LVwG-300622/21/KLi/PP

Linz, 24.04.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Dr. Lidauer über die Beschwerde vom 24.2.2015 des D.C.,
geb. x, M. S. s.r.o., x, x, S., vertreten durch die W. K.-G. Rechtsanwälte GmbH, Dr. A.L., gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 22.1.2015, GZ: SV96-81-2014, wegen Übertretung des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes (AÜG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungs­strafverfahren eingestellt.

 

 

II.      Der Beschwerdeführer hat weder einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor der belangten Behörde noch zum Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 22.1.2015, GZ: SV96-81-2014, wurde über den Beschwerdeführer wegen Übertretung des § 22 Abs. 1 Z 2 1. Fall iVm § 17 Abs. 2 AÜG eine Geldstrafe in Höhe von 1.500 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 100 Stunden ver­hängt; ferner wurde der Beschwerdeführer verpflichtet, einen Beitrag von 150 Euro zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten.

 

Dem Beschwerdeführer wurde vorgeworfen, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der M. S. s.r.o. mit Firmensitz in x, x, S., und somit in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes als Österreich zu verantworten, dass von der genannten Gesellschaft als Überlasser iSd § 3 Abs. 2 AÜG die s. StAen. B.J., geb. x, C.D., geb. x und K.F., geb. 9x, vom 10.10.2014 bis 12.10.2014 der R. Verputz- und Malerei GmbH mit Sitz in G., x, zur Arbeitsleistung (Verspachtelungsarbeiten zur Anbringung eines Voll­wärmeschutzes) für betriebseigene Aufgaben auf deren Baustelle „B. F.“ in G., x, überlassen worden seien, ohne die grenzüberschreitende Überlassung der Zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung (nach dem AuslBG und dem AVRAG) des Bundesministeriums für Finanzen in 1110 Wien, Brehmstraße 14, gemäß § 17 Abs. 2 und 3 AÜG, eine Woche vor der Arbeits­aufnahme gemeldet zu haben.

 

 

I.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die Beschwerde vom 24.2.2015, mit welcher das Straferkenntnis seinem gesamten Umfang nach wegen der Verletzung von Verfahrensvorschriften unrichtiger Sachverhaltsfeststellung in Folge mangelhafter Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten wird.

 

Zum Berufungsgrund der Verletzung von Verfahrensvorschriften wird ausgeführt, dass § 24 VStG iVm § 24 AVG sowie § 41 VStG das Recht der Parteien normieren, die zu ihrer Entlastung dienenden Beweismittel einzubringen und diesbezügliche Beweisanträge zu stellen.

 

Dies setze naturgemäß voraus, dass die angebotenen Beweise auch aufgenommen würden. Bereits in der Rechtfertigung vom 7.1.2015 sei die Vernehmung von D.C., J.B., F.K. und A.K. beantragt worden, dies zum Beweis dafür, dass es sich bei diesen Personen um selbständig tätige Gewerbetreibende bzw. um Gesellschafter der Firma M. S. s.r.o. handle. Ferner sei die Vernehmung dieser Zeugen zum Beweis dafür beantragt worden, dass es sich bei der gegenständlichen Arbeitsleistung um eine Tätigkeit im Rahmen eines abgeschlossenen Werkvertrages handeln würde. Hiefür sei auch ein Handelsregisterauszug sowie ein Gewerberegisterauszug der M. S. s.r.o. vorgelegt worden, welcher von der belangten Behörde nicht entsprechend berücksichtigt worden sei. Es sei lediglich festgehalten worden, dass es sich bei den Tätigkeiten der angetroffenen Personen um Hilfsarbeiten bzw. einfache manipulative Tätigkeiten handeln würde. Hiebei handle es sich um eine vorgreifende Beweiswürdigung und um eine Vermutung der belangten Behörde. Die Relevanz der Beweisanträge würde darin liegen, dass dadurch bewiesen worden wäre, dass sämtliche auf der Baustelle angetroffenen Personen als selbständige Gewerbetreibende bzw. als Gesellschafter der M. S. s.r.o. tätig geworden seien. In diesem Fall wäre kein Verstoß gegen die Bestimmungen des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes vorgelegen.

