmungen.

 

Arbeitgeber:

U Handelsgesellschaft mbH & Co KG

 

Verantwortlicher Beauftragte/r:

Herr M A wohnhaft in A., F.gasse 6.

 

Hr A ist in seiner Funktion als Category Manager der Firma U Handelsgesellschaft mbH & Co KG. zum verantwortlichen Beauftragten, im Sinne des § 9 Abs 2. und 3. bestellt. Die Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten umfasst die Einhaltung aller relevanten gesetzlichen, lebensmittelrechtlichen und verwaltungsrechtlichen Bestimmungen für die obigen Warengruppen.

 

Die Bestellung erfolgte am 01.09.2012 durch Hrn Dipl. Kfm. (FH) A H – handelsrechtliche Geschäftsführer der Firma U Handelsgesellschaft mbH & Co KG.

 

Zustimmungserklärung des/der verantwortlich Beauftragten:

Ich stimme der Bestellung zum verantwortlich beauftragten zu.

Unterschrift unleserlich_________ 01.09.2012

M. A. Datum

 

Die Meldung erfolgt durch:

U Handelsgesellschaft mbH & Co KG

Unterschrift

Dipl. Kfm. (FH) A H

Geschäftsführer“

I.5. In der Ladung zur öffentlichen mündlichen Verhandlung trug das Gericht dem Bf auf, bis spätestens 8 Tage vor der Verhandlung farbige Bildschirmausdrucke der einzelnen Schritte einschließlich der Eingabe und Freigabe in das Waage-System, sowie einen Bildschirmausdruck jener Daten vorzulegen, die der jeweilige Mitarbeiter in der Filiale sieht und sodann ausdruckt.

 

I.6. Der Bf legte mit Schriftsatz vom 8. April 2015 4 Bildschirmausdrucke vor, die den Vorgang der Erfassung des Artikels 2071 Räucherfisch BED und den Wiegevorgang in der Filiale darstellen.

In der Sache brachte der Bf ergänzend vor, dass der Bf die Ware nicht in Verkehr gebracht habe, sondern dies durch die verantwortlich beauftragte Feinkostabteilungsleiterin erfolge. Diese sei bereits zu SanRB96-9-2013 bestraft worden.

Der Beschwerde sei zu VwSen-240950/2/Gf/Rt stattgegeben worden und sei eine Ermahnung erteilt worden. Es sei jedoch objektiv gesehen eine Übertretung vorgelegen.

Zudem sei die belangte Behörde unzuständig, als der Tatort der Einspeisung der Daten im Zuständigkeitsbereich der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land gelegen sei.

 

I.7. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 14. April 2015 brachte der Bf korrigierend vor, die bisherige Sachverhaltsschilderung sei aufgrund einer Fehlinformation unrichtig. Tatsächlich sei es zu keinem Computerfehler gekommen, vielmehr handle es sich beim ggst. in Verkehr gebrachten Produkt um keinen Selbstbedienungsartikel sondern einen, der im Feinkostbereich über die Bedienungstheke verkauft würde. Der Bf habe hinsichtlich dieses Produktes keinerlei Etikettendaten im Waagesystem erfasst, sondern seien in diesem sogenannte Vorverpackungsetiketten abrufbar gewesen. Diese würden nicht vom Bf erstellt, sondern würde lediglich der Artikel vom Bf im System angelegt. Der Bf hätte die notwendigen Daten in das System eingepflegt, es würden jedoch bei Bedienungsartikeln keine Daten, wie Lagerbedingungen, Inhaltsstoffe udgl. angegeben, weil dies rechtlich nicht vorgesehen sei. Der Artikel hätte im ggst Fall nur im Bedienungswege abgegeben werden dürfen. Fälschlicherweise sei das Produkt von der Mitarbeiterin in der Filiale im Selbstbedienungswege abgegeben worden. Sie habe eigenmächtig ein Vorverpackungsetikett abgerufen. Die Mitarbeiter Vorort seien in Kenntnis, dass das Vorverpackungsetikett nicht für Selbstbedienungsware ausreiche. Den Bf treffe kein Verschulden. Der Bf verwies auf die vorgelegten Unterlagen, aus denen hervorgehe, dass die Bezeichnung BED „Bedienung“ bedeute. Im Falle eines Selbstbedienungsproduktes würde die Artikelbezeichnung den Vermerk „SB“ aufweisen.

Der Bf brachte ergänzend vor, die Bestellungsurkunde vom 1.9.2012 weise keinen räumlichen Verantwortungsbereich auf. Der Bf sei nur für seinen Arbeitsplatz in T verantwortlich und zwar nur für Eingabefehler, die seinen Arbeitsbereich betreffen würden. In Zusammenhang mit dem Inverkehrbringen vor Ort, insbesondere den zig U filialen, habe der Bf keine Zuständigkeit und Verantwortung.

