LVwG-300417/15/BMa/BD
Linz, 03.02.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Maga. Gerda Bergmayr-Mann über die Beschwerde des DI M.E., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P.F., xx, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 7. Juli 2014, SV96-33-2013/SIM, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als der Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 45 Abs. 1 2. Satz Verwaltungsstrafgesetz (VStG) von der Verhängung einer Strafe abgesehen wird, wobei dem Beschwerdeführer aber unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens eine Ermahnung erteilt wird.
II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht zu leisten.
Nach § 38 VwGVG iVm § 66 VStG entfällt ein Kostenbeitrag zum Verwaltungsstrafverfahren vor der belangten Behörde.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) wie folgt schuldig gesprochen und bestraft:
§ 28 Abs. 1 Z. 5 Ausländerbeschäftigungsgesetz 1975 idgF.
I.2. Dagegen wurde vom Rechtsmittelwerber rechtzeitig Beschwerde erhoben, die von der belangten Behörde dem LVwG mit Schreiben vom 11. August 2014 am 13. August 2014 vorgelegt wurde.
Das LVwG entscheidet gemäß § 2 VwGVG durch Einzelrichterin.
I.3. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und am 1. Dezember 2014 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der der Bf in rechtsfreundlicher Vertretung gekommen ist. Als Zeugin wurde Maga. M.S. einvernommen.
Anlässlich der mündlichen Verhandlung hat sich der Bf in Bezug auf die Erfüllung des objektiven Tatbestandes geständig gezeigt und auch angegeben, dass der Beschwerdepunkt, es sei ein verantwortlicher Beauftragter bestellt worden, obsolet ist.
II. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:
II.1. Folgender rechtlich relevanter Sachverhalt wird festgestellt:
Der r. Staatsangehörige M.M. war seit 26. November 2010 bei der Firma P. L. GmbH mit Sitz in T., x, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer DI M.E. ist, beschäftigt. Im Jahr 2010 und daran anschließend wurde M. mit einer Beschäftigungsbewilligung angestellt, diese endete jedoch mit 21. November 2012. Die P. L. GmbH ist eine Tochtergesellschaft der P. H. Die P. H. erledigt zentrale Aufgaben, wie die Personalverwaltung etc., für Tochtergesellschaften, wie z.B. auch für die P. L. GmbH. M.M. war Dienstnehmer der P. L. GmbH, die vertragliche Abwicklung und Personalverrechnung wurde jedoch in der P. H. bewerkstelligt. Vor Ablauf der Beschäftigungsbewilligung des M. hat es im Programm der Personalverrechnung einen internen Hinweis darauf gegeben, dass das Fristende dieser Bewilligung bevorstehen würde. Aufgrund eines Urlaubs der zuständigen Bediensteten wurde M. jedoch nicht davon verständigt, dass er eine Freizügigkeitsbestätigung zu beantragen hätte. Dies erfolgte erst im Jahr 2013 und er hat auch am 5. März 2013 den Antrag auf Ausstellung einer Freizügigkeitsbestätigung gestellt. Nach Stellung dieses Antrags erfolgte am 11. März 2013 eine Kontrolle durch Organe des Finanzamtes Linz.
Nachdem der Fehler in der Personalverwaltung der P. H. offenkundig wurde, wurde das EDV-Programm dahingehend geändert, dass die Hinweise auf nötige Arbeitsschritte für mehrere Bedienstete evident waren und diese von mehreren Bediensteten abgearbeitet wurden.
M.M. hat bereits im Jahr 2011 die Voraussetzungen für die Ausstellung einer Freizügigkeitsbestätigung gehabt, weil er zu diesem Zeitpunkt bereits zwölf Monate in Österreich als r. Staatsangehöriger gearbeitet hat.
Der Bf als handelsrechtlicher Geschäftsführer der P. L. GmbH hat kein Weisungsrecht gegenüber der Leiterin der Personalabteilung in der P. H., die firmenintern dafür verantwortlich gewesen ist, M. darauf aufmerksam zu machen, dass er den Antrag auf Ausstellung einer Freizügigkeitsbestätigung rechtzeitig zu stellen hat oder dass dieser nicht mehr weiter beschäftigt worden wäre.
II.2. Beweiswürdigend wird ausgeführt, dass sich der festgestellte Sachverhalt widerspruchsfrei aus dem vorliegenden Verwaltungsakt und den Aussagen des
Bf sowie der Zeugin Maga. S. in der mündlichen Verhandlung am
1. Dezember 2014 ergibt.
II.3. In rechtlicher Hinsicht hat das Oö. LVwG erwogen:
II.3.1. Gemäß § 32a Abs. 1 AuslBG genießen Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die am 1. Jänner 2007 aufgrund des Vertrages über den Beitritt der Republik Bulgarien und Rumäniens zur Europäischen Union (Beitrittsvertrag von Luxemburg), Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 157 vom 21. Juni 2005, Seite 11, der Europäischen Union beigetreten sind, keine Arbeitnehmerfreizügigkeit iSd § 1 Abs. 2 lit.l, es sei denn, sie sind Angehörige eines gemeinschaftsrechtlich aufenthaltsberechtigten Staatsangehörigen eines anderen EWR-Mitgliedstaates gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 bis 3 NAG.
