LVwG-400086/2/Gf/Mu
Linz, 04.05.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K !
Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hat durch seinen Einzelrichter Dr. Alfred Grof über die Beschwerde des Dr. P C, x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 31. März 2015, Zl. 933/10-1420044, wegen einer Übertretung des Oö. Parkgebührengesetzes
z u R e c h t e r k a n n t:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 50 VwGVG stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
II. Der Beschwerdeführer hat gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 25a VwGG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
Ablauf des Verwaltungsverfahrens
1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 31. März 2015, Zl. 933/10-1420044, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von 40 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 36 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: 10 Euro) verhängt, weil er am 27. Oktober 2014 in der Zeit zwischen 15:51 Uhr und 16:25 Uhr vor dem Haus B Nr. x in L. sein mehrspuriges KFZ in einer (im Bereich eines „Halte- und Parkverbotes – ausgenommen Behördenfahrzeuge“ situierten) gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne gültigen Parkschein abgestellt gehabt habe. Dadurch habe er eine Übertretung des § 2 Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 1 lit. a des Oö. Parkgebührengesetzes, LGBl.Nr. 28/1988 in der hier maßgeblichen Fassung LGBl.Nr. 90/2013 (im Folgenden: ÖoParkGebG), i.V.m. den §§ 1, 2, 3, 5 und 6 der Parkgebührenverordnung der Stadt Linz (im Folgenden: ParkGebV Linz) begangen, weshalb er nach § 6 Abs. 1 lit. a OöParkGebG zu bestrafen gewesen sei.
Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die ihm angelastete Tat aufgrund entsprechender Wahrnehmungen eines zeugenschaftlich einvernommenen Parkgebühren-Aufsichtsorganes und des von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens als erwiesen anzusehen sei.
Im Zuge der Strafbemessung seien die bisherige Unbescholtenheit des Rechtsmittelwerbers als mildernd zu werten und seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen (monatliches Nettoeinkommen: 2.200 Euro; keine Sorgepflichten; kein Vermögen).
2. Gegen dieses ihm am 2. April 2015 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 11. April 2015 – und damit rechtzeitig – per e‑mail eingebrachte Beschwerde.
Darin wird im Wesentlichen eingewendet, dass sein Fahrzeug zwar an der im Straferkenntnis angeführten Stelle abgestellt gewesen sei; allerdings sei dort auch ein „Halte- und Parkverbot, ausgenommen Behördenfahrzeuge“ verordnet gewesen. Daher habe es sich in diesem Bereich um ein Halteverbot und nicht um eine gebührenpflichte Kurzparkzone gehandelt, weshalb er auch nicht zur Entrichtung einer Parkgebühr verpflichtet gewesen sei.
Aus diesem Grund wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.
3. Der Magistrat der Stadt Linz hat dem Verwaltungsgericht des Landes Ober-österreich mit Schreiben vom 14. April 2015 den Bezug habenden Akt vorgelegt und beantragt, die gegenständliche Bescheidbeschwerde abzuweisen.
II.
Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes des Landes Oberösterreich
und Zulässigkeit der Beschwerde
1. Die vorliegende, auf Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG gegründete Beschwerde richtet sich gegen ein Straferkenntnis einer Verwaltungsbehörde und wurde innerhalb der Vier-Wochen-Frist des § 7 Abs. 4 VwGVG bei der belangten Behörde eingebracht; da der Inhalt dieser Beschwerde den Anforderungen des § 9 VwGVG entspricht und auch sonstige Prozesshindernisse nicht vorliegen, ist sie insgesamt als zulässig anzusehen.
2. Weil insoweit weder im OöParkGebG noch im VwGVG Abweichendes angeordnet ist, hatte das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich im vorliegenden Fall gemäß Art. 135 Abs. 1 B‑VG durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden.
III.
Sachverhaltsermittlung und Beweiswürdigung
durch das Verwaltungsgericht
1. Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates der Stadt Linz zu Zl. 933/10-1420044 (0010745/2015-FSA-Park); aus diesem in Verbindung mit dem Parteienvorbringen ergibt sich folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt:
1.1. Der Beschwerdeführer hatte am 27. Oktober 2014 jedenfalls in der Zeit zwischen 15:51 Uhr und 16:25 Uhr vor dem Haus B Nr. x in L. ein mehrspuriges Kraftfahrzeug abgestellt. Zum Vorfallszeitraum befand sich diese Straßenfläche innerhalb einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone; zudem war diese als „Halte- und Parkverbot – ausgenommen Behördenfahrzeuge“ gekennzeichnet.
Da der Rechtsmittelwerber für den fraglichen Zeitraum keinen gültigen Parkschein gelöst hatte, wurde gegen ihn von einem Parkgebühren-Aufsichtsorgan eine Anzeige an den Magistrat der Stadt Linz erstattet.
1.2. In der Folge wurde über den Beschwerdeführer mit Strafverfügung des
Bürgermeisters der Stadt Linz vom 18. Februar 2015 wegen einer Übertretung des § 6 Abs. 1 lit. a OöParkGebG eine Geldstrafe in Höhe von 50 Euro verhängt.
1.3. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht einen Einspruch erhoben und darin vorgebracht, dass er keine Übertretung begangen habe, weshalb er die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantrage.
