LVwG-650277/2/KH

Linz, 17.03.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Katja Hörzing über die Beschwerde des Herrn J. F., geb. x, A.-straße 59/3, S, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 14. November 2014,                GZ: VerkR21-360-1-2014/Wi, betreffend die amtswegige Wiederaufnahme des mit Bescheid vom 16. Juli 2014, VerkR21-360-2014 abgeschlossenen Verfahrens und die Entziehung der Lenkberechtigung für weitere 3 Monate,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid vollinhaltlich bestätigt.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck (im Folgenden: belangte Behörde) vom 14. November 2014, VerkR21-360-1-2014/Wi, wurde das mit Bescheid vom 16. Juli 2014 (VerkR21-360-2014) abgeschlossene Verfahren betreffend die Entziehung der Lenkberechtigung des Herrn J. F. (im Folgenden: Beschwerdeführer – Bf), geb. x, A.-straße 59/3, S, von Amts wegen wieder aufgenommen und dem Bf dessen deutsche Lenkberechtigung auf die Dauer von weiteren 3 Monaten, gerechnet ab 6. Jänner 2015 (Ablauf der Entziehungsfrist: 6. April 2015) entzogen.

 

Gegen diesen Bescheid erhob der Bf fristgerecht Beschwerde, welche am           4. Dezember 2014 bei der belangten Behörde eingelangt ist.

 

 

II. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den beschwerdegegenständlichen Verwaltungsakt. Da die Sachlage bereits aufgrund des Inhaltes des vorgelegten Verwaltungsaktes ausreichend klar war und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vom Bf auch nicht beantragt worden war, konnte von einer Durchführung derselben abgesehen werden.  

 

 

III. Folgender Sachverhalt steht aus Sicht des Landesverwaltungsgerichtes fest:

 

1. Der Bf ist Inhaber einer deutschen Lenkberechtigung, ausgestellt von der Stadt L. am 10. März 2011.

 

2. Am 8. Juli 2014 wurde von der Polizeiinspektion Unterach am Attersee bei der belangten Behörde zur Anzeige gebracht, dass der Bf am 5. Juli 2014 um 00.02 Uhr im Ortsgebiet von N. am Attersee auf der B151 das Fahrzeug mit dem Kennzeichen L-......(D) in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hatte, wobei der Test am geeichten Alkomat einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,85 mg/l ergeben hatte.

 

3. Daraufhin erließ die belangte Behörde am 16. Juli 2014 einen Bescheid, VerkR21-360-2014/Wi, mit dem dem Bf die deutsche Lenkberechtigung auf die Dauer von 6 Monaten, gerechnet ab 5. Juli 2014 bis einschließlich 5. Jänner 2015, entzogen wurde.

Begründend wurde auf die einschlägigen Bestimmungen des Führerschein-gesetzes, wie § 24 Abs. 1, § 25 Abs. 1, § 26 Abs. 2 Z 1, § 7 Abs. 3 Z 1 sowie § 30 Abs. 2 Führerscheingesetz verwiesen.

Der Bescheid wurde auch der Führerscheinstelle L. zugestellt.

 

4. In der Folge beantragte der Bf die Ausstellung einer österreichischen Lenkberechtigung. Seitens der belangten Behörde wurde am 18. Juli 2014 bei der Fahrerlaubnisbehörde in L. angefragt, ob dagegen Bedenken bestehen. Im Zuge der Anfrage wurden ein Auszug aus dem Führerscheinregister sowie der Bescheid vom 16. Juli 2014, mit dem dem Bf die deutsche Lenkberechtigung für die Dauer von 6 Monaten entzogen wurde, ebenfalls übermittelt.

Seitens des Ordnungsamtes der Stadt L. erging am 21. August 2014 eine Information an die belangte Behörde, in der mitgeteilt wurde, dass gegen die Ausstellung eines österreichischen Führerscheins für den Bf keine Bedenken bestünden.