Der Bf legte in der Verhandlung zudem „Feinkost-Richtlinien“ Version III der Fa U, sowie eine Bestellungsurkunde vom 22.02.2010, mit welcher die Leiterin der Feinkostabteilung am Filialstandort A. zur verantwortlichen Beauftragten bestellt wurde, vor. Die an die Bezirkshauptmannschaft Eferding gerichtete Bestellungsurkunde lautet wie folgt:

 

Mitteilung gemäß § 23 Abs. 1 ArbIG betreffend die Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten nach § 9 Abs. 2 und 3 VStG

 

Arbeitgeber:

U Handelsgesellschaft mbH & Co KG, T., E.-L.-Str. 15.

 

Dienstnehmer:

Frau J M,

geboren am: 07.05.1961

Dienstort: Feinkostabteilung der Filiale A.

 

Der Dienstnehmer ist als Feinkostleiter in der Filiale A a.d.D. beschäftigt. In dieser Eigenschaft wird der Dienstnehmer zum verantwortlichen Beauftragten für nachstehende räumlich und sachlich abgegrenzte Bereiche der Firma U Handelsgesellschaft mbH & Co KG bestellt.

 

Räumlicher Bereich:

Arbeitsstätte Feinkostabteilung der Filiale A.

 

Sachlicher Bereich:

Die verantwortliche Beauftragung wird für die Einhaltung aller lebensmittelrechtlichen und sonstigen verwaltungsrechtlichen Bestimmungen, betreffend die räumlich zugewiesene Arbeitsstätte, Filiale A. a.d.D., ebenso Einhaltung sämtlicher Vorschriften nach den Bestimmungen des Arbeitsinspektionsgesetzes, zuzüglich sämtlicher Arbeitnehmerschutzvorschriften, ebenso zur Einhaltung aller gesetzlichen Verpflichtungen gemäß den, in der jeweils gültigen Fassung in der zur Leitung überantworteten Arbeitsstätte A. a.d.D., aufliegenden aushangpflichtigen Gesetze, ebenso die Einhaltung sämtlicher Vorschriften nach den Eich- und Maßgesetzen, aber auch den einschlägigen Bau- und Hygienevorschriften, übertragen.

 

Ausgenommen von seinem Zuständigkeits- bzw. Verantwortungsbereich ist die Einhaltung sämtlicher lebensmittelrechtlichen Bestimmungen im Bereich des Trockensortiments.

 

Zeitpunkt der Bestellung:

Die Bestellung erfolgte am 01.11.2009 durch Hrn J M, handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma U Handelsgesellschaft mbH & Co KG.

 

ZUSTIMMUNGSERKLÄRUNG des verantwortlichen Beauftragten:

Ich stimme meiner Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten gemäß § 23 ArbIG für den oben angeführten Bereich und bestätige durch meine Unterschrift über alle gesetzlichen bzw. verwaltungsrechtlichen Bestimmungen umfassend informiert und belehrt worden zu sein.

 

Unterschrift_______________ 1.03.10________ 

Unterschrift J M Datum

 

Die Meldung erfolgt durch:

 

U

Handelsgesellschaft mbH & Co KG

Unterschrift

J M

Geschäftsführer

 

I.8. Mit seinem Erkenntnis vom 8. Juli 2013, VwSen-240954/2/Gf/Rt hob der UVS Oö. ein Straferkenntnis auf, mit welchem die angesprochene Feinkostleiterin der Filiale A. wegen des vorliegend zugrundeliegenden Sachverhaltes verwaltungsstrafrechtlich verfolgt wurde. Der UVS begründete seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die belangte Behörde keinerlei Ermittlungsschritte zur Frage der Wirksamkeit einer verantwortlichen Beauftragung der dortigen Bf und hinsichtlich eines gewissen „Category Managers“ getätigt hatte.

      

II.1. Das Landesverwaltungsgericht Oö. hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und öffentliche mündliche Verhandlung. Die Abhaltung einer weiteren mündlichen Verhandlung zur Einvernahme der M J konnte unterbleiben, zumal sich bereits aufgrund der stattgefundenen mündlichen Verhandlung ergeben hat, dass das Straferkenntnis der belangten Behörde zu beheben ist. Insofern wird der Beweisantrag des Bf auf zeugenschaftliche Einvernahme der M J, mangels Relevanz, abgewiesen.

 

II.2. Es steht nachstehender entscheidungswesentlicher S A C H V E R H A L T fest:

 

Der Bf hat am 1. September 2012 eine Urkunde unterfertigt die wie unter I.4. dargestellt lautet.