1.4. Im Zuge des von der belangten Behörde hierauf eingeleiteten ordentlichen Ermittlungsverfahrens wurde am 12. März 2015 das anzeigenlegende Parkgebühren-Aufsichtsorgan zeugenschaftlich einvernommen.
Unter Wahrheitspflicht gab diese Zeugin an, am Vorfallstag zunächst um 15:51 Uhr das ohne gültigen Parkschein abgestellte KFZ an der verfahrensgegenständlichen Stelle wahrgenommen zu haben. Nach der anschließend durchgeführten Kontrolle von in der W abgestellten Fahrzeugen sei sie um 16:25 Uhr wieder zum KFZ des Rechtsmittelwerbers zurückgekommen, wobei in diesem nach wie vor kein gültiger Parkschein zu sehen gewesen sei. Daher habe sie eine Organstrafverfügung ausgestellt und hinter dem Scheibenwischer angebracht.
1.5. In der vom Beschwerdeführer hierzu am 15. März 2015 abgegebenen Stellungnahme wird ausgeführt, dass es zwar zutreffe, dass er für sein dort abgestelltes Fahrzeug keine Parkgebühr entrichtet gehabt habe. Allerdings sei dieses in einem „Halte- und Parkverbot, ausgenommen Behördenfahrzeuge“ geparkt gewesen, weshalb dieser Bereich nicht als Kurzparkzone anzusehen gewesen sei. Daher habe er auch keinen Parkschein an seinem KFZ angebracht.
Zudem wurde vorgebracht, dass der Rechtsmittelwerber sein Privatfahrzeug auch dienstlich verwende, da beim Land Oberösterreich die Anzahl an behördeeigenen Fahrzeugen stark reduziert worden sei; deshalb müssten Landesbedienstete auch ihre privaten KFZ – wenngleich gegen Kostenersatz – für dienstliche Tätigkeiten verwenden.
1.6. In der Folge hat die belangte Behörde erhoben (siehe dazu den handschriftlichen Aktenvermerk vom 30. März 2015), dass die verfahrensgegenständliche, allgemein für Behördenfahrzeuge verordnete Halteverbotszone nicht ausschließlich zugunsten Bediensteter des Landes Oberösterreich geschaffen worden sei. Dessen ungeachtet hätte das KFZ des Beschwerdeführers ohnehin kein Behördenfahrzeug verkörpert, weil dessen Zulassungsbesitzer zweifelsfrei nicht eine Behörde, sondern der Rechtsmittelwerber – und damit eine Privatperson – sei. Zwecks erlaubter Benützung dieses Halte- und Parkverbotsbereiches mit „arbeitnehmereigenen“ Fahrzeugen hätte daher zuvor eine entsprechende, auf die Straßenverkehrsordnung gestützte Ausnahmeregelung erwirkt werden müssen.
2. Diese sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt und aus dem Parteienvorbringen übereinstimmend ergebenden Sachverhaltsfeststellungen blieben allseits unbestritten und sind sohin folglich auch als tatsächlich zutreffend anzusehen.
IV.
Rechtliche Beurteilung
In der Sache selbst hat das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich erwogen:
1.1. Gemäß § 1 Abs. 1 OöParkGebG sind die Gemeinden dazu ermächtigt, nach Maßgabe dieses Gesetzes durch Beschluss des Gemeinderates eine Abgabe (Parkgebühr) für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 der Straßenverkehrsordnung, BGBl.Nr. 159/1960 in der zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I 27/2014, im Folgenden: StVO) für die nach den straßenpolizeilichen Vorschriften zulässige Parkdauer auszuschreiben.
Nach § 6 Abs. 1 lit. a i.V.m. § 2 Abs. 1 OöParkGebG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 220 Euro zu bestrafen, der als Lenker eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges die für ein Abstellen desselben in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone fällige Parkgebühr nicht entrichtet; unter einem „Abstellen“ ist sowohl ein „Halten“ i.S.d. § 2 Abs. 1 Z. 27 StVO als auch ein „Parken“ i.S.d. § 2 Abs. 1 Z. 28 StVO zu verstehen (so explizit § 1 Abs. 2 OöParkGebG).
Gemäß § 5 Abs. 2 OöParkGebG kann die Gemeinde durch Verordnung (weitere) Ausnahmen von der Abgabepflicht der Parkgebühr bestimmen, sofern diese nicht Rechtsvorschriften oder allgemeinen Rechtsgrundsätzen widersprechen. Dem entsprechend ist nach § 4 lit. i ParkGebV Linz u.a. für Fahrzeuge, die für den Bund, eine andere Gebietskörperschaft oder einen Gemeindeverband zugelassen sind, keine Parkgebühr zu entrichten.
Nach § 99 Abs. 3 lit. a i.V.m. § 24 Abs. 1 lit. a und i.V.m. § 52 lit. a Z. 13b StVO beging derjenige eine Verwaltungsübertretung und war mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro zu bestrafen, der im Bereich des Vorschriftszeichens „Halten und Parken verboten“ hielt oder parkte, ohne dass dieses Halten oder Parken von einem in einer Zusatztafel zum Ausdruck gebrachten Anwendungsbereich ausgenommen war.