 

Ferner sei die Sachverhaltsfeststellung, die angetroffenen Personen hätten nur einfache, manipulative Tätigkeiten ausgeführt, sodass kein Werkvertrag sondern ein Arbeitskräfteüberlassungsvertrag vorliegen würde, unrichtig. Die Gesell­schafter der M. S. s.r.o. hätten ein abgrenzbares und allein ihrer Firma zuordnungsbares Werk erbracht, wobei auch nach gewährleistungsrechtlichen Bestimmungen einzustehen sei. Im gegenständlichen Fall würde eine abgrenzbare Werkleistung vorliegen.

 

Letztendlich sei es auch unrichtig, dass die Gesellschafter der M. S. s.r.o. den Arbeitsanweisungen des Übernehmer-Unternehmens unterworfen gewesen seien. Diese hätten vielmehr eigenständig gearbeitet. Auch habe ein Verrechnungssystem nach Quadratmetern bzw. Stunden-Pauschalen bestanden. Die Gesellschafter der M. S. s.r.o. arbeiteten mit eigenem Werkzeug, sie erhielten keine Arbeitsanweisungen und keine Zeitvorgaben. Vielmehr waren sie für die Baustellenorganisation und die zeitliche sowie die inhaltliche Abwicklung selbst verantwortlich. Nachdem somit ein Über- bzw. Unterordnungsverhältnis nicht herrschte, wurde die M. S. s.r.o. aus­schließlich als Subunternehmer in Erfüllung eines Werkvertrages tätig.

 

Zusammengefasst werde daher beantragt, das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich möge eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Aufnahme der angebotenen Beweise durchführen, der Beschwerde Folge geben, das angefochtene Straferkenntnis aufheben sowie das Verwaltungsstrafverfahren einstellen; in eventu das bekämpfte Straferkenntnis dahingehend abändern, dass die verhängte Geldstrafe auf das gesetzliche Mindestausmaß herabgesetzt werde.

 

 

 

II. Nachfolgender Sachverhalt steht fest:

 

II.1. Das Unternehmen R. Verputz- und Malerei GmbH ist im Firmen­buch des Landesgerichtes Ried im Innkreis zu FN x eingetragen. Geschäftszweige sind unter anderem vorbereitende Baustellenarbeiten, Bauinstallation, Ausbau- und Bauhilfsgewerbe, Stukkaturgewerbe, Gipserei und Verputzerei, Malerei und Anstreicherei.

 

Handelsrechtliche Geschäftsführerin dieses Unternehmens ist A.K., ebenfalls ist sie die einzige Gesellschafterin dieses Unternehmens.

 

II.2. Bei der M. S. s.r.o. handelt es sich um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach s. Recht mit Sitz in L., x, S. Handelsrechtlicher Geschäftsführer dieses Unternehmens ist der Beschwerdeführer D.C.. Ferner ist D.C. gemeinsam mit den beiden Zeugen F.K. und J.B. Gesellschafter dieser GmbH. Alle drei Personen haben jeweils Anteile im Ausmaß von einem Drittel an dieser GmbH.

 

Das Unternehmen M. S. s.r.o. ist im Baugewerbe tätig. Es erbringt Leistungen sowohl in der S. als auch in den angrenzenden EU-Mitglieds­staaten Österreich und Deutschland.

 

II.3. Die R. GmbH betreibt ihr Unternehmen im Wesentlichen im Bereich der Organisation von Baustellenarbeiten. Dieses Unternehmen verfügt abgesehen von einer Buchhalterin über keine eigenen Angestellten, insbesondere nicht über Angestellte, welche Arbeiten auf Baustellen verrichten. Die Geschäftsführerin, A.K., ist im administrativen Bereich (Sekretariat) tätig. Die operativen Arbeiten im Baustellenbereich bzw. die Vertragsverhandlungen mit Subunter­nehmen und die Abwicklung dieser Verträge werden von ihrem Ehegatten, dem Zeugen A.K., vorgenommen.

 

Auch die M. S. s.r.o. verfügt über keine Angestellten. Die jeweiligen Tätigkeiten werden ausschließlich von den drei Gesellschaftern (also dem Beschuldigten und den Zeugen K. und B.) alleine verrichtet.