 

5. Mit Schreiben vom 11. September 2014 ersuchte der Bezirkshauptmann von Vöcklabruck die Fahrerlaubnisbehörde in L. um Mitteilung der Führerscheindaten des Bf zwecks Erteilung einer österreichischen Lenkberechtigung aufgrund des von der Behörde in L. ausgestellten Führerscheins vom 10. März 2011. Mit Schreiben vom 15. September 2014 wurde der belangten Behörde von der Fahrerlaubnisbehörde L. mitgeteilt, dass dem Bf bereits im Jahr 2010 die Fahrerlaubnis wegen des Vergehens der fahrlässigen Trunkenheit im Verkehr (0,94 Promille, Tattag: 3. Juni 2010) entzogen wurde und ersucht, dies bei der Entscheidungsfindung betreffend die Erteilung einer österreichischen Lenkberechtigung zu berücksichtigen.

In einem weiteren Schreiben vom 2. Oktober 2014 ersuchte die Bearbeiterin der Fahrerlaubnisbehörde in L. die belangte Behörde, ihr Schreiben vom          21. August 2014 zu vernichten, da gegen die Ausstellung eines österreichischen Führerscheins Bedenken bestünden.

 

6. In der Folge erließ die belangte Behörde am 16. Oktober 2014 einen Mandatsbescheid, mit dem das mit Bescheid vom 16. Juli 2014 (VerkR21-360-2014) abgeschlossene Verfahren betreffend die Entziehung der Lenkberechtigung des Bf von Amts wegen wieder aufgenommen und dem Bf dessen deutsche Lenkberechtigung auf die Dauer von weiteren 3 Monaten, gerechnet ab 6. Jänner 2015 (Ablauf der Entziehungsfrist: 6. April 2015) entzogen wurde.

 

7. Gegen diesen Mandatsbescheid erhob der Bf am 1. November 2014 Vorstellung und führte darin begründend aus, dass ihm die Lenkberechtigung zwei Mal wegen desselben Delikts entzogen worden sei und ein in Deutschland am 3. Juni 2010 begangenes Delikt nicht als Wiederaufnahmegrund herangezogen werden könne. Die belangte Behörde hätte im Rahmen des Ermittlungsverfahrens vor Erlassung des Bescheides vom 16. Juli 2014 bei der Fahrerlaubnisbehörde in L. rückfragen müssen, ob allfällige Vortaten bekannt seien. Das Unterlassen dieser Erhebung stelle ein Verschulden im Sinn des § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG dar, deshalb sei die amtswegige Wiederaufnahme unzulässig.

 

8. Am 14. November 2014 erging schließlich der im gegenständlichen Beschwerdeverfahren angefochtene Bescheid der belangten Behörde, mit dem das Verfahren betreffend die Entziehung der Lenkberechtigung des Bf von Amts wegen wiederaufgenommen wurde. Darin wurde (nochmals) ausgesprochen, dass dem Bf dessen deutsche Lenkberechtigung für die Klassen AM, A, B, BE, M, L, T/S auf die Dauer von weiteren drei Monaten ab 6. Jänner 2015, somit bis zum Ablauf des 6. April 2015, entzogen werde.

 

9. Gegen diesen Bescheid, zugestellt am 18. November 2014, erhob der Bf fristgerecht am 4. Dezember 2014 Beschwerde. Begründend führte er darin aus, dass im angefochtenen Bescheid nicht angeführt werde, aus welchen Gründen die belangte Behörde vor Erlassung des ersten Entzugsbescheides nicht Kenntnis vom am 3. Juni 2010 begangenen Delikt erlangt habe und wies auf § 69 Abs. 1   Z 2 AVG hin, gemäß dem die Behörde im Fall der Wiederaufnahme kein Verschulden treffen darf. Die Ausführungen der belangten Behörde, dass man nicht bei der Führerscheinbehörde hätte anfragen müssen, seien nicht nachvollziehbar und rechtlich unhaltbar. Die belangte Behörde hätte im Rahmen ihres Ermittlungsverfahrens eine Anfrage an die ausländische Führerscheinbehörde richten und deren Antwort abwarten müssen. Dass die Behörde dies nicht getan habe, habe dazu geführt, dass dem Bf für das Delikt vom 5. Juli 2014 die Lenkberechtigung zwei Mal entzogen worden sei. Das Unterlassen der rechtzeitigen Ermittlung bei der deutschen Ausstellungsbehörde sei schuldhaft im Sinn des § 69 AVG und die Wiederaufnahme sei deshalb rechtswidrig erfolgt.