2.1. Vor diesem rechtlichen Hintergrund ging die belangte Behörde im angefochtenen Straferkenntnis – zutreffend – davon aus, dass ein i.S.d. am Vorfallsort angebrachten Zusatztafel „ausgenommen Behördenfahrzeuge“ zu verstehendes KFZ nur ein solches sein kann, für das eine Behörde als Zulassungsbesitzerin fungiert.
Da es sich beim Fahrzeug des Rechtsmittelwerbers jedoch allseits unbestritten nicht um ein derartiges auf eine Behörde, sondern lediglich um ein auf eine Privatperson zugelassenes KFZ handelte, hätte somit eine Parkgebühr entrichtet werden müssen.
2.2. Dem hält der Rechtsmittelwerber in seiner Beschwerde entgegen, dass am verfahrensgegenständlichen Ort ein „Halte- und Parkverbot, ausgenommen Behördenfahrzeuge“ verordnet gewesen sei. Daher könne es sich für den Bereich dieses Halte- und Parkverbotes nicht zugleich auch um eine gebührenpflichtige Kurzparkzone gehandelt haben.
2.3. Auf Grund dieses Parteienvorbringens ist daher im vorliegenden Fall ausschließlich die Rechtsfrage strittig, ob für das Abstellen eines mehrspurigen KFZ in einem „Halte- und Parkverbot – ausgenommen Behördenfahrzeuge“, das sich innerhalb in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone befindet, überhaupt eine Parkgebühr zu entrichten ist.
2.3.1. In diesem Zusammenhang ist zum einen davon auszugehen, dass sowohl der Verfassungsgerichtshof (VfGH) als auch der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) in ihrer Rechtsprechung stets den Standpunkt vertreten, dass der Geltungsbereich einer Kurzparkzone durch ein innerhalb derselben verordnetes Halte- und Parkverbot nicht zurückgedrängt wird (vgl. z.B. schon VfGH vom 6.12.1965, B 210/65 = VfSlg 5152/1965; s.a. VwGH vom 31.7.2003, 2003/17/0110).
2.3.2. Zum anderen ist auch der vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (im Folgenden: EGMR) mit dessen Urteil vom 10. Februar 2009, 14939/03 (Fall „Z“), begonnene und in der Folge vielfach bestätigte Judikaturwandel zu Art. 4 des 7.ZPMRK (Verbot der Doppelverfolgung- und -bestrafung) zu beachten, wonach nunmehr – in Abkehr vom früheren, sog. „essential elements“-Ansatz – auf das Vorliegen eines im Hinblick auf die Aspekte „Zeit“ und „Ort“ (nahezu) identischen Sachverhaltes („inextricably linked together in time and space“; vgl. RN 84) abzustellen ist.
Denn in Weiterführung seiner „Z“-Entscheidung hat der EGMR in seinem Urteil vom 27. Jänner 2015, 17039/13, zur Frage von parallel geführten Strafverfahren einerseits eine Verletzung des Art. 4 des 7.ZPMRK dadurch festgestellt, dass dem Beschwerdeführer für ein und dasselbe Steuervergehen zunächst ein Zuschlag auferlegt (was unter gewissen Umständen als ein Strafverfahren i.S.d. Art. 6 Abs. 1 EMRK anzusehen ist) und er in der Folge wegen Steuerbetruges verurteilt wurde; diese Grundrechtsverletzung resultierte deshalb, weil beide Verfahren keinen wechselseitigen Konnex aufwiesen, sondern völlig beziehungslos nebeneinander geführt, das zweite Verfahren nach Rechtskraft des ersten Verfahrens jedoch nicht umgehend eingestellt wurde. Andererseits hat der EGMR in seinem Urteil vom 17. Februar 2015, 41604/11, darin, dass dem dg. Beschwerdeführer zunächst vom Gericht und nach Rechtskraft dieser Entscheidung von der Polizeibehörde noch ein zusätzliches Fahrverbot erteilt wurde, keine Verletzung des Art. 4 des 7. ZPMRK erkannt, weil im konkreten Fall beide Rechtssachen hinsichtlich ihres sachlichen und zeitlichen Zusammenhanges (die behördliche Entscheidung [additives Fahrverbot] erging bereits 5 Wochen nach der gerichtlichen Entscheidung und nahm außerdem auch auf diese ausdrücklich Bezug) einen derart starken Konnex aufwiesen, dass diese Verfahren gleichsam als eine Einheit anzusehen waren.
2.3.2.1. Daraus ergibt sich zunächst insgesamt, dass Parallelverfahren dann keine Verletzung der Garantien des Art. 4 des 7.ZPMRK nach sich ziehen, wenn entweder das zweite Verfahren umgehend nach Rechtskraft des ersten Verfahrens eingestellt wird oder eine solche Einstellung zwar nicht erfolgt, aber beide Entscheidungen einen derart engen sachlichen und verfahrensrechtlichen Konnex aufweisen, dass sie als eine Einheit zu werten sind.
Weiters ist dieser Judikaturserie zu entnehmen, dass – unabhängig von der Beachtung dieser Vorgaben (Einstellung des Zweitverfahrens nach Rechtskraft des Parallelverfahrens bzw. Bewertbarkeit getrennter Entscheidungen als Einheit) – ein und dasselbe Verhalten eines Beschuldigten a priori mehrere unterschiedliche Deliktstatbestände erfüllen und davon ausgehend auch kumulativ einer jeweils gesonderten Bestrafung unterzogen werden kann, ohne dass ein Verstoß gegen Art. 4 des 7.ZPMRK vorläge.