 

II.4. Der Vertrag zwischen der R. GmbH und der M. S. s.r.o. kam dadurch zustande, dass den Gesellschaftern der M. S. s.r.o. (insbesondere dem Beschwerdeführer) die R. GmbH von einem Bekannten (welcher ebenfalls im Baugewerbe tätig ist) empfohlen wurde. Alle drei Gesellschafter nahmen deshalb mit der R. GmbH – insbesondere dem Zeugen A.K. – Kontakt auf, um sich nach Aufträgen zu erkundigen. Beabsichtigt war von den drei Gesellschaftern dabei, dass sie Aufträge für ihr Unternehmen, also im Rahmen ihrer selbständigen Tätigkeit, erhalten würden und nicht als Angestellte der R. GmbH. Umgekehrt legte auch die R. GmbH Wert darauf, Firmen als Subunternehmer zu beschäftigen und keine Arbeits­verhältnisse zu begründen.

 

Daraufhin wurde zwischen der R. GmbH und der M. S. s.r.o. der nunmehr in Rede stehende Vertrag abgeschlossen. Zunächst wurde diesbezüglich ein Rahmenwerkvertrag vom 6.1.2014 abgeschlossen und in weiterer Folge ein Bestellschein vom 24.9.2014 für das Projekt „F. T.“.

 

II.5. Inhalt dieses Rahmenwerkvertrages und des Bestellscheines sind nicht nur die Arbeitsleistungen an sich, sondern auch die Bezahlung der zu erbringenden Werkleistungen, allfällige Sicherheitsleistungen, die Verpflichtung zum Abschluss einer Betriebshaftpflichtversicherung, Verzugsfolgen, Bestimmungen zur Aus­führung der Leistungen und ein Haftrücklass.

 

Insbesondere wurde zum Haftrücklass vereinbart, dass bis zur Bauabnahme die Einbehaltung eines 10%igen Deckungsrücklasses vereinbart wird, danach wird dieser auf einen 5%igen Haftrücklass reduziert; die Haftzeit beträgt nach der Schlussfeststellung gerechnet drei Jahre. Auch im Bestellschein wurde nochmals auf den Haftrücklass Bezug genommen, welcher eine Höhe von 5 % von der Gesamtbruttosumme der Leistungen und Lieferungen beträgt.

 

Die Gesellschafter der M. S. s.r.o. sind auch dazu verpflichtet, allfällige Mängel in der Werksausführung kostenlos zu beheben, bevor der Haftrücklass ausbezahlt wird. Darüber hinaus ist die Haftrücklasszeit von drei Jahren abzu­warten und wird der Haftrücklass nur bei Mangelfreiheit ausbezahlt.

 

II.6. Zwischen den drei Gesellschaftern der M. S. s.r.o. bestand eine Arbeitsaufteilung. Der Zeuge J.B. war aufgrund seiner Deutsch­kenntnisse dazu eingeteilt, Verträge mit ausländischen Unternehmen – so auch mit der R. GmbH – auszuhandeln und die Gespräche bezüglich der jeweiligen Baustellen zu führen. Der Beschwerdeführer und der Zeuge F.K. hatten die Aufgabe, im Rahmen der Ausführung der jeweiligen Verträge für die Bereitstellung des jeweiligen Werkzeuges Sorge zu tragen, den Fuhrpark und die Werkzeuge zu warten. Für die jeweiligen Aufträge hatten sie dafür zu sorgen, dass das jeweils passende Werkzeug auf den Baustellen vorhanden war. Auch für die Besorgung und Verarbeitung von Kleinmaterialien (Schutznetze, Eckenschoner, etc.) waren sie verantwortlich.

 

Die M. S. s.r.o verwendet ausschließlich firmeneigene Fahrzeuge und firmeneigenes Werkzeug. Werkzeuge anderer Unternehmen werden nicht verwendet, so auch nicht Werkzeug der R. GmbH.

 

Die Abwicklung der konkreten Arbeit vollzog sich dergestalt, dass der M. S. s.r.o. ein Endtermin für die Anbringung der Dämmplatten am Einfamilienhaus „F.“ genannt wurde. Das Material (nämlich die Dämmplatten selbst) wurden von der R. GmbH im Übereinkommen mit der M. S. s.r.o. beigeschafft und zur Baustelle gebracht. Kleinmaterial und Werkzeug wurde von der M. S. s.r.o. zur Verfügung gestellt.

