LVwG-850308/4/Re/AK

Linz, 08.04.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Dr. Werner Reichenberger über die Beschwerde von Herrn F B, x, vom
30. Dezember 2014 gegen den Bescheid der Bezirkshaupt­mannschaft Wels-Land vom 12. Dezember 2014, GZ: Ge20-255-2014-RE, betreffend die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes gemäß § 360 GewO 1994

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der bekämpfte Bescheid behoben.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I. 1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit dem Bescheid vom
12. Dezember 2014, GZ: Ge20-255-2014-RE, gegenüber dem Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) als Inhaber der Betriebsanlage im Standort E, x, zur Hintanhaltung einer möglichen Gefahr für das Leben bzw. die Gesundheit von Menschen (Brand- bzw. Explosionsgefahr) als Sofortmaßnahme aufgetragen, die im Befund der Niederschrift vom 9. Dezember 2014 beschriebene, gewerbebehördlich nicht genehmigte Betriebs­anlage stillzulegen, zu räumen und zu schließen.

Aufgetragen wurde weiters, diese Stilllegung durch Stromlossetzung der gesamten elektrischen Anlage in der konsenslosen Betriebsanlage durch ein befugtes Elektroinstallationsunternehmen, Entfernung aller Maschinen und Geräte aus der Betriebsanlage sowie Entfernung und fachgerechte, nachweisliche Entsorgung aller Gebinde mit Flüssigkeiten und Betriebsmittel sowie aller sonstigen beweglichen Sachen durchzuführen, all dies unter Vorlage entspre­chender Nachweise bis längstens 31. Dezember 2014.

Dies im Wesentlichen mit der Begründung, im Rahmen einer mündlichen Augen­scheinsverhandlung am 9. Dezember 2014 seien im gegenständlichen Betriebs­standort enorme Gefährdungspotentiale, vor allem für das Leben bzw. die Gesundheit von Menschen, festgestellt worden. Dies, da zwischen unterschied­lichen Betriebsteilen keine vollwertigen Brandabschnitte vorhanden seien. Notwendige Abtrennungen fehlen zum Teil zur Gänze bzw. sind bestehende Öffnungen lediglich mit brennbaren Stoffen verschlossen. Vom gewerbe­technischen und brandschutztechnischen Sachverständigen sei festgehalten worden, es seien ölbefeuerte, nicht mehr in Betrieb stehende Warmluftöfen vorhanden. Beim Ölbrenner im südwestlichen Teil der Anlage sei der Anschluss zum flexiblen Brenneranschluss augenscheinlich undicht. Beim Öltank im nord­östlichen Teil der Betriebsanlage bestünden augenscheinlich Undichtheiten. Die Brandabschnittsbildungen seien mangelhaft ausgeführt. Trennwände würden Durchbrüche zeigen bzw. seien Wände nicht bis zur Decke hergestellt. Betriebe mit Betriebsstättenbewilligung im Standort hätten in ihren Bescheiden jeweils eine Auflage zur Ausbildung eines eigenen Brandabschnittes. Die Amtssachver­ständigen hätten festgehalten, dass im angemieteten Hallenteil eine Schlosserei vorgefunden worden sei. Offensichtlich seien Rahmen angefertigt, Schweißgeräte vorgefunden worden. Drei Gasflaschen seien ungesichert gelagert. Für die Mani­pulation werde ein E-Stapler eingesetzt. Für den Betrieb liege keine gewerbe­behördliche Genehmigung vor. Zwischen Elektroladestation und brennbaren Baustoffen würden unzureichende Abstände bestehen. Zwei ungesicherte Druck­gasflaschen für Schutzgas seien vorgefunden worden. Lichtstrahler befänden sich in Näherungen zu brennbaren Baustoffen.

Vom Sachverständigen wurde hierzu festgehalten, dass Elektroladestationen im Umkreis von 3 m von brennbaren Lagerungen frei zu halten seien. Das hölzerne Regal sei zu entfernen bzw. seien brennbare Lagerungen beim Betrieb der Ladestation in diesem Ausmaß zu entfernen. Für die Lagerung von Druckgas­flaschen sei die ÖNORM M 7379 maßgeblich. Die Flaschen seien außerhalb des Gebäudes in einem entsprechenden Lager und gegen Umfallen gesichert aufzu­bewahren bzw. zu entfernen. Die Lichtstrahler seien zu entfernen.

Da von dem beigezogenen Sachverständigen durch die konsenslos errichtete und betriebene Anlage eine Gefahr für das Leben und die Gesundheit von Menschen sowie für das Eigentum festgestellt worden sei, seien die Maßnahmen erforder­lich.

