LVwG-350111/4/GS/PP
Linz, 19.03.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Mag.a Gabriele Saxinger über die Beschwerde von Frau S.S.F., geb. x, x, x, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 18.11.2014, GZ: BHLL-2014-66314/7-WR, betreffend Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 18.11.2014, GZ: BHLL-2014-66314/7-WR, bestätigt.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land (im Folgenden: belangte Behörde) vom 18.11.2014, GZ: BHLL-2014-66314/7-WR, wurde Frau S.S.F. aufgrund ihres Antrages vom 17.11.2014 Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und Wohnbedarfs wie folgt gewährt:
(§ 1 Abs. 1 Z. 5 lit. a Oö. BMSV)
Laut BMS-Berechnungsblatt für auflaufende Geldleistungen ab 1.10.2014 erfolgte die Berechnung folgendermaßen:
Berechnung
Mindeststandard Einkommen
Person 1: monatlich 888,10 abzgl. 867,30
Person 2: monatlich 204,30 abzgl. 0,00
Person 3: monatlich 0,00 abzgl. 0,00 (es wurde ein Freibetrag von 169,60 nicht als Einkommen angerechnet)
Person 4: monatlich 204,30 abzgl. 0,00
Summe: monatlich 1.296,70 abzgl. 867,30
Abzüglich Kürzungsbeträge, monatlich:
Abzgl. Reduktion Wohnbedarf, monatlich: 0,00
Monatsanspruch: 429,40.“
I.2. In der von der Beschwerdeführerin (Bf) eingebrachten Beschwerde (fälschlicherweise als Berufung bezeichnet) vom 26.11.2014 wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Bf s. Staatsbürgerin sei und über einen gültigen Aufenthaltstitel verfüge. Sie sei alleinerziehende Mutter von drei Kindern, die gemeinsam mit ihr einen Haushalt bewohnen würden. Die monatliche Miete für die Wohnung betrage 646,24 Euro. Aufgrund der schweren Behinderung des Sohnes R.A. wäre die Anmietung einer größeren Wohnung dringend erforderlich gewesen. Die medizinische Empfehlung für die Anmietung einer größeren Wohnung wäre auch von der Kinderklinik Dr. K. getätigt worden. Es hätten sich sohin die Ausgaben für die Anmietung einer adäquaten Wohnung um zirka 200 Euro erhöht. Der Sohn R.A. leide an einer autistischen Spektrumsstörung und es würden deshalb Leistungen im Rahmen des ChG in Anspruch genommen. Die Kosten für eine mobile Begleitung durch die V. beliefen sich je nach Inanspruchnahme auf 110 Euro bis zirka 200 Euro monatlich. Seitens des Landes Oberösterreich werde das Pflegegeld als Einkommen qualifiziert. Diese Vorgangsweise sei im Sinne der Rahmengesetzgebung durch den Bund umstritten. Tatsächlich handle es sich beim Pflegegeld um einen Beitrag zur Deckung der Mehrausgaben, die durch die Pflege erwachsen würden. Weiters sei darauf zu verweisen, dass bei Heranziehung des Pflegegeldes als Einkommen, behinderungsbedingte Ausgaben vom Pflegegeld als Berechnungsgrundlage abzuziehen wären. Die Berechnungsgrundlage reduziere sich sohin im Beschwerdefall um durchschnittlich 150 Euro monatlich. Die Reduktion des Mindestsicherungsanspruches sei sohin nicht zu Recht erfolgt. Es werde daher der Antrag gestellt, der Bf mit Bescheid die Mindestsicherung zur Sicherung des Lebensunterhaltes im Ausmaß von zumindest 633 Euro auch weiterhin zu gewähren werde.
I.3. Beweis erhoben wurde durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde und Gewährung von Parteiengehör. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG unterbleiben, da die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der europäischen Union entgegenstehen. Zudem wurde kein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt.
II. Das Landesverwaltungsgericht geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:
Am 17.11.2014 hat die Bf einen Antrag auf bedarfsorientierte Mindestsicherung gestellt.
Die Bf ist alleinerziehend und lebt mit ihren drei Kindern (R.H.A., geb. x, R.J.A., geb. x und R.A.A., geb. x) im gemeinsamen Haushalt.