 

Die Arbeitseinteilung erfolgte durch die drei Gesellschafter der M. S. s.r.o. selbst, sie erhielten dazu keine zeitlichen Vorgaben der R. GmbH, abgesehen vom genannten Endtermin. Auch die Arbeiten innerhalb dieses Zeitrahmens mussten von den drei Gesellschaftern selbst eingeteilt werden. So wurde auch keine Vorgabe dazu abgegeben, wann welcher Fassadenteil zu dämmen wäre, wie diese Arbeiten durchzuführen wären oder wann diese durchgeführt wurden. Zeitliche Vorgaben, an welchen Wochentagen und zu welchen Uhrzeiten gearbeitet werden muss, wurden nicht erteilt. Auch einen entsprechenden Spielraum für den Fall der Nichteinhaltung des festgelegten Endtermins musste die M. S. s.r.o. mit der bestellten Bauaufsicht selbst vereinbaren.

 

II.7. Für alle drei Gesellschafter der M. S. s.r.o. wurden A1-Formulare vorgelegt. In allen drei Formularen wurde übereingekommen, dass alle drei Gesellschafter dem s. Sozialversicherungsrecht unterworfen werden. Auch wurde jeweils unter 4.1.2. „Selbständig erwerbstätig“ angegeben.

 

 

III. Beweiswürdigung:

 

III.1. Die Feststellungen zur R. GmbH gehen aus dem Akt der belangten Behörde hervor. Auch die Zeugin A.K. sowie der Zeuge A.K. haben den Geschäftsbereich und die Vorgehensweise der R. GmbH in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 13.4.2015 glaubwürdig und überein­stimmend geschildert. Außerdem steht diese Tätigkeit auch im Einklang mit dem vorgelegten Rahmenwerkvertrag sowie dem Bestellschein.

 

III.2. Die Verhältnisse und der Geschäftsbereich der M. S. s.r.o. ergeben sich ebenfalls aus dem Akteninhalt. Auch der Bf und der Zeuge J.B. haben diesen in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 13.4.2015 dargestellt. Insbesondere haben beide den Geschäftsbereich der M. S. s.r.o. und das Tätigwerden in Österreich geschildet. Im Einklang damit steht auch die Aussage des Zeugen A.K., welcher die übereinstimmenden Geschäftsabsichten der R. GmbH und der M. S. s.r.o. dargelegt hat.

 

III.3. Das Zustandekommen des Vertrages zwischen der R. GmbH und der M. S. s.r.o. wurde im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 13.4.2015 erhoben. Sowohl der Beschwerdeführer als auch der Zeuge J.B. konnten die Absichten der M. S. s.r.o. bzw. deren Geschäftspläne übereinstimmend darlegen. Die Aussagen beider Personen standen miteinander in Einklang, stellten sich aber nicht als abgesprochen dar. Darüber hinaus fügt sich auch die Aussage des Zeugen A.K. in das Gesamtbild schlüssig ein. Die beabsichtigten Geschäftsbeziehungen konnten auf Basis der erhobenen Zeugenaussagen getroffen werden.

 

III.4. Der Inhalt des Rahmenwerkvertrages und des Bestellscheines ergeben sich aus den im Akt befindlichen Urkunden. Insbesondere der bestehende Haftrücklass wurde darüber hinaus von sämtlichen Personen geschildert und inhaltlich in Übereinstimmung mit den Urkunden dargelegt.

 

III.5. Die Arbeitsaufteilung zwischen den drei Gesellschaftern der M. S. s.r.o. wurde sowohl vom Beschwerdeführer als auch vom Zeugen J.B. dargelegt. Hieraus ergibt sich eine in kleineren Betrieben typische Arbeits­aufteilung. Dass der Zeuge B. für die Vertragsabschlüsse zuständig war, ergibt sich schon aus den bei ihm bestehenden (wenn auch nicht allzu umfangreichen) Deutschkenntnissen. Dem gegenüber waren der Beschwerde­führer und der Zeuge K. für die Betriebsmittel verantwortlich.

