LVwG-150319/2/MK/EG – 150320/2
Linz, 11.03.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Markus Kitzberger über die Beschwerde der H L, und des H L, beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. R Z, gegen den Bescheid der Marktgemeinde Sattledt vom 30. Juni 2014, GZ. 13/131-9/2014/M,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs.1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs.4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Mit Datum vom 22.11.1978 beantragten E und H L, auf dem Gst.Nr. x, EZ x, KG S, laut Bauplan die Baubewilligung für eine Wochenendhütte in Holzbauweise. In der Baubeschreibung gaben die Bauwerber als Verwendungszweck an: „Für Betreuung von Grundstück, Fischteich und zur Erholung“.
Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 08.01.1978 wurde Folgendes festgelegt: „Durch die Errichtung einer Hütte zur Deckung des zeitweiligen Wohnbedarfes am Ufer des Radlbaches auf dem Gst.Nr. x (Wald, KG. x, Gemeinde Sattledt, durch die Ehegatten E und H L, nach Maßgabe des bei der mündlichen Verhandlung am 11.11.1977 vorgelegenen und als solches bezeichneten Projekt werden öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes im Sinne des § 1 Abs.1 des Oö. Naturschutzgesetzes 1964 verletzt. Die Verwirklichung dieses Vorhabens ist daher verboten.“
Am 15.12.2005 wurde seitens der OÖ. Umweltanwaltschaft Anzeige an die Marktgemeinde Sattledt erstattet. Gegenstand der Anzeige war das Ergebnis von Erhebungen, bei welchen an 74 Standorten mit antropogenen Eingriffen – unter anderem in der KG S - festgestellt worden seien.
Seitens der Marktgemeinde Sattledt wurde in der Folge eine mündliche Verhandlung für den 16.06.2009 anberaumt, zu welcher die betroffenen Grundeigentümer - unter anderem des Gst.Nr. x (H L und H L in der Folge: Bf) - geladen wurden. Im darin erstellten Gutachten wurde festgehalten, dass für die auf den ggst. Grundstücken vorhandenen Bauwerke keinerlei baubehördliche Bewilligungen vorliegen würden. Das im Jahr 1977 durchgeführte naturschutzbehördliche Verfahren sei damit abgeschlossen worden, dass das Hüttenbauwerk aufgrund der Nähe zum Bachlauf abzutragen sei (siehe Bescheid vom 08.01.1978, Agrar-1/333-1997). Dieses Hüttenbauwerk sei nach Aussagen der Eigentümer auf Rollen gesetzt und in östliche Richtung verschoben neuerlich versetzt worden. Laut eines Aktenvermerkes vom 05.07.1978 sei bei einer neuerlichen Besichtigung festgestellt worden, dass das Hüttenbauwerk von der Waldparzelle 2179/3 entfernt worden sei. Von den Eigentümern sei mit Datum 22.11.1978 um Erteilung einer Baubewilligung zur Errichtung einer „Betreuungshütte“ angesucht worden. Seitens der Baubehörde seien zum damaligen Zeitpunkt keinerlei weitere Verfahrensschritte gesetzt worden. Festgehalten wurde in dieser Verhandlung auch, dass der Flächenwidmungsplan mit Datum 24.04.1979 genehmigt worden sei. Die ggst. Liegenschaften x und 2179/3 seinen vom zu diesem Zeitpunkt wirksamen Flächenwidmungsplan als Grünland ausgewiesen gewesen.
In einem Schreiben der Marktgemeinde Sattledt wurde in der Folge den Bf mitgeteilt, dass eine nachträgliche Bewilligung der ggst. baulichen Anlagen aufgrund des Widerspruches zu zwingenden Bestimmungen des Oö. Raumordnungsgesetzes und des rechtskräftigen Flächenwidmungsplanes nicht möglich sei. Weiters sei aufgrund der befundmäßigen und gutachtlichen Feststellungen sowie aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen beabsichtigt die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes bescheidgemäß aufzutragen.