Der Bf beantragte in der Folge, die angefochtenen Bescheide vom 16. Oktober 2014 sowie vom 14. November 2014 ersatzlos aufzuheben.

 

 

IV. In rechtlicher Hinsicht hat das Landesverwaltungsgericht wie folgt erwogen:

 

1.

§ 99 Abs. 1 Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) lautet:

„(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 1600 Euro bis 5900 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen,

a)   wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,6 g/l (1,6 Promille) oder mehr oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,8 mg/l oder mehr beträgt,

b)   wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen, oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht,

c)   (Verfassungsbestimmung) wer sich bei Vorliegen der im § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, sich Blut abnehmen zu lassen.

 

(1a) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 1200 Euro bis 4400 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von zehn Tagen bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,2 g/l (1,2 Promille) oder mehr, aber weniger als 1,6 g/l (1,6 Promille) oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,6 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,8 mg/l beträgt.

 

(1b) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 800 Euro bis 3700 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von einer bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt.“

 

 

§ 7 Abs. 1 bis Abs. 3 Z. 1 sowie Abs. 4 Führerscheingesetz (FSG) lauten wie folgt:

„(1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

(2) Handelt es sich bei den in Abs. 3 angeführten Tatbeständen um Verkehrsverstöße oder strafbare Handlungen, die im Ausland begangen wurden, so sind diese nach Maßgabe der inländischen Rechtsvorschriften zu beurteilen.

 

(3) Als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:

1. ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz – SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zu beurteilen ist;“ [....]

 

(4) Für die Wertung der in Abs. 1 genannten und in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend, wobei bei den in Abs. 3 Z 14 und 15 genannten bestimmten Tatsachen die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit nicht zu berücksichtigen ist.“

 

 

§ 25 FSG normiert Folgendes:

„(1) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen. Endet die Gültigkeit der Lenkberechtigung vor dem Ende der von der Behörde prognostizierten Entziehungsdauer, so hat die Behörde auch auszusprechen, für welche Zeit nach Ablauf der Gültigkeit der Lenkberechtigung keine neue Lenkberechtigung erteilt werden darf.

 

(2) Bei einer Entziehung wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung ist die Dauer der Entziehung auf Grund des gemäß § 24 Abs. 4 eingeholten Gutachtens für die Dauer der Nichteignung festzusetzen.

 

(3) Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist eine Entziehungsdauer von mindestens 3 Monaten festzusetzen. Sind für die Person, der die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit zu entziehen ist, zum Zeitpunkt der Entziehung im Vormerksystem (§ 30a) Delikte vorgemerkt, so ist für jede dieser im Zeitpunkt der Entziehung bereits eingetragenen Vormerkungen die Entziehungsdauer um zwei Wochen zu verlängern; davon ausgenommen sind Entziehungen auf Grund des § 7 Abs. 3 Z 14 und 15.“

 

 

§ 26 Abs. 2 FSG lautet:

„(2) Wird beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges

1. erstmalig ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen, so ist die Lenkberechtigung auf die Dauer von mindestens sechs Monaten zu entziehen,

2. ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 innerhalb von fünf Jahren ab der Begehung eines Deliktes gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen, ist die Lenkberechtigung auf mindestens zwölf Monate zu entziehen,

3. ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1a oder 1b StVO 1960 innerhalb von fünf Jahren ab der Begehung eines Deliktes gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen, ist die Lenkberechtigung auf mindestens acht Monate zu entziehen,

