LVwG-150357/4/MK

Linz, 04.03.2015

B E S C H L U S S

(E r s a t z e n t s c h e i d u n g)

gefasst:

 

 

 

I. Der Beschwerde wird stattgegeben. Der Bescheid des Stadtsenates der Stadt Wels vom 11.04.2011 GZ: DI-BauR-3023-2010, wird aufgehoben und die Angelegenheit wird zur Erlassung eines neuen Bescheides gemäß § 28 Abs.3 Satz 2 VwGVG an den Stadtsenat der Stadt Wels zurückverwiesen.

II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs.4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Mit Eingabe vom 07.06.2010 beantragte F K, vertreten durch RA Dr. M M, beim Magistrat der Stadt Wels das schriftliche Angebot der entschädigungsfreien Zurückstellung der in der EZ x, KG x L, inneliegenden Grundstücke x im Ausmaß von 689 x im Ausmaß von 229 an den Antragsteller als Eigentümer der Liegenschaft EZ x, KG x, bestehend aus den Grundstücken x und x, gemäß § 17 Abs.2 Oö. BauO 1994.

 

Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wels vom 05.10.2010 mit der Begründung abgewiesen, dass die Voraussetzungen für eine  Zurückstellung nach § 17 Abs.2 Oö. BauO 1994 (Abänderung oder Aufhebung des abtretungskausalen Bebauungsplans bzw. der straßenrechtlichen Verordnung) weder im Zeitpunkt der Grundabtretung im Jahr 1975 noch jetzt vorliegen würden.

 

Gegen diesen Bescheid brachte der Bf das Rechtsmittel der Berufung ein und führten darin im Wesentlichen aus, dass – auch wenn die Voraussetzungen des § 17 Abs.2 Oö. BauO 1994 objektiv nicht vorliegen würden – nach stRsp des VfGH aber Art. 5 StGG die rückwirkende Beseitigung des (als Enteignung zu wertenden) Grundabtretungsbescheides gebiete, wenn der öffentliche Zweck für die Enteignung weggefallen sei. Dies sei bei beiden Grundstücken der Fall.

 

Mit Bescheid des Stadtsenates der Stadt Wels vom 11.04.2011 wurde die Berufung abgewiesen und dazu begründend ausgeführt, dass das Gst.Nr. x der Aufschließung des zwischenzeitlich bebauten Gst.Nr. x diene, der Enteignungszweck betreffend das Gst.Nr. x hingegen zwischenzeitlich weggefallen sei. Der Bf sei aber nicht Rechtsnachfolger des seinerzeitigen Abteilungswerbers, sondern lediglich Einzelrechtsnachfolger in Bezug auf die durch die Grundteilung geschaffenen Bauplätze. Es fehle somit die Antragslegitimation.

 

Mit Bescheid des Amtes der Oö Landesregierung vom 15.06.2011, IKD(BauR)-014339/1-2011-Be/Neu, wurde die gegen den Berufungsbescheid eingebrachte Vorstellung abgewiesen und im Wesentlichen den Argumenten der Berufungsbehörde gefolgt. Ein subjektiv-öffentliches Recht auf rückwirkende Aufhebung eines Enteignungsbescheides stehe nur demjenigen zu, in dessen Eigentumsrecht durch den Enteignungsbescheid eingegriffen worden sei. Dies wäre hier nicht der Fall.

 

Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24.06.2014, 2011/05/0150, wurde der bekämpfte Vorstellungsbescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Auf der Grundlage der im Verfahren vorgelegten vertraglichen Unterlagen sei sehr wohl von der Rechtsnachfolge des Bf und damit von seiner Antragslegitimation auszugehen, da sich der seinerzeitige Kaufvertrag nicht nur auf die vom Bf erworbenen Bauplätze sondern auch auf die in der Folge ins öffentliche Gut abgetretenen Teilflächen bezogen habe. Es wurde darüber hinaus klargestellt, dass die Rechtsansicht der I. Instanz, die beiden Voraussetzungen des § 17 Abs.2 Oö. BauO 1994 würden nicht vorliegen, zutreffend sei, dass infolge der die im Fall der Enteignung bestehenden Forderungen und Ansprüche nicht abschließend regelnden Bestimmung des § 17 Abs.2 für die darin nicht geregelten Fälle aber Art. 5 StGG unmittelbar anzuwenden sei.

 

Auf der Grundlage dieser Sach- und Rechtslage hat die Ersatzentscheidung des Landesverwaltungsgerichtes über die nunmehr als Beschwerde zu bewertende Vorstellung des Bf gegen den Berufungsbescheid des Stadtsenates der Stadt Wels zu ergehen.