Dazu nahmen die Bf im Wesentlichen wie folgt Stellung:
Zum Antrag auf Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung einer Betreuungshütte sei von der Behörde angeführt worden, dass mangels entsprechender Genehmigungsvoraussetzungen seitens der Baubehörde keine weiteren Verfahrensschritte gesetzt worden seien. Erstaunlich sei daher, dass bezüglich des Gst.Nr. x, KG S, bereits vorgängig zu Agrar 1/33-1977, ein naturschutzrechtliches Verfahren bei der BH Wels-Land eingeleitet gewesen sei, im Zuge dessen am 08.01.1978 ein Bescheid ergangen sei, der aus naturschutzrechtlicher Sicht den tatsächlichen Errichtungsplatz (ursprünglich etwa 5 m zum Radlbach) aufgrund er Nähe zum Bachverlauf als unzulässig erklärt habe und die Betreuungshütte daher in weiterer Folge in östliche Richtung versetzt worden sei. Laut Aktenvermerk vom 05.07.1978 sei festgestellt worden, dass zum Bachverlauf (westliche Nachbargrundgrenze) ein Abstand von 22 m vorgelegen sei, sodass nach damaliger Rechtslage keine naturschutzrechtlichen Bedenken mehr gegeben waren.
Umso verwunderlicher sei deshalb, dass entgegen § 73 AVG, wonach eine unverzügliche Entscheidung über Anträge (außer Streit gestellt worden sei bereits, dass der Antrag auf Baubewilligung seit 22.11.1978 vorgelegen war) Anspruchsrecht eines Antragstellers sei und eine bescheidmäßige Erledigung erforderlich gewesen wäre. Auch müsse darauf hingewiesen werden, dass zum damaligen Zeitpunkt für die Gemeinde Sattledt noch kein Flächenwidmungsplan vorgelegen sei und die Behörde im Sinne der sie treffenden Entscheidungspflicht in Übung entsprechenden Ermessens und unter Bedachtnahme auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das damit verbundene Schonungsprinzip sowie die die Behörde treffende Manuduktionspflicht zeitnah hätte entscheiden müssen bzw. die Konsenswerber darauf aufmerksam machen müssen, dass die Behörde vorerst keine weiteren Verfahrensschritte zu setzen gedenke, sondern damit mehr als 30 Jahre zuwarten werde.
Überdies gehe die Behörde von der Anwendbarkeit von zum damaligen Zeitpunkt noch gar nicht existenter Materiengesetzes (Oö. BauO sowie Oö. ROG) aus. Damals habe eine erheblich unterschiedliche Rechtslage bestanden, die eine Bewilligung durchaus ermöglicht hätte. Aus diesen Gründen werde angeregt auf einen bescheidmäßigen Auftrag zur Entfernung des noch vorhandenen Hüttenbauwerkes abzusehen und anhand der damals gültigen Rechtsnormen zu prüfen, ob eine Baubewilligung nachträglich erteilt werden könne.
Mit Bescheid der Marktgemeinde Sattledt vom 20.01.2014, GZ. 13/131-9/2014/M, wurde den Bf aufgetragen, binnen einer Frist von sechs Monaten nach Rechtskraft des Bescheides, „ein Hüttenbauwerk mit einer grundrissmäßigen Ausdehnung von ca. 4x4 Meter samt der an der Süd- und Ostseite jeweils angebrachten Vordachkonstruktion mit einer Tiefe von ca. 1,8 Meter“ zu beseitigen.
Begründend führte die Behörde an, dass für die verfahrensgegenständlichen baulichen Anlagen keine baubehördlichen Genehmigungen vorlägen und daher ein konsensloser Baubestand gegeben sei. Auch zum Zeitpunkt des seinerzeitigen Antrages auf Erteilung einer baubehördlichen Genehmigung sei die Bewilligungspflicht gesetzlich verankert gewesen. Die Grundstücke, auf denen sich die ggst. baulichen Anlagen befänden, seien in allen bisher rechtskräftigen Flächenwidmungsplänen als Grünland – land- und forstwirtschaftliche Flächen – ausgewiesen. Bereits im Oö. ROG, LGBl. Nr. 18/1972 und in den folgenden Novellierungen und Neuerungen sei angeführt worden, dass im Grünland nur solche Bauten und Anlagen errichtet werden dürfen, die einer bestimmungsgemäßen Nutzung dienen. Eine bestimmungsgemäße Nutzung wäre nur im Rahmen eines landwirtschaftlichen oder im ggst. Fall allenfalls fischereiwirtschaftlichen Betriebes gegeben. Eine derartige Nutzung liege jedoch aus der Sicht der Baubehörde nicht vor. Aufgrund dieser maßgeblichen Rechtslage sei die Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung für die ggst. baulichen Anlagen ausgeschlossen und sei auch die Möglichkeit einer nachträglichen Beantragung der Baubewilligung nicht einzuräumen.