Der Bf arbeitet in der Zentrale der U Handelsgesellschaft mbH & Co KG. Diese hat ihren Sitz in  T, .Der Arbeitsplatz des Bf liegt ebendort. Der Bf ist als Category Manager (Warengruppenmanager) bei U für die Sortimentsgestaltung der unter I.4. dargestellten „Oberwarengruppen“ verantwortlich. Der Bf legt Artikel in einem SAP-System an, gibt sie für den Verkauf frei, wartet und pflegt sie. Zudem gestaltet der Bf die Aktionsplanung in seinem Bereich, also hinsichtlich der unter I.4. dargestellten „Oberwarengruppen“ (PV, Bestellungsurkunde). Der Bf ist betriebsintern nicht für die Gesamtgestaltung von Etiketten, insbesondere nicht dafür verantwortlich, dass die Firma seines Dienstgebers auf den Etiketten aufscheint. Ebenso gestaltet er nicht die Überschrift und generiert nicht die Codes (PV, Bildschirmausdrucke). Das dem Gutachten der AGES angeschlossene Foto zeigt ein sogenanntes Vorverpackungsetikett, welches von der Dienstgeberin des Bf nicht für Selbstbedienungsartikel vorgesehen ist (PV, ZV, Bildschirmausdrucke). Vorverpackungsetiketten werden nicht vom Bf gestaltet, sondern werden im System automatisch, nach Eingabe des jeweiligen Produktcodes hinterlegt. Der Bf hat keinen Einfluss auf diese Vorverpackungsetiketten. Der Bf verdient 1.900,-- Euro netto pro Monat.

Die Leiterin der Feinkostabteilung der Filiale A. an der Donau hat am 1. März 2010 eine Urkunde unterfertigt die wie unter I.7. dargestellt lautet.

 

II.3. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Behördenakt, den vom Bf vorgelegten Urkunden und seiner Aussage. Insbesondere ergab sich in der mündlichen Verhandlung, dass eine weitere „verantwortliche Beauftragung“ stattgefunden hat. Die sich aus den Urkunden vorgelegten Verantwortungsbereiche überlappen sich dabei augenscheinlich bzw. sind sie, zumindest was die Urkunde hinsichtlich des Bf betrifft, nicht ausreichend klar definiert, um zweifelsfrei feststellen zu können, welche sachlichen und örtlichen Bereiche von der Verantwortungsübertragung umfasst sind. Dieser Eindruck hat sich durch die Einvernahme des Bf und des Zeugen S. noch verstärkt. Die Aussagen waren glaubwürdig und schlüssig. Der Bf geht offenbar davon aus, einen wesentlich kleineren Verantwortungsbereich zu haben, als die sprachlich unpräzise und weit gefasste Bestellungsurkunde zum Inhalt zu haben könnte. Gerade der Umstand, dass die Bestellungsurkunde sprachlich unpräzise, teilweise falsch (zB Bezugnahme auf § 9 Abs 3 VStG) und unabgegrenzt weit gefasst ist (zB. aller relevanten gesetzlichen, lebensmittelrechtlichen und verwaltungsrechtlichen Bestimmungen für die obigen Warengruppen) führt zur unter II. dargestellten Einschätzung des Gerichtes. 

 

 

III. Das Landesverwaltungsgericht OÖ. hat erwogen:

 

III.1. Wesentliche rechtliche Grundlagen:

 

§ 9 VStG lautet:

 

Besondere Fälle der Verantwortlichkeit

§ 9. (1) Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

(2) Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

(3) Eine natürliche Person, die Inhaber eines räumlich oder sachlich gegliederten Unternehmens ist, kann für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche ihres Unternehmens einen verantwortlichen Beauftragten bestellen.

(4) Verantwortlicher Beauftragter kann nur eine Person mit Hauptwohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist. Das Erfordernis des Hauptwohnsitzes im Inland gilt nicht für Staatsangehörige von EWR-Vertragsstaaten, falls Zustellungen im Verwaltungsstrafverfahren durch Staatsverträge mit dem Vertragsstaat des Wohnsitzes des verantwortlichen Beauftragten oder auf andere Weise sichergestellt sind.

(5) Verletzt der verantwortliche Beauftragte auf Grund einer besonderen Weisung des Auftraggebers eine Verwaltungsvorschrift, so ist er dann nicht verantwortlich, wenn er glaubhaft zu machen vermag, daß ihm die Einhaltung dieser Verwaltungsvorschrift unzumutbar war.

(6) Die zur Vertretung nach außen berufenen Personen im Sinne des Abs. 1 sowie Personen im Sinne des Abs. 3 bleiben trotz Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten – unbeschadet der Fälle des § 7 – strafrechtlich verantwortlich, wenn sie die Tat vorsätzlich nicht verhindert haben.

