LVwG-850291/2/HW LVwG-850292/2/HW LVwG-850293/2/HW LVwG-850294/2/HW

Linz, 02.04.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Mag. Dr. Wiesinger über die Berufungen (Beschwerden) von Dr. L J K, Dr. J M, x, x, x, gegen die Bescheide der Interessentenbeitragsstelle vom 4. November 2013 betreffend die Interessentennummer x, mit denen der Interessentenbeitrag für das Kalenderjahr 2009 mit € 209,86 festgesetzt und der Antrag auf Rückzahlung des Interessentenbeitrages 2009 abgewiesen wurden,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I. Die Beschwerden werden gemäß § 279 Abs. 1 BAO als unbegründet abgewiesen.

 

II. Gegen dieses Erkenntnis ist keine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I.1. Dr. L J K, Dr. J M, x, x, x (im Folgenden kurz: Bf) beantragten mit Eingabe vom 22. März 2013 die Rückzahlung der bisher entrichteten Interessentenbeiträge. Mit Eingabe vom 9. September 2013, eingelangt am
17. September 2013, stellten die Bf den Antrag auf Rückzahlung des Interessentenbeitrages für das Jahr 2013 und wiederholten den Antrag auf Rückzahlung der entrichteten Interessentenbeiträge für die Jahre 1999 bis 2013. Mit Eingabe vom 14. Oktober 2013 stellten die Bf einen Devolutionsantrag wegen Säumigkeit der Interessentenbeitragsstelle, woraufhin von der Oö. Landesre­gierung mit Schreiben vom 28. Oktober 2013, Zl. WI-2013-339993/2-Jak, der Auftrag gemäß § 311 Abs. 3 BAO erging, bis zum 15. Jänner 2014 über den Antrag der Bf zu entscheiden.

 

I.2. Mit angefochtenem Bescheid vom 4. November 2013 wurde der Interessentenbeitrag für die Interessentennummer x für das Kalenderjahr 2009 gemäß § 41 Oö. Tourismus-Gesetz 1990 für die Gemeinde P (Ortsklasse C) in der Höhe von € 209,86 festgesetzt. Ferner wurde mit Bescheid vom selben Datum der Antrag auf Rückzahlung des Interessentenbeitrages 2009 abgewiesen.

 

I.3. Gegen diese Bescheide richten sich zwei - im Wesentlichen gleichlautende - Berufungen vom 6. Dezember 2013, in denen beantragt wurde, die Bescheide dahingehend zu ändern, dass der Interessentenbeitrag für das verfahrens­gegenständliche Jahr mit € 0,00 festgesetzt bzw. dem Antrag auf Rückzahlung des Interessentenbeitrages 2009 stattgegeben werde. In eventu wurde beantragt, den jeweiligen Bescheid aufzuheben und zur neuerlichen Entscheidung an die Interessentenbeitragsstelle zurückzuverweisen.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass die Berufungen darauf abzielen, die verfahrensgegenständlich maßgebenden Bestimmungen des Oö. Tourismus-Gesetzes 1990 vor dem Verfassungsgerichtshof zu bekämpfen. Die Beitragshöhe richte sich nach § 41 Oö. Tourismus-Gesetz 1990, welcher verfassungswidrig sei. Die Berufsgruppe Rechtsberatung ziehe aus dem Fremdenverkehr keinen Nutzen, weshalb eine Einreihung in eine andere Beitragsgruppe vorzunehmen gewesen wäre.