 

 

II. Für die Beurteilung der hier relevanten Rechtsfragen sind insbesondere nachstehende Bestimmungen zu berücksichtigen:

 

II.1. In der Sache:

 

Gemäß § 17 Abs.2 Oö. Bauordnung 1994 (Oö. BauO 1994) ist für den Fall, dass Grundflächen, die für im Bebauungsplan oder in einer straßenrechtlichen Verordnung ausgewiesene öffentliche Verkehrsflächen der Gemeinde abgetreten werden mussten (§ 3 Abs.3 oder § 16 Abs.1), infolge einer Änderung oder Aufhebung des Bebauungsplans oder der straßenrechtlichen Verordnung nicht mehr unter diese Widmung fallen, ihre Zurückstellung dem früheren Grundeigentümer oder dessen Rechtsnachfolger schriftlich anzubieten. […] Wurde die Verkehrsfläche noch nicht hergestellt, hat das Angebot innerhalb von sechs Wochen nach Änderung oder Aufhebung des Bebauungsplans oder der straßenrechtlichen Verordnung zu erfolgen.

 

Der Art. 5 des Staatsgrundgesetzes über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger (StGG) normiert, dass das Eigentum unverletzlich ist. Eine Enteignung gegen den Willen des Eigentümers kann nur in den Fällen und in der Art eintreten, welche das Gesetz bestimmt.

 

 

 

 

II.2. Verfahren vor dem Verwaltungsgericht:

 

Gemäß § 28 Abs.3 Satz 2 VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde die notwendigen Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

 

 

III. Das Landesverwaltungsgericht Oö. hat erwogen:

 

In Bindung an das oben zitierte Erkenntnis des VwGH ist davon auszugehen, dass der Bf auf der Grundlage des Art. 5 StGG aktiv legitimiert ist, die Rückübereignung der im Jahr 1975 ist öffentliche Gut (Verkehrsfläche) abgetretenen Gst.Nr. x und x, LG. L, zu begehren.

 

Zu diesem Zweck ist im Zuge eines Ermittlungsverfahrens festzustellen, ob der seinerzeitige Enteignungszweck nach wie vor besteht oder aber zwischenzeitlich weggefallen ist.

 

Bezüglich des Gst.Nr. x ist offenkundig zweiteres anzunehmen. Im Zusammenhang mit Gst.Nr. x ist auf Basis des nunmehr vorliegenden Sachverhaltes dazu keine gesicherte Aussage möglich, es war dies auch nie zentraler Aspekt des bisherigen Verfahrens.

Auch wenn sich aus den eingeholten Stellungsnahmen und fachlichen Beurteilungen bzw. auch aus Halbsätzen der behördlichen Argumentation ergibt, dass ein Randbereich dieses Grundstücks tatsächlich für die verkehrstechnische Aufschließung des mittlerweile bebauten Grundstücks x dient und in diesem Bereich auf Ver- bzw. Entsorgungsleitungen situiert sind, kann aus der Aktenlage dennoch nicht abgeleitet werden, ob bzw. in welchem Umfang das Gst.Nr. x auch in der Zukunft Zwecken des öffentlichen Verkehrs dienen soll. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist in dieser Hinsicht also wenigstens essenziell ergänzungsbedürftig, wenn nicht überhaupt zur Gänze erst zu erheben. Dies schon deshalb, da nicht nur die Herstellung von Verkehrsverbindungswegen unter die Zwecke des öffentlichen Verkehrs fällt, sondern etwa auch die Herstellung von Park- oder Stellflächen, und derartige Überlegungen aktenkundig bislang noch gar nicht angestellt wurden. Das Vorhandensein von Leitungsanlagen rechtfertigt die Aufrechterhaltung der Verkehrsflächenwidmung jedenfalls nicht.

 

Die Durchführung der somit zwangsläufig erforderlichen Ermittlungstätigkeit ist seitens des Verwaltungsgerichts zwar grundsätzlich möglich, im Hinblick auf das Fehlen zentraler Elemente der Beurteilung – im Besonderen auch strategisch-raumplanerischer Natur – aber schon wegen der räumlichen Entfernung und der sich daraus ergebenden verfahrenstechnischen Umständlichkeit nur mit erheblich größerem zeitlichen, faktischen und finanziellen Aufwand zu bewerkstelligen. Beispielhaft sei hier nur der auf Magistratsebene gegebene Synergieeffekt der in teilweiser Personalunion wahrgenommenen Aufgaben der Raumplanung und der baubehördlichen Agenden sowie der dadurch mögliche „kurze interne Kommunikationsweg“ zwischen den jeweiligen Dienststellen der belangten Behörde angeführt.

 

Darüber hinaus ist die Zurückverweisung der Angelegenheit auch unter den Aspekten einer allfälligen Verkürzung der Rechtsschutzinteressen jedenfalls unbedenklich.

 

 

IV. Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass infolge der notwendigen weiteren Sachverhaltsfeststellungen grundlegender Natur die Aufhebung des Berufungsbescheides des Stadtsenates der Stadt Wels und die Zurückverweisung der Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides sowohl aus Überlegungen der Verfahrensökonomie als auch des Individualrechtsschutzes geboten war.

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Markus Kitzberger