LVwG-600749/2/MB

Linz, 01.04.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Markus Brandstetter über die Beschwerde der T. K., geb. x, F., gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Vöcklabruck vom
12. Februar 2015, VerkR96-26286-2014, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und das Straferkenntnis ersatzlos behoben.

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat die Beschwerdeführerin keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision der Beschwerdeführerin an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

 

1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Vöcklabruck (in Folge: belangte Behörde) vom 12. Februar 2015, VerkR96-26286-2014, wurde die Beschwerdeführerin (in Folge: Bf) schuldig erkannt, am 12. November 2014 um 17:45 Uhr in der Gemeinde G., Landesstraße Freiland, H., Richtung F. bei km 9865 als Lenkerin des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen VB-..... dem von einem Straßenaufsichtsorgan mittels Rotlicht des Anhaltestabes deutlich sichtbar gegeben Zeichens zum Anhalten nicht Folge geleistet habe, weil die Fahrt ununterbrochen fortgesetzt wurde.

 

Es wurde in weiterer Folge von der Verhängung einer Strafe abgesehen und eine Ermahnung erteilt.

 

Begründend führt die belangte Behörde im Wort aus:

 

Die Behörde kann bei Vorliegen einer Verwaltungsübertretung ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind.

 

Diese Voraussetzungen treffen zu.

 

Um Sie jedoch von der Begehung von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten, wurde von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, eine Ermahnung auszusprechen.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis erhob die Bf mit Schreiben vom 23. Februar 2014, bei der belangten Behörde eingelangt am 26. Februar 2014, rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde.

 

Implizit führt die Bf aus, dass das Straferkenntnis zu Unrecht ergangen und daher zu beheben sei und stellt den Antrag auf Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung.

 

Begründend legt die Bf – wie bereits im Einspruch – dar, dass sie nach Erkennen des Haltesignales des Polizisten (stehend auf dem Fahrbahnteiler untermittelbar in der Ausfahrt vom Kreisverkehr) die Geschwindigkeit reduziert und abgebremst habe (arg. „gerollt“) und ob des Gedankens, den Verkehr im Kreisverkehr nicht zu blockieren weiter an den rechten Straßenrand gefahren sei und angehalten habe. In diesem Moment sei der verfahrensgegenständliche Polizist auf das Auto zugeeilt und habe mit der Kelle auf das Auto geklopft und habe versucht die Autotüre der Bf zu öffnen. Zudem gibt die Bf an, dass sie bisher noch keiner Verkehrskontrolle unterzogen wurde. Das Handeln der Bf sei vom Gedanken getragen gewesen, das „Richtige“ machen zu wollen und sei entsprechend des Ablaufes auch im Ergebnis völlig verstört gewesen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Beschwerde der Bf unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsaktes mit Vorlageschreiben vom
5. März 2015, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art 130 Abs 1 Z 1 iVm 131 Abs 1 B-VG iVm
§ 3 VwGVG).

 

4. Gemäß Art 135 Abs 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

 

II.

 

1. Gemäß §§ 27 iVm 9 VwGVG hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und Z 4 VwGVG) zu prüfen. Die Beschwerdegründe und das Begehren bilden den Prüfungsumfang und -gegenstand des Verfahrens.

 

2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt und die Schriftsätze samt Beilagen der Bf.

 

3. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht von dem unter Punkt I.1. und I.2. dargestellten, entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus, wobei ergänzend auf Basis der Meldung vom 13. November 2014, GZ: E1/19880/2014-S, festzustellen ist, dass die Bf mittels Stabtaschenlampe mit Rotlichtkegelaufsatz beim Kreisverkehr G. bei der Ausfahrt Richtung F. aufgehalten wurde, indem diese Taschenlampe vertikal geschwenkt wurde. Die Bf erkannte das Signal, reduzierte die Geschwindigkeit, blieb jedoch nicht unmittelbar vor dem Signal bzw. Signalgeber stehen, sondern fuhr beim Signalgeber vorbei. Dieser berührte daraufhin das KfZ der Bf mit der Taschenlampe. Unmittelbar daraufhin hielt die Bf das KfZ gänzlich an. Nach der Kontrolle setzte die Bf ihre Fahrt fort.

 

 

III.

 

1. Die im gegenständlichen Fall einschlägigen Normen der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), BGBl 1960/159 in der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung, lauten:

 

§ 97 Abs. 5 StVO 1960 normiert: Die Organe der Straßenaufsicht sind berechtigt, durch deutlich sichtbare oder hörbare Zeichen Fahrzeuglenker zwecks Lenker- oder Fahrzeugkontrolle, zwecks anderer, den Fahrzeuglenker oder eine beförderte Person betreffende Amtshandlungen oder zwecks Durchführung von Verkehrserhebungen (wie Verkehrszählungen u. dgl.) zum Anhalten aufzufordern. Der Fahrzeuglenker hat der Aufforderung Folge zu leisten. Bei solchen Amtshandlungen sind die Organe der Straßenaufsicht auch berechtigt, die aus Gründen der Verkehrssicherheit allenfalls notwendigen Verkehrsbeschränkungen (zB sogenannte Geschwindigkeitsrichter) anzuordnen und durch Straßenverkehrszeichen kundzumachen sowie eine allenfalls notwendige Regelung mit Lichtzeichen vorzunehmen. Für die Anwendung dieser Maßnahme gilt § 44b Abs. 2 bis 4.

 

§ 99 Strafbestimmungen

(1) […]

(2) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs. 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist, […]

 

2. Im gegenständlichen Fall ist zu erkennen, dass die Bf unmittelbar nach dem Erkennen des Haltesignales angehalten hat und die Verkehrskontrolle durchgeführt wurde. Die Bf hat sohin dem Signal Folge geleistet.

 

Dieses Halten wurde mangels anderer Anhaltspunkte im Verwaltungsakt nicht durch die Berührung des KfZ durch den Polizisten herbeigeführt.

 

Es kam insofern nur zu einer sehr kurzen Verzögerung des Anhalteerfolges, welche durch die Anhalteart- und Anhalteörtlichkeit bedingt war. Der Anhaltevorgang selbst wurde von der Bf bereits vor dem Anhaltesignal begonnen und hatte sein Ende kurz nach dem Standort des Anhaltenden (implizit Pürstl, StVP-ON13.01 § 97 Anm. 13).

 

3. Gemäß § 52 VwGVG hat die Bf keinen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht zu tragen.

 

 

IV.

 

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche, dh über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art 133 Abs 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde bzw der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.


 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Markus Brandstetter