 

Betrachte man das Oö. Tourismus-Gesetz 1990, zeige sich, dass der Gesetzgeber die Einreihung der Berufsgruppen in Beitragsgruppen nach dem mittelbaren oder unmittelbaren Nutzen, welche sie aus dem Fremdenverkehr ziehen, geboten habe. Erziele eine Berufsgruppe keinen Nutzen aus dem Fremdenverkehr - wie dies bei einer Rechtsanwaltskanzlei der Fall sei -, könne dies durch eine Einreihung der betreffenden Berufsgruppe in eine Beitragsgruppe mit einem Prozentsatz von 0,00 % berücksichtigt werden. Nach allgemeinen wirtschaft­lichen Erfahrungen schlage sich in einer Tätigkeit eines Rechtsanwaltes kein Fremdenverkehrsnutzen (unmittelbar oder mittelbar) nieder. Zwar müsse der Verordnungsgeber nicht auf jede noch so kleine Berufsgruppe Bedacht nehmen, jedoch handle es sich bei Rechtsanwälten um eine relevante Gruppe von Betroffenen und nicht etwa um vernachlässigbare Einzelfälle.

 

Damit sei der Interessentenbeitrag mit € 0,00 festzusetzen gewesen bzw. dem Antrag auf Rückzahlung des Interessentenbeitrages Folge zu geben gewesen.

 

I.4. Die Interessentenbeitragsstelle legte die gegenständlichen Berufungen mit Schreiben vom 17. Dezember 2014 samt Akt zur Entscheidungsfindung vor. Da in der Beschwerdeschrift lediglich die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen, die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen oder die Rechtswidrigkeit von Staatsver­trägen behauptet wird („Einleitend wird zunächst darauf hingewiesen, dass die Berufung darauf abzielt, die hier maßgebenden Bestimmungen des
Oö. Tourismus-Gesetzes 1990 vor dem Verfassungsgerichtshof zu bekämpfen [...], sodass es notwendig ist, das Rechtsmittel zu erheben, da diesbezüglich eine Individualbeschwerde nicht möglich ist.“
), war die Aktenvorlage gemäß § 262 Abs. 3 BAO zulässig.

 

I.5. Beweis erhoben wurde durch Akteneinsichtnahme. Auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte verzichtet werden, weil diese gemäß § 274 Abs. 1 BAO weder beantragt wurde noch aus Sicht des erkennenden Gerichtes erforderlich ist. Der entscheidungserhebliche Sachverhalt steht fest und dessen Richtigkeit wird in den Rechtsmitteln nicht bezweifelt. Die Anträge auf Festsetzung des Interessentenbeitrages mit € 0,00 bzw. der Rückzahlungsantrag stützen sich nicht darauf, dass der den Bescheiden zugrundeliegende Sachverhalt - etwa der maßgebliche Umsatz - unrichtig ermittelt oder die Höhe des Beitrages unrichtig berechnet worden wäre. Vielmehr wurde die Ermittlung der Beitragshöhe auf Grundlage des von den Bf vorgelegten Umsatzsteuerbescheides vorgenommen und entspricht auch der von den Bf erstatteten Beitragserklärung. Die Bf bringen in ihren Rechtsmitteln vor, dass das Oö. Tourismus-Gesetz 1990 bzw. die Beitragsgruppenordnung verfassungs- bzw. gesetzwidrig seien.

 

 

II. Maßgebliche Rechtslage:

 

Gemäß § 33 Abs. 1 Oö. Tourismus-Gesetz 1990 (LGBl. Nr. 81/1989) haben die Tourismusinteressenten (§ 1 Z 5) für jedes Kalenderjahr (Beitragszeitraum) Interessentenbeiträge zu entrichten. Tourismusinteressenten sind nach § 1 Z 5 leg.cit. alle natürlichen oder juristischen Personen, eingetragenen Personen­gesellschaften, Gesellschaften bürgerlichen Rechts sowie verwandte Gesell­schaftsformen, die in Oberösterreich eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausüben und zu diesem Zweck in einer Gemeinde des Landes einen Sitz (Standort) oder eine Betriebsstätte haben, unabhängig davon, welcher Erwerbstätigkeit diese Einrichtungen dienen. Gemäß § 37 leg.cit. ist der beitragspflichtige Umsatz, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist oder Ausnahmen vorgesehen sind, die Summe der im zweitvorangegangenen Jahr erzielten steuerbaren Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 des Umsatzsteuer­gesetzes 1994.