 

III.6. Die konkrete Tätigkeit im Rahmen des Bauprojektes „F.“ wurde ebenfalls im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 13.4.2015 erhoben. So schilderten sowohl der Beschwerdeführer als auch die Zeugen B. und K., dass keine Vorgaben zur Verrichtung der Arbeitstätigkeit gegeben wurden. Weder erfolgten diese in zeitlicher noch in technischer Hinsicht. Die Gesellschafter der M. S. s.r.o. waren vielmehr selbst dafür verant­wortlich, die in Auftrag gegebenen Arbeiten vollständig, zeitgerecht und mangelfrei zu vollbringen. Dass es keine Vorgaben im Hinblick auf die Arbeitszeit gab, wurde sowohl vom Zeugen B. als auch vom Zeugen K. bestätigt. Beide sagten aus, dass keine Vorgaben im Hinblick auf Wochenarbeitszeit, Tagesarbeitszeit etc. vorgegeben waren. Auch wurde nicht vorgegeben, wann welche Fassadenteile zu bearbeiten seien. Die Einhaltung des Endtermins lag somit in der Verantwortung der Gesellschafter der M. S. s.r.o.

 

III.7. Die A1-Formulare befinden sich im Akt der belangten Behörde. Aus allen drei A1-Formularen ergibt sich, dass alle drei Gesellschafter der M. S. s.r.o. dem Sozialversicherungsrecht ihres Herkunftslandes – also der S. – unterstellt bleiben sollten. Auch die selbständige Erwerbstätigkeit wird in den Formularen angegeben.

 

III.8. Nach Durchführung des Beweisverfahrens blieben keine weiteren Beweis­anträge offen. Auf die Vernehmung des Zeugen F.K. sowie des Zeugen C.E. wurde verzichtet. Weitere Beweisanträge wurden nicht gestellt.

 

Zumal der gesamte Akteninhalt außerdem verlesen werden konnte, kann auch dieser den Sachverhaltsfeststellungen zugrunde gelegt werden.

 

 

IV. Rechtslage:

 

§ 17 Abs. 2 AÜG normiert, dass der Überlasser bei bewilligungsfreier Überlassung von Arbeitskräften vom Ausland nach Österreich die grenzüberschreitende Überlassung der Zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung (nach dem AuslBG und dem AVRAG) des Bundesministeriums für Finanzen zu melden hat. Die Meldung ist jeweils spätestens eine Woche vor der Arbeitsaufnahme in Österreich zu erstatten; in Katastrophenfällen, bei unauf­schiebbaren Arbeiten und bei kurzfristig zu erledigenden Aufträgen genügt die Meldung unverzüglich vor Arbeitsaufnahme. Änderungen der gemeldeten Daten sind unverzüglich zu erstatten. Die Übermittlung der Meldungen hat aus­schließlich automationsunterstützt über die elektronischen Formulare des Bundesministeriums für Finanzen zu erfolgen.

 

§ 22 Abs. 1 Z 2 1. Fall AÜG sieht vor, dass dann, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung begeht und von der Bezirksverwaltungs­behörde zu bestrafen ist, mit Geldstrafe von 500 Euro bis zu 5.000 Euro, im Wiederholungsfall von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, wer die Meldungen gemäß § 17 Abs. 2 nicht oder nicht rechtzeitig oder nicht vollständig oder wissentlich unrichtig erstattet oder die erforderlichen Unterlagen entgegen § 17 Abs. 7 nicht zur Überprüfung bereithält oder nicht zugänglich macht.

 

 

V. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat hiezu erwogen:

 

V.1. Gegenständlich ist zunächst zu beurteilen, um welche Art von Vertrag es sich bei dem zwischen der R. GmbH und der M. S. s.r.o. abge­schlossenen Vertrag handelt.

 

Dazu ist zunächst die Frage wirtschaftlicher Abhängigkeit bzw. Unselbständigkeit zu beurteilen.