Aufgrund der Feststellungen der befassten Sachverständigen und der anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen habe die Baubehörde I. Instanz die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes (= Entfernung der ggst. baulichen Anlagen) bescheidmäßig aufzutragen. Dem Vorbringen des Rechtsvertreters, dass über den Antrag auf Baubewilligung im Jahr 1978 zeitnah hätte entschieden werden müssen, werde nicht widersprochen. Aus der damals nicht erfolgten bescheidmäßigen Entscheidung über den eingebrachten Antrag könne jedoch keinesfalls eine Genehmigung oder nachträgliche Genehmigungsfähigkeit der damals beantragten Betreuungshütte abgeleitet werden. Bereits zum Antragszeitpunkt seien die Oö. Bauordnung, LGBl. Nr. 35/1976 und
Oö. Raumordnungsgesetz, LGBl. Nr. 18/1972, existent gewesen. Der Anregung nach der damals gültigen Rechtsnormen eine nachträgliche Baubewilligung zu erteilen, könne nicht gefolgt werden, da für die Erteilung einer allfälligen Baubewilligung die jeweils aktuellen Rechtsgrundlagen anzuwenden seien und stünden diese einer baubehördlichen Genehmigung entgegen.
Eine bescheidmäßige Behandlung der Blechhütte habe unterbleiben können, da diese bereits entfernt worden sei.
Dagegen brachten die Bf mit Schreiben ihres Rechtsvertreters vom 29.01.2014 rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung ein.
In ihrem Schriftsatz gaben die Bf bekannt, dass der vormalige Bf E L bereits verstorben sei und H L Rechtsnachfolger sei. Die Bf stellten mangels Untätigkeit der Behörde seit 35 Jahren den Antrag an den Gemeinderat auf Entscheidung (durch bescheidmäßige Erledigung) über den Antrag auf Baubewilligung vom 22.11.1978, EZ x, KG S, betreffend die Ehegatten H und E L.
Mit Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Sattledt vom 30.06.2014, GZ. 13/131-9/2014/M, wurde in der Folge das Bauansuchen vom 22.11.1978 der Ehegatten H und E L, W., um Baubewilligung gemäß § 43 Oö. Bauordnung 1976 idgF zur Errichtung einer Betreuungshütte auf der Parzelle x, KG S, gemäß § 45 Oö. Bauordnung 1976 idgF abgewiesen und der Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Sattledt als Behörde I. Instanz vom 20.01.2014, Zl. 13/131-9/2014/M, in dem der Beseitigungsauftrag gemäß § 49 Abs.1 und 6
Oö. Bauordnung 1994 idgF ergangen war, bestätigt.
In Ihrer Begründung für die belangte Behörde Folgendes aus:
Mit Bauansuchen vom 22.11.1978 sei um die Baubewilligung einer Betreuungshütte angesucht worden. Gemäß der zu diesem Zeitpunkt geltenden Bauordnung handle es sich hierbei um ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben. Für dieses Bauansuchen liege bis dato keine bescheidmäßige Erledigung vor. Vom Rechtsvertreter der Bf sei daher der Antrag auf Übergang der Entscheidungspflicht von der Baubehörde I. Instanz auf die Baubehörde
II. Instanz gestellt worden. Der Gemeinderat der Marktgemeinde Sattledt habe sich als zuständige Behörde II. Instanz der in seiner Sitzung am 26.06.2014 mit dem ggst. Bauansuchen befasst und festgestellt habe, dass das ggst. Bauansuchen zwingenden Bestimmungen des zum Zeitpunkt der Entscheidung rechtskräftigen Flächenwidmungsplanes der Marktgemeinde Sattledt widerspreche.
Weiters habe sich der Gemeinderat mit der Berufung vom 20.01.2014 gegen den Beseitigungsauftrag (Bescheid des Bürgermeisters vom 20.01.2014, Zl. 13/131-9/2014/M) befasst. Der Gemeinderat sei der Argumentation der Behörde
I. Instanz gefolgt und habe festgestellt, dass es sich bei dem gegenständlichen Hüttenbauwerk um eine konsenslose bauliche Anlage im Grünland handle. Im Grünland dürften nur solche Bauten und Anlagen errichtet werden, die einer bestimmungsgemäßen Nutzung dienen. Eine bestimmungsgemäße Nutzung wäre nur im Rahmen eines landwirtschaftlichen oder im gegenständlichen Fall allenfalls fischerwirtschaftlichen Betriebes gegeben, was jedoch im ggst. Fall nicht vorliege.