2.3.2.2. Sind sich allerdings die angewendeten Strafnormen derart ähnlich, dass bezüglich ihres jeweiligen Tatbildes nahezu Deckungsgleichheit und lediglich in Bezug auf die Sanktionsart bzw. -höhe, die Vollzugszuständigkeit etc. ein Unterschied besteht, so ist unter dem Aspekt des Art. 7 EMRK bzw. des Art. 49 EGRC zudem auch das Grundrecht der Anwendung der mildesten Strafdrohung ins Kalkül zu ziehen, wie dies der VfGH jüngst klargestellt hat (vgl. VfGH vom 10. März 2015, E 1139/2014).
2.3.3. All dies berücksichtigend gilt für den gegenständlichen Fall daher Folgendes:
2.3.3.1. Einerseits ist nach dem Tatbild des § 99 Abs. 3 lit.a. (i.V.m. § 24 Abs. 1 lit. a und i.V.m. § 52 lit. a Z. 13b) StVO (als Grunddelikt) das widerrechtliche Halten oder Parken mit einem Fahrzeug (konkret: im Bereich des Vorschriftszeichens „Halten und Parken verboten“) unter Strafe gestellt.
Andererseits besteht auch das strafsanktionierte Tatbild des § 6 Abs. 1 lit. a (i.V.m. § 2 Abs. 1) OöParkGebG darin, dass ein KFZ widerrechtlich (konkret: ohne gültigen Parkschein in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone) abgestellt
(= mit diesem gehalten oder geparkt; vgl. § 1 Abs. 2 OöParkGebG) wurde.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtes des Landes Oberösterreich sind sich daher beide Strafnormen derart ähnlich, dass bezüglich ihres jeweiligen Tatbildes – Abstellen eines KFZ – nahezu Deckungsgleichheit besteht.
2.3.3.2. Davon ausgehend kommt aber die Garantie des Art. 7 EMRK bzw. des Art. 49 EGRC zum Tragen, wonach der Beschuldigte einen Rechtsanspruch auf Anwendung der mildesten Strafdrohung hat.
Dem hat die belangte Behörde im vorliegenden Fall (wenngleich nicht bewusst, so doch im Ergebnis) dadurch entsprochen, dass sie ihr Straferkenntnis auf § 6 Abs. 1 lit. a OöParkGebG gestützt hat. Denn diese Bestimmung ermöglicht für das vorschriftswidrige Abstellen eines KFZ lediglich die Verhängung einer Geldstrafe bis zu einem Höchstausmaß von 220 Euro (und keiner primären Freiheitsstrafe), während im Falle einer Heranziehung des § 99 Abs. 3 lit. a StVO eine potentielle Geldstrafe bis zu 726 Euro (und ebenfalls keine primäre Freiheitsstrafe) gedroht hätte.
Indem sohin hier weder eine Doppelverfolgung noch eine Doppelbestrafung noch überhaupt die Führung von Parallelverfahren vorlag und die belangte Behörde von den in Betracht kommenden Deliktstatbeständen jenen mit der für den Beschwerdeführer günstigeren Strafdrohung herangezogen hat, erscheint das angefochtene Straferkenntnis insoweit nicht als rechtswidrig, zumal es im Übrigen auch in der oben (vgl. 2.3.1) angeführten Judikatur des VwGH seine Deckung findet und Letztere auch weiterhin mit der geänderten Rechtsprechung des EGMR in Einklang zu bringen ist.
Anderes würde allerdings gelten, wenn die für die Ahndung einer Übertretung des § 99 Abs. 3 lit. a StVO zuständige Behörde – nämlich die Landespolizeidirektion Oberösterreich – unter Heranziehung dieser Bestimmung eingeschritten wäre und bezüglich des Abstellens des KFZ in einem Halte- und Parkverbot, das innerhalb einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone gelegen war, eine Geldstrafe (in welcher konkreten Höhe auch immer) verhängt hätte, weil dann die vergleichsweise härter sanktionierte Strafbestimmung zur Anwendung gebracht worden und sohin schon allein aus diesem Grund jedenfalls eine Verletzung des Art. 7 EMRK bzw. des Art. 49 EGRC vorgelegen wäre.
Derartiges war aber im gegenständlichen Fall praktisch schon deshalb ausgeschlossen, weil das Parkaufsichtsorgan seine Anzeige lediglich an den Magistrat Linz – und nicht (auch) an die Landespolizeidirektion Oberösterreich – erstattet hat.