Aufgrund des Bescheides der Oö. Landesregierung, Abt. Soziales, vom 5.3.2010, GZ: SO-592488/2-2010, erhält der Sohn R.A.A. Pflegegeld der Stufe 6 (das sind derzeit 1.200 Euro laut Ausdruck aus dem Pflegegeldinformationssystem). Laut dem genannten Bescheid beträgt aufgrund des Ermittlungsverfahrens der Pflegebedarf durchschnittlich mehr als 180 Stunden monatlich und es sind zeitlich unkoordinierbare Betreuungsmaßnahmen erforderlich und diese sind regelmäßig während des Tages und der Nacht zu erbringen oder es ist die dauernde Anwesenheit einer Pflegeperson während des Tages und der Nacht erforderlich, weil die Wahrscheinlichkeit einer Eigen- oder Fremdgefährdung gegeben ist.
Der Sohn R.J.A. arbeitet seit 1.9.2014 bei der Ö.I. Aktiengesellschaft als Arbeiterlehrling.
Im Vorlageschreiben vom 2.12.2014 führte die belangte Behörde aus:
1. In der Berufung wird angeführt, dass erhöhte Mietkosten entstanden sind und im Bescheid nicht der richtige Mietzins angeführt wurde. Dazu folgende Stellungnahme seitens der Behörde:
‒ Der maximale Mietzuschuss i.d.H.v. 146,40 Euro ist in diesem Fall bereits ausgeschöpft und daher erhöht sich dadurch auch nicht die Mindestsicherungsleistung.
2. In der Berufung wird angeführt, dass die behinderungsbedingten Ausgaben vom Pflegegeld als Einkommen nicht abgezogen wurden. Dazu folgende Stellungnahme seitens der Behörde:
‒ 80 % des Pflegegeldes sind als Einkommen heranzuziehen. Sind in diesem Fall 960 Euro von der Pflegestufe 6 (1.200 Euro lt. Ausdruck aus dem Pflegegeldinformationssystem).
Es wurden folgende Beitragskosten zur mobilen Betreuung im 2. Halbjahr 2014 eruiert: Oktober 55,74 Euro / September 109,16 Euro / August: 0 Euro / Juli 27,87 Euro / Juni 116,13 Euro und somit Schnitt 61,78 Euro.
Laut Bescheid vom 18.11.2014 wurden 867,30 Euro des Pflegegeldes als Einkommen herangezogen. Dies sind 80 % des Pflegegeldes abzüglich einer Einschätzung aus dem Jahr 2013 bezüglich der anrechenbaren Beitragskosten für die mobile Betreuung.
Somit entstand nach unserer Ansicht kein finanzieller Nachteil für die Familie.
Dieses Vorlageschreiben wurde der Bf im Rahmen des Parteiengehörs nachweislich (Übernahmebestätigung vom 11.2.2015) mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme binnen 2 Wochen übermittelt. Weiters wurde die Bf u.a. ersucht, Rechnungen der V. l.A. GmbH für die mobile Begleitung ihres Sohnes R.A. für die Monate Oktober 2014, November 2014, Dezember 2014 und Jänner 2015 vorzulegen.
Die Bf ließ jedoch die gewährte Frist ungenutzt verstreichen.
III. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich unstrittig aus dem Verwaltungsakt der belangten Behörde.
Die Bf nutzte die ihr gewährte Möglichkeit zur Stellungnahme nicht und legte nicht die geforderten Rechnungen vor.
Aus dem Vorlageschreiben ist ersichtlich, dass die belangte Behörde aufgrund einer Einschätzung aus dem Jahr 2013 höhere Kosten für die mobile Betreuung angerechnet hat, als von ihr tatsächlich im Nachhinein durch elektronische Abfrage eruiert wurde. Beweiswürdigend ist daher davon auszugehen, dass von der Bf mit der Beschwerde gerade Rechnungen von Monaten mit den höchsten vorgeschriebenen Beiträgen vorgelegt wurden. Diese betreffen jedoch nicht verfahrensgegenständliche Zeiträume. Dem Ersuchen des Gerichts um Vorlage der Bezug habenden Rechnungen wurde von der Bf nicht nachgekommen.
Aus dem genannten Pflegegeldbescheid der Oö. Landesregierung vom 5.3.2010 ist der für den minderjährigen Sohn zu erbringende Pflegeaufwand ersichtlich. Da die beschwerdeführende, alleinerziehende Mutter mit ihren Kindern im gemeinsamen Haushalt wohnt, ist davon auszugehen, dass sie den Großteil der Pflegeleistungen für ihren minderjährigen Sohn erbringt. Anderslautende Einwände wurden seitens der Bf nicht vorgebracht.