 

I. 2. Gegen diesen Bescheid vom 12. Dezember 2014 hat Herr F B innerhalb offener Frist Beschwerde eingelegt.

Dies im Wesentlichen mit der Begründung, in den gegenständlichen ehemaligen Produktionshallen sei aufgrund eines Firmenstandortwechsels ein ideales verfüg­bares Lager gefunden worden. Dieses sei für die Lagerung von nicht verkauften Maschinen und Anlagen sowie Halbfertigwaren und das Rohmateriallager verwendet worden. In das Lager konnte zeitgleich mit der Räumung der ehe­maligen Produktionsstätte eingezogen werden. Die im Bescheid beschriebenen Mängel seien in der Zwischenzeit behoben und aufgrund der schwachen Wirt­schaftslage die Fertigung vollständig eingestellt worden. Das nunmehrige Geschäfts­feld beschränke sich ausschließlich auf die Planung und den Verkauf sowie die Montage von Maschinenschutz, Hallenbüros, Aluprofilkonstruktion sowie Fördertechnik für Industrie und Gewerbe. Alles im Lager Vorhandene werde bestmöglich verkauft und anschließend das Lager geschlossen.

 

I. 3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land als belangte Behörde hat diese Beschwerde gemeinsam mit dem zugrundeliegenden Verfahrensakt dem Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich zur Rechtsmittelentscheidung vorgelegt. Die belangte Behörde hat dabei keine inhaltlichen Äußerungen zum Beschwerdevor­bringen abgegeben.

 

I. 4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsicht­nahme in den Akt der belangten Behörde zu Ge20-255-2014-RE.

 

Ergänzend zu dem mit der Beschwerde vorgelegten Verfahrensakt hat die belangte Behörde einen Schriftsatz vom 12. März 2015 an den Bf mit dem Geschäftszeichen Ge20-255-2014-RE mit wesentlichem Inhalt betreffend das gegenständliche Verfahren übermittelt.

 

Demnach wurde am 2. März 2015 eine weitere mündliche Verhandlung in der Ange­legenheit durchgeführt und hat sich herausgestellt, dass für die vom Bf betriebene Betriebsanlage eine gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Lagerhalle für Baumaschinenersatzteile und Werkzeuge auf dem Grundstück Nr. x, KG K, Gemeinde E, gemäß Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 14. August 2012,
GZ: Ge20-161-2012-Wim, besteht. Genehmigungswerber und offensichtlich damaliger Anlageninhaber war Herr F.P. Nach Erteilung der zitierten Genehmigung wurden - so der Verhandlungsschrift vom 2. März 2015 zu entnehmen - offensichtlich die Hallenbereiche des F.P. mit denjenigen des Bf getauscht und sind die Inhaber somit gegenseitig in die jeweils allfällig bestehenden betriebs­anlagenrechtlichen Konsense eingetreten.

 

Bezugnehmend auf den Bf wird festgestellt, dass für den von ihm genutzten Hallenteil zwar eine aufrechte Betriebsanlagengenehmigung existiert (für Errich­tung und Betrieb einer Lagerhalle für Baumaschinenersatzteile und Werkzeuge), diese Anlage jedoch offensichtlich in der Zwischenzeit geändert wurde und für diese Änderung, nämlich für die Errichtung und den Betrieb einer Schlosserei, keine Änderungsgenehmigung vorliegt. Der Bf wurde aufgefordert, für diese Änderung bei der belangten Behörde um entsprechende Änderungsgenehmigung anzusuchen.

 

Im Grunde des § 24 Abs. 1 VwGVG konnte von der Durchführung einer öffent­lichen mündlichen Verhandlung mangels Erfordernis abgesehen werden.

 

I. 5. In der Sache hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

Gemäß § 360 Abs. 4 GewO 1994 hat die Behörde, um die durch eine diesem Bundesgesetz unterliegende Tätigkeit oder durch Nichtbeachtung von Anforde­rungen an Maschinen, Geräte und Ausrüstungen (§ 71) verursachte Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder für das Eigentum abzuwehren oder um die durch eine nichtgenehmigte Betriebsanlage verursachte unzumut­bare Belästigung der Nachbarn abzustellen, entsprechend dem Ausmaß der Gefährdung oder Belästigung, mit Bescheid die gänzliche oder teilweise Schließung des Betriebes, die Stilllegung von Maschinen oder sonstige die Anlage betreffenden Sicherheitsmaßnahmen oder Vorkehrungen zu verfügen. Hat die Behörde Grund zur Annahme, dass zur Gefahrenabwehr Sofortmaßnahmen an Ort und Stelle erforderlich sind, so darf sie nach Verständigung des Betriebs­inhabers, seines Stellvertreters oder des Eigentümers der Anlage oder, wenn eine Verständigung dieser Person nicht möglich ist, einer Person, die tatsächlich die Betriebsführung wahrnimmt, solche Maßnahmen auch ohne voraus­gegan­genes Verfahren und vor Erlassung eines Bescheides an Ort und Stelle treffen.

