LVwG-150381/6/DM/MP

Linz, 03.04.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Doris Manzenreiter über die Beschwerde des F J S, vertreten durch Dr. A M, Rechtsanwalt in T, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Hörsching vom 23.7.2014 GZ: 131-9-845.4-2014-Ha, betreffend Antrag auf Herstellung des gesetzmäßigen Zustands,

 

zu Recht  e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Verfahrensgang, Sachverhalt:

 

I.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) ist grundbücherlicher Alleineigentümer des Grundstücks Nr x, KG x N. Östlich davon, unmittelbar angrenzend, liegt das Grundstück Nr x, KG x N. Auf diesem Grundstück befindet sich entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze eine Tennishalle samt Clubhaus und nördlich davon – ebenfalls an der Grundstücksgrenze – eine daran angebaute Terrasse.

 

I.2. Mit Eingabe seines rechtsfreundlichen Vertreters vom 6.5.2013 machte der Bf eine Verletzung seiner Rechte als Nachbar auf Einhaltung der Abstandsbestimmungen und auf Einhaltung der bestehenden Baubewilligung für die genannte Tennishalle geltend. Auf dem unmittelbaren Nachbargrundstück Nr x, KG x, sei bereits vor Inkrafttreten der Oö Bauordnung 1976 an der nordwestlichen Gebäudekante eine Terrasse errichtet worden. Da hierfür keine Baubewilligung vorliege und eine solche auch nicht vermutet werden könne, sei von einem behördlich nicht genehmigten Bestand auszugehen. Er stelle daher den Antrag, die Gemeinde möge den gesetzmäßigen Zustand herstellen.

 

I.3. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Hörsching (im Folgenden: Erstbehörde) vom 27.3.2014, GZ: 131-9-845.9-2014-Ha, wurde der Antrag als unzulässig zurückgewiesen, weil im Verfahren betreffend die Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages bzw auf Entscheidung über einen Antrag zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes der Nachbar keinen Rechtsanspruch und keine Parteistellung habe.

 

I.4. Mit Schriftsatz vom 10.4.2014 erhob der Bf gegen diesen Bescheid Berufung. Er bemängelte die Begründung des Bescheides der Erstbehörde als unzureichend und verwies ansonsten im Wesentlichen auf die Begründung des verfahrenseinleitenden Antrages. Entgegen den Ausführungen der Erstbehörde komme dem Nachbarn im Verfahren wegen konsensloser Bauten selbstverständlich Parteistellung zu.

 

I.5. Mit Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Hörsching (im Folgenden: belangte Behörde) vom 23.7.2014, GZ: 131-9-845.4-2014-Ha, wurde die Berufung gegen den Bescheid der Erstbehörde abgewiesen. Die Begründung der Erstbehörde wurde darin unter Hinweis auf einschlägige höchstrichterliche Rechtsprechung aufrecht erhalten und wiederum darauf hingewiesen, dass die Oö Bauordnung dem Nachbarn keinen Rechtsanspruch im baupolizeilichen Verfahren einräume.

 