 

 

 

Typische Merkmale wirtschaftlicher Abhängigkeit (Unselbstständigkeit) sind:

1. die Verrichtung der Tätigkeit nicht in einem Betrieb oder einer Betriebsstätte des Verpflichteten, sondern in einem Betrieb des Unternehmers;

2. eine gewisse Regelmäßigkeit und längere Dauer der Tätigkeit;

3. die Verpflichtung zur persönlichen Erbringung der geschuldeten Leistung;

4. Beschränkungen der Entscheidungsfreiheit des Verpflichteten hinsichtlich der Verrichtung der Tätigkeit (Weisungsgebundenheit, „stille“ Autorität);

5. die Berichterstattungspflicht;

6. die Arbeit mit Arbeitsmitteln des Unternehmers;

7. das Ausüben der Tätigkeit für einen oder eine geringe Anzahl, nicht aber für eine unbegrenzte Anzahl ständig wechselnder Unternehmer;

8. die vertragliche Einschränkung der Tätigkeit des Verpflichteten in Bezug auf andere Personen (Unternehmerbindung, Konkurrenzverbot);

9. die Entgeltlichkeit und

10. die Frage, wem die Arbeitsleistung zugutekommt.

(VwGH 18.10.2000, 99/09/0011)

 

Bei der Beurteilung des konkret erhobenen Sachverhaltes geht es nicht darum, dass lückenlos alle rechtlichen und faktischen Merkmale festgestellt sind, sondern darum, die vorhandenen Merkmale zu gewichten und sodann das Gesamtbild daraufhin zu bewerten, ob wirtschaftliche Unselbständigkeit vorliegt oder nicht. Das totale Fehlen des einen oder anderen Merkmales muss dabei nicht entscheidend ins Gewicht fallen. Die vorhandenen Merkmale werden in aller Regel unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Ihre Bewertung erfolgt nach einer Art „beweglichem System“, indem das unterschiedliche Gewicht beim einzelnen Tatbestandsmerkmale zueinander derart in eine Beziehung zu setzen ist, dass man berücksichtigt, dass eine Art von wechselseitiger Kompensation der einzelnen Gewichte vorgenommen wird. Das bedeutet nichts anderes, als dass das Fehlen wie auch eine schwache Ausprägung des einen oder anderen Merkmales des durch ein besonders stark ausgeprägtes Vorhandensein eines anderen oder mehrerer anderer Merkmale ausgeglichen bzw. überkompensiert werden kann (VwGH 22.02.2006, 2002/09/0187).

 

V.2. Im vorliegenden Fall hat die M. S. s.r.o. keine bei ihr beschäftigten Arbeitskräfte überlassen. Das Tätigwerden auf der Baustelle der R. GmbH erfolgte ausschließlich durch die drei Gesellschafter der M. S. s.r.o. Alle drei Gesellschafter sind zu gleichen Anteilen Gesellschafter dieses Unter­nehmens. Über eigene Angestellte verfügt die M. S. s.r.o. nicht; ebenso wenig die R. GmbH.

 

Den Gesellschaftern der M. S. s.r.o. wurden keine Vorgaben über die Art und Weise der Erbringung ihrer Leistungen erteilt. Weder erfolgten diese in technischer noch in zeitlicher Hinsicht. Lediglich ein Endtermin wurde bekannt gegeben, innerhalb des bekannt gegebenen Zeitrahmens war die M. S. s.r.o. bzw. waren deren drei Gesellschafter selbständig verpflichtet, diese entsprechend einzuteilen.

 

Sämtliches Werkzeug, Kleinmaterial und die Fahrzeuge wurden von der M. S. s.r.o. beigestellt, welche nur mit eigenem und nicht mit fremdem Werkzeug arbeitet. Die R. GmbH hätte auch kein derartiges Werkzeug zur Verfügung gestellt.

 

Allerdings wurde zwischen der R. GmbH und der M. S. s.r.o. vereinbart, dass die zu verarbeitenden Baustoffe (Dämmplatten) von der R. GmbH beigeschafft und zur Baustelle gebracht werden.

 

Zwischen den beiden Unternehmen wurde ein Haftrücklass vereinbart und ist die M. S. s.r.o. gewährleistungsrechtlich verantwortlich.

 

V.3. Alle drei Gesellschafter der M. S. s.r.o. verfügten über A1-Formulare. In allen drei A1-Formularen wurde festgehalten, dass die drei Gesellschafter dem Sozialversicherungsrecht ihres Herkunftsstaates, also der S., unterworfen bleiben.