2.4. Im Ergebnis erweist sich das angefochtene Straferkenntnis jedoch aus anderen Gründen als rechtswidrig:
2.4.1. Nach der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung ist es zwar nicht von vornherein ausgeschlossen, dass sich an ein und dasselbe faktische Verhalten – hier: Abstellen eines KFZ – jeweils unterschiedliche, ja sogar kontradiktorische Rechtsfolgen – z.B.: Gebührenpflicht trotz Halteverbot, bzw. anders gewendet: Besteuerung eines ohnehin verbotenen Handelns – knüpfen. Objektiv besehen mag dies zwar aus rechtspolitischer Sicht als widersinnig erscheinen; verfassungsrechtlich ist eine solche Vorgangsweise jedoch prinzipiell so lange zulässig, als seitens der beteiligten Gebietskörperschaften deren jeweiliger Kompetenzbereich nicht überschritten wird, wobei derartige Normenkonflikte prinzipiell entweder nach den gängigen Derogationsregeln (Spezialität/Priorität) oder nach dem verfassungsrechtlichen Berücksichtigungsprinzip zu lösen sind. Eine verfassungswidrige, nämlich im Lichte des Gleichheitsgrundsatzes verpönte Unsachlichkeit (i.d.R. wohl der später erlassenen Regelung) läge allerdings in dem Extremfall vor, dass bundesrechtliche Bestimmungen einerseits und landesrechtliche Vorschriften andererseits vom Normadressaten – jeweils unter Strafsanktion –wechselseitig inkompatible Verhaltensweisen (bspw. etwa eine landesgesetzlich normierte Verpflichtung zur Auskunftserteilung gegenüber der Behörde und eine gleichzeitig maßgebliche bundesrechtliche Datenschutzverpflichtung) fordern würden.
2.4.2. Um einen solcherart rechtspolitisch als unannehmbar empfundenen Zustand zu beseitigen, läge es daher entweder am Bundes- oder am Landesgesetzgeber bzw. an der zuständigen Bundes- oder Landesbehörde, die maßgeblichen Rechtsgrundlagen entsprechend zu modifizieren.
Solange jedoch mit Blick auf den hier vorliegenden Fall weder für das Abstellen eines KFZ im Bereich eines innerhalb einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone gelegenen Halte- und Parkverbotes ein zusätzlicher Ausnahmetatbestand in § 5 Abs. 1 OöParkGebG vorgesehen wird noch derartige Halte-und Parkverbote vom Geltungsbereich der Kurzparkzonenverordnung der Stadt Linz ausgenommen werden, bleibt es (zumindest prinzipiell) bei der insgesamt als rechtspolitisch seltsam anmutenden Rechtslage, dass an ein unerlaubtes Verhalten nicht nur eine Strafsanktion (§ 99 Abs. 3 lit. a StVO), sondern zusätzlich auch noch eine Gebührenpflicht (§ 6 Abs. 1 lit. a OöParkGebG) geknüpft ist.
2.4.3. Allerdings ist zu beachten, dass nach der spezifisch oberösterreichischen landesgesetzlichen Regelung – die insoweit mit jenen anderer Bundesländer nicht vergleichbar ist, weshalb auch die von der belangten Behörde zur Stützung ihrer Argumentation herangezogene Rechtsprechung des VwGH nicht zum Tragen kommt (siehe zuletzt LVwG-400056 vom 3. November 2014) gemäß § 1 Abs. 1 OöParkGebG eine Parkgebühr ohnehin einerseits „nur für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 der Straßenverkehrsordnung)“ sowie andererseits nur „für die nach den straßenpolizeilichen Vorschriften zulässige Parkdauer“ ausgeschrieben werden darf.
Damit gehen schon aus dem Normtext selbst völlig unmissverständlich zwei essentielle Elemente der Gebührenausschreibung hervor, an die jede Gemeinde gemäß § 7 Abs. 5 F-VG (i.V.m. § 15 Abs. 3 Z. 5 des Finanzausgleichsgesetzes, BGBl I 103/2007 i.d.g.F. BGBl I 17/2015) auf Grund des Legalitätsprinzips (vgl. Art. 18 Abs. 1 B-VG bzw. im Besonderen § 5 F-VG) derart gebunden ist, dass diese im Zuge der Erlassung ihrer Gebührenverordnung jeweils entsprechend beachtet werden müssen, nämlich: dass die Ausschreibung der Parkgebühr zum einen das Vorhandensein einer von der hierfür zuständigen Behörde gemäß § 25 StVO verordneten Kurzparkzone voraussetzt sowie, dass in dem von der Gemeinde als gebührenpflichtig festgelegten Straßenabschnitt das Halten oder Parken auch rechtlich erlaubt ist (arg. „zulässig“[e Parkdauer]). Diese in § 1 Abs. 1 OöParkGebG enthaltene sog. „salvatorische Klausel“ erklärt sich aus dem bundesstaatlichen Rücksichtnahmegebot („Berücksichtigungsprinzip“), um eben einen (rechtlich bis zu einem Grad zwar zulässigen, rechtspolitisch jedoch prinzipiell unerwünschten) Normenwiderspruch, wie er zuvor unter 2.4.1. und 2.4.2. aufgezeigt wurde, schon a priori weitest möglich hintanzuhalten.
Vor diesem Hintergrund wurde daher vom Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich bereits mehrfach betont, dass das Halten und Parken in solchen Bereichen, in denen das Abstellen eines KFZ auf Grund straßenpolizeilicher Vorschriften schon von vornherein unzulässig ist, einer Einbeziehung in die Parkgebührenpflicht verwehrt ist (vgl. zuletzt wiederum LVwG OÖ vom 3. November 2014, LVwG-400056; s.a. UVS OÖ vom 21. April 2009, VwSen-130615, und vom 9. Juni 2008, VwSen-130591).