(7) Juristische Personen und eingetragene Personengesellschaften sowie die in Abs. 3 genannten natürlichen Personen haften für die über die zur Vertretung nach außen Berufenen oder über einen verantwortlichen Beauftragten verhängten Geldstrafen, sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.

 

§ 3 Z 9 LMSVG lautet:

 

Begriffsbestimmungen

§ 3. Für dieses Bundesgesetz gelten folgende Begriffsbestimmungen:

[...]

9. Inverkehrbringen: Inverkehrbringen gemäß Art. 3 Z 8 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002. Art. 3 Z 8 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 gilt sinngemäß für Gebrauchsgegenstände, wobei ein Inverkehrbringen von Spielzeug dann nicht vorliegt, wenn sichergestellt ist, dass das Spielzeug in seiner den lebensmittelrechtlichen Vorschriften nicht entsprechenden Beschaffenheit nicht zum Verbraucher gelangt. Art. 3 Z 8 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 gilt sinngemäß auch für kosmetische Mittel, wobei ein Inverkehrbringen dann nicht vorliegt, wenn es sich um die Anwendung am Endverbraucher im Rahmen der Berufsausübung handelt. Für Wasser für den menschlichen Gebrauch gilt auch die Abgabe zum Zweck der Gemeinschaftsversorgung als Inverkehrbringen, sofern diese nicht im Rahmen des familiären Verbandes erfolgt.

Davon abweichend ist als Inverkehrbringen bei ursprünglich auf Grund des Lebensmittelgesetzes 1975 – LMG 1975, BGBl. Nr. 86, erlassenen Verordnungen das Gewinnen, Herstellen, Behandeln, Einführen, Lagern, Verpacken, Bezeichnen, Feilhalten, Ankündigen, Werben, Verkaufen, jedes sonstige Überlassen und das Verwenden für andere zu verstehen, sofern es zu Erwerbszwecken oder für Zwecke der Gemeinschaftsversorgung geschieht. Bei Beurteilung einer Ware ist jedoch auch zu berücksichtigen, ob sich ihre etwaige den lebensmittelrechtlichen Vorschriften gemäß Z 13 nicht entsprechende Beschaffenheit bloß aus der Besonderheit jener Phase des Inverkehrbringens ergibt, aus der sie stammt. Ein Inverkehrbringen liegt nicht vor, wenn sichergestellt ist, dass die Ware in ihrer den lebensmittelrechtlichen Vorschriften nicht entsprechenden Beschaffenheit nicht zum Verbraucher gelangt. Die Befugnisse der Aufsichtsorgane gemäß §§ 35, 39 und 41 bleiben davon unberührt.

[...]

 

§ 5 Abs 1 Z3  LMSVG lautet:

 

Lebensmittel

Allgemeine Anforderungen

§ 5. (1) Es ist verboten, Lebensmittel, die

[...]

3. den nach den § 4 Abs. 3, §§ 6 oder 57 Abs. 1 erlassenen Verordnungen nicht entsprechen,

in Verkehr zu bringen.

[...]

 

§ 6 LMSVG lautet:

  

Verordnungsermächtigung für Lebensmittel und Wasser für den menschlichen Gebrauch

§ 6. (1) Der Bundesminister für Gesundheit hat unter Bedachtnahme auf die Zielsetzung dieses Bundesgesetzes sowie den anerkannten Stand der Wissenschaft und Technologie nach Anhören der Codexkommission mit Verordnung Vorschriften für Lebensmittel, insbesondere betreffend die Beschaffenheit, das Gewinnen, das Herstellen, Verarbeiten, Behandeln, die Voraussetzungen für das Inverkehrbringen, die Kennzeichnung und die Verwendung von Angaben zu erlassen.

(2) Verordnungen gemäß Abs. 1, die bestimmen, dass Lebensmittel nur unter einer bestimmten Kennzeichnung in Verkehr gebracht werden dürfen und die der Information und dem Schutz der Verbraucher vor Täuschung dienen, sind im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit zu erlassen.

(3) Der Bundesminister für Gesundheit hat unter Bedachtnahme auf die Zielsetzung dieses Bundesgesetzes sowie den anerkannten Stand der Wissenschaft und Technologie nach Anhören der Codexkommission die Voraussetzungen für das Bereitstellen von Wasser für den menschlichen Gebrauch und die Anforderungen an die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch mit Verordnung näher zu regeln.

(4) Verordnungen gemäß Abs. 1 zur Festlegung von Rückstandshöchstwerten von Schädlingsbekämpfungsmitteln in oder auf Lebensmitteln sind im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zu erlassen.

 

§ 90 Abs 3 LMSVG lautet:

 

Verwaltungsstrafbestimmungen

Tatbestände

§ 90.