 

Gemäß § 360 Abs. 5 GewO 1994 sind Bescheide gemäß Abs. 1, 2. Satz, 2, 3 oder 4 sofort vollstreckbar; wenn sie nicht kürzer befristet sind, treten sie mit Ablauf eines Jahres, vom Beginn der Vollstreckbarkeit angerechnet, außer Wirksamkeit. Durch einen Wechsel in der Person des Inhabers der von den einstweiligen Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen betroffenen Anlagen, Anlagenteile oder Gegenstände wird die Wirksamkeit dieser Bescheide nicht berührt.

 

Normadressat von Maßnahmen nach § 360 kann nur ein Gewerbetreibender sein, welcher die verfahrensgegenständliche Anlage inne hat, somit Anlageninhaber ist. Bei der Beurteilung des Inhabers der Anlage ist von jenem Bedeutungsinhalt auszugehen, den die Privatrechtsordnung - die der Gesetzgeber der GewO 1973 vorgefunden hat - geprägt hat. Danach ist nach § 309 ABGB Sachinhaber, wer eine Sache in seiner Gewahrsame hat. Somit ist es zur Innehabung nicht erfor­derlich, den sogenannten Eigentümerwillen zu haben, vielmehr ist unter anderem auch der Bestandnehmer vom Inhaberbegriff eingeschlossen. Bei der Verfügung von Maßnahmen nach § 360 GewO 1994 kommt es somit darauf an, wer die Betriebsanlage betreibt.

Durch einen Wechsel in der Person des Inhabers einer Anlage wird die Wirksam­keit einer bestehenden Genehmigung nicht berührt. Diese sogenannte dingliche Wirkung einer Betriebsanlagengenehmigung bewirkt, dass von der einmal erteilten Genehmigung jeder neue Inhaber Gebrauch machen kann, ihm jedoch die Erfüllung bzw. Einhaltung aller dem Vorgänger vorgeschriebenen Auflagen obliegt.

 

Dem Verfahrensakt ist zu entnehmen, dass es sich beim gegenständlichen Teil der Gesamtanlage, welche zur Zeit der Überprüfung dem Bf als Inhaber der Anlage zuzurechnen war, um einen Teil einer grundsätzlich genehmigten Gesamt­anlage handelt, welche nicht über eine vollständige, nach den Bestim­mungen der Gewerbeordnung erforderliche, Anlagengenehmigung, welche sämtliche Änderungen umfasst, verfügt.

 

Im Rahmen einer am 9. Dezember 2014 an Ort und Stelle durchgeführten Überprüfung wurden die im Bescheid verwerteten, nicht dem gesetzmäßigen Zustand entsprechenden Sach­verhalte in der gegenständlichen Betriebsanlage vom bau- und gewerbetechni­schen bzw. brandschutztechnischen Sachverstän­digen festgestellt.

 

Dem Verfahrensakt ist in Bezug auf die Person des Bf zunächst zu entnehmen, dass sich die Maßnahmen nach § 360 GewO 1994 bezüglich der im beiliegenden Plan eingezeichneten Anlage auf ihn beziehen. Dabei ist der Name des Bf in der bestehenden Halle zwischen den Linien K und J einerseits und den Abschnitts­linien 22 bis 26 andererseits zu definieren.

 

Wie der ergänzenden Eingabe der belangten Behörde vom 12. März 2015 zu ent­nehmen ist, hat sich im Rahmen einer mündlichen Verhandlung am 2. März 2015 herausgestellt, dass der Bf diesen Anlagenteil mit Herrn F.P. getauscht hat, der Bf somit den oben beschriebenen Teil der Halle in die Gewahrsame des Herrn F.P. übergeben hat und somit nicht mehr Inhaber dieser Anlage ist.

 

Da sich somit die mit dem bekämpften Bescheid vorgeschriebenen Maßnahmen gegenüber dem Bf auf einen Anlagenteil beziehen, dessen Inhaber er zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung nicht mehr war, kann der bekämpfte Bescheid nicht aufrechterhalten werden und war ersatz­los zu beheben.

 

Aufgrund der dargestellten Sach- und Rechtslage war wie im Spruch zu ent­scheiden.

 

 

II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsge­richtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Dr. Reichenberger