 

V.4. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes baut das System der Versicherungspflicht abhängig Beschäftigter auf der Verschiedenheit von Dienstgeber (iSd § 35 Abs. 1 ASVG) und Dienstnehmer auf; letzteres kann daher auch jener nicht sein, der auf einen Dienstgeber in rechtlicher Hinsicht (sei es als Mehrheitsgesellschafter einer juristischen Person, sei es als persönlich haftender Gesellschafter einer Personengesellschaft) einen beherrschenden Einfluss ausübt (vgl. die Erkenntnisse vom 18.12.1986, Zl. 84/08/0117, und vom 30.3.1993,
Zl. 92/08/0189). Auch kann niemand sein eigener Dienstnehmer sein (vgl. die Erkenntnisse vom 19.6.1990, Zl. 89/08/0326, und vom 20.11.2002,
Zl. 98/08/0017). Daher kann es insbesondere zwischen einer KG und ihrem uneingeschränkt vertretungs- und weisungsbefugten Komplementär keinen Dienstvertrag geben. Dies spricht entschieden gegen eine (nach dem Maßstab des § 4 Abs. 2 Z 3 AÜG zu beurteilende) Überlassung der Arbeitskraft eines Komplementär einer KG an eine beschwerdeführende Partei (vgl. im Übrigen zur Unterscheidung zwischen Dienstleistungen einer Personengesellschaft an einen Dritten unter Beschäftigung ihrer – auch keinen wesentlichen Einfluss auf die Gesellschaft ausübenden – Gesellschafter bei diesem Dritten, insbesondere zum sogenannten Gruppenarbeitsvertrag die Erkenntnisse vom 12.7.2011,
Zl. 2009/09/0123 sowie die darin verwiesenen Erkenntnisse vom 25.1.1994,
Zl. 92/08/0264 vom 23.10.2002, Zl. 99/08/0157, und vom 20.2.2008,
Zl. 2007/08/0053). [VwGH 23.10.2002, 99/08/0157; VwGH 12.7.2011, 2009/09/0123; VwGH 10.4.2013, 2013/08/0042].

 

 

V.5. Zusammengefasst ergibt sich bezogen auf den vorliegenden Fall, dass die von der M. S. s.r.o. zur Verrichtung der Arbeiten beauftragten Personen keine unselbständig tätigen Arbeitnehmer waren. Vielmehr handelte es sich um die drei Gesellschafter der M. S. s.r.o. selbst. Weitere Gesellschafter oder Arbeiter gibt es bei der M. S. s.r.o. nicht. Die drei Gesellschafter verfügen außerdem über gleiche Anteile im Ausmaß von jeweils einem Drittel.

 

Zusammengefasst ergibt sich daher im Lichte der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass die drei Gesellschafter nicht ihre eigenen Angestellten der M. S. s.r.o. waren und damit selbständig tätig wurden.

 

V.6. Ferner hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 23.5.2012, 2009/08/0204, zur Bindungswirkung von A1-Formularen über die anzuwendenden sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften Stellung genommen. Demnach sind österreichische Behörden nach dem Gesagten an die mit dem Formular E 101 erfolgte Bescheinigung, dass eine Person in einem bestimmten Zeitraum gemäß Art. 14a Abs. 2 VO 1408/71 den Rechtsvorschriften eines Herkunftslandes unterliegt, gebunden. In einem solchen Fall ergibt sich daher, dass eine Pflicht zur Anmeldung bei der Sozialversicherung nicht besteht.

 

Alle drei Gesellschafter (die Zeugen B. und K. sowie der Beschwerde­führer) blieben demnach den Sozialversicherungsbestimmungen ihres Herkunfts­staates, also der S., unterworfen; ferner waren sie selbständig erwerbs­tätig.

 

V.7. Zusammengefasst ergibt sich insofern, dass eine Arbeitskräfteüberlassung von der M. S. s.r.o. an die R. GmbH nicht vorliegt. In einer wertenden Gesamtschau gelangt das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vielmehr zu dem Ergebnis, dass zwischen diesen beiden Unternehmen tatsächlich ein Werkvertrag abgeschlossen und die M. S. s.r.o. von der R. GmbH als Subunternehmer eingesetzt wurde.

 

In rechtlicher Hinsicht war der Beschwerde daher Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beur­teilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeu­tung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Lidauer