I.6. Gegen diesen Bescheid richtet sich der Bf nunmehr mit seiner rechtzeitig eingebrachten Beschwerde. Zusammengefasst wird darin vorgebracht, dass die Gemeinde ein Verfahren wegen bewilligungsloser Bauten einzuleiten gehabt hätte und sehr wohl ein Rechtsanspruch des Nachbarn auf Einleitung eines derartigen Verfahrens bestehe. Es sei festzuhalten, dass der gesetzliche Mindestabstand nicht eingehalten werde und das Grundstück des Bf durch Schneelawinen vom nicht rutschfesten Dach der Holzhütte bzw der Halle laufend beeinträchtigt werde. Weder die Terrasse noch die Holzhütte entlang der Grundgrenze seien in der Baubewilligung vom 13.1.1975 betreffend die Errichtung einer Tennishalle mit Clubgebäude auf der Parzelle x, KG N, enthalten. Auch nach den zu diesem Zeitpunkt geltenden Bestimmungen habe man vom genehmigten Bauplan nicht abweichen dürfen. Zudem wäre der Nachbar von einem Bauvorhaben zu verständigen und die Baubewilligung zuzustellen gewesen. Dies sei hinsichtlich der Terrasse niemals geschehen. Daher stelle die Errichtung der Terrasse samt Holzhütte ein unzulässiges Bauvorhaben dar, welches nie Gegenstand eines Bewilligungsverfahrens gewesen sei. Die Vermutung der Konsensmäßigkeit könne im vorliegenden Fall nicht greifen, da Unterlagen hinsichtlich der Baubewilligung der restlichen Gebäude vorliegen, die Terrasse und die Holzhütte davon aber nicht umfasst seien. Eine nachträgliche Bewilligung der Terrasse scheide aufgrund der Bestimmungen über den einzuhaltenden Mindestabstand zum Nachbargrundstück aus. Es werde daher der Antrag gestellt, das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich möge den angefochtenen Bescheid als rechtswidrig aufheben und der Marktgemeinde Hörsching auftragen, ein Verfahren wegen bewilligungslosem Bau eines Gewerkes, nämlich der Terrasse auf der Parzelle x KG N, einzuleiten.

 

 

II. Beweiswürdigung:

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt und Einsichtnahme in einen aktuellen Grundbuchsauszug. Der unter Pkt I. dargelegte Verfahrensgang und Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Verwaltungsakt.

 

 

III. Maßgebliche Rechtslage:

 

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

 

Die hier relevanten Bestimmungen der Oö Bauordnung 1994 (Oö BauO 1994), LGBl Nr 66/1994, in der Fassung LGBl Nr 90/2013, lauten auszugsweise:

 

„§ 31
Einwendungen der Nachbarn

 

(1) Nachbarn sind

 

1.   bei Wohngebäuden einschließlich der zugehörigen Stellplätze für Kraftfahrzeuge sowie der allenfalls vorgeschriebenen Neben- und Gemeinschaftsanlagen: die Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen der Grundstücke, die vom zu bebauenden Grundstück höchstens zehn Meter entfernt sind;

 

2.   bei allen anderen Bauvorhaben sowie für die Nachbarrechte im Sinn des Abs. 5: die Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen der Grundstücke, die vom zu bebauenden Grundstück höchstens 50 Meter entfernt sind.

 

Die Stellung als Nachbar besteht jedoch jeweils nur unter der Voraussetzung, dass diese Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen durch das Bauvorhaben voraussichtlich in ihren subjektiven Rechten beeinträchtigt werden können. Personen, denen ein Baurecht zusteht, sind Grundeigentümern oder Grundeigentümerinnen gleichgestellt

 

[...]

 

(3) Nachbarn können gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, daß sie durch das Bauvorhaben in subjektiven Rechten verletzt werden, die entweder in der Privatrechtsordnung (privatrechtliche Einwendungen) oder im öffentlichen Recht (öffentlich-rechtliche Einwendungen) begründet sind.

 

[...]

 

§ 49
Bewilligungslose bauliche Anlagen

 

(1) Stellt die Baubehörde fest, daß eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage ohne Baubewilligung ausgeführt wird oder bereits ausgeführt wurde, hat sie - unabhängig von § 41 - dem Eigentümer der baulichen Anlage mit Bescheid aufzutragen, entweder nachträglich innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist die Baubewilligung zu beantragen oder die bauliche Anlage innerhalb einer weiters festzusetzenden angemessenen Frist zu beseitigen und gegebenenfalls den vorigen Zustand wiederherzustellen. Die Möglichkeit, nachträglich die Baubewilligung zu beantragen, ist dann nicht einzuräumen, wenn nach der maßgeblichen Rechtslage eine Baubewilligung nicht erteilt werden kann.

 

[...]