Generell hätten die Behörden im Verwaltungsverfahren ihrer Sachentscheidung jenes Recht zugrunde zu legen, das zum Zeitpunkt der Entscheidung gelte und nicht jenes zum Zeitpunkt der Antragstellung. Dies gelte selbst dann, wenn die Behörde ihre Entscheidungspflicht nach § 73 AVG verletzt habe. Dieser Grundsatz gelte auch für die Erteilung einer Baubewilligung. Konkret bedeute dies, dass der Entscheidung über den Baubewilligungsantrag vom 22.11.1978 jener Flächenwidmungsplan zugrunde zu legen sei, der im Entscheidungszeitpunkt aktuell gültig sei.
Dementsprechend sei der Gemeinderat zu der Entscheidung gelangt, dass das Bauansuchen entsprechend der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Bauordnung abzuweisen und der Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Sattledt als Behörde I. Instanz vom 20.01.2014, Zl. 13/131-9/2014/M, in dem der Beseitigungsauftrag gemäß § 49 abs. 1 und 6 Oö. BauO 1994 idgF ergangen sei, zu bestätigen gewesen.
Gegen diesen Bescheid erhoben H L und H L mit Schriftsatz vom 29.07.2014 Beschwerde.
Begründend führen die Bf im Wesentlichen aus, dass sie mit Antrag vom 29.01.2014 an den Gemeinderat der Marktgemeinde Sattledt einen Antrag auf Entscheidung durch bescheidmäßige Erledigung über den Antrag auf Baubewilligung vom 22.01.1978, die den Ehegatten H und E L (Letzterer als Rechtsvorgänger des nunmehrigen Beschwerdeführers H L) betreffend EZ 585 der KG S, um die mehr als 35 Jahre dauernde Untätigkeit der Gemeinde versucht habe zu beenden, gleichermaßen gegen den Bescheid des Marktgemeindeamtes Sattledt vom 20.01.2014, GZ 13/131-9/2014/M Berufung erhoben, dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass mangels Entscheidung im baubehördlichen Genehmigungsverfahren die Rechtsgrundlage für den Beseitigungsauftrag laut dem letzteren Bescheid fehle.
Die belangte Behörde hat auf den Devolutionsantrag dergestalt reagiert, dass sie selbst entschieden habe und die Sache nicht an die in Betracht kommende Oberbehörde habe entscheiden lassen. Die belangte Behörde habe in ihrem nunmehr bekämpften Bescheid vom 30.06.2014 gleichermaßen über den Devolutionsantrag wie auch über die Berufung entschieden, was nach Meinung der Bf unzulässig sei, da dies im Umfeld des Beseitigungsverfahrens (Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Sattledt als Behörde I. Instanz vom 20.01.2014, Zl. 13/131-9/2014/M) zu einer Schmälerung der Rechtsmittelrechte führe, da dieser Bescheid nach Ansicht der Bf ohne jedwede Rechtsgrundlage zustande gekommen sei. Über das Bauansuchen sei erst nach Stellung des Devolutionsantrages entschieden worden und wäre dieser gesondert rechtsmittelfähig. Erst eine endgültige rechtskräftige Entscheidung im baubehördlichen Verfahren könne Grundlage für einen Beseitigungsauftrag sein.
Begründend habe die belangte Behörde im Abweisungsbescheid des Bauansuchens wörtlich ausgeführt, „dass das Bauansuchen entsprechend der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Bauordnung anzuweisen“ sei und habe rechtsirrig daraus geschlossen, dass der Entscheidung über den Baubewilligungsantrag vom 22.11.1978 jener Flächenwidmungsplan zugrunde zu legen sei, der aktuell gültig sei. Sie übersehe jedoch, dass zum laut Gemeinde entscheidungsrelevanten Zeitpunkt des Bauansuchens vom 22.11.1978 ein Flächenwidmungsplan noch nicht existiert habe. Dieser sei erst am 24.04.1979 erlassen worden.