Wenn daher im gegenständlichen Fall in der näheren Umgebung des Vorfallsortes ein Halten und Parken lediglich für Behördenfahrzeuge – und damit nicht auch für auf Privatpersonen zugelassene KFZ – erlaubt war, so konnte den Beschwerdeführer, der dort (allseits unbestritten) seinen privaten PKW abgestellt gehabt hatte, allenfalls der Vorwurf einer Übertretung des § 99 Abs. 3 lit. a (i.V.m. § 24 Abs. 1 lit. a und i.V.m. § 52 lit. a Z. 13b) StVO, nicht jedoch auch eine Verpflichtung zur Entrichtung einer Parkgebühr gemäß § 2 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 OöParkGebG treffen.
Im Ergebnis resultiert daher, dass der Rechtsmittelwerber schon a priori nicht tatbestandsmäßig i.S.d. § 6 Abs. 1 lit. a OöParkGebG gehandelt haben kann.
4. Aus allen diesen Gründen war daher der gegenständlichen Beschwerde gemäß § 50 VwGVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.
5. Bei diesem Verfahrensergebnis hat der Rechtsmittelwerber gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich zu leisten.
V.
Revision an den Verwaltungsgerichtshof
Eine ordentliche Revision ist nicht zulässig, weil einerseits mit dem angefochtenen Straferkenntnis lediglich eine Geldstrafe von höchstens 220 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte (vgl. § 6 Abs. 1 OöParkGebG i.V.m. § 25a Abs. 4 Z. 1 VwGG) und andererseits im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt; außerdem weicht das gegenständliche Erkenntnis nicht von der bisherigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. die unter Pkt. IV. angeführten Entscheidungen) ab.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis kann eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Eine solche Beschwerde ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.
Gegen dieses Erkenntnis kann innerhalb derselben Frist auch eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden, die durch einen bevollmächtigen Rechtsanwalt abzufassen und beim Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich einzubringen ist; die Eingabegebühr von 240 Euro ist hingegen unmittelbar an den Ver-waltungsgerichtshof zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. G r o f
LVwG-400086/2/Gf/Mu vom 4. Mai 2015
Erkenntnis
Rechtssatz
Art. 7 EMRK;
Art. 4 7.ZPMRK;
Art. 49 EGRC;
§ 5 F-VG;
§ 7 Abs. 5 F‑VG;
§ 15 Abs. 3 Z. 5 FAG 2008;
§ 24 StVO;
§ 25 StVO;
§ 52 StVO;
§ 99 StVO;
§ 1 OöParkGebG;
§ 2 OöParkGebG;
§ 5 OöParkGebG;
§ 6 OöParkGebG
* Neben dem Aspekt, dass sowohl der VfGH als auch der VwGH stets den Standpunkt vertreten, dass der Geltungsbereich einer Kurzparkzone durch ein innerhalb derselben verordnetes Halte- und Parkverbot nicht zurückgedrängt wird (vgl. z.B. schon VfSlg 5152/1965; s.a. VwGH vom 31.7.2003, 2003/17/0110), ist vorweg auch der vom EGMR mit Urteil vom 10.2.2009, 14939/03 (Fall „Zolotukhin“), begonnene und in der Folge vielfach bestätigte Judikaturwandel zum Verbot der Doppelverfolgung- und -bestrafung) zu beachten, wonach nunmehr – in Abkehr vom früheren, sog. „essential elements“-Ansatz – auf das Vorliegen eines im Hinblick auf die Aspekte „Zeit“ und „Ort“ (nahezu) identischen Sachverhalts („inextricably linked together in time and space“; vgl. RN 84) abzustellen ist: Denn im Urteil vom 27.1.2015, 17039/13, wurde zur Frage von parallel geführten Strafverfahren einerseits eine Verletzung des Art. 4 des 7.ZPMRK dadurch festgestellt, dass einem Betroffenen für ein und dasselbe Steuervergehen zunächst ein Zuschlag auferlegt und er in der Folge wegen Steuerbetruges verurteilt wurde; diese Grundrechtsverletzung resultierte deshalb, weil beide Verfahren keinen wechselseitigen Konnex aufwiesen, sondern völlig beziehungslos nebeneinander geführt, das zweite Verfahren nach Rechtskraft des ersten Verfahrens jedoch nicht umgehend eingestellt wurde. Andererseits hat der EGMR mit Urteil vom 17.2.2015, 41604/11, darin, dass einem Betroffenen zunächst vom Gericht und nach Rechtskraft dieser Entscheidung von der Polizeibehörde noch ein zusätzliches Fahrverbot erteilt wurde, keine Verletzung des Art. 4 des 7. ZPMRK erkannt, weil im konkreten Fall beide Rechtssachen hinsichtlich ihres sachlichen und zeitlichen Zusammenhanges einen derart starken Konnex aufwiesen, dass diese gleichsam als eine Einheit anzusehen waren. Daraus ergibt sich zunächst insgesamt, dass Parallelverfahren dann keine Verletzung der Garantien des Art. 4 des 7.ZPMRK nach sich ziehen, wenn entweder das zweite Verfahren umgehend nach Rechtskraft des ersten Verfahrens eingestellt wird oder eine solche Einstellung zwar nicht erfolgt, aber beide Entscheidungen einen derart engen sachlichen und verfahrensrechtlichen Konnex aufweisen, dass sie als eine Einheit zu werten sind. Weiters ist dieser Judikaturserie zu entnehmen, dass – unabhängig von der Beachtung dieser Vorgaben (Einstellung des Zweitverfahrens nach Rechtskraft des Parallelverfahrens bzw. Bewertbarkeit getrennter Entscheidungen als Einheit) – ein und dasselbe Verhalten eines Beschuldigten a priori mehrere unterschiedliche Deliktstatbestände erfüllen und davon ausgehend auch kumulativ einer jeweils gesonderten Bestrafung unterzogen werden kann, ohne dass ein Verstoß gegen Art. 4 des 7.ZPMRK vorläge. Sind sich allerdings die angewendeten Strafnormen derart ähnlich, dass bezüglich ihres jeweiligen Tatbildes nahezu Deckungsgleichheit und lediglich in Bezug auf die Sanktionsart bzw. -höhe, die Vollzugszuständigkeit etc. ein Unterschied besteht, so ist unter dem Aspekt des Art. 7 EMRK bzw. des Art. 49 EGRC zudem auch das Grundrecht der Anwendung der mildesten Strafdrohung ins Kalkül zu ziehen, wie dies der VfGH jüngst klargestellt hat (vgl. VfGH vom 10.3.2015, E 1139/2014).