 

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat im Rahmen des durch die §§ 27 und 9 Abs 1 Z 3 und Z 4 VwGVG normierten Prüfungsumfangs erwogen:

 

Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der belangten Behörde, wonach die Zurückweisung des Antrags auf Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes mangels Parteistellung durch die Erstbehörde vollinhaltlich bestätigt wurde. Begründend macht der Bf im Wesentlichen das Bestehen konsenswidriger Bauten auf dem Nachbargrundstück geltend, nämlich eine Terrasse und eine Holzhütte. Er sieht sich dadurch in subjektiven Rechten verletzt und vermeint, als Nachbar einen Anspruch darauf zu haben, dass die Baubehörde entsprechende rechtliche Schritte einleitet.

 

IV.1. Zunächst ist auszuführen, dass „Sache“ des nunmehrigen Beschwerdeverfahrens nur die Rechtmäßigkeit der in Rede stehenden Zurückweisung bzw die Bestätigung dieser Entscheidung durch die belangte Behörde sein kann (VwGH 18.12.2014, Ra 2014/07/0002 unter Hinweis auf die gefestigte, zu § 66 Abs 4 AVG ergangene Rechtsprechung mwN).

 

Soweit der Bf vorbringt, dass die verfahrensgegenständlichen Bauten in der Vergangenheit keiner Baubewilligung zugeführt worden sind oder einer solchen nunmehr nicht zugeführt werden können und beantragt, das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich möge der Marktgemeinde Hörsching die Einleitung eines baupolizeilichen Verwaltungsverfahrens auftragen, verkennt der Bf das Wesen der nachprüfenden Kontrolle behördlicher Entscheidungen durch die Verwaltungsgerichte.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat im Beschwerdeverfahren nur zu überprüfen, ob die Zurückweisung des Antrages vom 6.5.2013 durch die Erstbehörde bzw die den diesbezüglichen Bescheid bestätigende Entscheidung der belangten Behörde rechtmäßig war, dh ob mit Recht die inhaltliche Behandlung des Antrages abgelehnt wurde oder nicht. Nicht Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist die Prüfung, ob das verfahrensgegenständliche Bauwerk konsenswidrig erbaut wurde oder ob nun ein baupolizeilicher Auftrag zu ergehen hat oder nicht.

 

IV.2. Nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung hat der Nachbar nach der Oö BauO 1994 keinen Rechtsanspruch auf Erlassung eines baupolizeilichen Auftrags (vgl VwGH 21.5.2007, 2004/05/0236; vgl auch den Hinweis im hg Erkenntnis vom 05.01.2015, LVwG-150198/8/VG), sohin keinen Rechtsanspruch auf Beseitigung eines konsenslosen Baues (vgl VwGH 19.12.2000, 2000/05/0221; vgl auch Neuhofer, Oberösterreichisches Baurecht7 § 49 Rz 11 mwN; tlw anders nach den Bauordnungen anderer Bundesländer: zusammenfassend Maier, Baupolizeiliche Maßnahmen im Bundesländervergleich [Teil 1] bbl 2004, 182). Der Verweis des Bf auf die Nichteinhaltung der einschlägigen Abstandsbestimmungen vermag daran nichts zu ändern, da selbst im Falle des Vorliegens einer unzweifelhaften Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte des Nachbarn kein solcher Rechtsanspruch besteht (vgl Hauer, Der Nachbar im Baurecht6 [2008] 262). Völlig zutreffend hat daher schon die Erstbehörde die inhaltliche Behandlung des verfahrenseinleitenden Antrags abgelehnt. Der Beschwerde gegen die bestätigende Entscheidung der belangten Behörde kommt demzufolge keine Berechtigung zu.

 

Hiervon unberührt bleibt der Umstand, dass sich aus den Regelungen über baupolizeiliche Aufträge eine Amtspflicht der Baubehörden ergibt, deren Nichtbefolgung Amtsmissbrauch bedeuten kann (vgl das bereits zitierte E des VwGH 19.12.2000, 2000/05/0221 sowie OGH 14 Os 27/96, 14 Os 9/02, ua). Zudem steht es dem Bf selbstverständlich frei, die zuständige Aufsichtsbehörde auf einen vermeintlichen Missstand aufmerksam zu machen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen (siehe die zitierte höchstrichterliche Rechtsprechung). Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Doris Manzenreiter