(3) Wer

1. den in der Anlage genannten unmittelbar anwendbaren Rechtsakten der Europäischen Union oder den näheren Vorschriften zur Durchführung dieser Rechtsakte gemäß § 4 Abs. 3 oder § 15 zuwiderhandelt,

2. den Bestimmungen einer auf Grund der §§ 6, 7 Abs. 1, 9 Abs. 2, 10 Abs. 7 oder 8, der §§ 11, 12, 13, 14, 19, 20, 34, 47 Abs. 2, 53 Abs. 7 oder 57 Abs. 1 erlassenen Verordnung zuwiderhandelt,

3. den Bestimmungen der in den §§ 96 und 97 angeführten Rechtsvorschriften zuwiderhandelt,

4. den Bestimmungen des in § 24 Abs. 1 Z 1 angeführten unmittelbar anwendbaren Rechtsaktes der Europäischen Union zuwiderhandelt.

begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 50 000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 100 000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

 

die hier wesentlichen Teile des § 4 LMKV lauteten:

 

§ 4. (1) Verpackte Waren sind wie folgt zu kennzeichnen, sofern die §§ 5 bis 7 nicht anderes bestimmen:

[...]

2. der Name (Firma oder Firmenschlagwort) und die Anschrift der erzeugenden oder verpackenden Unternehmung oder eines in einem EWR-Mitgliedstaat niedergelassenen Verkäufers; den Ursprungs- oder Herkunftsort, falls ohne diese Angabe ein Irrtum des Verbrauchers über die tatsächliche Herkunft möglich wäre. Bei ausländischen - nicht aus einem EWR-Mitgliedstaat importierten - Waren ist jedenfalls das Ursprungsland anzugeben;

[...]

6. die Temperaturen oder sonstigen Lagerbedingungen, wenn deren Einhaltung für die Haltbarkeit wesentlich ist;

7. die Zutaten (Bestandteile und Zusatzstoffe)

a) dem Verzeichnis der Zutaten ist eine geeignete Bezeichnung voranzustellen, in der das Wort „Zutaten” enthalten ist. Jeder Stoff, der bei der Herstellung einer Ware verwendet wird und unverändert oder verändert im Enderzeugnis vorhanden ist, ist in absteigender Reihenfolge des jeweiligen Gewichtsanteils zum Zeitpunkt der Verwendung bei der Herstellung zu deklarieren;

abweichend davon [...]

 

     

III.2. Rechtliche Beurteilung

 

III.2.1. Die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung trifft nach § 9 Abs 1 VStG grundsätzlich die nach Außen zur Vertretung eines Unternehmens berufenen Organe, also die Geschäftsführer.

 

§ 9 Abs 2 VStG erlaubt diesen, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, welchen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen, also grundsätzlich jeder Mitarbeiter, zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

 

Eine Einschränkung erfährt diese Bestimmung durch Abs. 4, der festhält, dass verantwortlicher Beauftragter nur eine Person mit Hauptwohnsitz im Inland, die strafrechtlich verfolgt werden kann, sein kann, die zudem ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist.

 

Es ergibt sich aus dieser Bestimmung, dass sich der Gesetzgeber für die Position eines verantwortlichen Beauftragten Personen wünscht, die im Betrieb tatsächlich „etwas zu sagen haben“ (Anordnungsbefugnis) also für den in der Bestellung definierten Bereich, eine Leitungsposition innehaben.

Insbesondere ist aus rechtspolitischer Sicht davon auszugehen, dass sich die Anordnungsbefugnis iSd § 9 Abs 4 VStG mit der internen Organisationsstruktur des jeweiligen Unternehmens decken muss, also dem verantwortlichen Beauftragten nicht nur eine Verantwortung aufgebürdet wird, die in der nach außen (an die Behörde) gerichteten Urkunde zum Ausdruck kommt, sondern muss diese Anordnungsbefugnis auch Unternehmensintern tatsächlich bestehen.

 

III.2.2. Der UVS Oö. hat bereits im Rahmen des seinerzeit hinsichtlich der Feinkostleiterin der Filiale A. durch ihn eingestellten Verwaltungsstrafverfahrens (VwSen-240954/2/Gf/Rt) darauf hingewiesen, dass eine Klärung der Frage einer wirksamen verantwortlichen Beauftragung nur durch das Pflegen von Erhebungen hinsichtlich einer allfälligen Bestellung einer anderen Person (hier der Category Manager = Warengruppenmanager) denkbar ist. Ermittlungsschritte sind unterblieben. Die vom Bf seinerzeit vorgebrachte „Außerstreitstellung“ enthob die Behörde nicht, eigene Ermittlungen zu tätigen. Dies auch vor dem Hintergrund, dass dem Verwaltungsrecht Außerstreitstellungen fremd sind (vgl. VwGH 15.09.2004, 2001/04/0181).