* Vor diesem Hintergrund gilt für die vorliegend zu lösende Rechtsfrage, dass einerseits nach dem Tatbild des § 99 Abs. 3 lit.a. (i.V.m. § 24 Abs. 1 lit. a und i.V.m. § 52 lit. a Z. 13b) StVO (als Grunddelikt) das widerrechtliche Halten oder Parken mit einem Fahrzeug (konkret: im Bereich des Vorschriftszeichens „Halten und Parken verboten“) unter Strafe gestellt ist; andererseits besteht auch das strafsanktionierte Tatbild des § 6 Abs. 1 lit. a (i.V.m. § 2 Abs. 1) OöParkGebG darin, dass ein KFZ widerrechtlich (konkret: ohne gültigen Parkschein in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone) abgestellt (= mit diesem gehalten oder geparkt; vgl. § 1 Abs. 2 OöParkGebG) wurde. Beide Strafnormen sind sich daher derart ähnlich, dass bezüglich ihres jeweiligen Tatbildes – Abstellen eines KFZ – nahezu Deckungsgleichheit besteht. Davon ausgehend kommt aber die Garantie des Art. 7 EMRK bzw. des Art. 49 EGRC zum Tragen, wonach der Beschuldigte einen Rechtsanspruch auf Anwendung der mildesten Strafdrohung hat. Dem hat die belangte Behörde im Ergebnis allerdings ohnehin dadurch entsprochen, dass sie ihr Straferkenntnis auf § 6 Abs. 1 lit. a OöParkGebG gestützt hat. Denn diese Bestimmung ermöglicht für das vorschriftswidrige Abstellen eines KFZ lediglich die Verhängung einer Geldstrafe bis zu einem Höchstausmaß von 220 Euro (und keiner primären Freiheitsstrafe), während im Falle einer Heranziehung des § 99 Abs. 3 lit. a StVO eine potentielle Geldstrafe bis zu 726 Euro (und ebenfalls keine primäre Freiheitsstrafe) gedroht hätte. Anderes würde allerdings gelten, wenn die für die Ahndung einer Übertretung des § 99 Abs. 3 lit. a StVO zuständige Behörde – nämlich die LPD OÖ – unter Heranziehung dieser Bestimmung eingeschritten wäre und bezüglich des Abstellens des KFZ in einem Halte- und Parkverbot, das innerhalb einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone gelegen war, eine Geldstrafe (in welcher konkreten Höhe auch immer) verhängt hätte, weil dann die vergleichsweise härter sanktionierte Strafbestimmung zur Anwendung gebracht worden und sohin schon allein aus diesem Grund jedenfalls eine Verletzung des Art. 7 EMRK bzw. des Art. 49 EGRC vorgelegen wäre. Derartiges war aber praktisch schon deshalb ausgeschlossen, weil das Parkaufsichtsorgan seine Anzeige lediglich an die Bezirksverwaltungsbehörde – und nicht (auch) an die LPD OÖ – erstattet hat.