4. erstmalig ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1a StVO 1960 begangen, so ist die Lenkberechtigung auf die Dauer von mindestens vier Monaten zu entziehen,

5. ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 innerhalb von fünf Jahren ab der Begehung eines Deliktes gemäß § 99 Abs. 1a StVO 1960 begangen, ist die Lenkberechtigung auf mindestens zehn Monate zu entziehen,

6. ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1a StVO 1960 innerhalb von fünf Jahren ab der Begehung eines Deliktes gemäß § 99 Abs. 1a StVO 1960 begangen, ist die Lenkberechtigung auf mindestens acht Monate zu entziehen,

7. ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1b StVO 1960 innerhalb von fünf Jahren ab der Begehung eines Deliktes gemäß § 99 Abs. 1a StVO 1960 begangen, ist die Lenkberechtigung auf mindestens sechs Monate zu entziehen. § 25 Abs. 3 zweiter Satz ist sinngemäß anzuwenden.“

 

 

§ 30 Abs. 2 FSG normiert, dass die Behörde einem Besitzer einer ausländischen Nicht-EWR-Lenkberechtigung oder eines ausländischen EWR-Führerscheines (§ 1 Abs. 4), der einen Wohnsitz (§ 5 Abs. 1 Z 1) in Österreich hat, die Lenkberechtigung unter Anwendung der §§ 24 bis 29 zu entziehen hat. Der eingezogene Führerschein ist der Ausstellungsbehörde zusammen mit einer Sachverhaltsdarstellung zu übermitteln. Nach Ablauf der Entziehungsdauer hat der Betroffene einen Antrag auf Ausstellung eines österreichischen Führerscheines gemäß § 15 Abs. 3 oder, falls die Entziehungsdauer länger als 18 Monate war, auf Erteilung einer österreichischen Lenkberechtigung zu stellen. Die Behörde hat auch die Entziehung der Lenkberechtigung eines anderen EWR- oder eines Nicht-EWR-Staates anzuordnen, wenn eine Person mit Wohnsitz in Österreich eine solche Lenkberechtigung zu einem Zeitpunkt erlangt hat, zu dem in Österreich bereits die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen war. In diesem Fall ist die Lenkberechtigung bis zu jenem Zeitpunkt zu entziehen, zu dem die bereits angeordnete Entziehungsdauer endet. Eine Entziehung der Lenkberechtigung eines anderen EWR-Staates oder eines Nicht-EWR-Staates ist auszusprechen, wenn eine Person eine Lenkberechtigung in diesem Staat zu einem Zeitpunkt erworben hat, zu dem die Person ihren Wohnsitz (§ 5 Abs. 1 Z 1) in Österreich und nicht im Ausstellungsstaat des Führerscheines hatte.

 

 

§ 69 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) lautet wie folgt:

„(1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:

1. der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder

2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder

3. der Bescheid gemäß § 38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde;

4. nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.

 

(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Bescheides und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

 

(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.

 

(4) Die Entscheidung über die Wiederaufnahme steht der Behörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat.“

 

 

2. Der Bf hat am 5. Juli 2014 ein Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt, wobei der Alkoholgehalt der Atemluft bei der korrekt durchgeführten Messung 0,85 mg/l bzw. 1,7 Promille betragen hat.

Diese Verwaltungsübertretung ist gemäß § 99 Abs. 1 lit. a) StVO 1960 zu bestrafen. § 26 Abs. 2 Z 1 Führerscheingesetz normiert, dass die Lenkberechtigung auf die Dauer von mindestens sechs Monaten zu entziehen ist, wenn beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges erstmalig ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen wird.

Zum damaligen Zeitpunkt wies das Verwaltungsstrafregister keine gleichartigen Vorstrafen aus und die belangte Behörde musste nicht davon ausgehen, dass in Deutschland eine einschlägige Vorstrafe vorgemerkt war. Auch besteht im Ermittlungsverfahren betreffend die Entziehung der Lenkberechtigung keine Verpflichtung der Behörde, von sich aus zu ermitteln, ob eventuelle Vorstrafen bezüglich des Bf im Ausland vorliegen.