 

Nach der ständigen und gefestigten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dürfen die Bestellungen (Namhaftmachungen) von verantwortlichen Beauftragten keine Zweifel über den Umfang der Übertragung der Verantwortlichkeit offen lassen (Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, VStG § 9 S. 1284 mwN)

 

Nach der Judikatur liegt eine eindeutige und zu keinen Zweifeln Anlass gebende Umschreibung des Verantwortungsbereiches nur dann vor, wenn für die in räumlicher, sachlicher und allenfalls auch zeitlicher Hinsicht abgegrenzte, verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit immer nur eine von vorneherein feststehende Person in Betracht kommt. Die unterscheidungslose Übertragung der Verantwortlichkeit, zB. für die Einhaltung sämtlicher Dienstnehmer-schutzbestimmungen auf verschiedene Angestellte für denselben Verantwortungsbereich ist daher nicht rechtswirksam (vgl. Hauer/Leukauf, aaO).                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 

 

In seiner Entscheidung vom 23. April 2013, 2013/09/0026 sprach der VwGH aus:

„Aus dem Wortlaut des § 9 Abs. 2 VStG ist klar ersichtlich, dass der räumliche oder sachliche Bereich des Unternehmens, für den ein verantwortlicher Beauftragter mit dessen Zustimmung bestellt wird, "klar abzugrenzen" ist. Erfolgt eine solche klare Abgrenzung nicht, so liegt keine wirksame Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten im Sinne dieser Bestimmung vor. Die Verwaltungsstrafbehörden sollen - wie der Verwaltungsgerichtshof insbesondere in seinem Erkenntnis vom 12. Januar 1999, Zl. 98/09/0231, unter Hinweis auf weitere Judikatur bereits dargelegt hat - nicht in die Lage versetzt werden, Ermittlungen über den jeweiligen Betrieb und seine Gliederung in räumlicher und sachlicher Hinsicht, insbesondere über die Größe, Lage und Verwendung der einzelnen Betriebsräume, anstellen zu müssen. Sie sollen auch der Aufgabe enthoben sein, die Bestellung (ihren Nachweis) einer nur unter Zuhilfenahme weiterer Beweise möglichen Interpretation unterziehen zu müssen, um zu klären, welcher Inhalt einer diesbezüglich nicht eindeutigen Erklärung beizumessen ist. Jedenfalls soll vermieden werden, dass Zweifel am Umfang des Verantwortlichkeitsbereiches entstehen und als deren Folge die Begehung von Verwaltungsübertretungen allenfalls überhaupt ungesühnt bleibt. Bei der Auslegung einer Bestellungsurkunde ist sohin ein objektiver Maßstab anzulegen. Dabei kommt es im Sinne der allgemeinen Auslegungsregeln auch nicht auf die Absicht des Erklärenden, sondern auf den objektiven Erklärungswert des Empfängers an.“

 

Aus dieser Judikatur ergibt sich, dass die vorliegende mit Schriftsatz vom          1. September 2012 vorgelegte Bestellungsurkunde nach objektiven Kriterien auszulegen ist, und erweist sich, dass diese keine Wirksamkeit entfalten kann.

 

Dazu ist im Einzelnen Folgendes auszuführen:

 

III.2.3. Sachlicher Verantwortungsbereich

Nach ihrem Wortlaut erstreckt sich die Urkunde auf „die Einhaltung aller relevanten gesetzlichen, lebensmittelrechtlichen und verwaltungsrechtlichen Bestimmungen für die obigen Warengruppen“. Sie verweist auf die Funktion des Bf als „Category Manager“. Sie stellt aber nicht dar, welchen Aufgabenumfang Arbeitnehmer mit dieser „Berufsbezeichnung“ haben. Die Urkunde nimmt Bezug auf 7 durch Ziffern und stichwortartige Bezeichnungen beschriebene Warengruppen (zB. Feinkost Waage Wertartikel), deren Bedeutung sich für einen Fachexperten aus dem Lebensmittelhandel oder dem bezughabenden Unternehmen, der in Kenntnis der dort gepflogenen branchenspezifischen Wareneinteilung ist, erschließen mag, jedoch aus Sicht des außenstehenden Erklärungsempfängers (Behörde, Gericht) nicht als zweifelsfreie sachliche Abgrenzung iSd § 9 Abs 2 VStG bzw. der zitierten Judikatur angesehen werden kann. Dieser Umstand erschließt sich im Übrigen besonders aus der Einvernahme des Zeugen S., der selbst leitender Angestellter des ggst. Unternehmens ist und nicht in der Lage war, anzugeben, ob es sich bei dem hier gegenständlichen Produkt „Pfeffermakrele“ um ein solches handelt, das ausschließlich „offen“ und im Wege der Bedienung oder auch vorverpackt via Selbstbedienung zum Kunden gelangt und so, nach betriebsinterner Einteilung bei der Dienstgeberin des Bf, dem Bereich Feinkost BED oder dem SB-Bereich zuzuordnen ist. Insofern ergibt sich, dass diese für die Anwendbarkeit der VO 1169/2011 bzw. der mittlerweile außer Kraft getretenen LMKV essentielle Frage (vorverpackte Ware), die Beurteilungsgrundlage für die allfällige Strafbarkeit des Bf ist, aus der Bestellungsurkunde nicht erhellt.