Die Bf verweisen auf Ihre Ausführungen zu § 4 Abs.3 Oö. BauO (siehe Berufung vom 29.01.2014) und den Umstand, dass die zuständige Naturschutzbehörde zu Agrar 1/33-1977 die Errichtung der Betreuungshütte für zulässig erklärt habe, wonach eine Bauplatzbewilligung im Sinne der Begründung der belangten Behörde zum entscheidungsrelevanten Zeitpunkt der Antragstellung (22.11.1978) ohne weiteres zulässig und möglich gewesen wäre. Als Beweis dafür wurde der Bescheid der BH Wels-Land vom 08.01.1978, Agrar 1/33-1977 angeführt.
Nachdem aus der Sicht der Bf der nunmehr relevierte Status-Quo seit mehr als 35 Jahren bestehe, scheinen keine Umstände dafür zu sprechen, die den Vollzug des angefochtenen Bescheids unverzüglich erfordern würden, insofern keine zwingenden Interessen entgegenstehen und der Vollzug für die Bf mit unverhältnismäßigem Nachteil verbunden wäre, sodass die Bf den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht und Antrag auf ersatzlose Aufhebung der Zurück- bzw. Abweisung.
II. Das Landesverwaltungsgericht Oö. hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt. Auf dessen Grundlage konnten (trotz Komplexität der Sach- und Rechtslagelage) weitere Ermittlungsschritte – insbesondere die Durchführung einer mündlichen Verhandlung – unterbleiben, da keine weitere Klärung des Sachverhaltes zu erwarten war. Es waren ausschließlich Rechtsfragen zu beurteilen.
Der Sachverhalt steht, was seine entscheidungsrelevanten Aspekte anbelangt, fest.
III. Für die Beurteilung der hier relevanten Rechtsfragen sind insbesondere nachstehende Bestimmungen zu berücksichtigen:
III.1 In der Sache:
III.1.1.: Baubewilligungsverfahren
§ 30 Abs.5 Oö. ROG 1972, LGBl. Nr. 18/1972 [in der anzuwendenden Fassung], normiert, dass im Grünland nur Bauten und Anlagen errichtet werden dürfen, die einer bestimmungsgemäß Nutzung (Abs.2 bis 4) dienen. Hiezu gehören im Besonderen auch Bauten und Anlagen für den Nebenerwerb der Land- und Forstwirtschaft.
Nach § 41 Abs.1 Oö. Bauordnung, LGBl. Nr. 35/1976 [in der anzuwendenden Fassung], bedürfen folgende Bauvorhaben einer Bewilligung der Baubehörde (Baubewilligung):
1. der Neu-, Zu- und Umbau von Gebäuden;
[...]
Gemäß § 45 Abs.6 leg.cit. ist von der Baubehörde ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung das Baubewilligungsansuchen abzuweisen, wenn sich schon aus dem Ansuchen oder aus dem Bauplan ergibt, dass das Bauvorhaben Bestimmungen eines Flächenwidmungsplanes oder eines Bebauungsplanes oder Bestimmungen der rechtswirksamen Bauplatzbewilligung widerspricht.
Nach § 73 Abs.2 AVG geht auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die Berufungsbehörde über (Devolutionsantrag), wenn ein Bescheid, gegen den Berufung erhoben werden kann, nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen wird. Der Devolutionsantrag ist bei der Berufungsbehörde einzubringen. Er ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.
III.1.2. Beseitigungsauftrag
Gemäß § 45 Abs.1 Oö. BauO 1994, LGBl. Nr. 66/1994 idgF hat – unabhängig von § 41 – die Baubehörde, wenn sie feststellt, dass eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage ohne Baubewilligung ausgeführt wird oder bereits ausgeführt wurde, dem Eigentümer der baulichen Anlage mit Bescheid aufzutragen, entweder nachträglich innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist die Baubewilligung zu beantragen oder die bauliche Anlage innerhalb einer weiters festzusetzenden angemessenen Frist zu beseitigen und gegebenenfalls den vorigen Zustand wiederherzustellen. Die Möglichkeit, nachträglich die Baubewilligung zu beantragen, ist dann nicht einzuräumen, wenn nach der maßgeblichen Rechtslage eine Baubewilligung nicht erteilt werden kann.
III.2. Verfahren vor dem Verwaltungsgericht:
Gemäß § 24 Abs.4 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I. 33/2013, kann das Verwaltungsgericht, sofern durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrages von der Durchführung einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art.6 Abs.1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.