 

Gemäß § 41 Abs. 1 Oö. Tourismus-Gesetz 1990 (in der Fassung
LGBl. Nr. 86/1994) beträgt die Höhe des Interessentenbeitrages unter Berücksichtigung der für den Tourismusinteressenten zutreffenden Beitrags­gruppe und der Ortsklasse, in der jene Tourismusgemeinde eingestuft ist, in der die Beitragspflicht des Tourismusinteressenten besteht, den nachstehenden Prozentsatz des beitragspflichtigen Umsatzes:

 

 Prozentsätze der Beitragsgruppen

Ortsklasse

1

2

3

4

5

6

7

A

0,50

0,35

0,20

0,15

0,10

0,05

0,00

B

0,45

0,30

0,15

0,10

0,05

0,00

0,00

C

0,40

0,20

0,10

0,05

  0,025

0,00

0,00

St.

0,40

0,20

0,10

0,05

  0,025

0,00

0,00

 

Nach § 1 Abs. 1 der Verordnung der Oö. Landesregierung vom 17. August 1992, mit der auf Grund des Oö. Tourismus-Gesetzes 1990 die Beitragsgruppen für die einzelnen Berufsgruppen bestimmt werden (LGBl. Nr. 54/1992 idF
LGBl. Nr. 119/2007) - im Folgenden: Beitragsgruppenordnung - werden die Berufsgruppen der Tourismusinteressenten zur Berechnung der Interessenten­beiträge nach dem Oö. Tourismus-Gesetz 1990 nach Maßgabe der einen wesentlichen Bestandteil dieser Verordnung bildenden Anlage 1 in Beitrags­gruppen eingeteilt.

 

Anlage 1 dieser Verordnung lautet auszugsweise wie folgt:

 

Berufsgruppe (Wirtschaftstätigkeit)  

Beitragsgruppe in den Ortsklassen

A

B

C

Statutarstadt

D

 

 

 

Zone I

Zone II

 

[...]

 

 

 

 

 

 

9A

GELD- UND KREDITWESEN; PRIVATVERSICHERUNG; WIRTSCHAFTSDIENST

 

 

 

 

 

 

·         [...]

 

 

 

 

 

 

·         93

·         REALITÄTENWESEN; RECHTS- UND WIRTSCHAFTSDIENSTE

 

 

 

 

 

 

[...]

 

 

 

 

 

 

·         932

Rechtsberatung.......................

5

5

5

6

6

5

[...]

 

 

 

 

 

 

 

 

III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

III.1. Die verfahrensgegenständlichen Bescheide werden nach den ausdrück­lichen Ausführungen in den Rechtsmittelschriften deshalb angefochten, um die gegenständlich anwendbaren Normen beim Verfassungsgerichtshof anzufechten („Einleitend wird zunächst darauf hingewiesen, dass die Berufung darauf abzielt, die hier maßgebenden Bestimmungen des Oö. Tourismus-Gesetzes 1990 vor dem Verfassungsgerichtshof zu bekämpfen [...], sodass es notwendig ist, das Rechtsmittel zu erheben, da diesbezüglich eine Individualbeschwerde nicht möglich ist.“).

III.2. Eine Unrichtigkeit der Interessentenbeitragsbemessung in dem Sinne, dass dieser etwa unrichtige Umsatzzahlen oder ein nicht dem Gesetz bzw. der Verordnung entsprechender Beitragssatz zugrunde gelegt worden wäre, wurde von den Bf nicht behauptet und es ist dies im konkreten Fall auch nicht ersichtlich: Die Bf betreiben eine Rechtsanwaltskanzlei in der Gemeinde P (Ortsklasse C laut Oö. Ortsklassenverordnung). Die Tätigkeit der Rechtsberatung ist in Gemeinden der Ortsklasse C der Beitragsgruppe 5 zuzuordnen (vgl. Anlage 1 der Beitragsgruppenordnung, Pkt. 932). Gemäß § 41 Abs. 1 Oö. Tourismus-Gesetz 1990 beträgt die Höhe des Beitragssatzes 0,025 % des beitragspflichtigen Umsatzes. Unter Zugrundelegung des im zweitvor­angegangenen Jahr erzielten Umsatzes laut Umsatzsteuerbescheid ergibt dies einen Interessentenbeitrag von € 209,86. Dieser liegt den behördlichen Entscheidungen zugrunde und entspricht dem in der Beitragserklärung angegebenen (und auch bezahlten) Betrag.