Nach Abs. 4 leg.cit ist das Recht auf unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt gemäß Abs. 2 und 3 von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zu bestätigen. Die Bestätigung ist vor Beginn der Beschäftigung einzuholen. Der Arbeitgeber hat eine Ausfertigung der Bestätigung im Betrieb zur Einsichtnahme bereitzuhalten. Die Bestätigung erlischt bei Ausreise aus dem Bundesgebiet aus einem nicht nur vorübergehenden Grunde.
Nach § 32a Abs. 2 Z 1 leg.cit haben EU-Bürger gemäß Abs. 1 unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt, wenn sie am Tag des Beitritts oder nach dem Beitritt rechtmäßig im Bundesgebiet beschäftigt sind und ununterbrochen mindestens 12 Monate zum Arbeitsmarkt zugelassen waren. ...
Gemäß § 28 Abs. 1 Z 6 AuslBG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 1.000 Euro zu bestrafen, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, wer entgegen dem § 32a Abs. 4 einen EU-Bürger, dessen Ehegatten oder Kind ohne Bestätigung gemäß § 32a Abs. 2 oder 3 beschäftigt.
Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.
Gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind.
Nach Satz 2 des § 45 Abs. 1 kann die Behörde anstatt die Einstellung zu verfügen, in einem Fall der Z 4, dem Beschuldigten unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.
II.3.2. Der Bf hat anlässlich der mündlichen Verhandlung die Erfüllung des objektiven Tatbestandes nicht bestritten. Aus den Feststellungen ergibt sich, dass die Beschäftigungsbewilligung des M. mit 21. November 2012 geendet hatte und der Antrag auf Ausstellung der Freizügigkeitsbestätigung erst mit
5. März 2013 gestellt wurde. Damit aber hat der Bf das Tatbild der inkriminierten Rechtsvorschrift erfüllt, weil er M. ohne arbeitsmarktrechtliche Genehmigung beschäftigt hatte.
Der Bf konnte anlässlich der mündlichen Verhandlung nicht glaubhaft machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden getroffen hat. Zur Strafbarkeit genügt fahrlässiges Verhalten, wobei Fahrlässigkeit bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen ist, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört
(§ 5 VStG).
Der Bf hat jedoch dargetan, dass sein Verschulden lediglich in Form von leichter Fahrlässigkeit anzunehmen ist, hat er doch bereits seit 14 Jahren die Funktion als handelsrechtlicher Geschäftsführer inne und konnte sich während dieser Zeit auf ein funktionierendes System der Lohnverrechnung und Personalbetreuung durch die P. H. verlassen. Der nunmehr aufgetretene Fehler in der Personalverwaltung war auf Zuordnung eines Arbeitsschrittes an eine einzelne Bearbeiterin, die sich jedoch im fraglichen Zeitpunkt auf Urlaub befunden hat, zurückzuführen. Unmittelbar nachdem der Fehler entdeckt wurde, wurde das EDV-Programm umgestellt, sodass ein Auftreten eines derartigen Fehlers nicht mehr zu erwarten ist. Dem Bf ist in diesem Zusammenhang vorzuwerfen, dass er nicht selbst Kontrollen hinsichtlich des Vorliegens der nach dem AuslBG erforderlichen Genehmigungen durchgeführt hat.
Weil M. bereits seit dem Jahr 2011 die Voraussetzungen zur Beantragung der Freizügigkeitsbestätigung gehabt hatte, ist dem Vorbringen des Bf beizupflichten, dass die Beeinträchtigung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes, nämlich die illegale Beschäftigung des Ausländers durch die verspätete Stellung des Antrags auf Ausstellung einer Freizügigkeitsbestätigung, gering ist.
Spezialpräventive Gründe treten aufgrund der firmeninternen Konstruktion, wonach der Bf aufgrund der Auslagerung der Personalverrechnung und Personalbetreuung an die Holding keinen wesentlichen Einfluss auf die Arbeitsflüsse der Holding hat, in den Hintergrund. Die Erteilung einer Ermahnung war dennoch notwendig, um den Bf künftig zu veranlassen, bei den bei ihm beschäftigten Arbeitnehmern Kontrollen hinsichtlich der Einhaltung des AuslBG durchzuführen.
Gleichzeitig wird darauf hingewiesen, dass bei neuerlichen Verfehlungen mit deutlich höheren Strafen zu rechnen ist, würde es sich doch dann um einen Wiederholungsfall handeln. Auch aus generalpräventiven Gründen ist eine Ermahnung aufgrund der fallspezifischen Besonderheiten ausreichend.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
III. Weil die Beschwerde teilweise Erfolg hatte, waren keine Kosten für das Verfahren vor dem Oö. Landesverwaltungsgericht vorzuschreiben. Ebenso entfällt im Fall einer Ermahnung der Kostenbeitrag für das Verfahren vor der belangten Behörde.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Insbesondere weicht die gegenständliche Entscheidung von der als einheitlich zu beurteilenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Maga. Gerda Bergmayr-Mann