Nach § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid […] auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z3) […] zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs.1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
IV. Das Landesverwaltungsgericht Oö. hat erwogen:
Die bekämpfte bescheidmäßige Erledigung der belangten Behörde gliedert sich sachlich wie rechtlich in zwei Bereiche: die beantragte Baubewilligung für eine „Betreuungshütte für ein Grundstück und einen Fischteich bzw. zur Erholung“ und die Anordnung der Entfernung einer (d.h. dieser) konsenslos errichteten bauliche Anlage. Dem entsprechend sind sowohl die materiell- wie auch die verfahrensrechtliche Grundlage streng zu trennen und unabhängig voneinander zu beurteilen.
Dieser Zweiteilung des Gegenstandes entspricht der angefochtene Bescheid in seiner inhaltlich-systematischen Gliederung.
IV.1. Zum Baubewilligungsverfahren:
Wie auch die belangte Behörde in ihrer Entscheidung eingesteht, wurde der gegenständliche Bewilligungsantrag vom 22.11.1978 schuldhaft säumig nicht innerhalb der gesetzlichen Entscheidungsfrist erledigt. Mit Devolutionsantrag vom 29.01.2014 ging die sachliche Zuständigkeit auf den Gemeinderat der Marktgemeinde Sattledt als Berufungsbehörde im Bauverfahren über.
Auf Basis dieses Antrages bzw. der zu diesem Zeitpunkt in Geltung befindlichen materiellen bau- und raumordnungsrechtlichen Normen und der darauf bezugnehmenden Übergangsbestimmungen – welche zum Zeitpunkt der chronologisch folgenden Novellierung die Weiterführung der anhängigen Verfahren nach den bisher geltenden Bestimmungen vorsahen – war als Entscheidungsgrundlage die zum Antragszeitpunkt geltende Fassung der
Oö. Bauordnung, LGBl. Nr. 35/1976 [Anm.: Stammfassung], heranzuziehen.
Von wesentlicher Bedeutung (und letztlich unstrittig) dabei ist, dass auch die „historische“ Rechtsgrundlage für das eingereichte Bauvorhaben eine Bewilligungspflicht normierte. Diese Bestimmung ist seither de facto textgleicher Bestandteil der aktuell geltenden Bauordnung, weshalb davon ausgegangen werden kann, dass – entsprechend der stRsp des VwGH – die materiell selbe (weil seit damals unveränderte) Norm zur Anwendung gelangt. Dies sei insbesondere deshalb klargestellt um festzuhalten, dass die Bf aus einer allfälligen neuerlichen Antragstellung nicht gewinnen können („res judicata“).
Unabhängig vom Bestehen der Bewilligungspflicht kommt – was die Zulässigkeit von baulichen Anlagen im Grünland betrifft – auch auf Basis der historischen Rechtslage der raumordnungsgesetzlichen Festlegung entscheidende Bedeutung zu, wonach im Grünland nur jene Bauten und Anlagen errichtet werden dürfen, die einer bestimmungemäßen Nutzung dienen.
Auch wenn die seinerzeitige Formulierung schon grammatikalisch-textlich weiter gefasst ist als etwa die aktuelle Fassung (welche auf die Notwendigkeit abstellt), so ist im gegenständlichen Fall offenkundig (d.h. auch ohne agrartechnisches Gutachten zweifelsfrei feststellbar), dass das in Rede stehende Bauwerk nicht – und zwar iSd stRsp ausschließlich (vgl. VwGH vom 23.02.2010, 2009/05/0234) – dieser Bestimmung dient.
Insoweit die Bf vorbringen, zum Zeitpunkt der Antragstellung habe es keinen rechtsverbindlichen Flächenwidmungsplan (also auch keine Grünlandwidmung) gegeben, weshalb eine Bewilligung ohne weiteres möglich gewesen wäre, geht diese Argumentation deshalb ins Leere, weil – zum Unterscheid von den Übergangsregelungen auf gesetzlicher Basis – im Zusammenhang mit der Beachtlichkeit der Flächenwidmung die zum Zeitpunkt der Entscheidung maßgebliche Rechtslage anzuwenden ist (vgl. VwGH vom 23.05.2001, 99/06/0041). Demzufolge befindet sich das verfahrensgegenständliche Areal zumindest seit 24.04.1979 (also einem Zeitpunkt der im Übrigen noch innerhalb der gesetzlichen Entscheidungsfrist der Erstbehörde gerechnet vom Zeitpunkt der Antragstellung am 22.11.1978 liegt) im Grünland und ist auch nach den dafür geltenden raumordnungsrechtlichen Grundsätzen und Bestimmungen zu beurteilen.