Welche Aufgaben ein „Category Manager“ hat, lässt die Urkunde offen, und sagt auch diesbezüglich nichts zum sachlichen Umfang des Aufgabengebiets des Bf.

Der Urkundentext hätte also insbesondere einer entsprechenden Klarstellung dahingehend bedurft, ob der Bf in seiner Funktion für das gesetzgemäße Inverkehrbringen (und damit ggf. auch für die allf. Funktionslosigkeit eines entsprechenden Kontrollsystems) einer bestimmten, klar und allgemein verständlich abgegrenzten Ware (Warengruppe), verantwortlich ist.      

 

Es ergibt sich zudem alleine aus der Formulierung „alle relevanten gesetzlichen Bestimmungen“, dass von einer klaren sachlichen Abgrenzung nicht gesprochen werden kann, zumal die Behörde aufgrund dieser Wendung gehalten wäre, zunächst die generelle Bedeutung des Begriffes „Category Manager“ und seinen Arbeitsbereich, sodann die Oberwarengruppen und in der Folge alle hier allenfalls relevanten gesetzlichen Bestimmungen zu erheben. Die Schnittmenge würde letztlich den Verantwortungsbereich des Bf ergeben. Von einer klaren sachlichen Abgrenzung kann sohin keinesfalls gesprochen werden.

 

In der öffentlichen mündlichen Verhandlung legte der Bf darüber hinaus die unter I.7. wiedergegebene Bestellungsurkunde der Feinkostabteilungsleiterin der Filiale A. vor. Aus dieser ergibt sich, beschränkt auf den Filialstandort A. und die dortige Feinkostabteilung, eine Verantwortlichkeit der betroffenen Abteilungsleiterin „für die Einhaltung aller lebensmittelrechtlichen und sonstigen verwaltungsrechtlichen Bestimmungen [...]“.

Ausgenommen soll lediglich die „Einhaltung sämtlicher lebensmittelrechtlichen Bestimmungen im Bereich des Trockensortiments“ (nach allgemeinem Verständnis: nicht gekühlte oder tiefgefrorene, verpackte, zum Verzehr gedachte Waren) sein.

 

Insofern ergibt sich, bei objektiver Betrachtung und auch vor dem Hintergrund, dass Feinkostartikel nach allgemeinem Verständnis und dem österreichischen Lebensmittelbuch auch verpackte Waren sein können (zB Gabelbissen, vgl. ÖLMB B25/2) eine Überlappung von Verantwortungsbereichen. Eine Unterscheidung könnte lediglich dahin angenommen werden, dass die angesprochene Filialleiterin lediglich für ein Inverkehrbringen ausgehend von der Feinkostabteilung der Filiale A., der Bf generell oder vom Unternehmenssitz aus, verantwortlich sein soll. Vorliegend wurde aber gerade ein Inverkehrbringen in der Filiale in A. vorgeworfen.  

Daraus folgt, dass angesichts dieser Ungewissheit ein nicht aus dem jeweiligen Unternehmen stammender objektiver Erklärungsempfänger nicht in der Lage ist, ohne weitere intensive Recherchen, festzustellen, welcher der beiden Mitarbeiter für die vorliegende Verwaltungsübertretung zur Verantwortung gezogen werden müsste.

 

Auch aus diesem Grund legt der VwGH, rechtspolitsch sinnvoll, einen strengen Auslegungsmaßstab an die jeweilige Urkunde und ihren objektiven Erklärungswert an, zumal eine Klärung des seinerzeit Gewollten im Nachhinein nur schwer möglich ist und zu einem vom Gesetzgeber nicht gewünschten „Hin und Her“ zwischen allfälligen Verantwortlichen führen könnte.

