LVwG-800108/2/Re/TO

Linz, 16.03.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Dr. Werner Reichenberger über die Beschwerde von Frau Dr. E.D.-S., vertreten durch Rechtsanwalt Mag. M.D., x, x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 13. November 2014, GZ: 0022723/2014, betreffend Übertretung des Preisauszeichnungsgesetzes (PrAG), BGBl. Nr. 146/1992 idgF,

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 50 VwGVG  wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungs­strafverfahren gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt.

 

 

II.      Die Beschwerdeführerin hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde (§ 66 Abs. 1 VStG) noch einen Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (§ 52 Abs. 9 VwGVG) zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 13. November 2014, GZ: 0022723/2014, wurde über die Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) wegen einer Verwaltungsübertretung nach §§ 3 Abs. 1, 5, 14 und 15 Abs. 1 PrAG iVm § 1 der Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Standesregeln für Tankstellenbetreiber über den Zeitpunkt der Preisauszeichnung für Treibstoffe bei Tankstellen eine Geldstrafe in der Höhe von 100 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit derselben eine Ersatzfrei­heitsstrafe von 23 Stunden, verhängt.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

„Die Beschuldigte, Frau E.F.C. D.-S., geboren am x, hat als gewerberechtliche Geschäftsführerin der Firma J.S. GmbH mit Sitz in L., und somit als nach § 15 Abs. 2 PrAG i.V.m. § 370 GewO 1994 verwaltungsstrafrechtlich Verantwortliche folgende Verwal­tungs­­übertretung zu verantworten:

Die Firma J.S. GmbH ist im Besitz einer Gewerbeberechtigung für das Gewerbe „Einzelhandel mit Mineralölen und Mineralölprodukten" im Standort L., x und lässt von der Firma S. T. N. GmbH auf der „x" Tankstelle in U., x, auf Kommissionsbasis Treibstoffe an Kunden verkaufen. Die Firma J.S. GmbH gibt somit als Kommittent die Preise vor und gilt im vor­liegenden Fall Betreiber der Tankstelle hinsichtlich des Verkaufs der Treibstoffe (so auch VfSlg. 19.033/2010). Auf Grund eigener dienstlicher Wahrnehmungen eines Organ der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis sowie Auswertungen der e-Control wurde festgestellt, dass bei der gegenständlichen Tankstelle die Preise für Treibstoffe

am 30.10.2013 um 11:46 Uhr sowie

am 31.10.2013 um 11:42 Uhr

erhöht wurden

Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Standesregeln für Tankstellenbetreiber über den Zeit­punkt der Preisauszeichnung für Treibstoffe bei Tankstellen müssen Betreiber einer Tankstelle den Preis für Treibstoffe auszeichnen. Eine Erhöhung dieses Preises ist nach dieser Bestimmung nur an jedem Tag nur um 12:00 Uhr zu­lässig.

Die Preiserhöhungen am 30.10.2013 sowie am 31.10.2013 wurden demnach rechtswidrig durchgeführt.“

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis brachte die rechtsfreundlich vertretene Beschuldigte fristgerecht Beschwerde ein und führt darin im Wesentlichen aus, dass das Straferkenntnis in seinem gesamten Inhalt und Umfang angefochten und die ersatzlose Aufhebung sowie Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt werde, da sich die dem Straferkenntnis zu Grunde liegenden Beweis­ergebnisse auf die Tankstelle am Standort T. beziehen würden und nicht auf die im Straferkenntnis angeführte Tankstelle in U.

 

3. Der Magistrat der Landeshauptstadt Linz hat die Beschwerde samt Verwal­tungsstrafakt mit Schreiben vom 4. Dezember 2014 dem Landesverwaltungs­gericht Oberösterreich zur Rechtsmittelentscheidung vorgelegt. Dieses hat gemäß § 2 VwGVG durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzel­richter zu entscheiden.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist.

 

5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Sie bildet den Deliktstatbestand erfüllenden Sachverhalt. Es bedarf daher im Bescheid-spruch der Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Indivi-dualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat und die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift erforderlich sind. Wesentlich für die Bezeichnung der Tat ist der Ausspruch über Zeit und Ort der Begehung (vgl. VwGH vom 24. Mai 2013, Zl. 2012/02/0174). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es beim Erfordernis einer genauen Tatumschreibung iSd § 44a Z 1 VStG darauf an, den Beschuldigten in die Lage zu versetzen, auf den konkreten Tat-vorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu wider­legen, und ihn rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens noch­mals zur Verantwortung gezogen zu werden. Das an Tatort- und Tatzeitum­schreibung zu stellende Erfordernis wird daher nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an den erwähnten Rechtsschutzüberlegungen zu messendes Erfordernis sein (vgl.  VwGH vom 17. April 2012, Zl. 2010/04/0057).

 

Diesen Anforderungen entspricht der Tatvorwurf des angefochtenen Strafer­kenntnisses nicht. Im Allgemeinen verlangt § 44a Z 1 VStG eine präzise Angabe des Tatortes (VwGH vom 29. Juni 1990, Zl. 89/01/0350). Eine Tatort­um­schreibung, die mehrere Auslegungsmöglichkeiten zulässt, genügt diesen Anforderungen nicht (VwGH vom 25. September 1991, Zl. 91/02/0051). Im Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses wird eine „x“-Tankstelle in U. angeführt. Die dienstliche Wahrnehmung eines Organs der Bezirkshaupt­mannschaft Ried im Innkreis sowie die Auswertungen der e-Control beziehen sich jedoch laut Akteninhalt auf eine Tankstelle in T., die weder im Spruch noch in der Begründung des Straferkenntnisses angeführt wird. Es wird lediglich festgehalten, dass „bei der gegenständlichen Tankstelle die Preise für Treibstoffe am 30. Oktober 2013 um 11:46 Uhr sowie am 31. Oktober 2013 um 11:42 Uhr erhöht wurden“.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Rechts­mittelbehörde nach § 66 Abs. 4 AVG (iVm § 24 VStG) nicht die Befugnis, dem Beschuldigten eine andere Tat als die belangte Behörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln (vgl. allgemein VwGH vom 19. Mai 1992, Zl. 92/09/0360; VwGH vom 28. Februar 1997, Zl. 95/02/0601).

Diese Judikatur ist gleichsam auf die Spruchbefugnisse der Landesverwaltungs­gerichte anzuwenden.

Die Entscheidungsbefugnis des für die Entscheidung über die eingebrachte Beschwerde zuständigen Gerichtes ist durch den Abspruchsgegenstand des angefochtenen Bescheides beschränkt.

Ein Austausch wesentlicher Tatbestandsmerkmale führt zur Anlastung einer anderen Tat und ist daher unzulässig (vgl. VwGH vom 20. November 1997,
Zl. 97/06/0170).

 

Der Bf wird angelastet, zu bestimmten Zeitpunkten auf der „x“-Tankstelle in U., x, Preiserhöhungen unerlaubt durchgeführt zu haben. Hierzu ist festzustellen, dass die Bf den ihr im angefochtenen Straferkenntnis zur Last gelegten Tatbestand nicht verwirklicht hat, weshalb der Beschwerde Folge zu geben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwal­tungsstrafverfahren einzustellen war.

 

 

II.            Die Entscheidung über die Verfahrenskosten ist in der zitierten Gesetzes­stelle begründet.

 

 

III.           Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beur­teilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeu­tung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Reichenberger