 

3. Die belangte Behörde hat dem Bf mit Mandatsbescheid vom 16. Juli 2014, VerkR21-360-2014/Wi, die deutsche Lenkberechtigung für die Dauer von            6 Monaten entzogen, dieser Bescheid wurde dem Bf laut Rückschein am 21. Juli 2014 zugestellt und auch der Führerscheinstelle L. übermittelt. Die belangte Behörde hat die Lenkberechtigung gemäß den gesetzlichen Bestimmungen für den in § 26 Abs. 2 Z 1 angeordneten Zeitraum entzogen und darin auch nur die gesetzlich vorgesehenen Begleitmaßnahmen angeordnet.

Sie hat bereits am 18. Juli 2014 eine Anfrage an die Fahrerlaubnisbehörde in L. unter Anschluss des Entziehungsbescheides und eines Auszuges aus dem Führerscheinregister gestellt, ob gegen die Ausstellung eines österreichischen Führerscheins Bedenken bestehen. Mit Schreiben vom 21. August 2014 gab die Fahrerlaubnisbehörde in L. der belangten Behörde bekannt, dass keine Bedenken gegen die Ausstellung eines österreichischen Führerscheins bestünden. Auch zu diesem Zeitpunkt musste die belangte Behörde somit nicht davon ausgehen, dass in Deutschland einschlägige Vorstrafen bezüglich des Bf vorlagen, da diese der belangten Behörde wohl von der Fahrerlaubnisbehörde in L. im Rahmen der Auskunft zur Unbedenklichkeit mitgeteilt werden hätten müssen. 

 

4. Nachdem die belangte Behörde mit Schreiben vom 11. September 2014 die Fahrerlaubnisbehörde in L. um Mitteilung der Führerscheindaten betreffend den Bf ersucht hatte, erging erst am 15. September 2014 ein E-mail, mit dem dieser von der Fahrerlaubnisbehörde in L. mitgeteilt wurde, dass gegen den Bf eine einschlägige Vorstrafe aus dem Jahr 2010 wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr (Tattag: 3. Juni 2010; 0,94 Promille) vorlag. Weiters erging das Ersuchen an die belangte Behörde, dies bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen. Erst zu diesem Zeitpunkt wurde der belangten Behörde, welche bereits am 18. Juli 2014 eine diesbezügliche Anfrage an die Fahrerlaubnisbehörde gestellt hatte, bekannt, dass ein einschlägiges und auch nach österreichischem Recht zu berücksichtigendes, vom Bf in Deutschland begangenes Delikt vorlag.

 

5. Um dies bei der bereits am 16. Juli 2014 ergangenen Entscheidung betreffend die Entziehung der Lenkberechtigung für die Dauer von 6 Monaten nachträglich zu berücksichtigen, war es aus Sicht der belangten Behörde notwendig, das Verfahren von Amts wegen wiederaufzunehmen.

 

Gemäß § 7 Abs. 2 Führerscheingesetz ist ein im Ausland begangener Verstoß gegen § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 (Alkoholdelikte) nach Maßgabe der inländischen Rechtsvorschriften zu beurteilen. Das bedeutet, dass der Inhaber einer Lenkberechtigung, der ein Alkoholdelikt im Ausland begangen hat, zwar nicht wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO bestraft werden kann, dieses  Verhalten jedoch eine bestimmte Tatsache im Sinn des § 7 Abs. 3 Z 1 darstellt (VwGH 28.3.1989, 88/11/0018; 19.5.1998, 98/11/0051).

 

Bei der neu hervorgekommenen Vorstrafe des Bf in Deutschland handelt es sich folglich um eine neue Tatsache im Sinn des § 69 Abs. 1 Z 2 AVG, da sich der der Entscheidung der belangten Behörde zugrunde liegende Sachverhalt dadurch geändert hat und die in Deutschland vom Bf begangene Verwaltungsübertretung bei der Entscheidungsfindung der belangten Behörde entsprechend zu berücksichtigen ist und als solche einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Die belangte Behörde hat zur Entscheidungsfindung betreffend die erstmalige Entziehung der Lenkberechtigung des Bf im Juli 2014 die ihr in Österreich zur Verfügung stehenden Register abgefragt, folglich kann ihr auch kein diesbezügliches Verschulden vorgeworfen werden.