    

III.2.4. Räumlicher Verantwortungsbereich

Die den Bf betreffende Bestellungsurkunde beinhaltet zudem keine klare örtliche Abgrenzung des Verantwortungsbereiches des Bf. Genannt ist lediglich seine Arbeitsstätte in der E. L.-Straße in T. Die Urkunde enthält keinerlei Hinweis darauf, dass sich der Verantwortungsbereich des Bf auch auf die etlichen (alleine in . annähernd 50) Eigenfilialen seiner Dienstgeberin, beziehen sollte. Für den objektiven Erklärungsempfänger kann die Nennung des Unternehmenssitzes nichts anderes bedeuten, als dass der Bf lediglich für diesen bestellt wurde. Ihm ist schließlich das Filialkonzept des Unternehmens unbekannt.

 

Die belangte Behörde wirft dem Bf, in Verbindung mit § 9 Abs 2 VStG vor, dass er für das Inverkehrbringen eines der LMKV nicht entsprechenden Produktes durch Bereithalten in der SB-Vitrine im Markt in A., verantwortlich ist. Dies als Folge einer nicht gesetzgemäß vorgenommenen Kennzeichnung.

 

Um von einer Strafbarkeit des Bf ausgehen zu können, müsste dieser also ganz allgemein für das gesetzgemäße Inverkehrbringen von Produkten auch an den Filialstandorten verantwortlich sein. Diese Verantwortlichkeit ließe sich aus der vorgelegten Urkunde nur dann ableiten, wenn man davon ausginge, dass das Inverkehrbringen in den Filialen zu den Aufgaben eines Category Managers gehört. Die vorgelegte Bestellungsurkunde lässt eine diesbezügliche Klärung, insbesondere darüber, ob der Bf eine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung über die Unternehmenszentrale hinaus hat, offen.

Es bestehen also auch diesbezüglich erhebliche Zweifel daran, ob der Bf überhaupt in örtlicher Hinsicht für ein Inverkehrbringen in A. verantwortlich sein kann und wenn ja, ob diesfalls nicht wiederum eine Überlappung mit der allfälligen Verantwortlichkeit der dortigen Feinkostabteilungsleiterin anzunehmen ist.

Eine klare Abgrenzung kann den vorgelegten Bestellungsurkunden nicht entnommen werden.

 

Auch aus diesen Gründen ist davon auszugehen, dass keine wirksame Bestellung erfolgt ist. Die Bestellungsurkunde legt den erforderlichen Schluss der Verantwortlichkeit des Bf nicht zweifelsfrei offen.   

 

       

III.2.5. Anordnungsbefugnis

Neben der Klärung der oben dargestellten Merkmale einer ordnungsgemäßen Bestellung muss der verantwortliche Beauftragte zudem über eine entsprechende, seinen Verantwortungsbereich abdeckende Anordnungsbefugnis verfügen. Auch diese ist der Behörde gegenüber – bezogen auf den Tatzeitpunkt – nach den allgemeinen Regeln (Rz 27) nachzuweisen (VwGH 21. 8. 2001, 99/09/0061; 25. 10.1994, 94/07/0027 (Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 9 Rz 39).

 

Eine solche kann der vorgelegten Bestellungsurkunde nicht entnommen werden.

Unter der Voraussetzung, dass im vorliegenden Fall tatsächlich ein Feinkostartikel (betriebsinterne Definition) vorliegt, ergibt sich, dass der Bf (neben anderen noch darzustellenden Kriterien) gegenüber den Filialmitarbeitern, insb. der Feinkostabteilungsleiterin in A., ansonsten gegenüber jenem Mitarbeiter, der in A. für andere Frischartikel zuständig ist, eine entsprechende Anordnungsbefugnis hätte haben müssen. Diese würde wiederum mit der notwendigen Anordnungsbefugnis der Feinkostabteilungsleiterin kollidieren.

 

III.3. Aus der spezifischen Anlastung des Inverkehrbringens durch Bereithalten in der SB-Kühlvitrine kann demnach nur eine Person als verantwortlicher Beauftragter in Betracht kommen, die in klar abgegrenzter sachlicher und räumlicher Sicht für das spezifische Inverkehrbringen von Lebensmitteln in der Filiale A., also entweder nur für diese, oder für das gesamte Unternehmen, als verantwortlicher Beauftragter bestellt ist.

Eine solche Bestellung konnte der vorliegenden Bestellungsurkunde nicht mit der erforderlichen objektiven Klarheit entnommen werden.

 

Insgesamt erfüllt die vorliegende, durch vorbeugend unbestimmte Begriffe (Vorratsklauseln) gekennzeichnete Urkunde die vom VwGH herausgearbeiteten Kriterien nicht.

 

Aus all diesen Gründen war der Beschwerde im Ergebnis stattzugeben und das zugrundeliegende Straferkenntnis aufzuheben.

 

Der Ausspruch über die Kosten des Strafverfahrens, des Beschwerdeverfahrens und der Lebensmitteluntersuchungskosten ergibt sich aus dem Umstand, dass es zu keiner Bestrafung des Bf kam.

 

 

 

 

 

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Pohl