 

Damit liegt ausgehend von den gegenständlich anwendbaren Rechtsgrundlagen eine Rechtswidrigkeit der Beitragsfestsetzung bzw. der Abweisung des Antrages auf Rückzahlung des geleisteten Interessentenbeitrages für das verfahrens­gegenständliche Jahr (mangels Guthaben) nicht vor.

 

III.3. In den Rechtsmitteln wird aber ohnedies nicht die Übereinstimmung der Beitragsfestsetzung mit den geltenden Normen bestritten bzw. das Vorhandensein eines Guthabens bei Anwendung dieser Normen behauptet, sondern es wird die Rechtskonformität der in Geltung stehenden verfahrens­relevanten Rechtsgrundlagen bezweifelt. Das erkennende Verwaltungsgericht sieht jedoch auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens im vorliegenden Fall keine Veranlassung, Bedenken an der Verfassungskonformität des Oö. Tourismus-Gesetzes 1990 bzw. der Gesetzmäßigkeit der Beitrags­gruppen­ordnung zu hegen:

 

Nach Ansicht des erkennenden Gerichtes ziehen auch Rechtsanwälte zumindest  indirekten Nutzen aus dem Fremdenverkehr, zumal sich eine allgemeine Belebung (der Wirtschaft) durch den Fremdenverkehr auch bei Rechtsanwälten niederschlägt (Vertragsjurisprudenz, Liegenschaftsverkehr, Firmengründungen,  Beratungstätigkeit, gerichtliche und außergerichtliche Vertretung etwa in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten oder im Zusammenhang mit Unfällen bzw. anderen Schadensereignissen oder Straftaten). Auch der Verfassungsgerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass die Annahme, dass Rechtsanwälte aus dem Fremdenverkehr bei einer Durchschnittsbetrachtung überhaupt keinen Nutzen ziehen, verfehlt ist (vgl. etwa VfSlg. 12419/1990 und 11025/1986 mwN). Berücksichtigt man ferner, dass die Bf mit einem Beitragssatz von 0,025 % des Umsatzes bereits den niedrigsten in § 41 Abs. 1 Oö. Tourismus-Gesetz 1990 vorgesehenen Beitragssatz zu entrichten haben, so wurde nach Ansicht des erkennenden Gerichtes auch der regelmäßig bloß gelegentliche und geringe (indirekte) Nutzen, den Rechtsanwälte aus dem Fremdenverkehr ziehen, bereits erkennbar und hinreichend berücksichtigt.

 

Im Hinblick auf die zitierte Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes vermag das erkennende Gericht damit keine Rechtswidrigkeit der gegenständlich anwendbaren Rechtsnormen zu erkennen und es war daher von einem Antrag auf Verordnungs- bzw. Gesetzesprüfung abzusehen.

 

III.4. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grund­sätzliche Bedeutung zukommt. Im Übrigen erkennt der Verfassungsgerichtshof über Beschwerden gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes, soweit der Beschwerdeführer wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung oder eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet (Art. 144 Abs. 1 B-VG).

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Die Abfassung und Einbringung der Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder durch einen bevollmächtigten Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer bzw. eine bevollmächtigte Steuerberaterin oder Wirt­schaftsprüferin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabe­gebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

 

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Dr. Wiesinger