* Nach der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung ist es zwar nicht von vornherein ausgeschlossen, dass sich an ein und dasselbe faktische Verhalten – hier: Abstellen eines KFZ – jeweils unterschiedliche, ja sogar kontradiktorische Rechtsfolgen – z.B.: Gebührenpflicht trotz Halteverbot, bzw. anders gewendet: Besteuerung eines ohnehin verbotenen Handelns – knüpfen. Dies kann zwar aus rechtspolitischer Sicht als widersinnig erscheinen; verfassungsrechtlich ist eine solche Vorgangsweise jedoch prinzipiell so lange zulässig, als seitens der beteiligten Gebietskörperschaften deren jeweiliger Kompetenzbereich nicht überschritten wird, wobei derartige Normenkonflikte prinzipiell entweder nach den gängigen Derogationsregeln (Spezialität/Priorität) oder nach dem verfassungsrechtlichen Berücksichtigungsprinzip zu lösen sind. Eine verfassungswidrige, nämlich im Lichte des Gleichheitsgrundsatzes verpönte Unsachlichkeit (i.d.R. wohl der später erlassenen Regelung) läge allerdings in dem Extremfall vor, dass bundesrechtliche Bestimmungen einerseits und landesrechtliche Vorschriften andererseits vom Normadressaten – jeweils unter Strafsanktion –wechselseitig inkompatible Verhaltensweisen fordern würden. Um einen solcherart rechtspolitisch als unannehmbar empfundenen Zustand zu beseitigen, läge es daher entweder am Bundes- oder am Landesgesetzgeber bzw. an der zuständigen Bundes- oder Landesbehörde, die maßgeblichen Rechtsgrundlagen entsprechend zu modifizieren. Solange jedoch mit Blick auf den hier vorliegenden Fall weder für das Abstellen eines KFZ im Bereich eines innerhalb einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone gelegenen Halte- und Parkverbotes ein zusätzlicher Ausnahmetatbestand in § 5 Abs. 1 OöParkGebG vorgesehen wird noch derartige Halte-und Parkverbote vom Geltungsbereich der städtischen Kurzparkzonenverordnung ausgenommen werden, bleibt es (zumindest prinzipiell) bei der insgesamt als rechtspolitisch seltsam anmutenden Rechtslage, dass an ein unerlaubtes Verhalten nicht nur eine Strafsanktion (§ 99 Abs. 3 lit. a StVO), sondern zusätzlich auch noch eine Gebührenpflicht (§ 6 Abs. 1 lit. a OöParkGebG) geknüpft ist. Allerdings ist zu beachten, dass nach der spezifisch oberösterreichischen landesgesetzlichen Regelung – die insoweit mit jenen anderer Bundesländer nicht vergleichbar ist, weshalb auch die von der belangten Behörde zur Stützung ihrer Argumentation herangezogene Rechtsprechung des VwGH nicht zum Tragen kommt (siehe zuletzt LVwG-400056 vom 3. November 2014) gemäß § 1 Abs. 1 OöParkGebG eine Parkgebühr ohnehin einerseits „nur für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 der Straßenverkehrsordnung)“ sowie andererseits nur „für die nach den straßenpolizeilichen Vorschriften zulässige Parkdauer“ ausgeschrieben werden darf. Damit gehen schon aus dem Normtext selbst völlig unmissverständlich zwei essentielle Elemente der Gebührenausschreibung hervor, an die jede Gemeinde gemäß § 7 Abs. 5 F-VG (i.V.m. § 15 Abs. 3 Z. 5 FAG 2008) auf Grund des Legalitätsprinzips (vgl. im Besonderen § 5 F-VG) derart gebunden ist, dass diese im Zuge der Erlassung ihrer Gebührenverordnung jeweils entsprechend beachtet werden müssen, nämlich: dass die Ausschreibung der Parkgebühr zum einen das Vorhandensein einer von der hierfür zuständigen Behörde gemäß § 25 StVO verordneten Kurzparkzone voraussetzt sowie, dass in dem von der Gemeinde als gebührenpflichtig festgelegten Straßenabschnitt das Halten oder Parken auch rechtlich erlaubt ist (arg. „zulässig“[e Parkdauer]). Diese in § 1 Abs. 1 OöParkGebG enthaltene sog. „salvatorische Klausel“ erklärt sich aus dem bun-desstaatlichen Rücksichtnahmegebot („Berücksichtigungsprinzip“), um eben einen (rechtlich bis zu einem Grad zwar zulässigen, rechtspolitisch jedoch prinzipiell unerwünschten) Normenwiderspruch, wie er zuvor aufgezeigt wurde, schon a priori weitest möglich hintanzuhalten. Vor diesem Hintergrund wurde daher vom LVwG OÖ bereits mehrfach betont, dass das Halten und Parken in solchen Bereichen, in denen das Abstellen eines KFZ auf Grund straßenpolizeilicher Vorschriften schon von vornherein unzulässig ist, einer Einbeziehung in die Parkgebührenpflicht verwehrt ist (vgl. zuletzt wiederum LVwG OÖ vom 3.11.2014, LVwG-400056; s.a. UVS OÖ vom 21.4.2009, VwSen-130615, und vom 9.6.2008, VwSen-130591).
* Wenn daher im gegenständlichen Fall in der näheren Umgebung des Vorfallsortes ein Halten und Parken lediglich für Behördenfahrzeuge – und damit nicht auch für auf Privatpersonen zugelassene KFZ – erlaubt war, so konnte den Bf., der dort (allseits unbestritten) seinen privaten PKW abgestellt gehabt hatte, allenfalls der Vorwurf einer Übertretung des § 99 Abs. 3 lit. a (i.V.m. § 24 Abs. 1 lit. a und i.V.m. § 52 lit. a Z. 13b) StVO, nicht jedoch auch eine Verpflichtung zur Entrichtung einer Parkgebühr gemäß § 2 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 OöParkGebG treffen. Im Ergebnis resultiert daher, dass der Bf. schon a priori nicht tatbestandsmäßig i.S.d. § 6 Abs. 1 lit. a OöParkGebG gehandelt haben kann.
Schlagwörter:
Parkgebühr; Halteverbot für Behördenfahrzeuge; Doppelbestrafung; Parallelverfahren; Günstigkeitsprinzip; Berücksichtigungsprinzip – Rücksichtnahmegebot