IV. Rechtsgrundlagen:
§ 6
Soziale Notlage
(1) Eine soziale Notlage liegt bei Personen vor,
1. die ihren eigenen Lebensunterhalt und Wohnbedarf oder
2. den Lebensunterhalt und Wohnbedarf von unterhaltsberechtigten Angehörigen, die mit ihnen in Haushaltsgemeinschaft leben, nicht decken oder im Zusammenhang damit den erforderlichen Schutz bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung nicht gewährleisten können.
(2) Der Lebensunterhalt im Sinn des Abs. 1 umfasst den Aufwand für die regelmäßig wiederkehrenden Bedürfnisse zur Führung eines menschenwürdigen Lebens, insbesondere für Nahrung, Bekleidung, Körperpflege, Hausrat, Beheizung und Strom sowie andere persönliche Bedürfnisse, wie die angemessene soziale und kulturelle Teilhabe.
(3) Der Wohnbedarf nach Abs. 1 umfasst den für die Gewährleistung einer angemessenen Wohnsituation erforderlichen regelmäßig wiederkehrenden Aufwand für Miete, allgemeine Betriebskosten und Abgaben.
[.....]
§ 8
Einsatz der eigenen Mittel
(1) Die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung hat unter Berücksichtigung
1. des Einkommens und des verwertbaren Vermögens der hilfebedürftigen Person sowie
2. tatsächlich zur Verfügung stehender Leistungen Dritter zu erfolgen.
(2) Bei der Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung wird das Einkommen der (des) im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegattin oder Ehegatten, Lebensgefährtin oder Lebensgefährten bzw. Lebenspartnerin oder Lebenspartners insoweit als Einkommen der hilfebedürftigen Person betrachtet, als es jenen Betrag übersteigt, der ihr oder ihm zustünde, wenn sie oder er selbst auf bedarfsorientierte Mindestsicherung angewiesen wäre.
(3) Das Einkommen in Haushaltsgemeinschaft mit hilfebedürftigen Personen lebender Kinder ist bis zur Erreichung der Volljährigkeit ausschließlich zur eigenen Bedarfsdeckung zu berücksichtigen.
[.....]
§ 9
Ausnahmen vom Einsatz des eigenen Einkommens
(1) Beim Einsatz der eigenen Mittel dürfen folgende Einkünfte nicht berücksichtigt werden:
1. freiwillige Zuwendungen der freien Wohlfahrtsträger oder Leistungen, die von Dritten ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden, außer diese erreichen ein Ausmaß oder eine Dauer, dass keine Leistungen bedarfsorientierter Mindestsicherung mehr erforderlich wären - es sei denn, es handelt sich bei der Empfängerin oder dem Empfänger dieser Leistungen um eine Person im Sinn des § 4 Abs. 2;
2. Leistungen nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (mit Ausnahme von Zuwendungen aus dem Familienhospizkarenz-Härteausgleich) und die im Zusammenhang mit der Familienbeihilfe zuerkannten Kinderabsetzbeträge;
3. Pflegegeld nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften oder andere pflegebezogene Geldleistungen, die zur Deckung von Aufwendungen für den eigenen Pflegebedarf zuerkannt wurden.
[.....]
des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs für alleinerziehende Personen
888,10 Euro (Z 1 leg.cit). Mit LGBl. Nr. 123/2014 wurde dieser Betrag ab 1.1.2015 auf 903,20 Euro angehoben.
Abs. 1 Z 4 lit.b fest, dass für volljährige Personen, die in Haushaltsgemeinschaft leben, für die ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, die als Kind Unterhalt beziehen oder beziehen könnten und nicht unter § 11 Abs. 3 Z 5 Oö. BMSG fallen pro Person, wenn diese zumindest mit einem Elternteil im gemeinsamen Haushalt lebt, der Mindeststandard 204,30 Euro beträgt. Der gleiche Betrag wird auch gemäß Z 5 lit.a leg.cit. unterhaltsberechtigten minderjährigen Personen, die in Haushaltsgemeinschaft leben, für die ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für die ersten drei minderjährigen Kinder gewährt. Auch diese beiden Beträge wurden durch LGBl. Nr. 123/2014 ab 1.1.2015 auf 207,80 Euro angehoben.
V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
H i n w e i s
Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Maga. Gabriele Saxinger