Die Vorstrafe des Bf in Deutschland stellt somit einen zulässigen Grund für die amtswegige Wiederaufnahme des Entziehungsverfahrens dar.

 

6. Wie bereits erwähnt, sind im Ausland begangene Verstöße gegen § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 (Alkoholdelikte) nach Maßgabe der inländischen Rechtsvorschriften zu beurteilen, d.h. bei der Beurteilung der Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung ist so vorzugehen, als ob der Bf die in Deutschland begangene Verwaltungsübertretung im Jahr 2010 in Österreich begangen hätte. D.h., das in Deutschland im Juni 2010 begangene Delikt würde diesfalls unter § 99 Abs. 1b StVO 1960 fallen, jenes in Österreich im Juli 2014 war unter § 99 Abs. 1 lit. a) leg.cit zu subsumieren. In § 26 Abs. 2 Z 3 Führerscheingesetz ist diesbezüglich allerdings nur der umgekehrte Anwendungsfall geregelt, nämlich dass innerhalb von fünf Jahren zuerst ein Delikt nach § 99 Abs. 1 und danach eines nach § 99 Abs. 1a oder 1b begangen wurde.

Da § 26 Abs. 2 Z 3 Führerscheingesetz insoweit nicht auf den vorliegenden Fall anwendbar ist, ist die im wiederaufgenommenen Verfahren festzulegende Entziehungsdauer nach § 25 leg.cit. zu beurteilen, wobei in Abs. 3 normiert ist, dass bei einer Entziehung der Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens 3 Monaten festzusetzen ist.

Die insgesamt somit 9 Monate betragende Entziehungsdauer ist aus Sicht des Landesverwaltungsgerichtes auch im Hinblick auf die Regelung des § 26 Abs. 2   Z 3 Führerscheingesetz – um deren „umgekehrte“ Fallkonstellation es sich im vorliegenden Fall handelt -, welche eine Entziehungsdauer von 8 Monaten für den Fall normiert, dass zuerst das strenger zu ahndende Delikt begangen wird, gerechtfertigt: Die 8-monatige Entziehung wird für jenen Fall normiert, dass das Fehlverhalten des Lenkers sich zwar wiederholt, bei der Verwirklichung des zweiten Delikts jedoch die Alkoholisierung geringer ist, was folglich unter die entsprechend geringere Strafdrohung fällt. Im vorliegenden Fall war der Bf bei der zweiten Verwaltungsübertretung (jener in Österreich) weitaus stärker alkoholisiert als bei der ersten in Deutschland begangenen, was die um einen Monat längere Entziehungsdauer im Vergleich zum umgekehrten, in § 26 Abs. 2 Z 3 Führerscheingesetz geregelten Fall jedenfalls rechtfertigt.

 

7. Dem Argument des Bf, dass die Lenkberechtigung zwei Mal wegen desselben Deliktes entzogen wurde, ist entgegenzuhalten, dass sich die mit Bescheid der belangten Behörde vom 16. Juli 2014 verhängte Entziehung der Lenkberechtigung für die Dauer von 6 Monaten auf das am 5. Juli 2014 in Österreich begangene Delikt bezog (Lenken eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand; Alkoholgehalt der Atemluft 0,85 mg/l), die im wiederaufgenommenen Verfahren zusätzlich verhängte Entziehung für die Dauer von 3 Monaten jedoch auf das am 3. Juni 2010 in Deutschland begangene Delikt (Lenken eines Kraftfahrzeuges trotz Fahruntüchtigkeit infolge vorangegangen Alkoholgenusses, Blutalkoholkonzentration: 0,94 Promille).

 

Somit war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Katja Hörzing