Dies berücksichtigend liegt nun aber weder ein land- und forstwirtschaftlicher, d.h. der Urproduktion dienender, erwerbsorientierter Betrieb vor, was insbesondere schon aufgrund der Kleinflächigkeit des „betreuten“ Areals ausgeschlossen werden kann, noch ist im Zusammenhang mit Größe, Ausgestaltung und Lage des Bauwerks davon auszugehen, dass der Bewirtschaftungszweck im Vordergrund steht. Aus der Fotodokumentation im vorgelegten Verfahrensakt bzw. der daraus ersichtlichen Gestaltung und Zweckwidmung des Gebäudes ist dessen primärer Freizeitcharakter evident. Es dient offenkundig dem Aufenthalt in der Freizeit, wie dies auch für das gesamte Grundstück bzw. seine Nutzung und Pflege (einschließlich der Teichanlagen) anzunehmen ist.
Mit anderen Worten ist also zusammenzufassen, dass – unabhängig vom Nichtvorliegen einer land- und forstwirtschaftsbetrieblichen Nutzung – das zur Bewilligung eingereichte Bauwerk der Grünlandbewirtschaftung auch nicht vorrangig dient.
Die beantragte Bewilligung war vom Gemeinderat des Marktgemeinde Sattledt als der im Devolutionsweg zuständigen Baubehörde daher zwingend zu versagen.
IV.2. Zum Beseitigungsauftrag:
Die Bf verknüpfen im Beschwerdevorbringen die Tatsache der (über einen Zeitraum von mehr als 35 Jahren) nicht rechtskräftig vorliegenden Entscheidung über den Baubewilligungsantrag mit der Zulässigkeit des Beseitigungsauftrages, unterstellen also eine „Quasi-Präjudizialität“ des Bewilligungsverfahrens. Dabei verkennen sie aber die Tatsache, dass auch im Zeitpunkt eines anhängigen Verfahrens der für die zulässige Umsetzung des betreffenden Vorhabens notwendige Konsens nicht vorliegt. Die Errichtung eines Bauwerks ist nicht deshalb zulässig, weil sie in einem anhängigen Verfahren (noch) nicht untersagt wurde, sie wird (wie hier das Bestehen einer Bewilligungspflicht vorausgesetzt) erst zulässig, wenn sie bewilligt wird.
Um das ordnungsgemäße Vorgehen der Behörde sicherzustellen, räumt der Gesetzgeber den Verfahrensparteien unterschiedliche Möglichkeiten – in diesem Fall eben die Durchsetzbarkeit der Entscheidungspflicht durch Instrumente der Säumnisahndung (was im Übrigen seit dem 23.05 1978 zumindest formal möglich gewesen wäre) – ein, knüpft aber an den Umstand der Säumnis (und zwar unabhängig von ihrer tatsächlichen Dauer) keine Konsensfiktion.
Mit anderen Worten waren die gesetzlichen Voraussetzungen auch zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Beseitigungsauftrages grundsätzlich gegeben und der Auftrag an sich zulässig. Das anhängige Bewilligungsverfahren vermag daran nichts zu ändern. Entscheidende Bedeutung kommt diesem Verfahren – unter bestimmten Voraussetzungen wohl auch in der nunmehrigen Verfahrenslage – erst im Zusammenhang mit der (unter diesem Gesichtspunkt allenfalls unzulässigen weil unverhältnismäßigen) Vollstreckung des baupolizeilichen Auftrags zu.
Die in der Beschwerde angedeutete Verkürzung der Rechtsschutzinteressen der Bf durch die erstmalige Sachentscheidung des Gemeinderates im Devolutionsweg ist nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung und vor dem Hintergrund der gesetzlich verankerten (individual-prozessual zugänglichen) gerichtlichen Kontrollbefugnisse schlicht unzutreffend.
V. Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass von der belangten Behörde sowohl der Baubewilligungsantrag in Ermangelung der raumordnungsrechtlichen Voraussetzungen abzuweisen also auch der Auftrag zur Beseitigung des konsenslos errichteten Bauwerks im Grünland zu bestätigen war.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Markus Kitzberger